Die Vermeidung der überlangen Verfahrensdauer im Jugendstrafrecht

Ein Rechtsvergleich in Österreich und Deutschland


Doktorarbeit / Dissertation, 2019

461 Seiten, Note: cum laude


Leseprobe


INHALT

Vorwort

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Registerverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Einleitung

1. Teil: Gang der Untersuchung
A. Forschungsfrage
B. Methodik und Rechtsvergleich
C. Struktur und Statistische Darstellung ö./dt. Jugenddelinquenz
I. Struktur
II. Statistische Darstellung
1. Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS)
2. Strafverfolgungsstatistik (Dtl.) und Verurteiltenstatistik (Ö.)
3. Dunkelfeld
4. Schlussfolgerung
D. Ziel der Arbeit

2. Teil: Grundlegendes
A. Zum Jugendstrafrecht in Österreich und Deutschland
I. Geltungsbereich
1. Sachlicher Geltungsbereich
2. Persönlicher Geltungsbereich
II. Strafmündigkeit
1. Unmündigkeit
2. Mündigkeit
2.1 Jugendliche
2.2 Junge Erwachsene bzw. Heranwachsende
3. Strittiges Alter
3.1 Europarechtliche Vorgaben
3.2 Altersbestimmung in ö./dt. Strafverfahren
3.3 Altersbestimmung und Verfahrensdauer im ö./dt. Jugendrecht
3.3.1 Rechtliche Tatsachenfeststellung
3.3.2 Forensische Altersdiagnostik
3.3.3 Fazit
B. Prinzipien für das ö./dt. Jugendstrafverfahrens mit Bezug zur Verfahrensdauer
I. Prinzip der Individualisierung
II. Prinzip der Verfahrensbeschleunigung
III. Prinzip der Flexibilität
IV. Prinzip der Subsidiarität
V. Vorrang der Konfliktregelung
VI. Legalitätsprinzip
VI. Prinzip der Nichtschlechterstellung
VII. Prinzip der Fachlichkeit
VIII. Prinzip der Erziehung
C. Zwischenergebnis

3. Teil: Bedürfnisbegründung
A. Objektive Bedürfnisbegründung
I. Aus Gründen tatsächlicher Dauer?
II. Antworten der Spruchpraxis des EGMR
1. Antworten aus Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK; 47 Abs. 2 GRC
2. Antworten aus der Spruchpraxis zu Art. 5 Abs. 3 S. 2 EMRK
3. Differenzierung von „überlanger Dauer“ und „Verzögerung“
4. Antworten der RL’e 2016/800/EU für das Jugendstrafverfahren
5. Ausgewählte Antworten des ö./dt. Jugendgerichtsgesetzes
6. Ausgewählte Antworten der Empirie
II. Aus Gründen der materiell - rechtlichen Wahrheitsfindung
III. Aus Gründen der Verfahrensökonomie
B. Subjektive Begründungsansätze
I. Aus Sicht des jungen Beschuldigten
II. Aus der Funktionstüchtigkeit der Jugendjustiz
III. Aus Opferschutzinteressen
IV. Aus Interesse der Öffentlichkeit
C. Schlussfolgerung

4. Teil: Rechtliche Implikationen für das ö./dt. Jugendstrafrecht
A. Allgemeine Vorgaben des Europarechts
B. Besondere Vorgaben des Europarechts
I. Allgemeines Beschleunigungsgebot, vgl. Art. 6 Abs. 1 S. 1, letzte Mod. EMRK
1. Begriffsbestimmung
2. Die sog. „Engel-Kriterien“
2.1 Komplexität des Falls
2.2 Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer
2.3 Verhalten des Beschuldigten/Angeklagten
2.4 Verhalten der Strafverfolgungsbehörden
3. „Angemessene“ Verfahrensdauer
3.1 Fristbeginn
3.2 Fristende
3.3 „Global assessment“
4. Annahme der unangemessenen Verfahrensdauer
5. Folgen des Verstoßes gegen das allg. Beschleunigungsgebot
6. Durchsetzbarkeit
II. Besonderes Beschleunigungsgebot in Haftsachen, vgl. Art. 5 Abs. 3 S. 1, 2. HS EMRK
III. Implikationen der RL’e 2016/800/EU (und auch RL’e 2016/1919/EU)
1. Zustandekommen
2. Anwendungsbereich
3. Persönlicher Geltungsbereich
4. Sachlicher Geltungsbereich
5. Verfahrenszeitliche Regelungsgegenstände
5.1. Unterstützung durch einen Rechtsbeistand, vgl. Art. 6 RL’e 2016/800/EU
5.2 Audiovisuelle Aufzeichnung der Befragung, vgl. Art. 9 RL’e 2016/800/EU
5.3 Besonderheiten bei Freiheitsentzug/Haft, vgl. Art. 10-12 RL’e 2016/800/EU
5.4 Zügige und sorgfältige Bearbeitung der Fälle, vgl. Art. 13 RL’e 2016/800/EU
5.5 Rechte persönlicher Teilnahme, vgl. Art. 16 RL’e 2016/800/EU
5.6 Ausbildung der beteiligten Berufsgruppen, vgl. Art. 19 RL’e 2016/800/EU
5.7 Fazit
IV. Zwischenergebnis
C. Nationale Regelungen
I. Verfassungsrechtliche Implementierungen
1. Österreich
2. Deutschland
II. Einfachgesetzliche Implementierungen
1. Präventive Rechtsbehelfe
1.1 Allgemeines Beschleunigungsgebot, vgl. § 9 Abs. 1 öStPO
1.2 Besonderes Beschleunigungsgebot, vgl. § 9 Abs. 2 öStPO, § 2 Abs. 1 GRBG
1.3 Besonderes Beschleunigungsgebot in Haftsachen, vgl. § 177 öStPO
1.3.1 Verfassungsrechtlicher Bezug
1.3.2 Regelungsgehalt und Rechtsschutz gemäß § 177 Abs. 1 öStPO
1.3.3 Regelungsgehalt und Rechtsschutz gemäß § 177 Abs. 2 öStPO
1.3.4 Weiterer Regelungsgehalt gemäß § 177 Abs. 3 – 5 öStPO
1.3.5 Unverzügliche Verständigung des Rechtsmittelgerichts
1.3.6 Fazit
1.4 Rechtsfolgen
1.5 Durchsetzbarkeit
1.6 Rechtsschutz bei fachgerichtlicher Verzögerung
1.7 Absehen von der Einleitung des Ermittlungsverfahrens, vgl. § 35 c öStAG
1.8 Antrag auf Einstellung des Ermittlungsverfahrens, vgl. § 108 öStPO
1.9 Überprüfung der Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens, vgl. § 108 a öStPO
1.10 Abwesenheitsverfahren und Abwesenheitsurteil
1.11 Mandatsverfahren (Ö.) bzw. Strafbefehlsverfahren (Dtl.)
1.12 Dienstrechtliche Beschwerde
1.13 Verfahrensabsprachen
3. Ausgleichende Rechtsbehelfe
3.1 Ausgleich durch Strafmilderung, vgl. § 34 Abs. 2 öStGB
3.2 Rüge der überlangen Verfahrensdauer, vgl. § 281 Abs. 1 Z. 11 2. Fall öStPO
3.3 Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens, vgl. § 363 a ff. öStPO analog
4. Kompensation überlanger Verfahrensdauer (Ö./Dtl.)
4.1 Strafzumessungslösung (Ö.) / Vollstreckungslösung (Dtl.) in Strafsachen
4.2 Vollstreckungslösung im dt. Jugendstrafrecht?
4.3 Schlussfolgerung
4.4 Kritische Würdigung
5. Übertrag in das ö./dt. Jugendstrafrecht
III. Rechtsdogmatische Hinterfragung des ö./dt. JGG
1. Einschränkung des Einzugsbereichs – vgl. Präambel; Art. 2 Abs. 6 RL’e 2016/800/EU
2. Ermittlungsverfahren
2.1 Deliktsbezogene Sachverhaltsermittlung der ö./dt. Kriminalpolizei
2.2 Verständigungspflichten
2.3 Vernehmung des Beschuldigten
2.4 Notwendige Verteidigung
2.5 Umfang der Ermittlungen
2.6 Diversion
2.6.1 Schlichte Diversion
2.6.1.1 Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft
(1) Voraussetzungen gemäß § 6 Abs. 1 öJGG
(2) Voraussetzungen gemäß § 6 Abs. 2 öJGG
(3) Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 1-3 dJGG
(4) Rechtsvergleich von § 6 Abs. 1 öJGG mit § 45 Abs. 1 dJGG
(5) Rechtsvergleich von § 6 Abs. 2 öJGG mit § 45 Abs. 3 dJGG
2.6.1.2 Vorgehensweise des Gerichts
(1) Voraussetzungen gemäß § 6 Abs. 3 öJGG
(2) Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 3 dJGG
2.6.1.3 Fazit
2.6.2 Intervenierende Diversion
2.6.2.1 Vorgehen nach § 7 Abs. 3 öJGG
2.6.2.2 Voraussetzungen der §§ 7, 8 öJGG
2.6.2.3 Rechtliche Parallele von § 8 öJGG zu § 45 Abs. 3 dJGG
2.6.2.4 Gerichtliche Verfahrenseinstellung nach § 47 dJGG
2.6.2.5 Der Verfahrensdaueraspekt i.R.d. Diversionsmöglichkeiten
(1) Exekutives Diversionsmodell (sog. Polizeidiversion)
(2) „Diversionsmittlerprogramm“ Berlin
(3) Diversion unter Zuhilfenahme des Vereins „NEUSTART“ Wien
2.6.2.6 Fazit
2.7 Untersuchungshaft – vgl. § 35, § 35a öJGG; §§ 72, 72a dJGG
2.7.1 Österreichische Rechtslage
2.7.2 Deutsche Rechtslage
2.7.3 Zwischenfazit
5. Hauptverfahren
5.1 Unanwendbarkeit des ö. Mandats- und dt. Strafbefehlsverfahrens
5.2 Hauptverhandlung
5.2.1 Beiziehung der Öffentlichkeit
5.2.2 Kein Abwesenheitsverfahren
5.2.3 Vereinfachtes Jugendverfahren - vgl. § 76 ff. dJGG
5.2.4 „Vorgezogenes“ dt. Jugendverfahren
5.2.5 Entschleunigte Verfahrensformen
5.2.6 Zur Zulässigkeit von „Absprachen“
6. Fazit

5. Teil: Empirie
A. Grundlegendes
B. Kennung der Verfahrensdauer für die ö./dt. Strafjustiz
I. Österreich
1. Ö. Sicherheitsberichte
2. Erhebungen des RH Wien
3. Sog. „Oktoberliste“ zur Dienstaufsicht und Qualitätssicherung
3.1 Meldepflichtige Merkmale („lang“, „überlang“ & „qualifiziert überlang“)
3.2 Übertrag meldepflichtiger Merkmale in das österr. Jugendstrafrecht?
4. Datenentwurf „Verfahrensdauer Jugendliche/JE“ des ö. BMVRDJ
II. Deutschland
C. Statistische Verfahrensdaueranalyse zum ö./dt. Jugendstrafrecht
I. Österreich
1. Datenlesbarkeit
2. Verfahrensdauerberechnung
3. Analyse
3.1 Dauer des Ermittlungsverfahrens (Gattung BAZ)
3.2 Dauer des Ermittlungsverfahrens (Gattung St)
3.4 Verfahrensdauer gesamt Landesgerichts zuständigkeit (2008-2016)
3.5 Anzahl der Verfahren nach Dauer ohne und mit Abbrechung (Stand: 2016)
3.6 Anzahl der Verfahren in Dauer ohne und mit Haft (Stand: 2015-2016)
3.7 Anzahl der Verfahren in Dauer ohne und mit Rechtsmittel (Stand: 2015-2016)
3.8 Fazit
II. Deutschland
1. Ältere Befunde
2. Neuere Befunde
3. Aktueller Befund
4. Fazit
III. Resümee
D. Empirische Untersuchung mittels leitfadengestützter Experteninterviews in Ö. und Dtl
1. Methodik der empirischen Untersuchung
1.1 Vorbemerkung
1.2 Forschungsablauf
1.3 Forschungsdesign
1.4 Datenerhebung und -erfassung
1.5 Datenauswertung
1.6 Interview mit Forschungsfrage und -interesse
1.7 Aufbereitung des Materials
1.8 Auswertungsverfahren
1.8.1 Bildung der Hypothesen
1.8.2 Hypothesen
1. Fragenkatalog (siehe Anhang)
2. Auswertung
Komplex 1: Eingangsfragen bestimmender Faktoren für Jugendrichter
Komplex 2: Frühe Verfahrenseinbindung des Jugendrichters
Exkurs 1: Die Sozialnetzkonferenz
Exkurs 2: Das Schweizer Jugendanwaltmodell
Komplex 3: Zeitfaktor Öffentlichkeit in der HV
Komplex 4: Selbstbild des Jugendrichters im Verfahrensgang
Komplex 5: Fort- und Weiterbildung/Supervision
Komplex 6: Kernfragen zur Verfahrensdauer in praxi
Komplex 7: Chancen & Risiken der „Vermeidung []“
Komplex 8: Verfahrensbeschleuniger „Short, Sharp, Shock“
Zusatz 16a): Erfahrungen mit dem Nachbarrecht (ö./dt.JGG)?
Zusatz 16b): Chancen im Nachbarrechtssystem (ö./dt. JGG)?
3. Ergebnisse
E. Folgerungen
1. Grundsituation
2. Ursachen
- Verfahrenseinbringungsdatum bis Ausschreibung der HV
- Von der Ausschreibung bis zum HV-Termin
- Von der Anberaumung bis zur HV
- Beginn bis Ende der HV
- Ende der HV bis Urteilsausfertigung
3. Vermeidung
3.1 Achtung des Beschleunigungsprinzips
3.2 Entkriminalisierung
3.3 Praxismodell „Teen Court“
3.4 Fokus Jugendsachbearbeitung
3.4.1 Personenorientierte Sachbearbeitung
3.4.2 Präventiv-polizeiliche Kontrolle und Gefährderansprache
3.4.3 Datenerfassung, -bearbeitung und Datenvernetzung
3.4.4 Fachübergreifende Kommunikation, Koordination und Planung
4. Ergebnis

6. Teil: Schlussbetrachtung

Literatur

Onlineverzeichnis

Anhang

Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im SS 2015 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien als Dissertation angenommen. An dieser Stelle möchte ich allen meinen aufrichtigen Dank aussprechen, die zu ihrem Gelingen beigetragen haben.

An erster Stelle möchte ich meinem Betreuer Herrn Senatspräsident Hon.-Prof. Dr. Hans Valentin Schroll und Betreuer Herrn Univ.-Prof. Dr. Christian Grafl danken, die während meines Studiums nicht nur mein Interesse für strafrechtliche und kriminologische Frage­stellungen vertieft haben und diese Arbeit mit fachlichem Rat und freundlicher Unter­stützung begleiteten, sondern darüber hinaus in wertvollen Gesprächen und prakti­schen Belangen den Verlauf der Arbeit betreuten. Ohne ihre administrative Unterstützung bei der Erlangung der notwendigen Gesprächskontakte wäre die empirische Studie nicht möglich gewesen. Für das Gelingen verantwortlich sind ihre Kenntnisse und Begeisterung für den Rechtsvergleich im österreichischen und deutschen Jugendstrafrecht sowie der zugehörigen strafrechtlich korrekten Terminologie und Umsetzung der statistischen Arbeit, welche die Qualität meiner Arbeit maßgeblich verbesserten. Dies alles wäre zudem nichts ohne ihre persönliche Unterstützung bei teils überraschenden Ergebnissen, sodass meine Freude am wissenschaftlichen Arbeiten über die Ländergrenzen und Zeit nie versiegte.

Mein besonderer Dank gebührt auch Herrn Univ.-Prof. Dr. Frank Höpfel, der die Disser­tation von Anfang an, in der Phase der Konkretisierung der Fragestellung und durch viele wertvolle fachliche Anregung und praktische Hilfe unterstützt und bereichert hat.

Großer Dank gebührt zudem den Richtern und Richterinnen des Straflandesgerichts Wien, des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten und des Amtsgerichts Bernau in Jugendstrafsachen. Ihre Bereitschaft Auskunft zu rechtspraktischen Chancen und Problemen im österr. bzw. dt. Jugendstrafrecht zu geben, haben zum Alleinstellungsmerkmal dieser Arbeit beigetragen und gezeigt, dass das Jugendstrafrecht im Rechtsvergleich aktuell von höchster Relevanz ist.

Der Rechtswissenschaftlichen Universität Wien und der Humboldt Universität Berlin danke ich für die vielfältige und engagierte administrative Unterstützung. Der größte Dank aber gilt meinen Eltern, Brunhild und Hans-Joachim Wähner, ohne deren Unterstützung diese Arbeit nicht hätte verfasst werden können. Ihnen allen ist dieses Buch gewidmet.

Wien, im Juni 2019 Caroline B. Wähner

Abbildungsverzeichnis

Grafik 1: Ermittlungsverfahrensdauer1 (Gattung BAZ); Median: ö. Bundesgebiet & OStA-Sprengel; (Stand: 2008-2016)

Grafik 2: Dauer des Ermittlungsverfahrens (Gattung St); Median;

Grafik 3: Verfahrensdauer gesamt in bezirksgerichtlicher Zuständigkeit; Median;

Grafik 4: Verfahrensdauer LG Gesamt; Median;

Grafik 5: Anteil inhaftierter Jugendlicher nach Haftstatus (Zeitraum: 1.9.2010-1.9.2016)

Grafik 6: Anteil inhaftierter „JE’er“ nach Haftstatus (Zeitraum: 1.9.2010- 1.9.2016)

Grafik 7: Durchschnittliche Verfahrensdauer dt. Jugendstrafverfahren; I. Instanz/2012, (Bundesländervergleich/Durchschnittswert in Monaten)

Grafik 8: Schema der Forschungsstrategie nach Witt (2001)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Ermittlungsverfahrensdauer BAZ;

Tabelle 2: Dauer des Ermittlungsverfahrens (Gattung St);

Tabelle 3: Verfahrensdauer gesamt in bezirksgerichtlicher Zuständigkeit;

Tabelle 4: Verfahrensdauer LG Gesamt im Median;

Tabelle 5: Entwicklung der Dauer ohne Haft; ö. Bund/Sprengelsummen;

Tabelle 6: Entwicklung der Dauer mit Haft; ö. Bund/Sprengelsummen;

Tabelle 7: Ohne Rechtsmittel (Stand: 2015-2016); ö. Bund/Sprengelsummen.

Tabelle 8: Mit Rechtsmittel (Stand: 2015-2016); Bund/Sprengelsummen.

Registerverzeichnis

Register 1: Anzahl Verfahren nach Dauer ohne Abbrechung (Stand: 2016)

Register 2: Anzahl Verfahren nach Dauer mit Abbrechung (Stand: 2016)

Register 3: Anzahl der Verfahren nach Dauer ohne Haft 2016; (Bund)

Register 4: Anzahl der Verfahren nach Dauer mit Haft 2016;

Register 5: Dauer in dt. Jugendstrafverfahren I. Instanz vom Eingang bis zur Erledigung; BRD gesamt in Monaten (Jahre: 1992-1995)

Register 6: Dauer von Rechtsmittelverfahren im dt. Jugendstrafverfahren; BRD gesamt in Monaten (Jahre: 1992-1995)

Register 7: Entwicklung der Verfahrensdauer im dt. Jugendstrafverfahren I. Instanz; bundesweit (Stand: 1992-1995; 2005).

