"Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde." (Immanuel Kant)
Trotz großer medizinischer Fortschritte und einer gestiegenen Lebenserwartung fühlen sich heute viele schwerkranke und sterbende Patienten durch die moderne Medizin nicht gut versorgt. Häufig wird ein sinnloser Einsatz von »Apparatemedizin« am Lebensende, eigenmächtige institutionelle Abläufe, unzureichende Schmerztherapie und das fehlende Gespräch zwischen Arzt und Krankem am Lebensende beklagt. Besonders alte Menschen fürchten, nicht in Würde sterben zu dürfen, sondern gegen ihren Willen an »Apparate und Schläuche« angeschlossen zu werden. Entgegen der häufig behaupteten Tabuisierung des Todes in unserer Gesellschaft haben in den letzten Jahren diese Defizite zu einer wissenschaftlichen wie öffentlichen Diskussion in allen Ländern geführt, die Veränderungen der ärztlichen Praxis sowie Verbesserungen von Versorgungsstrukturen zur Folge hatte.
Es stellt sich die Frage, ob es in einer europäischen Gesellschaft das Recht auf den medizinisch assistierten Freitod im Rahmen gesetzlicher Vorgaben geben sollte oder inwieweit hier in die ethischen, religiösen und moralischen Vorstellungen einer Gesellschaft eingegriffen wird bzw. werden kann. Ist die europäische Gesellschaft im 21. Jahrhundert, nach Holocaust und Euthanasie in Deutschland, unbelasteter im rechtlichen Umgang mit der assistierten Sterbehilfe? Auf diese Fragen soll der folgende Beitrag rechtliche und ethisch-moralische Lösungsansätze in Rechtsvergleichung Österreich und Deutschland erbringen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- A. Sprachliche Einordnung
- I. Der Begriffe ,,Selbstmord“,,,Freitod“,,,Selbsttötung“ und Suizid“
- II. Assistiert - Hilfe im oder zum Sterben
- B. Formen der Sterbehilfe
- C. Der Bilanzsuizid
- D. Der Unterschied zwischen Suizid und Suizidversuch, Arten des Suizids
- E. Gründe für Suizide und Suizidversuche
- F. Suizidtheorien
- G. Abgrenzung von Sterbehilfe und Suizidbeihilfe
- H. Rechtliche Aspekte zum Suizid und zur Suizidbeihilfe
- I. In Österreich
- 1. Begriffe und Normen
- a) Tötung auf Verlangen gemäß § 77 öStGB
- b) Mitwirkung am Suizid gemäß § 78 öStGB
- 2. Hilfeleistung als selbstständig vertyptes Unrecht
- 3. Mitwirkung am Selbstmord als Erfolgsdelikt
- 4. Tun und Unterlassen als Tathandlung iSd § 78 2. Alt öStGB
- 5. Das Unterlassen gemäß § 95 öStGB
- 6. Nichtaufnahme einer Behandlung und Behandlungsabbruch
- 7. Erfolg Kausalität und Zurechnung, Rechtfertigungsgründe, Schuld
- 8. Sonderprobleme
- a) Strafbarkeit von § 78 2. Alt. öStGB i.V.m. § 15 I öStGB
- b) Zur Frage des entschuldigenden Notstandes gem. § 10 öStGB
- c) Behandlung eines Unmündigen i.B. auf § 78 2. Alt. öStGB
- 9. Strafzumessung
- 10. Sterbebegleitung
- 11. Euthanasie-Debatte
- II. In Deutschland
- 1. Verfassungsrecht
- 2. Strafrecht
- a) Täter/Teilnehmer einer Selbsttötung
- b) Selbsttötung vs. Fremdtötung
- c) Freiverantwortlichkeit
- d) Tötung auf Verlangen
- e) Voraussetzungen des § 216 dStGB
- f) Problematik 1
- aa) Ansicht des BGH
- bb) Ansicht nach Roxin
- cc) Straflose Beihilfe
- dd) Lösung
- g) Problematik 2
- aa) Ansicht der herrschenden Lehre