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einleitung

Die Forschungsfrage der „Vermeidung der überlangen Verfahrensdauer im Jugendstrafrecht – ein Rechtsvergleich in Österreich und Deutschland“ widmet sich der Zeitdauer im österr.2 und dt. Jugendstrafrecht und insbesondere dem -verfahren. Diese ist gleichsam nicht lediglich ein bestimmender Faktor, sondern ein hohes Gut im Leben eines jeden, insbe­sondere jungen Menschen. In unserer modernen Gesellschaft ist er jedoch nicht nur von persönlicher, sondern auch von prozessökonomischer und gesellschaftlicher Bedeu­tung. Demzufolge ist es nicht verwunderlich, dass der kriminalpolitische3, strafrechtliche4 und insbesondere jugendstrafrechtliche5 Ruf eine zeitlich effiziente Jugendverfahrensgestaltung einmahnt6. Nicht zuletzt wird diese medial7 bis hin zur „Beschleunigungshysterie“ moniert. Der geführte Diskurs8 zeigt, welch hoher Relevanz das hier zu untersuchende Thema hinsichtlich seiner Chancen und Risiken unterliegt, denn jugendstrafrechtliche „Jugendeindrücke sind das Bestimmende für einen jeden (insbesondere jungen) Menschen […].“ 9 Dies gilt vor allem, wenn diese von jungen Menschen im eigenen Jugendprozess als ungebührlich im Sinne einer ungerechten zeitlichen Dauer wahrgenommen werden. Leider kann diese aber nicht „nur“ subjektiv als überlang bemessen empfunden werden, sondern auch objektiv rechtstatsächlich sein. Hier setzt die Forschungsfrage an, indem geklärt werden soll, was, aus rechtlicher Sicht, die sog. „Überlänge“ ist und wann von ihr gesprochen wird. Ferner speist sich die Aktualität der Thematik nicht nur aus dem „was“ und „wann“, sondern auch aus Fragen zum „wie“. Das heißt, wie muss die österr. und dt. Jugendstrafjustiz auf ein durch junge Menschen zugefügtes Übel reagieren (Stichworte: dt. „Erziehungs­gedanke“, österr. „Primat der Spezialprävention“, Fristen etc.). Daran schließen sich Fragen zu Ursachen und Umsetzung der Vermeidung i.S.e. kann (tatsächliche Dauer) oder soll (erfahrungswissenschaftliche Hintergründe) an. Die Brisanz jugendver­fahrenszeitlicher Lösungen ergibt sich überdies auch aus der fortlaufenden Entwicklung zum Thema Jugend­delinquenz10 und aktuellen geopolitischen Heraus­forderungen, z.B. in Rechtsfragen im Umgang zu unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen11. In diesem Licht ist der kriminalpolitische Wunsch ggü. straffälligen jungen Mensch mit „[…] Strafe, die der Tat auf dem Fuße folgt“ 12 zu reagieren, neu zu lesen. Strittig und zu klären ist, ob Jugendverfahren daher sehr „schnell“ bzw. „zügig“ (engl. „speedy trial“ 13 ) und/oder als individualpräventiver „Short, sharp, shock“14 zu führen sind.15 Der Faktor Zeit selbst erweist sich bei genauer Betrachtung für den Topos als ambivalent.16 Insoweit ist die Forschungs­frage, u.a. aus den Vorschriften zur Verfahrensgarantie des „Beschleunigungsgebotes“17, welches national sowohl sehr direkt in die österr. Strafprozessordnung (§ 9 öStPO) als auch indirekt – als Ausdruck von Art. 2 Abs. 1 GG und 20 Abs. 3 GG18 - in die dt. Strafpro­zessordnung (vgl. §§ 115, 121, 122, 128f., 228f., 229 dStPO) gehalten hat, den national für das ö./dt. Jugendstrafrecht verbind­lichen europäischen Vorschriften z.B. Art. 5 und 6 EMRK19 sowie einzelnen Regelungen des österr. und dt. Jugendstrafrechts zu beant­worten. Dies gilt umso mehr mit rechts­staatlicher20, pädagogischer21 bzw. dt. erzieherischer22 Begründung für das ö. und dt. Jugendstrafverfahren, kurz: das Verhandeln in jugendnaher „angemessener“23 Verfah­rensdauer. Gleichwohl gilt es, verfahrens­immanente Chancen und Risiken zu thema­tisieren. An dieser Stelle sei vorweggenommen, dass sich das Verständnis zum Thema „Jugend und/im Recht“ in vielen europäischen Staaten sensibilisiert hat.24 Dies gilt in besonderer Weise für den österr. und dt. Jugendstrafrechtsgesetzgeber, der den Anwen­dungsbereich als Sonderstrafrecht25 für bestimmte Altersgruppen erklärt26 und die Bestimmungen über die Rechtsfolgen mit Strafe bedrohter Handlungen dem „Ultima-Ratio-Prinzip“27 und dem „Gebot der Verhältnismäßigkeit“28, so dass so wenig wie möglich und nur so weit als nötig in die Grundrechte der jungen Menschen ein­gegriffen wird.29 Diese Forderung richtet sich insbesondere an die Rechtsanwender, sprich die österr./dt. Jugendjustiz, Exekutive und Jugendgerichts- und Bewährungshilfe. Auch aus diesem Grund kommt der Rechtsfrage, hohe rechtspraktische Rele­vanz zu.30 Neue Erkenntnisse verspricht darüber hinaus ein empirischer und praxisnaher Abgleich der Ergebnisse. Diesem Ansinnen und den tatsächlichen Optionen eines in angemessener Zeit geführten Jugendstrafverfahrens in Österreich und Deutschland, als Teil eines juristisch effektiven Handlungs­instruments der befassten Akteure, ist diese Arbeit gewidmet.

1. Teil: Gang der Untersuchung

A. Forschungsfrage

Vorliegend widmet sich die rechtsvergleichende Forschungsfrage der Vermeidung über­langer Dauer österr. und dt. Jugendstrafverfahren, d.h. maßgeblich dem Faktor Zeit. In Betrachtung der Problematik fällt auf, dass diese seit den 1990er-Jahren, ungeachtet sinkender Verur­teilungs­zahlen, v.a. bei niedrigschwelliger Jugenddelinquenz in beiden Ländern31, ein Streit­schwer­punkt im Spannungsfeld junger Delinquenz und Justiz32 ist. Insbesondere die medial und politisch von der wissenschaftlichen Wertung divergierende Darstellung33 der Häufigkeit von Jugendde­linquenz sowie ihrer überlangen Verfahren, insbesondere bei ö./dt. Jugend­gewalt­delinquenz34 oder bei U-Haft35 rückt das Thema, in neuen Teilaspekten, hin zu ungebrochener Aktualität. „Verzögerungs­mechanismen“ scheinen in diesen Fällen, v.a. darauf zurückzuführen zu sein, dass andere Verfahren – aus Gründen – als vorzugswürdig zu verhandeln angesehen werden. Überdies könnten justizinterne Vorgänge, wie die Belas­tung der ö./dt. Jugendrichter, für die Forschungsfrage relevant sein. Die Synergieeffekte dieser und anderer Faktoren könnten also tragend sein, eine geeignete Reaktion auf Jugend­de­linquenz in beiden Ländern in angemessener Dauer infrage zu stellen. Um die ö./dt. Sach­standslage werten zu können, bedarf es daher der eingehenden Ursachen­forschung und Information bspw. der beteiligten Akteure aus Justiz, Polizei, Jugend­hilfeträgern sowie sozialen Trägern. Uner­lässliche Voraussetzung ist für alle Befassten hierzu ein wirksames ö./dt. Jugendstrafrecht. Anhand dessen sollte es möglich sein, den jungen Delinquenten zügig und möglichst unmittelbar zu verdeutlichen, dass weder eine bzw. mehrere begangene Straftaten noch das einhergehende Unrecht akzeptabel sind. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die jugendstrafrechtlichen Vorschriften geeignet sind, die zügige Durchführung bzw. die Verhinderung einer überlangen Verfahrensführung zu ermöglichen. Insoweit ist auch – fragliche – Voraussetzung, ob den österr. und dt. Strafverfol­gungsbehörden rechtliche Optio­nen gegeben sind mit flexiblem Handlungs­instrumentarium auf Jugenddelinquenz reagieren zu können. In zeitlicher Hinsicht zu berücksichtigen ist insoweit auch der Erziehungsgedanke des dt. JGG und selbigen Ausdrucks i.S.e. „Förderns und Forderns“ im österr. Jugendstrafrecht. Dieser Anspruch läuft allerdings Gefahr, wenn das Verhältnis von Aktion (strafbarer Handlung des Jugend­delinquenten) und (jugend­justizieller) Reaktion unverhältnismäßig divergiert. Rechts­tatsache ist es aber auch, dass das geltende ö./dt. Jugendstrafrecht sich in seiner grundsätzlichen Form und seinen Leit­prinzipien bewährt hat und insoweit nicht grundlegend veränderungsbedürftig ist. Allerdings sind Einzelbereiche durchaus kritisch zu betrachten. Im Bereich der Dauer jugend­gerichtlicher Strafverfahren ist z.B. die – erzieherische bzw. spezialpräventive – Wirkung gefährdet, wenn Verfahren gegen ö./dt. Jugendliche eine immense Überlänge von mehreren Monaten bzw. Jahren aufweisen. Insbesondere dann ist der dt. „Erziehungsgedanke“ bzw. der österr. „Primat der Spezial­prävention“ in den beson­deren Rechtsfolgen auf die Jugendstraftat infrage gestellt. Zwar regeln sowohl das ö. JGG als auch das dt. JGG grundlegend, wie ein Jugend­strafverfahren ord­nungs­­gemäß zu gestalten ist und wie die staatliche Strafe im Einzelfall durchzusetzen ist, jedoch ergeben sich Besonderheiten daraus, dass im Verfahren gegen junge Delin­quenten dem Alter des Beschuldigten Rechnung getragen und seine Wiederein­gliederung in die Gesellschaft gefördert werden muss. Ein Verfahren gegen junge Beschuldigte darf deshalb nicht in der gleichen Weise durchgeführt werden wie ein Verfah­ren gegen Erwachsene, obgleich im ö./dt. Jugend­strafverfahren die allg. Verfahrens­grundsätze, wie im Erwachse­nenstraf­verfahren, gelten. Daraus lassen sich folgende forschungsleitende Fragen generieren:

- Gibt es die „Überlänge“ und „Verzögerungsmechanismen“ im ö./dt. Jugendrecht tatsächlich?
- Wenn ja, gibt es Verfahrensoptionen, Modelle oder geeignete Schritte, diesen präventiv zu begegnen bzw. diese zu vermeiden, verhindern bzw. abzustellen?
- Kann die Dauer ö./dt. Jugendstrafverfahren zukünftig optimiert werden?

Aus diesen drei Grundfragen heraus erörtert die Arbeit zunächst die materiell - rechtliche Analyse der Verfahrens­dauer im ö. und dt. Jugendstrafrecht sowie bestehende Möglich­keiten im Rechtsvergleich. Geklärt werden soll, was zu einem möglichem „Verfah­rensstau“ führt, ob und wenn ja welche rechtlichen Grundlagen zur Verfahrens­beschleunigung vorhanden und ob diese optimierbar sind. Berücksichtigt werden, so dies zuträglich ist, auch länderübergreifende Ansätze im Jugendstrafverfahrensrecht Europas. Die Grundannahme lautet: Die Strafe, die sich an ö./dt. Jugenddelinquenten richtet, kann nur dann ihren Sinn und Zweck erfüllen, wenn sie zeitnah der vorangegangenen Tat folgt, wobei rechtsstaatliche Grundsätze unbe­dingt zu wahren sind. Hervorgehoben sei, dass es für junge Menschen eines (verfahrens­zeitlichen) Anreizes bedarf, um glaubwürdig an der Verbüßung ihrer Strafe mitwirken und sich wieder in die Gesellschaft integrieren zu können. Angesichts der Tatsache, dass die Ablehnungsquote bei dt. Polizei und dt. StA von vereinfachten Jugendstraf­verfahren sehr hoch ist36, was eine Reaktion innerhalb verkürzter Zeit für viele geeignete Fälle ausschließt, sollten Zweifel aufkommen, ob diese Mög­lichkeiten genügend Eingang in die Arbeit der Jugendjustiz finden. Wünschenswert wäre es, die Gerichts­verhandlung innerhalb von drei bis fünf Wochen nach der Jugendstraftat durchzuführen37. Die vorliegende Arbeit motiviert es zudem, die „Pilotfunktion“38 des Jugendstrafrechts beider Länder für das allg. Strafver­fahrensrecht herauszustellen und die Notwendigkeit von alternativen Ansätzen und Model­len zur herkömmlichen Jugend­strafverfolgung beider Länder zu unterstreichen, indem Ziele und Durchführung vorgestellt werden. Einblicke in die Praxis erfolgen, z.B. anhand der „Vermeidung der U-Haft für Jugendliche“39 und des „Berliner bzw. Neuköllner Modells“. Dies schärft den Blick für Möglichkeiten der Verfahrensdaueroptimierung – z.B. durch besseres Ineinandergreifen der Akteure aus Justiz, Polizei, Jugendhilfe und sozialen Trägern. Dieser Exkurs in die Praxis bildet den grenzübergreifenden Mehrwert für dieses Thema. Aktuell forciert wird das Thema, u.a. durch Einzel­fälle ausgeprägter Gewaltdelinquenz40 Jugend­licher in beiden Ländern einhergehend mit einem mangelnden Sicherheitsgefühl der Gesellschaft und der Forderung nach strikten Strafverfahren ähnlich denen Erwachsener. Insoweit ergeht eine theoretische und analytische Belebung, die nicht ohne Weiteres empirisch belegbar ist. Daraus ergibt sich das dringliche Bedürfnis nach Antworten hinsichtlich der fortgeführten Effek­tivie­rung der Dauer von Jugendstrafverfahren sowohl in Österreich als auch in Deutschland, was nicht zuletzt bereits aus Einzelfachbeiträgen hervorgeht. Geklärt werden soll daher, ob folgende Forderungen zur Forschungsfrage bereits realistisch gelöst wurden bzw. de facto werden:

- Die Straffung des Jugendverfahrens an sich, um angemessen auf Straftaten zu reagieren.
- Die Schaffung von alternativen Möglichkeiten für die Verfahrensbeschleunigung in Form von neuen Verfahrensarten bzw. Praxismodellen.
- Geeignete Reaktionen auf schwerste Jugendstraftaten mit zügiger Verfahrensdauer zu fördern, um die Wiederholungsgefahr zu vermeiden und den Schutz der Zivilgesellschaft besser zu gewährleisten.
- Die Stärkung der Opferbelange in Einhaltung der Leitprinzipien des Jugend­strafrechts.

B. Methodik und Rechtsvergleich

Zunächst erfolgt eine Bestandsaufnahme der materiell - rechtlichen Rechtslage im ö./dt. Jugend­strafrecht unter Bezug auf relevante Verfahrensdauergesichtspunkte. Die zu beant­wortende Kernfrage setzt sich aus mehreren zu beantwortenden Teilfragen zusammen: Was ist unter einer überlangen Verfahrensdauer im Straf- bzw. im ö./dt. Jugend­strafrecht zu verstehen? Existiert diese im Jugendstrafrecht beider Länder? Und wenn ja, wie wird diese vermieden, respektive kann diese (noch weiter) beschleunigt werden? Gibt es für die Beant­wortung wiederum einkleidende bestimmende Faktoren, Ursachen bzw. Gründe? Es erfolgt eine vergleichende Gesamtuntersuchung der Rechtslage und Gesetzesordnungen beider Länder. Zwischenbilanzen verdeutlichen bestehende Gemein­sam­keiten und Unter­schiede. Erkenntnisse sollen zudem aus der empirischen41 Befragung zugäng­licher Statistiken zur Dauer ö./dt. Jugendstrafverfahren sowie der leitfadengestützten Interview­befragung42 mit ö./dt. Jugendrichtern gewonnen werden. Die persönliche Befragung zielt darauf ab, variierend in die Breite und die Tiefe zu gehen – das sog. Tiefeninterview43. Dabei steht methodisch ein Gesprächsleitfaden zur Verfügung, in dem das Interviewziel, Themen­gruppen und Verweise für Ad-hoc-Bezüge festgehalten sind. Es ist ein freier, dennoch gesteuerter Gesprächs­verlauf, der einem Alltagsgespräch ähnelt. Vorteilhaft ist, dass u.a. Detailwissen aus erster Hand und Rechtspraxis gewonnen wird. Dadurch sind die hinter den Aussagen stehenden Bedeutungen des Interviewten klar erkennbar. Nachteilig ist, dass die aus den Interviews gewonnenen Daten nicht standardisierbar sind und daher nicht computer­gestützt zu ordnen und vergleichbar sind. Das qualitative Interviewergebnis gibt es in einer Fülle von Modifikationen, sodass es keiner einheitlichen Definition zugängig ist. Daher wird, nach der Vorstellung der nötigen Prämissen für qualitative Interviews, ein Kurzüberblick zu aus­ge­wählten qualitativen Befragungsarten gegeben.44 Für all jene gilt, dass die aufge­zeich­neten Informationen authentisch, intersubjektiv und nachvollziehbar reproduzierbar sind, dies wäre bei Informationen aus teilnehmenden Beobachtungen nicht der Fall. Beson­ders der mögliche Vergleich des aufgezeichneten Interviews mit den daraus gezogenen Interpre­tationen verleiht dem qualitativen Interview einen hohen methodischen und metho­do­lo­gischen Status. Während das Ziel der Rechtssysteme im Jugendstrafrecht beider Länder sich weitgehend – mit einigen noch näher zu beleuchtenden Ausnahmen – entspricht, sind die rechtlich verliehene Autorität und der Verfahrensablauf nicht immer kongruent. Die Arbeit wird daher die materiell - rechtlichen Regelungen und Verfahrens­abläufe rechts­ver­gleichend45 untersuchen und auf verfahrensdauerrelevante Punkte im Speziellen eingehen. Mittels der vergleichenden Anamnese beider Länder wird auf gegenwärtige Probleme ein­gegangen und diese sodann kritisch gewürdigt.

C. Struktur und Statistische Darstellung ö./dt. Jugenddelinquenz

Struktur und statistische Darstellung verdeutlichen, dass sowohl der österr. als auch der dt. Jugenddelinquenz eine ureigene Dynamik innewohnt. Aus diesem Grund nachfolgend, in gebotener Kürze, die notwendigen Ausführungen zur Datenlesbarkeit in beiden Ländern.

I. Struktur

Entsprechend den Altersgruppen des österr. und dt. Strafrechts findet eine normative Trennung von Jugend- und Erwachsenenkriminalität in der jugendkriminologischen For­schung statt. Oft ermöglicht der oder die verwirklichten Tatbestände (z.B. „Schwarzfahren“) bereits den ersten Hinweis, dass es sich, im Gegensatz zur Erwachsenen­kriminalität, um ein normab­weichendes Verhalten oder eine strafbare Handlung eines jungen Menschen handelt. Hierbei wird bei der strafrechtlichen Bewertung der Täterpersönlichkeit nicht umsonst auf den Stand der Entwicklung des jungen Menschen geschaut und diese von Seiten des Jugendrichters positiv festgestellt.46 Diese Herangehensweise ist durchaus als Rücksicht­nahme auf die beson­dere Struktur von strafbaren Handlun­gen junger Menschen in einem bestimmten Zeitfenster ihres Lebens zu verstehen. Insoweit unterscheidet die Andersartigkeit der jungen Täterpersönlichkeit und seiner Tat die Jugend­delinquenz strukturell von der Kriminalität Erwachsener. Aus diesem Grund sind Reaktion und Sanktion für Kinder und Jugendliche anders gesetzlich gestaltet, um dem Entwicklungsprozess zu würdigen, der gefährdet wäre, würde man – ihr Alter nicht beachtend – nach allg. Strafrecht vorgehen.47 Die Persönlichkeitsbildung und die eigen­verantwortliche Einbindung in gesell­schaftliche Gefüge ist gerade in jungen Jahren ein Lern­prozess, der nicht immer sofort gelingt. Diesen Prinzipien ver­pflichtend, trifft die jungen Täter ein schwächerer Schuldvorwurf, als dies z.B. bei Erwachsenen der Fall wäre.48 Die Begründung einer geringeren Schuld junger Täter ist in mehreren Faktoren zu finden. So sind junge Täter noch weitestgehend von Dritten abhängig, gelenkt sowie geprägt und jugend­liches Fehlverhalten ist oft noch in der Verantwortungssphäre der Eltern (Erziehungsberechtigten) oder dem sozialen Umfeld angesiedelt.49 Ebenso ist ihr Stand als voll­wertiger Sozialpartner noch vakant. Insbesondere löst der Rechtsbruch junger Menschen zumeist keine gravierende Erschütterung in der Normgeltung aus, sodass erhöhte Strafbedürfnisse gerecht­fertigt wären50. Ein generelles Schlechterstellungsverbot, z.B. aus dem verfassungs­rechtlichen Gleich­heitssatz abzuleiten, ist nicht möglich, denn Ungleiches (die besondere Lage Jugendlicher ggü. Erwachsenen) ungleich zu behandeln, ist verfassungs­rechtlich legi­tim.51 Das „strukturelle“ Herz des ö./dt. Jugendstrafrechts bilden die – hier unter zeitlichen Verfahrensdaueraspekten rechtsvergleichend untersuchten – Rechtsfolgen, mithilfe derer junge Menschen resozialisiert und integriert52 werden. Junge Menschen, als Teil der Gesellschaft zu achten und ihre Entwicklung zu stützen, ist Aufgabe dieser Struktur.

II. Statistische Darstellung

Aufgrund medialer Berichterstattung wird der Eindruck befördert, die Gesellschaft sei von jugend­lichen Gewalttätern geradezu überlaufen. Allerdings existiert „die“ Kinder-, Jugend- und Heran­wach­sendenkriminalität per se nicht. Vielmehr ist sie ebenso divergent, wie junge Menschen unter­schiedlich sind. Um Antworten auf den Umfang und die Struktur von krimi­nellen Verhaltensweisen junger Menschen finden zu können, steht in Österreich53 und in

Deutschland54 die Polizeiliche Krimi­nalstatistik (PKS) zur Verfügung. Zudem ist die Verurteiltenstatistik Österreichs (VST) und die Strafverfolgungsstatistik Deutschlands (SVS) hilfreich. Überdies sind auch die Methoden der Dunkel­feldforschung sachdienlich.

1. Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS)

Die PKS beider Länder ist eine Anzeigenstatistik und dient der Darstellung der kriminellen Entwicklung. Die bei den Justizbehörden erstatteten Anzeigen werden aufgenommen und weisen somit die rechtliche Beurteilung durch die Sicherheitsbehörden z.Zpkt. der Anzeige aus. Der PKS liegt ein unter strafrechtlichen und kriminologischen Aspekten aufge­bauter Straftatenkatalog zugrunde. Sie trifft keine Aussage darüber, ob und wenn ja, welchen Verlauf ein gerichtliches Verfahren nimmt. Zudem gibt die Strafverfolgungs­statistik (SVS) Deutschlands Auskunft über die förmlichen Verur­teilungen. Allerdings ist sie nur ein Aus­schnitt aus der den staatlichen Kontrollinstanzen insgesamt bekannt gewordenen Jugend­kriminalität, während die PKS einen Überblick über die polizeilich registrierte Kriminalität (sog. „Hellfeld“-Kriminalität) leistet. Aufgrund ihres breiten Spek­trums und weil sie die Kriminalität unbeeinflusst von der Erledigungsstrategie der ö./dt. Justiz aufbereitet, ist die PKS bestens geeignet, ö./dt. Jugenddelinquenz zu analysieren. Hinzu tritt, dass weniger als die Hälfte aller Jugendlichen, gegen die ein ö./dt. Ermittlungs­verfahren durchgeführt wird, verurteilt wird. Dennoch sind Fehlerquellen der PKS in Betracht zu ziehen, welche die „statistische Wahrheit“ beeinflussen.55 So unterliegt sie Schwankungen, wie der Verfol­gungs­intensität und der Aufklärungsquote, aber auch Änderungen im Strafkatalog, so z.B. durch das Einführen oder Abschaffen von Straftatbeständen. Außer Betracht bleibt in der PKS auch die Zahl der nicht zur Anzeige gebrachten Delikte, d.h. das sog. „Dunkelfeld“. Erfah­rungsgemäß rangiert gerade im Bereich der Jugendkriminalität diese Zahl überdurch­schnittlich hoch. Insoweit gibt die ö./dt. PKS zwar ein tatsächliches Bild wieder, dieses ist jedoch „verzerrt“, d.h. eingeschränkt zu interpretieren. Hilfreiche Informationen der PKS beider Länder sind insgesamt: a) die Art und Zahl der erfassten Straftaten, Tatort, Tatzeit, Opfer und Schäden, b) die Aufklärungs­ergebnisse und hier relevant c) das Alter, Geschlecht und Nationalität der (jungen) Tatverdächtigen.

2. Strafverfolgungsstatistik (Dtl.) und Verurteiltenstatistik (Ö.)

Für die dt. Strafverfolgungsstatistik (kurz: dt. SVS)56 und die österr. Verurteiltenstatistik (kurz: ö. VUS)57 ist anzuführen, dass sie Arbeits­statistiken für die Organe der Justiz beider Län­der sind. Beide Statistiken enthalten alle getroffenen Entscheidungen der Strafgerichte gegen Abgeurteilte, d.h. Verurteilungen und gerichtliche Einstellungen ebenso wie Freisprüche. Zudem finden auch die Straßenverkehrsdelikte Eingang. Eine wesentliche Besonderheit existiert sowohl in dt. SVS als auch ö. VUS: Eine Verurteilung, die wegen einer in Tateinheit oder -mehrheit begangenen Straftat besteht, wird statistisch nur mit dem schwersten Delikt geführt. Deutlich wird, dass lediglich der den ö./dt. Justiz­organen zur Bearbeitung vorliegende Teil der straf­rechtlichen Arbeit erfasst wird, so dass die dt. SVS bzw. ö. VUS - wie die ö./dt. PKS – der eingeschränkten Aussagekraft unterliegen.58

3. Dunkelfeld

Im Anschluss an obige Ausführungen, ergibt sich unweigerlich die Frage nach dem sog. „Dunkelfeld“ junger Delinquenz und seiner möglichen Darstellung sowie dbzgl. Grenzen. Vermutungen zu dessen Umfang und Struktur existieren in der Kriminologie seit dem 19. Jhd., wobei von positivistischen Ansätzen bis zur Negierung alle Ansichten vertreten sind.59 Bereits 1908 erkennt Oba als sog. „Dunkelfeld“ einen Ort, „bei dem der Täter in der Lage ist, sich auf irgend eine Weise der Strafe zu entziehen“.60 Im 21. Jhd. sieht Dellwig dieses bereits vom Normbezug völlig gelöst.61 Demgemäß ist es alleiniger Zweck, eine erfolg­reiche (wissenschaftliche) Implementierung des Diskur­ses zum sog. „Dunkelfeld“ herbei­zuführen und die Problematisierung oder die Infragestellung von Kriminalität zu thematisieren. Unerwartete und weitere Erkenntnisse außerhalb dieser Pole sind demnach nicht möglich. Anderer Ansicht nach, widerspiegelt das sog. „Dunkelfeld“ die Zahlen begangener Straftaten62, d.h. „die Summe der Straftaten, die zwar tatsächlich begangen, den Strafver­folgungsbehörden aber nicht bekannt geworden sind, und die deshalb nicht in der offiziellen Kriminalstatistik erscheinen“ 63. Für Pfeiffer/Scheerer ist es, „die Gesamtheit aller der Polizei unbekannt gebliebenen Straftaten“ 64, wobei das Hellfeld nicht berücksichtigt wird. Exakter definiert die Unterscheidung in ein beleuchtetes „rela­tives Dunkelfeld“ und „absolutes Dunkelfeld“, das keiner Dunkelfeldforschung zugänglich ist, sog. „doppel­tes Dunkelfeld“.65 Vorzugswürdig erkennt Eisenberg 66 als „Dunkelfeld“ die Differenz zwischen der Zahl der auf den Ebenen amt­licher Strafverfolgung registrierten (angezeigten) Straftaten und der vermuteten Zahl tatsächlich begangener Straftaten. Die Befragungen, die in diesem Zusammenhang geführt werden, lassen keine endgültige Einschätzung über die Zahl der tatsächlich begangenen Delikte zu. Sie sind nur in einer gewissen, wenn auch hohen Wahrscheinlichkeit ermittelbar, da z.B. nicht alle Delik­te von den Geschädigten bemerkt werden, sodass diese Taten, ohne ein personifizierbares Opfer, für die Befra­gungen völlig ausscheiden. Geringe Schäden werden zudem oft von Betroffenen verdrängt oder nicht als Straftat, sondern hinzunehmend empfunden. Straftaten, die i.Ü. durch ein Zusammenwirken von Opfer und Täter entstehen, sind kaum zu erfassen. Grenzen ergeben sich auch aus der mangelnden Fähigkeit der Befragten, sich an erfragte Sachverhalte zu erinnern: Täter- und Opferbefragungen haben ergeben, dass schwe­rere Delikte eher erinnert werden als leichte und dass länger zurückliegende schwe­rere Delikte in den Befragungszeitraum hinein zeitlich vorverschoben werden (sog. „Telescoping“-Effekt).67 Außerdem kann gesellschaftliche Ächtung oder Scham dazu führen, eine Straftat nicht zur Anzeige zu bringen, die so Dunkelfeldforschern nicht zur Kenntnis gelangt. Über diese Delikte können daher auch Täter- und Opferbefragungen keine Auskunft geben. Findet die Dunkelfeldforschung i.F. einer schriftlichen Befragung statt, so ist meist von einer niedrigen Rücklaufquote, v.a. bei Täterbefragungen auszugehen. Ist der Zugang zu Opfern und Tätern gleichermaßen versperrt, sind u.U. Informan­tenbefragungen, bei denen Proban­den über Kenntnisse der Ausführung von straf­baren Handlungen Dritter befragt werden, sachdienlich. Experimente bzw. teilnehmende Beob­achtungen werden jedoch relativ selten in der Forschung eingesetzt.68 Bestimmte Personengruppen, wie z.B. Obdachlose, nicht Deutschsprachige, sehr junge und alte bzw. mobi­le Personen sind meist von repräsentativen Umfragen „mehr oder weniger systematisch ausge­schlossen“69. Insoweit ist die statis­tische Genauigkeit dieser Methode nicht vollumfänglich leistbar. Zuverlässigkeit und Richtigkeit der Ergebnisse kriminologischer Untersuchungen sind nur durch eine ge­naue „Tatsachenerhebung im Einzelnen“70 möglich. Aus Dunkelfeldforschungen ist aus der Selbstauskunft bekannt, dass von den persönlich erlittenen Eigentums- und Gewalt­delikten durchschnittlich nur jedes zweite oder gar nur jedes vierte Delikt angezeigt wird.71 Die Bereitschaft zur Anzeige steigt allerdings proportional, je schwerer das Delikt im Gewicht für den Einzelnen ist.72 Herauszustellen ist: Die mangelnde Anzeige bewirkt ein Nichterscheinen in der ö./dt. PKS, da 90 % aller Straftaten erst durch Anzeige zur Kenntnis der Polizei gelangen. Demnach ist die Dunkelfeldforschung immer als zusätzliche Quelle zu werten bzw. als Ausschnitt aus der Krimina­litätswirklichkeit. Dies legt nahe, dass schwerere Delikte in den Statistiken des Hellfelds überrepräsentiert sind. Die Anzeige­bereitschaft zu schwereren Delikten bei Jugendlichen wird i.Ü. durch Größe und Entwicklung bestimmt. Hinzu tritt, dass jugend­liche Gewaltkriminalität überwiegend im öffentlich-sichtbaren Raum stattfindet. Dies bewirkt eine gesteigerte Wahrnehmbarkeit ggü. den von Erwachsenen began­genen Delikten oder anderen von Jugendlichen durchgeführten strafbaren Hand­lungen. Die sensibilisierte Öffentlichkeit nimmt diese Straftaten junger Menschen somit leichter war. Befördert wird dies durch neueste Technik, wie z.B. Handyaufnahmen von Beteiligten. Zur Dunkelfeld­forschung ist für das ö./dt. Jugend­strafrecht nur begrenz­tes Daten­material vorhanden.73 Ohne diese oder nur eingeschränkte Dunkelfelddaten bleibt ungewiss, ob die statistischen Zahlen der empirischen Datener­hebung entspricht und die „Krimina­litäts­wirklichkeit“ tatsächlich reflektiert wird. Andernfalls würde nur das Ergebnis einer Verschie­bung der Grenze zwischen Hell- und Dunkelfeld wahrgenommen. In diesem Fall käme es zur oft zitierten, dennoch eben unbelegten „gefühlten Kriminalität“, die gerade keine verlässlichen Aussagen zur Entwicklung der Jugenddelinquenz zulässt. Der Vollständigkeit halber sei als wichtige internationale Quelle der Dunkelfelderhebung die „Second International Self-Reported Delinquency Study, 2005-2007 (ICPSR 34658)“ (ISDR-2) genannt.74 Diese Studie selbstberichteter Kriminalität ermöglicht Aufschluss durch Schülerbefragungen, auch über die Opfer im Alter von 12 bis 15 Jahren. Die Daten basieren auf 43.968 befragten Schülern aus 63 Städten und 31 Ländern. Insbesondere werden Informationen zu den Prävalenzraten zur Jugenddelinquenz in den Hauptkategorien von Kriminalität generiert. Die Prävalenz­raten liegen bei 26,3 % in den westeuropäischen Staaten, was ein eher hohes Resultat ist, wobei die Niederlande mit 29,3 % und Deutschland mit 29,0 %, verglichen mit Österreich, die höchste Rate erzielten, wobei letztgenanntes eine hierzu geringe Prävalenzrate von 22,1 % aufweist.75 Diese Studie ist nicht allumfänglich repräsentativ, da sie keine Auskunft über selbstberichtete Delinquenz im Bereich älterer Jugendlichen gibt und durch vorgegebene Cluster keine Ergebnisse für eine Landes-Dunkelfeldstudie beider Länder eröffnet. Eingeschränkt gelesen, ist es dennoch eine empirische Erhebung zur Jugendde­linquenz im „Dunkelfeld“. Zu konstatieren ist, dass es weder in Deutschland noch in Österreich im Vergleich zu anderen westlichen Staaten (z.B. USA, Frankreich, England, Nieder­lande) eine fortlaufende bundesweite, repräsentative Dunkelfeldbefragung zur Jugenddelinquenz gibt.76 Diese wäre jedoch wünschenswert, da dbzgl. bisherige Erhebungen nur einen kleinen Ausschnitt wiedergeben. In Österreich wird i.Ü. eine Dunkel­feldforschung zu Kinderdelinquenz angemahnt.77 Ebenso lassen vorhandene Studien aus Schüler­befragungen in Österreich keinen Schluss auf das Dunkelfeld bei Jugenddelinquenz zu.78 Heinz bezeichnet, bezogen auf Deutschland, die dbzgl. bundesweit fehlende Dunkel­feldforschung auch als „Kriminalpolitik im Blindflug“79, die dazu einlade, Irrtümer hervor­zurufen bzw. empirische Befunde eingeschränkt oder gar unleserlich zu gestal­ten. In Konsequenz trägt dies sicher zur (irrenden) Forderung der Verschärfung des österr. und dt. Jugend­strafrechts bei. Daher ist die moderne (inter-)nationale Dunkel­feldforschung bestrebt, nicht nur Antworten auf Umfang und Struktur nicht bekannt gewordener Straftaten zu finden, sondern Mechanismen und Einflussfaktoren zu erforschen, die auf den Filter­prozess vom Dunkel- zum Hellfeld wirken.80 Zusammengefasst ist die Dunkelfeldforschung ein Erkenntnisgewinn aus der Befragung von Tätern („Täter­befragung“) und Opfern („Opfer­befragung“) über Kriminalität mit dem Ziel, Erkenntnisse über das Gesamtauf­kommen bestimmter Straftaten einschließlich des sog. (relativen) „Dunkel­­felds“, also der bei der Polizei nicht bekannten Straftaten, zu generieren.81 Die steigende Bedeutung der Dunkelfeldforschung gründet zudem auch auf dem vermehrten (gesellschaftspolitischen) Interesse der Opfer82. Unter den gezeigten Grenzen83, erlaubt nämlich gerade dieser Forschungszweig umfangreichere Rückschlüsse auf das (unbekannte) Kriminalitätsauf­kom­men in der Bevölkerung.84 Im Falle der Relevanz, gebietet es sich daher das sog. „Dunkelfeld“ für das ö./dt. Jugendstrafrecht heranzuziehen.

4. Schlussfolgerung

In der Zusammenschau der ö./dt. PKS sowie dt. SVS und ö. VUS wird deutlich, dass neuere Entwicklungen sowie leichte oder schwere Ausschläge der Kriminalität rechnerisch aufbereitet und bewertet werden können. Spürbare Verän­derungen lassen sich alsdann in belastbare Fakten verwandeln. Zu bedenken ist, dass der aus der ö./dt. PKS hervorgehende Einzelfall, je nach der rechtlichen Bewertung der ermittelnden österr. und dt. Justizorgane, wie auch StA, Gericht oder Polizei, unter­schiedlichen rechtlichen Eingang in die Statistik finden kann. Verzerrend wirkt, dass eine im Berichtsjahr in der ö./dt. PKS rechtskräftig verurteilte Person aufgrund der Verfahrensdauer teils im Berichtsjahr, teils im Folgejahr oder erst später in der dt. SVS bzw. ö. VUS Eingang findet85. Dies führt zu einer Verschie­bung der Aussagekraft der jeweiligen Jahrgänge der ent­sprechenden Statistik. Ferner sind ö./dt. PKS und dt. SVS der Justiz noch die ö. VUS vergleichbar, da sich die Erfassungs­grundsätze unterscheiden, wobei „Verzerrungen“ in der Verlaufsstatistik vermieden werden könnten, wenn der Einzelfall durch die Instanzen nachvollziehbar gemacht würde.86 Entgegen der Ansicht „gefühlt“ steigender Gewaltkriminalitat junger Menschen87 zeichnen die studien­geleiteten Fakten ein anderes Bild, so dass, m.E., von einer unwahren Tatsachenbehauptung gesprochen werden kann, die das Wesen der ö./dt. Jugenddelinquenz verkennt. Gestützt wird dies durch die vorhandene empirische Datenlage beider Länder, wonach registrierte Jugenddelinquenz prozentual stetig bzw. teils sinkt. Andererseits ist auch wahr, dass in ausgewählten Bereichen beider Länder - i.B. auf die absolute Häufigkeit ausgewählter Vermö­gens- und Nichtvermögensdelikte - sog. „Zuwachsraten“ existieren. Exakter ist es daher, nicht von erhöhter ö./dt. Jugenddelinquenz zu sprechen, sondern von einer Verschiebung der Deliktsbereiche. Zur Erforschung eignet sich hierzu auch die sog. „Dunkelfeldforschung“. Deutlich wird, die Selbstwahrnehmung von Delinquenz in der Gesellschaft ist nicht abschließend geprägt und es fällt gerade Erwachsenen schwerer – im Gegensatz zu jungen Menschen – strafbewährtes Verhalten öffentlich zuzugeben.88 Zusammengefasst liegt es nahe, dass Jugend­­delinquenz im Dunkelfeld hoch ist, was zu polizeilicher Mehrfachkennung führt.89 Dies lässt den Schluss zu, je leichter das Delikt, umso größer ist das zugehörige Dunkelfeld, was, wie gezeigt, nicht zwingend für alle Jugenddelikte gilt. Zwar kennt die ö./dt. PKS die sog. „Hellfeld“-Kriminalität, sie trifft aber keine Aussage über Veränderungen im nicht erhobenen Bereich, vielmehr spielt das gestiegene Anzeige­verhalten, die polizeiliche Kontrolldichte90, der Erlass neuer Strafgesetze, Änderungen im Strafrecht, die Definitionsmacht über das Delikt der Polizei für den Eingang in die ö./dt. PKS etc. eine Rolle. Hilfreich ist die ö./dt. PKS insbesondere, als sie die alters­spezifische (ungleiche) Verteilung abzeichnet.91 Vorliegend ist die Beforschung mit nur einer statistischen Erhebungsmethode nicht sinnvoll, um exakte Aussagen zur Vermeidung der Überlänge im ö./dt. Jugendstrafrecht zu gewinnen.92 Dienlich sind, m.E., zusätzliche Quellen, wie das leitfadengestützte Experteninterview, da in beiden Ländern de facto, wenn überhaupt, ein geringer Anteil junger Menschen meist einmalig straf­fällig wird.