- bb) Rspr. und Teile der herrschenden Lehre
- cc) Lösung
- dd) Stellungnahme
- ee) Fazit
- h) Problematik 3
- 3. Beendigung, Begrenzung und Unterlassung von Therapie
- 4. Reformbestrebungen in Deutschland
- J. Zahlen, Statistik und Vergleiche zum Suizid
- I. Österreich
- 1. Zahlen
- 2. Männer/Frauen
- 3. Methoden
- II. Deutschland
- 1. Zahlen
- 2. Männer/Frauen
- 3. Methoden
- III. Sterbetourismus
- IV. Suizidversuch
- K. Ethik und Moral in der Medizin
- I. Schutzfunktion
- II. Missbrauchsgefahr
- III. Richtlinienfunktion
- IV. Vertrauensstabilisierung
- L. Das Verhältnis von Arzt und Patient im Konflikt von Paternalismus und Autonomie
- M. Conclusio
- N. Ausblick
- Rechtliche Aspekte des Suizids und der Suizidbeihilfe in Österreich und Deutschland
- Unterschiede in der Rechtsprechung und Gesetzgebung der beiden Länder
- Ethische und moralische Dilemmata in Bezug auf den medizinisch assistierten Suizid
- Die Rolle des Arztes im Spannungsfeld von Paternalismus und Autonomie
- Relevanz und Bedeutung des Themas für die Gesellschaft
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem medizinisch assistierten Suizid im Rechtsvergleich Österreich-Deutschland. Sie zielt darauf ab, die rechtlichen Rahmenbedingungen und die ethischen Implikationen dieses komplexen Themas zu beleuchten.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik des medizinisch assistierten Suizids ein und erläutert die sprachliche Einordnung der Begriffe "Selbstmord", "Freitod", "Selbsttötung" und "Suizid". Anschließend werden verschiedene Formen der Sterbehilfe vorgestellt und der Unterschied zwischen Suizid und Suizidversuch beleuchtet. Zudem werden relevante Suizidtheorien und die Abgrenzung von Sterbehilfe und Suizidbeihilfe thematisiert.
Der erste Teil befasst sich mit den rechtlichen Aspekten des Suizids und der Suizidbeihilfe in Österreich. Dabei werden die relevanten Normen des österreichischen Strafgesetzbuches (öStGB) analysiert, insbesondere die Tötung auf Verlangen (§ 77 öStGB) und die Mitwirkung am Suizid (§ 78 öStGB).
Der zweite Teil widmet sich dem deutschen Rechtssystem. Die Arbeit beleuchtet die verfassungsrechtlichen Grundlagen und die Strafbarkeit der Suizidbeihilfe im deutschen Strafgesetzbuch (dStGB).
Im Anschluss werden relevante Zahlen und Statistiken zum Suizid in Österreich und Deutschland präsentiert, um die Problematik aus einer soziologischen Perspektive zu beleuchten.
Schlussendlich werden ethische und moralische Aspekte des medizinisch assistierten Suizids diskutiert. Die Arbeit beleuchtet die Schutzfunktion des Arztes, die Gefahr des Missbrauchs und die Bedeutung des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient.
Schlüsselwörter
Medizinisch assistierter Suizid, Sterbehilfe, Suizidbeihilfe, Rechtvergleichung, Österreich, Deutschland, Strafrecht, Ethik, Moral, Autonomie, Paternalismus, Recht, Gesetzgebung, Rechtsprechung, Zahlen, Statistik, Suizidprävention.
- Arbeit zitieren
- Mag. Dr. iur., LL.M., Mediatorin (FH) Caroline Brunhild Wähner (Autor:in), 2009, Der medizinisch assistierte Suizid in Rechtsvergleichung Österreich-Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/909240