D. Ziel der Arbeit

Mittels verschiedener Angebote zur Prävention von Jugenddelinquenz ist bereits ein wesent­licher Grundstein gelegt, frühzeitig, d.h. vor der einschlägigen strafverfolgungswürdigen Tat, eine Überlänge von ö./dt. Jugendstrafverfahren zu verhindern. Einfach ausgedrückt, werden keine Jugendstraftaten begangen, werden Jugendstrafverfahren gar nicht erst „erwach­sen“. Untersuchungsrelevant ist für die erfolgende zeitliche Anamnese ö./dt. Jugendstrafverfahren bereits der Zeitpunkt strafverfolgungswürdiger Jugend­delinquenz, d.h. ab Beginn des ö./dt. Ermitt­lungsverfahrens. Vor allem die ver­gleichende Analyse der jugend­rechtlichen Möglichkeiten des ö. und dt. JGG als auch der Abgleich statistischer Befunde sowie die leitfadengestützte Befragung der Fachwelt im Interview vor Ort versprechen einen tatsächlichen Eindruck zur Dauer von ö./dt. Jugend­strafverfahren. Überdies sollen vorgestellte Praxismodelle einen länderübergreifenden Einblick geben und Lösungen erschließen. Dies ist, m.E., unab­dingbar, um den wissen­schaftlichen Erkennt­nisgewinn aus Theorie und Praxis zusammenzutragen. Ferner ist es das Ziel zum Verständnis von bestehenden Gemeinsamkeiten und Unterschieden im Jugendstrafrecht beider Länder beizutragen; dies besonders angesichts der Relevanz des Themas im europäischen Jugendrechtskontext. Zu wünschen ist, dass die Arbeit im Ergebnis einen Austausch von österr. und dt. Juristen und Professionisten begleitender Fachrichtungen fachübergreifend fördert. Übergeordnetes Anliegen ist es, dass die vor­liegende Arbeit wissenschaftliche Impulse für weitere Forschungen im ö./dt. Jugend­strafrecht gibt. Nicht zuletzt möchte die vorliegende Arbeit über den fachlichen Anspruch hinaus, zum tieferen Verständnis von jungen Menschen und ihrer speziellen Rolle „im“ Recht beitragen.

2. Teil: Grundlegendes

A. Zum Jugendstrafrecht in Österreich und Deutschland

Unter „Jugendstrafrecht“ ist das bei einer Straftat eines Jugendlichen93 (und ggf. jungen Erwachsenen94 /Heranwachsenden95 ) anzuwendende ö./dt. Recht zu verstehen. Besondere Bedeutung erhält das Rechtsgebiet, indem es dem Umstand Rechnung trägt, dass junge Menschen erst lernen, inwieweit sozialschädliches Verhalten mit Konse­quenzen geahndet wird – die sog. „sensible Phase“ der Sozialisation96. Dieser Entwicklungs- und Lernprozess – nach dt. Rechtsverständnis einhergehende Erziehungs­vorgang – findet im ö. und dt. Jugendgerichtsgesetz rechtliche Ordnung.97 Ausgeformt als sog. „Sonder­strafrecht“98 für junge Täter fokussiert es das kritische Übergangsstadium zwischen Kindheit und Erwachsenenalter z.Zpkt. der Tat.99 Eine sofortige vollumfängliche strafrechtliche Verantwortlichkeit – bis zur abgeschlossenen Ado­leszenz – entspricht nicht dem Wesen des ö./dt. Jugendstrafrechts. Der Begriff ist dennoch „echtes“ Strafrecht100, da die Rechtsfolge einer schuldhaften Tat die Ahndung mittels Strafe –in Prämisse des Ultima-Ratio-Prinzips – bewirkt. Insgesamt ist der Charakter des ö./dt. Jugendstrafrechts ein straf­rechtlicher und gerade kein sozialrechtlicher.101 Im Unterschied zum Erwachsenenstrafrecht, welches Sanktionen primär an die schuldhafte Tat und nicht an die Person des Täters knüpft, ist das ö./dt. Jugendstrafrecht dadurch gekennzeichnet, dass sich die Sanktionen primär auf den Täter und seine Person (Altersstufe, Persönlichkeit, soziale Situa­tion, Entwick­lungs­prognosen etc.) beziehen, sodass von einem Täterstrafrecht zu sprechen ist, welches eine gewisse „Überlegenheit“102 zum Erwachsenenstrafrecht aufweist, wirkt es doch im besten Fall „spezialpräventiv“103. Außerdem knüpft das ö./dt. Jugendstrafrecht an Sank­tionen an, die primär an der Wiedereingliederung in ein strafbefreites Gesellschaftsleben orientieren. Allerdings knüpft der dt. Leitgedanke des Jugendstrafrechts seit 1904 vordergründig an der sog. „Erziehung“ junger Täter zu einem strafbefreiten Leben an.104

Diesem Ansatz folgt seit 1928 auch das österr. Jugendstrafrecht: „Erziehung statt Strafe und Strafe nur als Mittel der Erziehung!“ 105, wenn auch nicht vordergründig, wie die Klarstellung in § 5 Z. 1 öJGG zeigt106. Die dt. Rechtsauffassung zum Jugendstrafrecht allerdings sieht diesen Aspekt als maßgeblich an und strebt dazu, die „echte“ Kriminalstrafe systematisch durch Erziehungs­maßnahmen zu ersetzen.107 Aus diesem Grund wird das dt. Jugend­straf­recht auch als sog. „Erzie­hungsstrafrecht“ bezeichnet, d.h. nicht als Schuld­strafrecht, wie es das allg. Strafrecht vorsieht, bei dem Sanktionen primär dem Schuld­ausgleich und nur sekundär der Legalbewährung dienen.108 Dem folgt das österr. Recht seit den 1960er-Jahren durchaus, indem die herkömmlichen Sanktionen erweitert wurden.109 Die befassten Rechtsexperten betonen hierzu, dass mehr Sicherheit durch weniger Jugend in Haft sehr wohl leistbar ist.110 Um den Anspruch zu stützen, wird sich überdies weg von repressiven hin zu präventiven Möglichkeiten des ö./dt. Jugendstrafrechts orientiert.111 Zudem werden in den rechtlichen Begriff nunmehr auch ö./dt. Opferbelange einbe­zogen.112 Das Jugendstrafrecht beider Länder zeich­net ferner aus, dass bereits Maßnahmen geschaffen worden sind, die den Ruf nach einem sich stetig modernisierenden Jugendstrafrecht aufgreifen113, so z.B. durch die Einführung des ö. Tatausgleichs bzw. dt. Täter-Opfer-Ausgleichs (kurz: TOA) geschehen. Diesem Bedeutungsanspruch an ein modernes ö./dt. Jugendstrafrecht und seiner rechts­staatlichen Vereinbarkeit wird vorliegend gefolgt, insbesondere, was die Umsetzung zu einem zügigen Jugendstrafverfahren betrifft.114 Zwar ist die Modernisierung im Einzelnen umstritten115 - und daher vorliegend nur unter der Leitthese dieser Arbeit zu verfolgen - allerdings ist sich die Fachwelt insoweit einig, dass dem modernen ö./dt. Jugendstrafrecht eine „Pilotfunktion“116 inne wohnt, insbesondere da es wegweisenden Charakter für das Erwachse­nen­strafrecht besitzt. Grund hierfür ist, dass die Ausgestaltung neuer Sanktionswege im Bereich junger Menschen meist eher und schneller angeregt werden kann. Verbunden wird die größere Flexibilität zudem mit der Hoffnung, dass jugendliche Beschuldigte noch Entwicklungspotenzial für die Persönlichkeit sowie persön­liche Reife innewohnt und kriminelle Neigungen eher einen episodenhaften117 Charakter tragen, sich mithin nicht verfestigen. Den jungen Delinquenten die not­wendige Hilfe anbieten, ihnen den Weg zurück in eine straflose Zukunft mittels Entschul­digung, Wiedergutmachung und Einsicht in die Tat weisen, diesem Zweck fühlt sich das ö./dt. Jugendstrafrecht verpflichtet. Dem Tragen auch der striktere Verhältnismäßig­keitsgrundsatz118 und die Anwendung der Regeln zur (vorläufigen) Festnahme119 (vgl. §§ 170-172 öStPO, § 35 Abs. 1(b) öJGG; § 127 dStPO, § 72 dJGG) und der Anordnung von (U-)Haftstrafen120 (§ 173 öStPO, §§ 35, 36 öJGG; §§ 122 ff dStPO, § 72 dJGG) nur in Ultima Ratio Rechnung.121 Die Zahlung eines Geldbetrages (§ 7 Abs. 1 Z. 1 öJGG, § 8 Abs. 1 i.V.m. § 200 öStPO; § 19 Abs. 2 öJGG, § 8 Abs. 1 öJGG i.V.m. § 183 ABGB) bzw. Geldstrafe sollen keine (vgl. § 37 öStGB, § 5 Z. 8 öJGG) oder nur Anwendung finden, so sie geeignet sind das Unrecht der Tat aufzuwiegen und das Fortkommen des jungen Beschuldigten nicht unnötig zu erschweren122, vgl. den Wortlaut in § 5 Z. 6 öJGG, § 8 Abs. 1 öJGG. Hinzu tritt, dass auch die Generalprävention zugunsten der Spezialprävention im Jugendstrafrecht beider Länder zurück­gedrängt ist.123 Eine Brandmarkung durch ein zukunftsprägendes Urteil – und damit einem Eintrag in das Strafregister – soll zugunsten der Wiedereingliederung vermieden werden. Insoweit eröffnet die Anwendung diversioneller Maßnahmen im ö./dt. Jugendrecht einen wesentlichen Eck­pfeiler, um Jugendverfehlungen zu begegnen.124 Dies wird auch durch die Vorschriften zum Schutz junger Beschuldigter mithilfe der RL’e 2016/800/EU bestätigt, z.B. in Vorgaben betreffend die notwendige Verteidigung, der Beiziehung des gesetzlichen Vertreters oder Vertrauensperson oder den Vorschriften zur Verhängung von U-Haft. Aus den genannten Aufgaben des ö./dt. Jugendrechts wird deutlich, dass diese für die in Rede stehende „Vermeidung […]“ ebenso verantwortlich zeichnen, wie die hierbei durchgeführten Tätigkeiten der Befassten, die so schnell als möglich auf Taten junger Menschen reagieren sollen. Die Jugendpraxis offenbart zudem, dass einerseits Forschungsbedarf besteht, um dbzgl. Schwierigkeiten zu erkennen und auszuräumen und andererseits konkrete Umsetzungsmöglichkeiten zu suchen sind.125 Die vorliegende Arbeit hat den Anspruch insoweit normative, empirische und praktische Optionen zur Problembewältigung im Rechtsvergleich herauszuarbeiten und ggf. näher zu beleuchten.

I. Geltungsbereich

Zunächst ist es hilfreich zwischen dem sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des ö. bzw. dt. JGG zu unterscheiden. Ersterer betrifft die Handlungen und Unterlassungen, auf welche das Gesetz Anwendung findet. Hingegen grenzt der persönliche Geltungsbereich die Personengruppe ab, für die das ö./dt. JGG gilt.

1. Sachlicher Geltungsbereich

Das ö./dt. JGG hat Vorrang vor den allgemeinen Vorschriften, diese sind subsidiär126, vgl. § 5 öJGG; § 2 Abs. 2 dJGG. Mit Bedacht auf den Inhalt des ö./dt. JGG besteht dieser Vorrang in beiden Kodizi insbesondere für das Strafverfahren, die Sanktionierung und die Vollstreckung. Aufgrund dessen, dass im ö. und dt. JGG keine jugendspezifischen Straftatbestände normiert sind127, gilt insoweit das allgemeine Strafrecht128, was bedeutet das auch für Jugendliche und junge Erwachsene bzw. Heranwachsende alle Straftatbestände in Betracht kommen soweit nicht ausnahmsweise Altersgrenzen vorgesehen sind (z.B. §§ 206 Abs. 4, 207 Abs. 4, 207 a Abs. 5 und 6, 208 Abs. 4 öStGB; §§ 174 Abs. 1 Nr. 3, 176 a Abs. 2 Nr. 1, 182 Abs. 1, Abs. 2 dStGB). Demnach gibt es gerade keine jugendspezifische Auslegung des Strafgesetzes129. Eine Ausnahme zur subsidiären Geltung der allgemeinen Strafgesetze für ö. Jugendstraftaten bildet § 24 Abs. 1 öFinstrG, der die gerichtlich zu ahndenden Finanzvergehen von jugendlichen Delinquenten – neben den eigenen Regelungen des öFinStrG (z.B. §§ 7 Abs. 2, 3, 15 Abs. 1 öFinStrG) - und derer anzuwendenden Normen des öJGG taxativ benennt.130 Überdies sind einige Bestimmungen des § 5 öJGG durch das öJGG-ÄndG 2015 auch auf junge Erwachsene erstreckt worden, vgl. § 19 Abs. 1 öJGG.131 Eine analoge Anwendung weiterer Regeln des § 5 öJGG auf junge Erwachsene ist laut derzeitiger Normierung ausgeschlossen.

2. Persönlicher Geltungsbereich

Das Jugendstrafrecht gilt i.d.F. des ö. bzw. dJGG für Jugendliche (§ 1 Z. 2 öJGG; § 1 Abs. 1 dJGG) und österr. junge Erwachsene (§ 1 Z. 5 öJGG) bzw. dt. Heranwachsende (§ 1 Abs. 1 dJGG); auf Kinder und Erwachsene findet es somit keine Anwendung. Der persönliche Geltungsbereich der Betroffenen ist eröffnet, wenn diese eine rechtswidrige strafbare Handlung oder Unterlassung begehen. Der dt. Gesetzgeber spricht dbzgl. in § 1 Abs. 1 dJGG von „Verfehlung“, d.h. einer rechtswidrigen Tat nach § 12 dStGB132, wobei wiederum eine Ordnungswidrigkeit gerade keine Verfehlung i.S.d. § 1 dJGG ist. Dennoch enthält das dOWiG Sonderregelungen133, wenn der Betroffene, den Tatbestand einer Bußgeldvorschrift verwirklicht und dem Anwendungsbereich des dJGG unterfällt, vgl. § 46 Abs. 1 dOWiG; RL 1 S. 2134. Demnach also das ö. bzw. dt. JGG nicht ein anderes bestimmt, gelten die allg. Strafgesetze beider Länder (vgl. § 5 öJGG; § 2 Abs. 2 dJGG), d.h. die materiell - rechtlichen Bestimmungen zur Strafbarkeit und den Sanktionen, die strafrechtlichen Nebengesetze sowie die Vorschriften der StPO oder die Kinder- und Jugendhilfeschutzgesetze135. Hiervon strikt zu unterscheiden ist allerdings der persönliche Geltungsbereich des Bürgerlichen Rechts. In Österreich, Deutschland (auch der Schweiz) gilt eine Person unter 18 Jahren, also bis zum Eintritt der Volljährigkeit, als minderjährig. Ein Minderjähriger, der das 14., aber noch nicht das 18. Lj. vollendet hat, ist ein Jugendlicher, vgl. § 21 öABGB, § 1 Z. 2 öJGG, § 74 Abs. 1 Z. 3 öStGB. Minderjährige stehen unter dem besonderen gesetzlichen Schutz und haben eingeschränkte Rechte und Pflichten. Dies erkennt in besonderer Weise das Kindschafts-Namensrechts Änderungsgesetz 2013 für den Fall kindschaftrechtlicher Entscheidungen an, indem es im Gesetzeswortlaut des 3. Hptstk. der §§ 137, 138 darauf hinweist, dass bei minderjährigen Kindern besondere Schutzvorschriften betreffend das Kindeswohl gelten. Wichtige Elemente desselben sind neben einer angemessenen Versorgung, Fürsorge, Wertschätzung und Förderung der Fähigkeiten (vgl. § 137 Abs. 2, § 138 Z. 1-4 KindNamRÄG 2013), v.a. die Wahrung der Rechte, Ansprüche und nicht zuletzt der Interessen des Kindes (vgl. § 138 Z. 11 KindNamRÄG 2013). Letztlich wird mit Überschreitung der Altersgrenze des 18. LJ’es eine Person volljährig und Erwachsener.

II. Strafmündigkeit

Vorausgeschickt sei, dass im internationalen Kontext des Jugendstrafrechts unterschied­lichste Altersgrenzen zur Strafmündigkeit existieren.136 Für das österr. und dt. Jugend­strafrecht sind diese betreffend die Strafunmündigkeit bzw. den Beginn der Strafmündigkeit recht deutlich definiert.

1. Unmündigkeit

Gemäß österr. Rechtslage ist unmündig, wer das 14. Lj. noch nicht vollendet hat, vgl. § 1 Z. 1 öJGG, § 74 Abs. 1 Z. 1 öStGB, § 21 Abs. 2, 2. HS ABGB.137 Unmündige sind generell nicht strafbar, wobei es sich beim Strafausschließungsgrund gemäß § 4 Abs. 1 öJGG um eine unwiderlegliche gesetzliche Vermutung der Schuldunfähigkeit wegen fehlender Diskretions- und Dispositionsfähigkeit handelt.138 Diese greift ungeachtet der biologischen139 und psychologischen Entwicklung auch dann Platz, wenn eine unmündige Person das Unrecht der Tat begreift oder der Einsicht nach zu handeln fähig ist.140 Der Vollendungszeitpunkt des 14. Lj.’es wird im Strafrecht anders als im ABGB definiert. Die h.M. zieht hierbei § 68 öStGB zur Bestimmung der Altersstufe zu Rate. Bis zum Ablauf des Tages des 14. Geburtstages ist eine Person - anders, als in Deutschland mit dem 14. Geburtstag - strafunmündig und kann demnach strafrechtlich nicht verantwortlich gemacht werden, vgl. § 68 dritter Satz öStGB. Nach erreichter Mündigkeit ist stets im Einzelfall das Vorliegen der Voraussetzungen der Zurechnungsfähigkeit nach § 11 öStGB zu prüfen141, selbst wenn eine Person auf dem Stand eines Unmündigen steht.142 Außerdem stellt § 32 Abs. 3 öJGG heraus143, dass die Kriminalpolizei der öStA nach § 100 öStPO zu berichten hat, sollte eine Unmündiger im Verdacht stehen, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben. Den Sicherheitsbehörden stehen zu Ermittlungszwecken eigene Maßnahmen zur Verfügung, vgl. §§ 35 Abs. 1 Z. 5a, 45, 47 öSPG. Nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens ist die öStA gehalten den Kinder- und Jugendhilfeträger (B-KJHG 2013144 bzw. das Pflegschaftsgericht zwecks notwendiger erzieherischer Maßnahmen zu informieren, vgl. § 32 Abs. 2 öJGG.

Nach dt. Rechtlage ergibt sich aus dem Umkehrschluss aus § 1 Abs. 1 u. 2 dJGG, dass Personen unter 14 Jahren nicht strafmündig sind, vgl. § 1 Abs. 2 dJGG; § 19 dStGB.145 Hierbei nutzt das dt. Strafgesetz jedoch nicht den Begriff „Strafmündigkeit“, sondern spricht von der Schuldunfähigkeit des Kindes (§ 19 dStGB), d.h. es fehlt für die Bestrafung an der Schuldvoraussetzung.146 Die Norm des § 19 dStGB bildet ein Strafverfolgungshindernis.147 Ein Ermittlungsverfahren und strafprozessuale Zwangsmaßnahmen (§§ 81a u. b, 102, 122, 127 dStPO) gegen Kinder sind unzulässig. Wurde dennoch ein solches geführt, z.B. weil bei Anzeigeerstattung die Beschuldigten noch unbekannt waren oder ihr Alter noch nicht feststand, ist dieses gemäß § 170 Abs. 2 dStPO einzustellen (in späteren Verfahrensstadien gemäß § 206 a dStPO bzw. § 260 Abs. 3 dStPO). Zweifel über das Alter wirken sich in dubio pro reo zugunsten des jungen Beschuldigten aus. Der Vollendungszeitpunkt für das 14. Lj. richtet sich – mangels Vorgaben des dJGG - nach §§ 186, 187 Abs. 2, § 188 Abs. 3 BGB entsprechend, wonach die Strafmündigkeit, wie gezeigt, am 14. Geburtstag vorliegt.148 Kinder sind somit nicht strafrechtlich belangbar, allenfalls kann das dt. Familiengericht, außerhalb des Strafverfahrens, bestimmte Maßnahmen anordnen. Lediglich als Zeugen dürfen Kinder vernommen werden, jedoch nur für fremde und nicht für eigene Taten. Hierbei ist § 241 a dStPO bei der Vernehmung vor Gericht zu beachten und diese über ihr Zeugnisverweigerungsrecht (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 3 dStPO, § 52 Abs. 2 dStPO149 ) aufzuklären. Überdies ist ein (mit)-tatverdächtiges Kind als Zeuge darauf hinzuweisen, dass es nicht verpflichtet ist, sich selbst zu belasten150.151

Insgesamt sind Handlungen von Unmündigen, die als Straftaten zu werten sind, nach den Rechtsordnungen beider Länder straflos, vgl. § 4 Abs. 1 öJGG; § 1 Abs. 2 dJGG, § 19 dStGB.152 Ungeachtet verschiedener Probleme, wie z.B. der Tatbeteiligung153, der strafbar­keitsbegründenden Vortat eines Unmündigen154 oder zusammenhängenden Tathandlungen vor und nach Strafmündigkeit155, ist bei Unmündigen beider Länder davon auszugehen, dass es regelmäßig an einem general- als auch spezialpräventiven Bedürfnis der Strafverfolgung der Taten mangelt.156 An dieser Stelle der kurze Hinweis, dass die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls gegen ö. oder dt. Strafunmündige unzulässig ist, vgl. § 9 Abs. 1 EU-JZG157 bzw. § 9 Z. 1 IRG158. Gemäß § 83 Abs. 1 Nr. 2 IRG ist innerhalb der Europä­ischen Union die Auslieferung eines strafunmündigen Kindes ausdrücklich ausgeschlossen, vgl. § 83 Abs. 1 Nr. 2 IRG; § 21 ARHG159. Anderes gilt in Fällen internationaler Rechtshilfe, wenn ein Nicht - EU-Staat mit niedrigerer Strafmündigkeitsgrenze um die Auslieferung eines verdächtigen Kindes ansucht. In diesem Fall richten sich die Einzelheiten nach der Rechtsgrundlage die zwischen der Republik Österreich bzw. der BRD und dem ersuchenden Staat gelten.160 Bestehen Zweifel, ob der Verfolgte zur Zeit der Tat strafmündig war, ist die Auslieferung ebenfalls unzulässig.161

2. Mündigkeit

Der Beginn der strafrechtlichen Mündigkeit ist an das Erreichen eines bestimmten Alters geknüpft, d.h. jenes ab dem einem Menschen vom ö. oder dt. Gesetzgeber zugetraut wird, die Folgen seiner Handlungen so weit zu überblicken, dass er bewusst anderen schaden kann und daher für diese Handlungen die strafrechtliche Verantwortung übernehmen muss. Dies betrifft sowohl österr. und dt. Jugendliche als auch junge Erwachsene bzw. Heranwachsende.

2.1 Jugendliche

Der Beginn der Strafmündigkeit ist seit dem öJGG 1928 in Vollendung des 14 Lj., sprich dem am 14. Geburtstag folgenden Tag, zu verorten.162 Gemäß § 1 Nr. 2 öJGG ist ein Jugendlicher strafmündig, „der das vollendete 14. Lj., aber noch nicht das vollendete 18. Lj. erreicht hat“.163 Dies deckt sich mit der Legaldefinition des Minderjährigen des § 74 Abs. 1 Z. 3 öStGB. Im bürgerlichen Recht wird hingegen diese Altersgruppe (14- bis 17-Jährige) als mündige Minderjährige bezeichnet, vgl. § 21 Abs. 2, HS. 1, § 170 Abs. 2, § 171 öABGB. Demnach wird eine Person mit vollendetem 14 Lj. strafmündig (arg. aus § 4 öJGG), was mit der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit ab dem 14. Lj. korreliert, vgl. § 176 öABGB. Anders verhält es sich gemäß § 4 Abs. 2 öJGG nur, wenn ein österr. Jugendlicher aus besonderen Gründen noch nicht reif genug war, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder dieser Einsicht gemäß zu handeln164 (mangelnde Diskretions- und Dispositionsfähigkeit nach § 4 Abs. 2 Z. 1 öJGG165 ) oder er vor Vollendung des 16. Lj.’es ein Vergehen begeht, ihn kein schweres Verschulden trifft und nicht aus besonderen Gründen die Anwendung des Jugendstrafrechts geboten ist, um den Jugendlichen von strafbaren Handlungen abzuhalten (§ 4 Abs. 2 Z. 2 öJGG). Eine Untersuchung der Reife durch einen Jugendpsychiater ist nicht zwingend, wenn das Gericht aufgrund der gesamten Beweise, insbesondere der Vernehmungsprotokolle und persönlichen Eindrucks in der Hauptverhandlung eine Entscheidung treffen kann, ob Gründe i.S.d. § 4 Abs. 2 Z. 1 öJGG vorliegen.166 Für Jugendliche gelten mithin eigene materiell-, verfahrens- u. vollzugsrechtliche Regeln im öJGG.

Das dt. Strafgesetzbuch schreibt, wie gezeigt, für die Strafmündigkeit ebenfalls das vollendete 14. Lj. vor, d.h. Jugendlicher ist, wer „zur Zeit der Tat 14, aber noch nicht 18 Jahre alt“ ist (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII). Hingegen ist dt. Heranwachsender und strafmündig, wer „zur Zeit der Tat 18, aber noch nicht 21 Jahre alt“ ist, vgl. § 1 Abs. 2 dJGG. Die Altersberechnung erfolgt mangels spezieller Regelungen nach §§ 186 ff. BGB, wie aus Art. 2 EGBGB abzuleiten ist.167 Demnach wird gemäß § 187 Abs. 2 S. 2 BGB der Tag der Geburt mitgerechnet, so dass mit Anbruch des Tages des Geburtstages (Zeitpunkt: 0 Uhr) der Betroffene die maßgebliche Altersgrenze erreicht.168 Bei bestehenden Zweifeln, ob der Verdächtige zur Tatzeit Kind oder Jugendlicher war, kommt in dubio pro reo eine Sanktionierung nicht in Betracht.169 Lässt sich der genaue Tatzeitpunkt oder der Tag der Geburt in konkret-individueller Betrachtung170 des Einzelfalles nicht ermitteln, so gilt die günstigere Rechtsfolge171, wenn es um die Anwendung von Jugend- oder Erwach­senenstrafrecht geht.172 Einzuschränken ist, dass dt. Jugendliche nur als bedingt strafrechtlich verantwortlich gelten. Eine Strafbarkeit setzt – ähnlich dem österr. Wortlaut – voraus, dass diese „zur Zeit der Tat nach ihrer sittlichen und geistigen Entwicklung überhaupt reif genug waren, dasjenige Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln“ 173 (sog. Diskretions- und Dispositionsfähigkeit). Dieser spezielle Schuld­aus­schließungsgrund174 ist neben der Regel des § 20 dStGB175 i.R.d. Schuld zu prüfen, um eine unzulässige Fortsetzung des Verfahrens zu vermeiden, aber auch um unnötige (verfah­renszeitliche) Belastungen von jungen Menschen abzuhalten. Das heißt, fehlt es an der nötigen Reife, hat bereits die dStA das Verfahren wegen mangelnden Tatverdachts (§ 170 Abs. 2 dStPO) einzustellen, zumindest aber sollte das dt. Jugendgericht die Eröffnung der Hauptverhandlung ablehnen (§§ 203, 204 dStPO); die Erledigung durch richterliche Einstellung ist hingegen nach § 47 Abs. 1 Nr. 4 öJGG nur in der Hauptverhandlung zulässig176.177 Die Reifeprüfung erfolgt, wie nach österr. Recht, nicht zwingend durch einen Jugendpsychiater, sondern wird per Bericht von der dJGH eingeholt178, vgl. § 38 Abs. 2 dJGG. Im problematischen Einzelfall kann jedoch die dt. StA bzw. das Gericht einen Sachverständigen (Jugendpsychiater oder Jugendpsychologen) zur Klärung der Reife beiziehen.179 Insoweit darf bei Beiziehung von Sachverständigen nicht auf faktische Verfahrensverzögerungen und anfallende (Mehr-)Kosten vergessen sein.180 In der Rechtspraxis lehnen jedoch die Gerichte den Antrag auf einen Sachverständigen oft unter dem Hinweis auf die eigene Sachkunde ab, die es erlaubt, in der Hauptverhandlung eigene Schlüsse zu ziehen, so dass die Reife gemäß § 3 dJGG faktisch fast immer bejaht wird181.182 Dieses belegte183 pauschale Vorgehen wird vom Schrifttum, v.a. für die Gruppe junger Intensivtäter, m.E., zu Recht kritisiert, denn diese erfüllen i.d.R. alle Klischees, indem sie im Kindesalter bereits eine Vielzahl von Delikten verübt haben und nun nach Erreichen des 14. Lj.’es endlich (ohne weiteres zögern) reagiert werden kann, insbesondere da anderweitige Jugendhilfeangebote rar gesät oder (zeitnah) nicht vorhanden sind. In diesem Zusammenhang gilt es jedoch zu bedenken, dass bei späteren Zweifeln der Gerichtssaal wohl als „der ungeeignetste Ort gilt, in das geistig-seelische Leben eines Menschen einzu­dringen“ 184. Doch selbst bei Inanspruchnahme des Sachverständigen trifft der Richter die Entscheidung, der diesem in aller Regel in der Rechtspraxis folgt.185

2.2 Junge Erwachsene bzw. Heranwachsende

Im Rahmen der Strafmündigkeit ist zudem die Altersstufe der österr. jungen Erwachsenen sowie der dt. Heranwachsenden von Relevanz. In beiden Ländern ist eine Person nach Vollendung des 18. Lj.’es nach bürgerlichem Recht erwachsen und in der Regel voll geschäftsfähig. Die österr. Strafrechtswissenschaft bezeichnet als „jungen Erwachsenen“ und strafmündig, „wer das 18 Lj., aber noch nicht das 21. Lj. vollendet hat“, vgl. § 1 Z. 5, § 46 a öJGG.186 Seit dem öJGG-ÄndG 2015, die diese Altersgruppe in das öJGG aufnahm, ist man junger Erwachsener von 0 Uhr des Tages nach dem 18. Geburtstag bis um 24.00 Uhr des Tages des 21. Geburtstages.187 Allerdings ist die zivilrechtliche Verantwortlichkeit gemäß § 902 ABGB geringfügig anders belegen, denn die Mündigkeit bzw. Volljährigkeit i.S.d. § 21 Abs. 2, § 170 Abs. 1 ABGB wird mit Ablauf des 14. bzw. 18. LJ’es am jeweiligen Geburtstag erreicht. Zudem endigt die gesetzliche Vertretung der Eltern um 00 Uhr 00 des 18. Geburtstages, so dass diese in eventu nicht mehr für ihn agieren können, gleichwohl dieser als Beschuldigter/Angeklagter im Strafverfahren an diesem Tag noch als Jugendlicher zu behandeln ist.188 Überdies nehmen §§ 34, 36, 50 Abs. 1 öStGB Bezug auf junge Erwachsene. So normiert § 36 öStGB, dass für eine Person, die z.Zpkt. der Tat das 21. Lj. noch nicht vollendet hat, die in § 19 öJGG verfahrensrechtlichen Sonderbestimmungen gelten.189 Insbesondere sieht § 19 öJGG obligatorische Strafmilderungen bis zum 21. Lj. im Anwen­dungsbereich von Freiheitsstrafen vor. Zudem ist für diese Altersgruppe eine Milderung des allg. Strafrechts nach § 34 (1) Z. 1 öStGB vorgesehen. Bedeutsam sind auch die materiell - rechtlichen, prozess- und vollzugsrechtlichen Regeln für junge Erwachsene, vgl. §§ 19, 27, 46a und 52 öJGG. Problematisch zu werten ist jedoch die Herausnahme der 18-Jährigen aus dem Vollanwendungsbereich des öJGG, was sich für diese verfah­rensrechtlich nachteilig auswirkt.190 Schroll erkennt dbzgl. zu Recht, dass die Altersgruppe prozessual und materiell - rechtlich zwar beachtet wird,191 jedoch ist der Schluss argu­mentum a minori ad maius wohl nicht fernliegend, dass es von der einfachen „Verstän­digung“ befasster amtlicher Stellen über geringfügige Vorstrafen192 zum hinderlichen „Labeling“ junger Erwachsener bei Delinquenz nicht weit ist. Die Annahme der Strafmündigkeit junger Erwachsener darf deshalb nicht über die oft vorhandenen Schwie­rigkeiten und mangelnde Ablösung von den Eltern in diesem Reifegrad hinwegtäuschen. Vielmehr sprechen gewichtige Gründe, z.B. aus der Entwicklungs­psychologie193, für die verstärkte Involvierung junger Erwachsener in den Regelkatalog des öJGG. Nicht unerwähnt sei, dass die Hirnforschung für die „Adoleszenz“ das Prinzip des „ use it or lose it“ erkennt; d.h. die Entwicklungsaufgabe zu einem strafbefreiten Leben als Teil aktiver Selbst­gestaltung, der durch Veränderungen des Gehirns bewirkt wird.194 Dies spricht, m.E., für diese Einbindung der 18-Jährigen in das öJGG sowie für die Förderung bei der Strafverbüßung, was verfahrensbeschleunigend wirken kann.

Nach dt. Rechtslage ist die Altersgruppe der Heranwachsenden generell strafmündig, also prinzipiell verantwortlich für ihre Taten. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass sich das Verfahren nach dem dJGG richtet, d.h. die Entscheidung über die Sanktionierung, ob Jugendstrafrecht oder Erwachsenenstrafrecht zur Anwendung gelangt, sich nach § 105 Abs. 1 dJGG richtet. Dies ist der Fall, wenn „die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, dass er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand (Anm: sog. Reiferückstand), oder es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt“. Entscheidend ist das Alter „z.Zpkt. der Tat“. Abgestellt wird auf den Zeitpunkt der Tathandlung (§ 8 dStGB), d.h. nicht auf den des Taterfolges bzw. bei Unterlassungsdelikten auf den der unterlassenen Handlung. Haben die Heranwachsenden bei ihrer Tat allerdings das 20. Lj. vollendet, kommt bei entsprechender Reife das allg. Strafrecht zum Tragen.195 Erkennbar anders, als nach dem fixen System des österr. Recht’s, steht die Beurteilung, ob ein Heranwachsender nach Jugend- bzw. Erwachenstrafrecht heranzuziehen ist, im Ermessensspielraum des Gerichts. Dies kann im Einzelfall für das junge Individuum präzisere altersgerechtere Entscheidungen befördern.

3. Strittiges Alter

In der Rechtspraxis ist mitunter fraglich, in welchem Alter der Beschuldigte die Tat begangen hat oder welchen Alters er im Zeitpunkt bestimmter Verfahrensschritte ist. Dies muss von den Entscheidungsträgern nach Würdigung der vorliegenden Beweise entschieden werden.196 Die dbzgl. Tatsachenfeststellung betrifft entweder die Schuldfrage oder den Strafrahmen und klärt, ob ggf. ein Schuldausschließungsgrund (§ 4 Abs. 1 öJGG), eine Jugendstraftat (§ 1 Z. 3 öJGG; §§ 1 Abs. 2 S. 1, 5 dJGG), eine Straftat eines jungen Erwachsenen (§ 1 Z. 5 öJGG; §§ 19, 46a öJGG) oder Heranwachsenden (§ 1 Abs. 2 S. 2, § 105 dJGG), eine Jugendstrafsache (§ 1 Z. 4 öJGG) oder eine Prozesssituation vorliegt, welche z.B. eine besondere Besetzung des Gerichts oder die Beiziehung der gesetzlichen Vertreter erfordert bzw. sonstige verfahrensrechtliche Konsequenzen, wie z.B. die Verkürzung der Dauer der U-Haft gemäß § 35 Abs. 3 öJGG, zur Folge hat.197

3.1 Europarechtliche Vorgaben

Sowohl in Österreich als auch Deutschland gilt es verbindliche europarechtliche Vorgaben betreffend die Altersfeststellung einzuhalten. Zu nennen ist z.B. Art. 17 Abs. 5 der RL’e 2005/85/EG der i.R.d. Prüfung eines Asylantrags mittels ärztlicher Unter­suchungen die Bestimmung des Alters unbegleiteter Minderjähriger (kurz: umF) vorsieht. Sichergestellt wird mittels dieser RL’e die Information und Aufklärung über die Untersu­chungsmethode, eine Einwilligung des Betroffenen und ferner, dass der Ableh­nungsent­scheid des Asylantrages nicht „nur“ in der Weigerung gründet, eine Untersuchung vom Arzt vornehmen zu lassen. Ferner schreibt Art. 25 Abs. 5 RL’e 2013/32/EU die Regelungen der RL’e 2005/85/EG fort, indem weitere Grundsätze zur Altersbestimmung, zur Wahl der vorzugswürdigen Methode sowie zur Durchführung von medizinischen Fachpersonal aufgestellt wurden.

3.2 Altersbestimmung in ö./dt. Strafverfahren

Unwägbarkeiten bzgl. des Geburtsdatums bei Lebenden treten häufig bei nicht-österreichischen oder nicht - deutschen Beschuldigten auf. Dies ist dann der Fall, wenn die Geburtsurkunde (§ 54 Abs. 1 Z. 1-3 öPStG; § 59 dPStG) oder vergleichbare verlässliche Dokumente fehlen und vergleichbaren Dokumenten keine uneingeschränkte Beweiskraft zukommt.198 Zur Erlangung von Rechtssicherheit im ö./dt. Strafverfahren ist es bis dato i.R.d. forensischen Altersdiagnostik nicht möglich, das absolut auf den Tag exakte Geburtsdatum und somit Alter festzustellen.199 Allerdings kann zur Schätzung der rele­vanten Altersgrenzen von 14 Lj. (Mündigkeit, Deliktsfähigkeit; Strafmündigkeit), 18 Lj. (volle Geschäftsfähigkeit) und 21 Lj. (volle Strafmündigkeit i.S.d. ö/dStGB) auf Methoden der Bestimmung von Strukturen des Körpers zurückgegriffen werden.200 Hierzu gibt die - sowohl in Deutschland als auch Österreich201 akzeptierte - „Arbeitsgemeinschaft für Forensische Altersdiagnostik“202 (AGFAD) entsprechende Empfehlungen203 aus:

- Nichtmedizinische Anamnese:

- Aufnahmegespräch: biografische Fakten, äußere Erscheinung, Sichtung vorgelegter Dokumente.

- Forensische Altersdiagnostik:

- Körperliche Untersuchung mit Erfassung anthropometrischer Maße, sexuelle Reifezeichen, altersbedingte Entwicklungsstörungen.
- Röntgenuntersuchung des Skeletts204 bzw. der linken Hand, bei abgeschlossener Handskelettentwicklung eine zusätzliche Untersuchung der Schlüsselbeine, vornehmlich mit Röntgendiagnostik bzw. Computertomographie.
- Zahnärztliche Untersuchung zum Zahnstatus205 und Röntgenuntersuchung des Gebisses, insbesondere zur Abgrenzung der Altersstufe vom Jugendlichen zum jungen Erwachsenen bzw. Heranwachsenden.

Zur Altersschätzung bei Lebenden in Strafverfahren schlägt die AGFAD ferner die Kombination der Methoden vor, denn eine Methode allein (z.B. Augenschein von Behördenmitarbeitern206 ) kann eine exakte Bestimmung des Alters nicht leisten.207 Zwangsbehandlungen sind zu guter Recht durch das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit in Österreich208 und Deutschland209 bereits verfassungsrechtlich enge Grenzen gesetzt. In beiden Ländern bereits zulässig ist, wie bereits angesprochen, die Altersfeststellung im Aslyrecht (bzw. Verfahren über den subsidiären Schutzstatus), wenn von Seiten des Asylwerbers die angegebene Minderjährigkeit zweifelhaft ist bzw. bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen oder Asylwerbern verlässliche Papiere fehlen, vgl. § 54 Abs. 1 Z. 1-3 öPStG; § 59 dPStG. In beiden Ländern existieren hierzu jeweils Ermächtigungsnormen für die zuständigen Behörden, um die Altersschätzung anzuordnen, vgl. § 2 Abs. 1 Z. 25 AsylG i.V.m. § 13 Abs. 3 BFA-VG; § 49 Abs. 3 i.V.m. 6 dAufenthG.

Derartig explizite Regelungen zur Altersschätzung sind weder für das österr. noch dt. Strafrecht vorhanden. Sollte sich der Beschuldigte auf seine Strafunmündigkeit berufen, ordnet in der Rechtspraxis die österr. bzw. dt. StA zeitnah eine körperliche Untersuchung zur multifaktoriellen Altersdiagnose eines Gerichtsmediziners an, um Verzögerungen des Untersuchungserfolges zu vermeiden210, vgl. § 123 öStPO; § 81 a dStPO. Die Altersfrage ist zeitmaßgebend, da sie jedenfalls bereits im Ermittlungsverfahren als Beweisthema211 bzw. da spätestens im Hauptverfahren festzustellen wäre, ob es sich um einen Jugendlichen, eine in Rede stehende Jugendstraftat, einen jungen Erwachsenen/Heranwachsenden bzw. einen Erwachsenen handelt.212 Unzulässig sind nach beiden Rechtsordnungen jedoch operative Eingriffe und andere, die eine Gesundheitsschädigung (Anm: in Ö. mehr als drei Tage) bewirken, vgl. § 123 Abs. 4 S. 1 öStPO. Zulässig sind „andere“ Eingriffe hingegen, wenn der Betroffene nach vorheriger Aufklärung über mögliche Folgen ausdrücklich zustimmt, vgl. § 123 Abs. 4 S. 2 öStPO. Die ohne Einwilligung (zwangsweisen) durchführbaren Eingriffe sind durch die ö/dStPO begrenzt, indem die Blutabnahme oder andere geringfügige Eingriff ähnlicher Art, nur zulässig sind, so sie lediglich einen Eintritt unbedeutender Folgen (§ 123 Abs. 4 Z. 1 a u. b sowie Z. 2 öStPO) bzw. Nachteil für die Gesundheit (§ 81a Abs. 1 S. 2 dStPO) bedeuten würden. Fraglich ist, ob die multifaktorielle Altersdiagnostik zur Feststellung des Alters im Strafverfahren gemäß § 123 öStPO in Österreich zulässig und die körperliche Untersuchung dahingehend verhältnismäßig ist, vgl. § 123 Abs. 1 Z. 3 öStPO213. Hierbei problematisch ist, dass § 123 Abs. 1 Z. 3 öStPO nicht die Feststellung verfahrensrechtlicher Umstände generell, sondern lediglich derer benennt „die für die Aufklärung einer Straftat oder die Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit [Anm: einer Person (§ 11 öStGB)] von maßgebender Bedeutung sind “. Die Altersfeststellung als solche, folgt man dem reinen Wortsinn des Tatbestandmerkmals der „Zurechnungsfähigkeit“, ist nicht unter diese Ziffer subsumierbar.214 Aus guten Gründen hat der OGH aber bereits 1975 erkannt215, dass jedes Gesetz im Sinn und Zweck der Rechtsordnung zu lesen ist (sog. „objektiv teleologische Interpretation“). Weit gefasst käme § 123 öStPO i.R.d. Einbettung in der öStPO der Sinn und Zweck zu, den Strafverfolgungsbehörden bei der Ermittlung zu dienen, um Beweise gegen einen Beschuldigten zu sichern (vgl. § 48 Abs. 1 Z. 2 öStPO). Eng gefasst, hilft die körperliche Untersuchung die Angaben zur Strafunmündigkeit der Person zu sichern, die sonst weder durch die sog. Identitätsfeststellung (mangels Geburtsurkunde oder anderer Dokumente) bzw. Durchsuchung von Ort und Gegenständen oder der ehrlichen Person (§§ 119-122 öStPO) gesichert werden könnte. Meines Dafürhaltens ist es vorliegend vertretbar, die Zurechnungsfähigkeit i.S.d. § 123 Abs. 1 Z. 3 öStPO weit zu interpretieren und die in Rede stehende Altersschätzung der Strafmündigkeit (§ 1 Z. 1 iVm § 4 Abs. 1 öJGG) hierunter zu subsumieren, was auch dem höheren indizierten Ziel, den Beschuldigten insbesondere vor ungerechtfertigter Bestrafung zu schützen216, entspräche. Dem folgt auch das OLG Wien in seiner Rechtsprechung 2017, indem es die Zulässigkeit von körperlichen Untersuchungen zur Altersfeststellung i.R.d. Strafverfahrens erkennt. Nachdenklich stimmt, dass die körperliche Untersuchung als Eingriff eine der eingriffsintensiven Normen schlechthin (in Art. 8 EMRK) ist, die verhältnismäßig und hinreichend bestimmt (§ 5 Abs. 1 öStPO) sein muss, was der multifaktorielle Ansatz (immer noch) zu Recht zweifeln lässt. De lege ferenda wäre die Klarstellung von § 123 Abs. 1 Z. 3 öStPO zu begrüßen, insbesondere da durch die technische Entwicklung der Altersdiagnostik zu erwarten steht217, dass die Magnetresonanztomographie (kurz: MRT-Diagnostik) zu den bekannten Methoden aufschließt ohne gesundheitliche Risiken zu fördern. Der Gedanke nun aber hilfsweise nichtinvasive MRT-Untersuchungen mithilfe der Subsumtion in § 123 Abs. 4 dritter Satz öStPO selbst ohne Einwilligung des Beschuldigten rechtlich zu legitimieren, griffe dennoch zu kurz, da dieser wiederum an die materiellen Voraussetzungen des § 123 Abs. 1 öStPO geknüpft ist, womit der Grundrechtseingriff unzulässig wäre.218 Die multi­faktorielle Altersfeststellung im Strafverfahren ist jedoch i.R.d. Sachverstän­digenrechts gemäß § 126 öStPO nicht abwegig. Für die Feststellung aller beweiserheblicher Tatsachen ist nämlich gemäß § 125 Z. 1 öStPO ein Sachverständiger von der Strafver­folgungsbehörde zu bestellen219, um mit Befundaufnahme der Beweismittel (multifaktorielle Altersschät­zung) rechtsrelevante Schlüsse zu ziehen und diese Erkenntnisse in einem Gutachten zum Beweisthema (Altersfeststellung) zu begründen.

[...]


1 Ich habe mich bemüht, sämtliche Inhaber der Bildrechte ausfindig zu machen und ihre Zustimmung zur Verwendung der Bilder in dieser Arbeit eingeholt. Sollte dennoch eine Urheberrechtsverletzung bekannt werden, ersuche ich um Meldung bei mir.

2 Im Text erfolgt die Bezeichnung weiblicher oder männlicher Personen aus Gründen der Lesbarkeit und Übersichtlichkeit jeweils in maskuliner Form. Mit allen verwendeten Personenbezeichnungen sind stets beide Geschlechter gemeint.

3 Kriminalpol. Vorgabe als Folge s. Lilie, in: 63. DJT, Gutachten 2000, D11f.; BR-Drs. 549/00; BR-Drs. 637/00; BT-Drs. 14/8788; BT-Drs. 14/9358 (s. teilw. Abdruck des Ref.-Entw. in: NJ 2001, S. 334ff.); vgl. ebd., Begr., S. 19f.; abl. Gössel, in: 60. DJT, Gutachten 1994, C13; Kusch, NStZ 2006, S. 67; a.A. Scheffler, NJ 9/2002, S. 449f.; Walter, in: Das Jugendkriminalrecht vor neuen Herausforderungen?, (2009), S. 239ff.

4 Siehe Grafl mit Gratz/Höpfel/Hovorka/Pilgram/Schroll/Soyer, RZ 2007, S. 37ff.; Grafl, JAP 04/2007, S. 196ff.; ders. (2013): In: Walter Pilgermaier (Hrsg.), Wandel in der Justiz, S. 177ff.; Küng-Hofer (1984); Pfeiffer (1992). In: FS-Baumann, S. 329ff.; Fezer (2008). In: FS-Widmaier, S. 177, (179); Tepperwien, NStZ 2009, S. 29 (1), S. 1ff.; Degener (2012). In: FS-Dencker, S. 23ff., (43ff.).

5 Zum Zeitaspekt s. Gabriel (2001), S. 13ff.; Heisig (2010), S. 177f.; Mertens (2003), S. 24-30; Bliesener & Thomas, ZJJ 23 (4)/2012, S. 382ff., (387); Ostendorf (2012/online), S. 4. Zuletzt abgerufen: 23.06.2019. Verrel (2012). In: FS-Heinz, S. 521ff.; Ostendorf (1989a): DVJJ-Journal 3/1998, S. 240f.; Scheffler, NJW (47)/1994, S. 2191ff.; Ostendorf, ZJJ 25 (3)/2014, S. 253-256; Velten, JSt 2014, S. 136.

6 Siehe Heisig (2010), S. 177; Müller (2013), S. 123ff., 146, 220, 222 (223ff.), 227; Gaertner/Saad (2012), S. 216; Scheffler, RdbJ 1981, S. 451; Kuperion (2014). Impulsvortrag. Berlin-Brandenburg v. 12.06.2014. s. Onlineverzeichnis. Letzter Abruf: 23.06.2019.

7 Peters, Kurzer Prozess mit jungen Tätern – ein Export-Hit. In: welt.de v. 27.06.2011. Pforzheim dpa/lsw: Kurzer Prozess für kriminelle Jugendliche. In: STIMME.de v. 03.05.2012. S. Onlineverzeichnis; letzter Abruf: 29.03.2019; zum Umgang von Strafjustiz und Medien, s. Höpfel et al. (2004). AE-Strafjustiz und Medien, S. 1, 25, 53ff., 67ff.; Jung, GA 5/2014, S. 257ff.

8 Dazu Dünkel/van Kalmthout/Schüler-Springorum (Hrsg.), (1997): Bd. 2. Vorwort S. X-XII, S. 663f.

9 Zitat: Berthold Auerbach (dt. Schriftsteller: *28.02.1812 in Nordstetten; †08.02.1882 in Cannes).

10 Beclin/Grafl, ÖJZ 22 (2000), S. 821ff.; Ries (2005), S. 220ff., 279ff.; Reichel (2013), S. 111ff.; Mahler, JAP 2013/2014/1, S. 7ff.

11 Grafl (2004/2005). In: Ö. BMJ (Hrsg.) 2005: Straftaten ausländischer Jugendlicher und junger Erwachsener: Jugendrichterwoche Gamlitz 19.10.-22.10.2004. Boers/Walburg/Reinecke, MschKrim (89)/2006, S. 63-87.

12 Siehe OLG Braunschweig NStZ 1996, S. 172 (173); krit. Degener (2012). In: FS-Dencker, S. 23 (43ff.). Bliesener & Thomas, ZJJ 2012, S. 382ff.; krit. Mertens (2003), S. 24ff.

13 Der sechste Zusatz der U.S. Verfassung garantiert allen Personen [„accused of criminal wrongdoing“] das Recht auf ein sog. „speedy trial“ („zügiges Verfahren“). Siehe SK-StPO- Paeffgen, Bd. X, Art. 6, RZ. 116 ≠ schnelle – rechtskräftige – Entscheidung; schnell = gut bei Roxin, I., StV 2010, S. 437ff.; krit. Mertens (2003). A.a.O.

14 Jugendstrafrechtliche „Short-sharp-shock“- Sanktionen sind z.B.: U-Haft, Jugendstrafarrest, kurze Freiheitsstrafen und US-amerikanische Modelle (z.B. Boot-Camps, Shock Probation, Scared Straight) s. Kühndahl-Hensel (2014), S. 326. Zu Zweifeln an deren Wirksamkeit s. Sherman/Farrington/Welsh & MacKenzie (Hrsg.) (2006): Sherman Report.

15 In Verweis, dass keine empirische Bestätigung begünstigender Wirkungen der Beschleunigung für den Strafzweck existiert, vgl. Hillenkamp, JR 1975, S. 133 (135); Albrecht, NJ 1994 (48), S. 396ff.; Degener (2012). In: FS-Dencker, S. 23, (43ff.); Weigend (1994). In: 60. DJT, M 11 (18); Ostendorf (2013), S. 66; Mertens (2013). Jugendsozialarbeit aktuell 113, S. 1.

16 Dazu Buhl & Lindner, Heft 2/2009, S. 197ff. m.w.N; Degener, ZJJ 2015, S. 4 ff m.w.N.

17 BT-Drs. 1/3264, S. 46; BT-Drs.1/4437, S. 9; mit entwicklungspsychol. Begründung für das Jugendrecht s. Middendorf (1952), S. 71; Scheffler (1981), S. 453; krit. Mertens (2003), S. 24f., 30.

18 Vgl. BVerfGE 122, 248 (273 RZ. 67) (= NJW 2009, 1469 = StV 2010, 497, jew. RZ. 73).

19 Zur Anwendung des Art. 6 EMRK in Strafsachen, s. sog. „Engel-Kriterien“ des EGMR: s. Engel vs. Niederlande, EGMR v. 8.6.1976, 5100/71, RZ. 83; ferner Adolf vs. Österreich, EGMR v. 26.3.1982, 8269/78; Eckle vs. Dtl., EGMR v. 15.7.1982, 8130/78; grdlg. Grabenwarter/Pabel, Art. 5, 6 EMRK6 m.w.N.; Thienel, ÖJZ 1993, S. 473, (476f.); Ress, in: FS-Müller Dietz, S. 640f.; Kreutzer (2010), S. 17ff. m.w.N.; Berger, In: Walter Pilgermaier (Hrsg.), Wandel in der Justiz, (2013), S. 2.

20 Das Rechtsstaatsprinzip in Geltung für Jugendliche und „JE“, s. Zeder, JSt 2014, S. 136ff.

21 Schroll/Eisenriegler/Achleitner, RZ 1986, S. 98, 124; Stangl (1989). In: FS-Pallin, S. 419. Jesionek (1991). In: Forensia Jahrbuch, 1991, Bd. 2, S. 213; Köck, JRP 1999, S. 269; Beschluss des 24. DJT (1998). In: DVJJ 1999, S. 787.

22 Streng, JugStR4, RZ. 123; ferner Mann (2004), S. 42ff.

23 Die „Angemessenheit“ richtet sich nach gültiger ö./dt. Strafprozessrecht, s. BT-Drs, 7/551, S. 35; Peters (1979), S. 82; Asbrock (1975), S. 159.

24 Zum Jugendstrafrecht anderer europ. Staaten, s. Dünkel/Grzywa/Horsfield & Pruin (Hrsg.) (2011). Juvenile Justice Systems in Europe – Current Situation and Reform Developments; Gensing (2014): Jugendgerichtsbarkeit und Jugendstrafverfahren im europäischen Vergleich. Mönchengladbach: Forum Verlag Godesberg 2014.

25 Sodass das ö./dt. Erwachsenenstrafrecht (StGB, StPO etc.) nur gilt, wenn im ö/dJGG keine besonderen Bestimmungen enthalten sind, vgl. Jesionek, INFO 2002, S. 7.

26 Das Strafmündigkeitsalter liegt gemäß „ Beijing-Rules“ (1985) u. „ERJOOSM“ (2008) bei mind. 14 Jahren. Die Altersobergrenze ist für „children“ gem. „Model Law on Juvenile Justice“ (1985) und „UN-KRK“ (1989) unter 18 Lj, alle s. Onlineverzeichnis; letzter Abruf: 29.03.2019. Sieht es das nationale Recht vor, sind in die Jugendgerichtsbarkeit vermehrt „JE“/Heranwachsende einzubeziehen, s. Fuchs, in: FS-Jesionek, S. 67; Schroll, in: FS-Jesionek, S. 189; Abschlussbericht des Runden Tisches (2013) s. Onlineverzeichnis.

27 Vgl. Art. 40 UN-KRK. Jugendgeld- & Jugendhaftstrafen sind in Ö./Dtl. in Ultima Ratio anzuwenden.

28 Bspw. die bes. Verhältnismäßigkeitsprüfung bei Jugendlichen in puncto U-Haft, s. Schroll, WK2-JGG, § 35 RZ. 1ff.; zur Unverhältnismäßigkeit ö. Jugendhaft s. 14 Os 30/94.

29 Siehe Normen zeiteffizienter formeller Sozialkontrolle im ö./dt. Jugenddiversionsverfahren: §§ 7, 8 öJGG; §§ 45, 47, § 109 Abs. 2 dJGG, §§ 153 ff. dStPO [ferner bei Privatklagedelikten dt. Jugendlicher (Umkehrschluss aus § 80 Abs. 1 dJGG)].

30 Siehe Velten, JSt 2014, S. 136; Ostendorf (2014). Vortrag Dresden: RL’e 6 zu § 43 dJGG. URL: http://jugendgerichtshilfe.dresden.de/media/pdf/jgh/GK14_Beschleunigung_Effektivierung_Jugendstrafverfahren_Folien_Ostendorf.pdf. Letzter Abruf: 29.03.2019; Kier, ÖJZ 2006, S. 887.

31 Für Österreich: BKA-Report online (2017): Kriminalitätsentwicklung (2008-2017): Niedrigste Anzeigenzahl bei höchster Aufklärungsrate 2017 seit zehn Jahren. S. 8, 9f.; Ö. SIB online (2017): Ö. BMVDRJ (Hrsg.) S. 27ff., 31.; Statistik Austria. Gerichtliche Kriminalstatistik (GKS) 2016: Daten zu Grafik 18: Verurteilungen und nach Personengruppen (1947-2016), S. 114 und P3-Verurteilte Personen nach Geschlecht, Alter, Staatsangehörigkeit und Vorverurteilungen. 2012-2016, S. 24ff (Stand: 19.07.2017) sowie GKS 2017 Kap. 1: Verurteilungsstatistik - Verurteilte Personen. S. Onlineverzeichnis; letzter abruf: 23.6.2019. Für Dtl.: PKS online (2017): Entwicklung der TVB-Zahlen bzgl. dt. Kinder und Jugendlicher ist bis 2016 ein Rückgang zu verzeichnen, der sich 2017 nicht fortsetzt; hingegen ist die TVBZ bei dt. Heranwachsenden 2017 erneut rückläufig, S. 25ff., 30f.; 32f. s. Onlineverzeichnis, letzter Abruf: 23.6.2019; zur sinkenden Verurteilungszahl dt. Jugendlicher und Heranwachsender seit 2014, s. Statistisches Bundesamt online (2017). Statistisches Jahrbuch 2018. S. Onlineverzeichnis; letzter Abruf: 23.06.2019.

32 Siehe Einführung des § 108a ö. StPO mit ö. StPO-ÄndG 2014 zur Prüfung der Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens.

33 Walter, ZStW 2001, S. 743ff.; zur Verständnislücke zw. Wissenschaft und Politik CDU/CSU Bundestagsfraktion gegen Gewalt und Extremismus (1993). In: DVJJ-Journal 1993, S. 103f.

34 Breymann (2001). In: Albrecht/Backes/Kühnel (Hrsg.) S. 415ff., (418); Thesen des 24. DJT. In: DVJJ-J 1998, S. 295ff.

35 Vgl. Abschlussbericht des Runden Tisches online (2013); Schroll, in: FS-Fuchs, S. 483.

36 Ohder/Tausendteufel (2014), S. 109f.

37 Duthel (2013). Jugendkriminalität. S. 14.

38 Vgl. Schroll/Eisenriegler/Achleitner, RZ 1986, S. 98, 124; Stangl (1989). In: FS-Pallin S. 419; Werner-E s chenbach (2005). Jugendstrafrecht. Ein Experimentierfeld für neue Rechtsinstitute.

39 Abschlussbericht Runder Tisch (2013) s. Onlineverzeichnis; Einsiedel (2009). U-Haft vermeiden, Dipl.-Arbeit, Uni-Wien.; Kowalzyck (2008). Untersuchungshaft, Untersuchungshaftvermeidung und geschlos­sene Unterbringung bei Jugendlichen und Heranwachsenden in Mecklenburg-Vorpommern.

40 Zur Definition der Gewaltkriminalität vgl. Kürzinger in: Kaiser u.a. (Hrsg.) KKW3, S. 171ff.; Pfeiffer u.a. (1998), S. 14; Sack (1999). In: Programmleitung NFP 40 (Hrsg.), S. 5-36, S. 8f.; Ohder (1992), S. 19ff.

41 Def. lt. Duden: empirisch = auf Erfahrung beruhend; mittels [systematischer] Beobachtung deutend.

42 Gläser & Laudel (2010), S. 24; Kelle (2014), S. 153-166.

43 Ausf. Bock (1992). In: Hoffmeyer-Zlotnik, Jürgen H. P. (ed.). Das halbstrukturierte-leitfa­denorientierte Tiefeninterview.

44 Witt (2001). Forschungsstrategien bei quantitativer und qualitativer Sozialforschung [36 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung/Forum Qualitative Social Research, 2 (1), Art. 8 Abs. 15 S. 25, 26f.; Schnell et al. (1995), S. 352.

45 Hinweis: Die Rechtsvergleichung ist kein Rechtsgebiet im ureigenen Sinn, sondern eine Arbeits­methode des Rechts. Durchführbar ist die wissenschaftliche Rechtsvergleichung in allen Rechts­gebieten, so z.B. in Jugendstrafrecht und Kriminologie. Für rechtsvergleichende Arbeiten gibt es keinen verbindlichen methodischen Kanon. Dieser ist vorliegend individuell entwickelt.

46 RGSt 58, 128.

47 Mit Hinweis auf die besondere Adoleszenzproblematik im Zshg. der Anhebung des Jugend­lichenalters in Ö. auf 19. Lj. im Jahr 1988 (§ 1 Z. 2 öJGG), vgl. RV JGG 19888, 486 BlgNR XVII. GP 23 u. JA JGG 1988, 738 BlgNR XVII. GP 5 und 14. Ferner Schroll, in: FS – Jesionek (2002), S. 189ff. 203.

48 Streng, JugstrR4, RZ. 12.

49 Ebd.

50 Frehsee, in: FS-Schüler-Springorum (1993), S. 379, S. 387f.; Heinz, RdJ 40/1992, S. 123, 128; Tenckhoff, JR 1977, S. 485, 489f.

51 Streng, JugstrR4, RZ. 13.

52 Brunner/Dölling, JGG13, S. 40.

53 Republik Österreich: Bundesministerium des Inneren, Bundeskriminalamt, URL: http://www.bmi.gv.at/cms/BK/publikationen/krim_statistik/start.aspx. Letzter Abruf: 23.06.2019.

54 Bundeskriminalamt Deutschland: Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS), URL: http://www.bka.de/DE/Publikationen/PolizeilicheKriminalstatistik/pks__node.html. Letzter Abruf: 23.06.2019.

55 Dörmann (2004):„Zahlen sprechen nicht für sich.“ S. 104; Lehne (2003): S. 110-124.

56 Lange Reihen Strafverfolgungsstatistik für Deutschland: - Verurteilte nach ausgewählten Straftaten. S. Onlineverzeichnis; letzter Abruf: 23.6.2019.

57 Statistik Austri a. Verurteiltenstatistik nach Jahr. Abrufbar unter: http://www.statistik.gv.at/web_de/statistiken/soziales/kriminalitaet/verurteilungen_gerichtliche_kriminalstatistik/index.html; letzter Abruf: 23.6.2019.

58 Ebenso Schwind, Kriminologie23, § 2 RZ. 10.

59 Siehe bereits Kaiser (1977): Jugendkriminalität, S. 16.

60 Oba, Unverbesserliche Verbrecher und ihre Behandlung, 1908, S. 28.

61 Dellwing, MschKrim 06/2010, S. 180ff.

62 Gegenläufige Dunkelfeld-Definitionen bei: Pfeiffer/Scheerer (1979), Filser (1983), Kreuzer (1994).

63 Schneider (2007). S. 308f.

64 Pfeiffer/Scheerer (1979). S. 22.

65 Sog. doppeltes Dunkelfeld nach Schneider (2007) und Lüdemann/Ohlemacher (2002).

66 Eisenberg, Kriminologie6, § 16 RZ. 1.

67 Erster Periodischer Sicherheitsbericht des Dt. BMI (Hrsg.) 2001. (Onlineverzeichnis)

68 Hierzu bereits Göppinger (2008): S. 349ff.

69 Erster Periodischer Sicherheitsbericht des Dt. BMI (Hrsg.) 2001: a.a.O., S. 14.

70 Göppinger (2008): S. 60.

71 Heinz (2008): S. 5.

72 Ebd.

73 Vgl. u.a.: Baier, D. (2008): Entwicklung der Jugenddelinquenz und ausgewählter Bedingungsfaktoren seit 1998 in den Städten Hannover, München, Stuttgart und Schwäbisch Gmünd. KFN-Forschungsbericht Nr. 104; Baier et al. (2009a): S. 14-41; Baier et al. (2009b). Kriminalistik 63, S. 323-333; Baier/Pfeiffer/ Rabold/Simonson/Kappes (2010): Zweiter Bericht zum gemeinsamen Forschungsprojekt des dt. BMI und des KFN. Stand: 2010. Nr. 109. Kap. 5.3.3., S. 187. S. Onlineverzeichnis; letzter Abruf: 23.06.2019. Kerner, „Young delinquents and youth at risk: data and reflections about a complex problem with regard to community level crime prevention efforts“ in: resource material series no. 68. S. Onlineverzeichnis; letzter Abruf: 23.06.2019.

74 „Second International Self-Reported Delinquency Study“ (2005-2007). ICPSR34658-v2. Ann Arbor, MI: Inter­uni­versity Consortium for Political and Social Research [distributor], 2015-01-09. S. Online­verzeichnis; letzter Abruf: 23.06.2019.

75 „Self-Report-Delinquency Study“ (dt. Fassung): S. 165f. S. Onlineverzeichnis; letzter Abruf: 29.03.2019.

76 Erster Periodischer Sicherheitsbericht des Dt. BMJ (Deutschland). Kernaussagen, S. 1. S. Onlineverzeichnis; letzter Abruf: 23.06.2019.

77 Weissensteiner, Kinderdelinquenz – […], Dipl. 2008. S. 12. S. Onlineverzeichnis; letzter Abruf: 23.06.2019.; Lienhardt, Kinder­delinquenz in Österreich, Definitionen, empirische Ergebnisse, Ableitungen. Innsbruck 2008. S. 8. S. Onlineverzeichnis; letzter Abruf: 23.06.2019.

78 Vgl. Fuchs (2007): Zwischen Deskription und Dekonstruktion: […], IKRS, Wien 2007; Stangl et al. (2007): Beitrag zur „International Self-Report-Delinquency Study – Jugenddelinquenz in Österreich; Eder, Das Befinden von Kindern und Jugendlichen in der öster­reichischen Schule - Befragung 2005. S. Onlineverzeichnis; letzter Abruf: 23.06.2019.

79 Hierzu s. Müller (2010): Interview mit Wolfgang Heinz: „Das ist Politik im Blindflug“ in: Südwest­umschau. S. Onlineverzeichnis, Stand: 13.03.2010. Letzter Abruf: 23.06.2019.

80 Kreuzer, Kriminologische Dunkelfeldforschung, NStZ 1994, S. 10.

81 Vgl. Bundeskriminalamt der BRD. Dunkelfeldforschung. S. Onlineverzeichnis; letzter Abruf: 23.6.2019.

82 Vgl. Schwind, Kriminologie23, § 2 RZ. 34; Göppinger (2008): S. 489f.

83 Zu den Problemen und Grenzen der Dunkelfeldforschung ausf. Kreuzer (1994).

84 Siehe Onlineverzeichnis unter: Auskunft des dt. BMI aus dem Jahr 2001, S. 14.

85 Siehe bereits PKS 2002, S. 9. S. Onlineverzeichnis; letzter Abruf: 29.03.2019.

86 Vgl. Jehle, NK 2/1994, S. 22-26.

87 Relativierend Vieth-Entus, Berliner Erhebung zur Jugendgewalt – „Gewalttäter werden immer jünger“ in: Tagesspiegel.de. v. 15.9.2016. S. Onlineverzeichnis; letzter Abruf: 23.06.2019.

88 Vgl. Göppinger (1997): S. 511.

89 Vgl. zu Multizentrische Dunkelfelduntersuchungen des KFN: 1.) KFN1: Forschungsbereich „Kinder- und Jugendkriminalität“: Schülerbefragungen. und 2.) KFN2: Erste deutschlandweite Schülerbefragung zu Jugenddelinquenz 2007/2008. Beide Quellen s. Onlineverzeichnis; letzter Abruf: 23.06.2019.

90 Sog. „Lüchow-Dannenberg-Syndrom“ dazu s. Raithel/Manssel (2003): Kriminalität und Gewalt im Jugendalter, München 2003, S. 13.

91 Vgl. Kürzinger (1996): Kriminologie, S. 279.

92 Vgl. Walter (2005): Jugendkriminalität, RZ. 164.

93 Vgl. dazu näher die grundlegende Verortung der Altersgruppe der Jugendlichen im dJGG nach Anwendungsbereich, Zielfunktion und Verantwortlichkeit in § 1, 2 u. 3 dJGG, der für sie vorgesehenen Rechtsfolgen einer Jugendstraftat gemäß § 5ff. dJGG sowie speziell der Jugend­strafverfahrensvorschriften, vgl. u.a. §§ 33ff., 47 a, § 76 dJGG. In Österreich ist die grundlegende Verortung für Jugendliche zunächst den § 1 Z. 2-4 öJGG, den Strafausschließungsgründen der § 4 Abs. 2 Z. 1 u. 2 öJGG sowie der Zielbestimmung des § 5 Z. 1 öJGG und der vorrangigen Anwendung der Rechtsfolgen der Diversion gemäß §§ 7, 8 öJGG zu entnehmen.

94 Zur normativen Einordnung der Altersgruppe „junge Erwachsene“ siehe §§ 1 Abs. 1 Nr. 5, § 5 Z. 2 lit. a, 3 u. 4, § 19 öJGG, § 46a öJGG. Vgl. Österr. Bundesministerium für Jugend und Familien (bmfi): Der Jugend­begriff-Altersdefinition. S. Onlineverezichnis; letzter Abruf 23.06.2019.

95 Zur normativen Verortung der Altersgruppe der „Heranwachsenden“, vgl. u.a. § 1 Abs. 1 u. 2 dJGG, § 2 Abs. 1 u. 2 dJGG, § 105f. dJGG.

96 Laubenthal/Baier/Nestler, JugStrR3, RZ. 1; Streng, JugStrR4, RZ. 10.

97 Vgl. die Zielvorstellung des sog. „Abhaltens von weiteren Jugendstraftaten“ in § 2 Abs. 1 dJGG unter Einbeziehung des Erziehungsgedankens und des § 5 Z. 1 ö. JGG. Zudem siehe die für das österr. Recht vorrangig zu prüfenden Strafaus­schließungsgründe des § 4 Abs. 2 Z. 1 u. 2 öJGG, die zualler­erst ebenfalls auf den „Alters- bzw. Reifegrad“ des jugendlichen Delinquenten abstellen und die entsprechenden (erzieherischen) Vorsehungen gemäß § 3 S. 2 dJGG.

98 Ausf. zur Einordnung des Sonderstrafrechtsaspekts im österr. Jugendstrafrecht in: Schroll/Eisenriegler/ Achleitner, RZ 1986, S. 98; dazu stellv. für Deutschland (vormalige Gebiete der BRD) vgl. Pfeiffer, Ch. (1983). „Kriminalprävention im Jugend­gerichts­verfahren“, S. 48ff., 119ff. Krit. zum Aspekt des Sonderstrafrechts für junge Menschen Werner-Schneider, in: Hubert/Hochgesand (Hrsg.), S. 54ff.; Anforderungen an eine verantwortliche Sonderbehandlung auf Verfahrens- und Rechts­folgenebene für junge Menschen, d.h. speziell zugeschnittenes Sonderstrafrecht, s. Streng, JugStrR4, RZ. 14 m.w.N.

99 Laubenthal/Baier/Nestler, JugStrR3, S. 2 RZ 3; Streng, JugStrR4, RZ 5 m.w.N.

100 Streng, JugStrR4, ebd.

101 Ausf. s. Ostendorf/Drenkhahn, JugStrR9, S. 43 RZ 22.

102 Mit Nachweisen s. Ostendorf, in: Hubert/Hochgesand (Hrsg.), S. 19ff.

103 Kerner/Sonnen, DVJJ-J 1997, S. 339ff.; Däubler-Gmelin, RdJB 1999, S. 269ff., 276; Ostendorf, ZRP 2000, S. 103ff., S. 107; Schroll, WK2-JGG, § 5 RZ 7; Mahler, JAP 2013/2014, S. 7; Birkbauer, JSt 2011, 163; 13 Os 1/05d; 15 Os 68/04, SSt 2004/50.

104 S. Schriftführer-Amt der ständigen Deputation (Hrsg.), Verhandlungen des 27. DJT 1904, mit den Gutachten von Groß und Klein zum Thema „Die strafrechtliche Behandlung der jugendlichen Personen“; zur Historie des Jugendstrafrechts s. Fritsch (1999). S. 37f.

105 JA-Bericht in Kadecka, öJGG, S. 44f.

106 Schroll, WK2-JGG, § 5 RZ 11; JAB JGG 1988, 738 BlgNR 17 GP. 4; Bart/Bogensberger, ÖJZ 1994, S. 620f.; ebenso Birklbauer, JSt 2011, S. 163; a.A. Triffterer, ÖJZ 1988, S. 343 („herausragendes Grundprinzip“); Kucera, ÖJZ 1990, S. 586; uneindeutig hierzu s. EBRV StPRÄG 2014, 181 BlgNR 25. GP. 19.

107 Ausnahme hiervon sind § 17 Abs. 2 dJGG und der Jugendarrest.

108 Für ein Leben ohne Straftaten, vgl. § 46 Abs. 1 S. 1, 2 dStGB, § 46 Abs. 2 dStGB und die Bewährungskriterien, vgl. §§ 56, 57 dStGB.

109 Foregger, Einführungsvorträge zum JGG 1961, S. 44; Reissig, ÖJZ 1974, S. 85 und unterstreichend Schroll /Achleitner/Eisenriegler, RZ 1986, S. 98.

110 Grafl et al., JRP 2004, S. 61ff.

111 Beispielsweise die „Jungenspezifische Gewaltprävention in Österreich“, s. Grafl, ZJJ 2007, S. 129ff.

112 Zur Beteiligung der Opfer in Ö.: s. Maleczky, JugStrR5, 3.44.; Schroll, WK2-JGG, § 8 RZ 2/4 (zur erwünschten Zustimmung des Opfers beim Tatausgleich s. Schroll, WK-StPO, § 204 RZ 9; Leitner, in: Schmölzer/Mühlbacher, StPO1, § 204 RZ 6; Streng, JugStrR4, RZ 18, 182 ff, 202ff, 357, zum Opferbeistand s. RZ 206.

113 Vgl. Kerner (1999). S. 27ff.; Schroll/Eisenriegler/Achleitner, RZ 1986, S. 98; Schroll, ÖJZ 2016, S. 213 Schroll, ÖJZ 2019, S. 153ff; Schroll, in FS-Höpfel, S. 290ff.; Grafl, in FS-Höpfel, S. 825 f.

114 Vgl. Beschluss des Bundesrates vom 10.11.2000. BR-Dr. 549/00.

115 Siehe Pfeiffer, „Ist das dt. Jugendstrafrecht noch zeitgemäß?“ S. Onlineverzeichnis; letzter Abruf: 29.03.2019; Maase, KrimJ 1991, S. 189ff.; Ohder (1992). S. 19ff.; Frommel/Maelicke, NK 1994, S. 28; Heinz, DVJJ-J 1997, S. 270ff.; ausf. bereits Scholz, DVJJ-J 1998, S. 3ff.

116 Maleczky, JugStrR5, 1.13.

117 JAB JGG 1988, 738 Blg 17. GP 2; Bart/Bogensberger, ÖJZ 1992, S. 495; Bogensberger, Jugendstrafrecht, S. 49 f.; Ders., ÖJZ 1992, S. 495; Ders., ÖJZ 1991, S. 268; Fuchs, in: FS-Jesionek, S. 76 f.; Miklau, in: FS-Jesionek S. 137 f; Schroll, WK2-JGG, § 5 RZ 8; s. bereits Heinz, 1987a, S. 216ff., Eisenberg, JGG20, Einl. 37 m.w.N.; Streng, JugStR4, RZ 9 m.w.N; Laubenthal/Baier/Nestler, JugStr3, RZ 16 m.w.N.

118 Vgl. 15 Os 79/08v; 15 Os 77/02, EvBl 2002/187, 692; ausf. Schroll, WK2-JGG, § 35 RZ 9-11; wie im Hinblick auf das in Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG verankerte Beschleunigungsgebot (BVerfG, 2 K. des 2. S., StVert 08, 421 [betrf allg StVR], insbes. aber gemäß dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz aus § 2 Abs. 2 dJGG, § 112 Abs. 1 S. 2 dStPO.

119 Stringent umgesetzt im öJGG-ÄndG 2015 insbesondere in Jugendstrafverfahren und Strafverfahren junger Erwachsener keine obligatorische Festnahme bei Verbrechen mit Mindeststrafdrohung von >10 Jahren, vgl. nach § 170 Abs. 2 öStPO, § 35 Abs. 1b öJGG; ErläutRV 852 BlgNR 25 GP6; ferner Maleczky, JugStrR5, RZ 3.117—3.119; Eisenberg, JGG20, § 2 RZ 28 mit Verweis auf BGH ZJJ 17, 185 mit Anm. Eisenberg =NStZ 17, 342 mit Anm Hoven; zur Verneinung schlechthin Deckers, NJW 91, S. 1155; Nelles, StVert 92, 389; Paeffgen, NStZ 92, 533; zur Methode der Festnahme beachte Art. 12 EU-RL 2016/800 über Rechte tatverdächtiger und beschuldigter Jugendlicher.

120 Ebenfalls strikt geregelt in öJGG-ÄndG 2015, d.h. keine U-Haft in Verfahren vor dem BG ggü. Jugendlichen (nicht! junge Erwachsene) vgl. § 35 Abs. 1a öJGG bzw. in Jugendstrafverfahren und Strafverfahren junger Erwachsener keine obligatorische U-Haft bei Verbrechen bei Mindeststrafdrohung von >10 Jahren vgl. § 173 Abs. 6 öStPO, § 35 Abs 1b öJGG. Siehe EBRV JGG-ÄndG 2015, 852 BlgNR 25 GP. 6; Schroll, WK2-JGG, § 35 RZ 12-14, ferner Maleczky, JugStrR5, RZ 3.124 ff.

121 Völkerrechtliche Verpflichtungen ergeben sich aus Art. 37 UN-KRK, den UN-Resolutionen 45/113 über die Regeln der Vereinten Nationen für den Schutz von Jugendlichen, denen ihre Freiheit entzogen ist und 40/33 „Beijing-Rules“.

122 Schroll, WK-StPO, § 200 RZ 3; Ders., WK2-JGG, § 8 RZ 4, 4/1; Medigovic/Reindl-Krauskopf, AT II S. 285 f.; zu geringer finanzieller Zahlungsbelastbarkeit Jugendlicher, s. Schroll, ÖJZ 2016, S. 215.

123 JAB JGG 1988, 738 BlgNR 17. GP 4; Schroll, WK2-JGG, § 5 RZ 7; Mahler, JAP 2013/2014, 7; Birklbauer, JSt 2011, S.163; 13 Os 1 /05d; 15 Os 68/04, SSt 2004/50; zur Zurückdrängung der Generalprävention (v.a. bei §§ 43, 43a und § 51 Abs. 2 StGB) s. Schroll, WK2-JGG, § 5 RZ 9 m.w.N. sowie keine Beachtlichkeit generalpräventiver Ausschlussgründe bei Diversion einer österr. Jugendstraftat oder einer Straftat eines jungen Erwachsenen s. Schroll, WK2-JGG, § 7 RZ 17 m.w.N.; zu Grenzen der Spezialprävention s. Schroll, WK-StPO, § 198 RZ 33 ff.; zur alten Rechtslage der eingeschränkten Beachtlichkeit generalpräventiver Aspekte s. EBRV StPNov 19999, 1581 BlgNR 20. GP 33.

124 Schroll, ÖJZ 2016, S. 213; Gerstberger, ZJJ 2018, S. 26ff.

125 Siehe Beclin/Grafl, ÖJZ 2000 (22), S. 821ff.

126 Vgl. Schroll, WK2-JGG, § 5 RZ 1; Eisenberg; JGG20, § 2 RZ 17.

127 Betrachtungen de lege ferenda s. Ostendorf (1989). S. 332ff.; Brehm (2009). S. 200ff.; Zweite Jugendrechtsreform-Kommission der DVJJ 2002, S. 23.

128 Vgl. Schroll, WK2-JGG, § 5 RZ 1 m.w.N.; Eisenberg, JGG20, § 2 RZ 17, 18; Laubenthal/Baier/Nestler, JugStrR3, RZ 63;

129 Vgl. so auch BGH, NStZ 2006, 574; BGH NStZ 2008, 625f.

130 Siehe Schroll, WK2-JGG, § 4 RZ 21 u. § 6 RZ 22 m.w.N; Schroll, ÖJZ 2016, S. 216.

131 Schroll, WK2-JGG, § 1 RZ 1/2; vergleichend Gerstberger, ZJJ 1/2018, S. 25; zur alten Rechtslage s. Jesionek/Edwards, JGG4, § 5 Anm. 1.

132 Haupt- od. Nebenstrafe inkl. entsprechend landesrechtlicher Normen s. Eisenberg, JGG20, § 1 RZ 21f.

133 Dezidierte Aufzählung s. Streng, JugStR4, § 3 II, S. 24, 25.

134 Abdruck der RL’en zum dJGG, s. Eisenberg, JGG20, Einl. 13; Anh. 2; zu Ausnahmen ders., § 1 RZ 21.

135 Siehe ö. Bundesgesetz über die Grundsätze für Hilfen für Familien und Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche (B-KJHG) vom 17.04.2013 (BGBl I Nr. 69/2013) sowie dt. Kinder- und Jugendhilfegesetz (dKJHG) vom 1990, sog. SGB VIII (BGBl. 1990, S. 1163); s. dazu Laubenthal/Baier/Nestler, JugStrR3, S. 29/30, RZ. 52-54.

136 Dazu Website Unicef.org: „Old enough to be a criminal?“. S. Onlineverzeichnis; letzter Abruf: 29.03.2019.

137 Schroll, WK2-JGG § 1 RZ. 1; Maleczky, JugStrR5, 2.2, 2.9 ff.

138 Vgl. Maleczky, JugStrR5, 2.9; Mahler, JAP 2013/2014, 8; Medigovic/Reindl-Krauskopf, AT II, 271; 14 Os 25 06t, Jbl 2007, 335 = SSt 2006, 46.

139 Zur biolog. Bestimmung der Altersgrenze s. Höpfel, WK2-StGB, § 11 RZ 2, 18.

140 Vgl. Schroll, WK2-JGG, § 4 RZ 2.

141 So führt das Vorliegen einer psychischen Störung i.S.d. § 11 öStGB zu Zurechnungsunfähigkeit, vgl. RIS-Justiz RS0120816. Hiervon zu unterscheiden ist die verzögerte Reife eines Jugendlichen nach § 4 Abs. 2 Z. 1 öJGG, vgl. Maleczky, JugStrR5, 2.9; Medigovic/Reindl-Krauskopf, AT II, 271; 11 Os 13/76, EvBl 1977/75, 162 = JBl 1977, 101, die nach der „gemischten Methode“ ermittelt wird, vgl. Höpfel, WK2-StGB § 11 RZ 2, 19. Die analoge Anwendung der Sonderbestimmung auf junge Erwachsene ist nicht statthaft, 15 Os 117/11m, SSt 2011/66; 12 Os 164/11a; Maleczky, JugStrR5, RZ 2.15.

142 JBl 2007, S. 335.

143 Vgl. EBRV StPRefBeglG I 2007, 231 BlgNR 23 GP. 29.

144 BGBl. I 2013/69.

145 Eisenberg, JGG20, § 1 RZ 1 m.w.N.

146 BGH StraFO 09, 427.

147 Ostendorf/Drenkhahn, JugStrR9, S. 45 RZ 27.

148 Eisenberg, JGG20, § 1 RZ 8; Schöch -LK-StGB12, § 19 RZ 1.

149 BGH NStZ 1991, 338.

150 Grundsatz des nemo tenetur se ipsum accusare.

151 Siehe RL’e für Verfahren mit Kindern als Tatverdächtige, in: Niedersächsischer Praktikerrundbrief der DVJJ Nr. 18, 2008, S. 19; Ostendorf/Drenkhahn JugStrR9, § 1 RZ 5.

152 Vgl. Schroll, WK2-JGG, § 1 RZ 1, 7; § 4 RZ 1 ff; E i senberg, JGG20, § 1 RZ 1.

153 Schroll, WK2-JGG, § 1 RZ 3 m.w.N.

154 Schroll, WK2-JGG, § 1 RZ 4; dazu s. Kirchbacher, WK2-StGB § 164 RZ 13; Schroll, WK2-StGB § 241 f. RZ 10.

155 Schroll, WK2-JGG, § 1 , RZ 5 ff. m.w.N.; Maleczky, JugStrR5, 2.5.

156 Siehe Roxin, AT4, § 20 Rz. 50.

157 Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG) StF: BGBl. I Nr. 36/ 2004.

158 Gesetz über die internationale Hilfe in Strafsachen v. 23.12.1982 (BGBl I 2071), vgl. § 83 Nr 2 bzw. § 73 IRG. Dazu Hamm Strafo 07, 160 [auch wenn inzwischen Volljährigkeit besteht]; S/L- Lagodny § 3 IRG RZ 15, § 73 IRG RZ 61, 62.

159 Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz BGBl. 1979/529.

160 Siehe Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen – IRG, bilaterale und multilaterale Abkommen; Steiger, Strafprozessuale Ermittlungsmaßnahmen gegen Kinder, 2014, S. 66 ff.

161 Vgl. Eisenberg, JGG20, § 1 RZ 30 ff.

162 Jerabek, WK2-StGB, § 68 RZ 15; Maleczky, JugStrR5, 2.2; 12 Os 6/15x; 12 Os 138/14g; RIS Justiz RS 0103987; Ackermann, S. 79.

163 12 Os 6/15.

164 Die Strafbarkeit muss vom Täter nicht erkannt sein, s. RZ 1974, S. 28.

165 Gemeint ist die entwicklungsbedingte Unreife (EvBl 1958/16), anders bei Geisteskrankheit, Schwachsinn tiefgreifende Bewusstseins- od. seelischen Störungen, wonach § 11 öStGB zur Anwendung kommt.

166 13 Os 129/87.

167 Eisenberg, JGG20, § 1 RZ 8; Laubenthal/Baier/Nestler, JugStR3, S. 33 RZ 60; Ostendorf/Drenkhahn, JugStrR9, S. 99, RZ 13.

168 Findet die Geburt am 29.2. statt, ist maßgeblicher Termin in Nicht-Schaltjahren nicht der 28.2., sondern der 1.3. gemäß § 188 Abs. 3 BGB.

169 BGHSt 5, 366 – In dubio pro reo bei Altersbestimmung.

170 Laubenthal/Baier/Nestler, JugStR3, S. 33 RZ 61.

171 BGHSt 10, 103 – Verwahrungsbruch (Erwachsenenstrafrecht war hier ausnahmsweise günstiger als Jugendstrafrecht.

172 Vgl. BGHSt 5, 366; 47, 313; BGH ZJJ 2007, 216; Eisenberg, JGG20, § 1 RZ 11; Kinzig (2009). S. 387ff.; anders Böhm/Feuerhelm (2004). S. 62f.

173 Zum Stand der Diskussion Köhnken/Bliesener/Ostendorf u.a. (2012). S. 131 ff.

174 Laubenthal/Baier/Nestler, JugStrR3; S. 36 RZ 65 m.w.N.

175 BGHSt 26, 47 – Debilität (Vorrang des § 20 dStGB vor § 3 dJGG).

176 Eisenberg, JGG20, § 3 RZ 55; s. auch § 60 Abs. 1 Nr. 6 BZRG.

177 E bd.

178 Eisenberg, JGG20, § 3 RZ 56.

179 Ausf. Eisenberg, JGG20, § 43 RZ 43 m.w.N.

180 Laubenthal/Baier/Nestler, JugStR3, S. 121 ff., RZ. 269-277.

181 Vgl. bereits Keller, MschKrim 75, 153 ff.; Zieger, StVert 88, 309; Heinz in: Bäuerle 1989 Bd. II, S. 70; exemplarisch LG Berlin nach BGH NStZ 07, 522 mit Anm. Eisenberg/Schmitz, NStZ 08, 94 sowie LG Berlin v. 2.10.2014 [539 Kls]; 234 Js 368/13 [2/14], nicht beanstandet von BGH v. 16.06.2015 [5 StR 184/15] mit Bspr. Eisenberg, in: StVert 16, 709 mit lediglich 2 Zeilen bei Anklage wg. Mordes.

182 Exempl. zur Einschätzung der Sachlage BGH, NStZ 2007, 523; Eisenberg/Schmitz (2008). S. 95.

183 Barnikol, 2012, S. 175, 231.

184 Peters (1985). S. 405.

185 Vgl. Streng, Strafrechtliche Sanktionen3, S. 30

186 Vgl. Schroll, WK2-JGG, § 1 RZ 11; Mahler, JAP 2014/2015, S. 203.

187 Schroll, WK2-JGG, § 1 RZ 1/1.

188 Vgl. Schroll, WK2-JGG, § 1 RZ 2; § 38 RZ 22.

189 Vgl. bereits JA Jugendgerichtsnovelle 2001, 404 BglNR XXI GP 2. („die milderen Ansätze des geltenden Rechts für junge Erwachsene etwas zu erweitern“).

190 Trotz Einbindung in das Erwachsenenstrafrecht ist für die jungen delinquenten Erwachsenen keine notwendige Verteidigung vorgesehen, vgl. § 41 Abs. 2 öStPO. Für eine Ausübung der richterlichen Manuduktionspflicht ggü. „JE“, s. Schroll in: FS-Jesionek (2002), S. 203.

191 Zustimmend s. Schroll, in: FS-Jesionek (2002), S. 203.

192 A.a.O., S. 201.

193 Zur Adoleszenz in der 3. Jugendphase, sog. ‚Youth‘ oder ‚Emerging Adult- hood‘ s. Steinberg, L., Adolescence (8th edition). (2008). New York: McGraw-Hill. S. 7 sowie Arnett, J. J., A longer road to adulthood. In Emerging Adulthood: The Winding Road from Late Teens through the Twenties. (2004). p. 3-25. New York: Oxford University Press.; weiterführend Dreher, E., Optimierung von Selbstwirksamkeit. Entwicklungspotenziale (er-)kennen und nutzen! (2007). In: A. Bucher, K. Lauermann & E. Walcher (Hrsg.). Ich kann. Du kannst. Wir können. Selbstwirksamkeit und Zutrauen. 55. Bd. der Int. Pädagogischen Werktagung, Salzburg, 2006, S. 33-57.

194 Vgl. Lerner, R. M. & Busch-Rossnagel, N. A., Individuals as producers of their development: Conceptual and empirical bases. (1981) In: R. M. Lerner & N. A. Busch-Rossnagel (Eds.), Individuals as producers of their development. p. 1-36. New York: Academic Press; Keating, D. P., Cognitive and brain development. (2004). In: R. M. Lerner & L. Steinberg (Eds.), Handbook of Adolescent Psychology, 2nd Edition, p. 45-84. Hoboken, NJ.: Wiley & Sons, Inc; Steinberg, L., Dahl, R., Keating, D., Kupfer, D. J., Masten, A. S. & Pine, D. S., The study of developmental psychopathology in adolescence: Integrating affective neuroscience with the study of context. (2006). In: D. Cicchetti & D. J. Cohen (Eds.), Developmental Psychopathology (Vol. 2: Developmental Neuroscience), p. 710- 741. Hoboken, NJ: J. Wiley & Sons, Inc.

195 Zur Diskussion der generellen Anwendung des allg. Strafrechts auf Heranwachsende s. Eisenberg, JGG20, § 105 RZ. 6 c bzw. Exklusion 6d.

196 OLG Wien 21 Bs 173/00, ÖA 2000, 161; Jesionek/Edwards/Schmitzberger, JGG5, § 1 Anm 10.

197 Vgl. 14 Os 85/05 i.

198 Reisenhofer, Jugendstrafrecht in der anwaltlichen Praxis, 2. Aufl., Bonn 2012, S. 36.

199 Vgl. Pfeiffer, Urschler, Kerbacher, Riener-Hofer, Altersschätzung im Strafverfahren?!, JSt 2018 /Heft 2, S.124-125. Britting-Reimer, E., Altersbestimmungen in Deutschland und im europäischen Vergleich, in: Jugendhilfe 53 2/2015, S. 88-95.

200 Zum Ganzen s. Dt. Bundestag: Wissenschaftliche Dienste: Sachstand WD 9 – 3000-001/18 – Methoden der forensischen Altersdiagnostik. S. Onlineverzeichnis; letzter Abruf: 23.06.2019.

201 Der österr. Gesetzgeber spricht sich im Asylrecht seit 2010 für die Beachtung der Empfehlungen als „state of the art“ aus. Zur Anerkennung in Pflegschaftsverfahren vgl. 3 Ob 101/17z.

202 Siehe Website der AGFAD Münster im Onlineverzeichnis; letzter Abruf: 23.06.2019.

203 Aktualisierte Empfehlungen in: Rechtsmedizin 6/2008, S. 451-453. S. Onlineverzeichnis; letzter Abruf: 23.06.2019.

204 Zu den dbzgl. Grenzen der Erforschungsmöglichkeiten s. bereits BGH, StrVert 1997, S. 624; NStZ 2013, S. 290; OLG Hamburg, StrVert 2005, S. 206; ferner zum Ganzen Eisenberg, JGG20, § 1 RZ 11.

205 Knell, Zahnärztliche Altersdiagnostik zur Frage nach dem 18. Lj., in: Kriminalistik 2012, S. 123 ff.

206 Zur unzureichenden Beurteilung des Alters von Asylsuchenden per Inaugenscheinnahme s. bereits ÖVwGH, Entscheidung v. 16.4.2007, 2005/01/0463 bzw. OLG München, Beschluss v. 25.5.2011 – 12 UF 951/11; ferner BGH, Beschluss v. 29.9.2010 - V ZB 233/10 (Einschätzung der Volljährigkeit aus Erfahrung des Haftrichters).

207 Britting-Reimer, E., Altersbestimmungen in Dtl. und im europ. Vergleich, Jugendhilfe 2/2015, S. 88.

208 Das österr. Verfassungsrecht normiert eigens kein ausdrückliches Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Allerdings ergibt sich ein entsprechender Schutzbereich aus der EMRK von 1958, die seit 1964 Verfassungsrang genießt. Zu nennen sind Art. 2, 3, 8 Abs. 2 EMRK und Art. 3 GRC.

209 Vgl. Art. 2 Abs. 2 GG.

210 Landtag Baden-Württemberg, Drs. 16/3236: Stellungnahme Ministerium für Inneres und Integration v. 06.03.2018. S. Onlineverzeichnis; letzter Abruf: 23.06.2019; Bosch, N., die körperliche Untersuchung des Beschuldigten (§ 81 a StPO) in: JURA Bd. 36, Heft 1, S. 50–62.

211 OGH 5.10.1994, 13 Os 81/93: zur weiten Begriffsdefinition des „Beweismittels“.

212 Schroll, WK2-JGG, § 1 RZ 8.

213 Legaldefiniert in § 117 Z 4 öStPO, aber ≠ § 117 Z lit 3 a u. b i.V.m. § 119 Abs. 2 öStPO.

214 Birklbauer in: Bergbauer et al (Hrsg.), Forensigraphie“ (2017), S. 56-58; ders., WK-StPO, § 123 Rz 38 b; aA mit Begründung in Erwiderung Birklbauer s. Pfeiffer, Urschler, Kerbacher, Riener-Hofer, Altersschätzung im Strafverfahren?!, JSt 2018 /Heft 2, S.124-128, S. 125 f.

215 OGH 29.7.1975, 13 OS 64/75.

216 Seiler, 1996, S. 139 f.

217 Ludwig Boltzmann Institut Wien (Klinische Forensische Bildgebung). Seit 01.07.2015 laufendes, vom FFW gefördertes Forschungsprojekt FAME (Fully Automatic MRI based age Estimation of adolescents) avisiert eine objektive auf 3D-Bilddateien beruhende Altersprognose zu entwickeln, welche die Mankos bildgebender Verfahren, die auf ionisierenden Strahlen beruhen (wie Z.B Röntgen und CT, vgl. § 4 Abs. 3 StrSchG) behebt. S. Onlineverezichnis; letzter Abruf: 23.06.2019.

218 OLG Wien 21 Bs 309/17w = JSt 2018 / Heft 2, S. 147-150 [mit Anm. Birklbauer, S. 150.].

219 Vgl. § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die allgemein beeideten und gerichtlichen zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher – SDG, BGBl. Nr. 137/1975.

Ende der Leseprobe aus 461 Seiten

Details

Titel
Die Vermeidung der überlangen Verfahrensdauer im Jugendstrafrecht
Untertitel
Ein Rechtsvergleich in Österreich und Deutschland
Hochschule
Universität Wien  (Institut für Strafrecht und Kriminologie)
Veranstaltung
Dissertationsstudium
Note
cum laude
Autor
Jahr
2019
Seiten
461
Katalognummer
V908743
ISBN (eBook)
9783346210487
ISBN (Buch)
9783346210494
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rechstvergleich, Jugendstrafrecht, Deutschland, Österreich
Arbeit zitieren
Mag. Dr., LL.M. Caroline B. Wähner (Autor:in), 2019, Die Vermeidung der überlangen Verfahrensdauer im Jugendstrafrecht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/908743

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