Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretischer und institutioneller Hintergrund
2.1 Gegenüberstellung der Rechnungslegungszwecke von HGB und IFRS
2.2 Bewertungsreform im Zuge des BilMoG – Fair Value als Bewertungskonzept
2.3 Die Saarbrücker Initiative gegen den Fair Value
3 Die Fair Value-Debatte in Deutschland – Zeitwertbewertung versus Anschaffungs-kostenprinzip
3.1 Argumente für eine Bewertung zum beizulegenden Zeitwert
3.1.1 Darstellung der tatsächlichen unternehmerischen Lage
3.1.2 Stärkung der Informationsfunktion
3.2 Argumente gegen eine Bewertung zum beizulegenden Zeitwert
3.2.1 Subjektivierung der Rechnungslegung und damit einhergehende Problematiken
3.2.2 Schwächung der Ausschüttungsbemessungsfunktion
4 Kritische Würdigung der Fair Value-Konzeption
4.1 Beurteilung der Fair Value-Debatte in Deutschland
4.2 Implikationen für die Gesetzgebung
5 Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
BilMoG Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz
BiRiLiG Bilanzrichtliniengesetz
DCF-Verfahren Discounted Cash Flow Verfahren
EG-Richtlinie Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft
GoB Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung
GuV Gewinn- und Verlustrechnung
IAS International Accounting Standard(s)
IASB International Accounting Standards Board
IFRS International Financial Reporting Standard(s)
i. V. m. in Verbindung mit
OB The objective of general purpose financial reporting
SFAS Statement of Financial Accounting Standard(s)
US United States
1 Einleitung
In den International Financial Reporting Standards (IFRS) hat die Bewertung zum Fair Value in den letzten Jahrzehnten zunehmend an Bedeutung gewonnen.1 Eine zukünftige Ausweitung des Anwendungsbereichs erscheint als wahrscheinlich.2 Aufgrund der Internationalisierung der deutschen Rechnungslegung spielt die Fair Value-Bewertung bzw. die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert auch für den deutschen Gesetzgeber eine immer größer werdende Rolle.3 Es stellt sich die Frage, ob der Anwendungsbereich auch im deutschen Handelsrecht ausgeweitet werden sollte, um die Informationsfunktion der Rechnungslegung zu stärken. Das für den Gläubigerschutz relevante Anschaffungskostenprinzip würde entsprechend an Bedeutung verlieren. In der Folge wurde die deutsche Fair Value-Diskussion neu entfacht.4 Insbesondere im Zuge der Verabschiedung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG), das die Ausweitung der Fair Value-Bewertung über das Niederstwertprinzip hinaus vorsah, wurden Kritiker und Befürworter des Bewertungskonzepts aktiv. Der Schritt verdeutlicht das Interesse des Gesetzgebers, die handelsrechtlichen Bewertungsprinzipien modernisieren zu wollen.5 Es gilt zu diskutieren, ob dieser Weg als sinnvoll erachtet werden kann.
Einen wesentlichen Beitrag zur Fair Value-Diskussion leistet die Saarbrücker Initiative gegen den Fair Value. Im Rahmen der Initiative wurden verschiedene Kritikpunkte angeführt, mittels derer eine Implementierung der Fair Value-Bewertung im Rahmen des BilMoG verhindert werden sollte. Es gilt zu untersuchen, ob die angeführten Argumente plausibel sind oder ob sich diese entkräften lassen. Weiterhin wird eine allgemeine Würdigung der Fair Value-Konzeption benötigt. Erst auf dieser Grundlage können aussagekräftige Schlüsse gezogen werden, ob die Fair Value-Bewertung einen tatsächlichen Mehrwert für die Rechnungslegung bietet. Gilt die Bewertungskonzeption mit dem maßgebenden Bilanzzweck des Gläubigerschutzes als vereinbar und ermöglicht einen Mehrwert, kann der Weg des Gesetzgebers in Richtung eines „ mixed models “ als erstrebenswert angesehen werden.6
Zu Beginn der Arbeit wird auf die theoretischen und institutionellen Hintergründe der Fair Value-Diskussion in Deutschland eingegangen. Auf dieser Grundlage kann eine Vereinbarkeit der Fair Value-Bewertung mit der handelsrechtlichen Rechnungslegung untersucht werden. Anschließend werden die wesentlichen Argumente der Fair Value-Debatte vorgestellt und anhand kurzer Beispiele erläutert. Es gilt im vierten Abschnitt die etwaigen Vor- und Nachteile der Fair Value-Bewertung kritisch zu würdigen. Aus der Würdigung ergibt sich, inwiefern die Fair Value-Bewertung als zweckgerecht bezeichnet werden kann. Es lassen sich Implikationen für die deutsche Gesetzgebung ableiten, unter welchen Bedingungen eine Implementierung der Fair Value-Bewertung in die handelsrechtliche Rechnungslegung zu rechtfertigen ist.
2 Theoretischer und institutioneller Hintergrund
2.1 Gegenüberstellung der Rechnungslegungszwecke von HGB und IFRS
Um die Vereinbarkeit der Fair Value-Bewertung mit dem deutschen Handelsrecht bewerten zu können, gilt es vorab die grundliegenden Zwecke und Prinzipien der handelsrechtlichen Rechnungslegung zu präzisieren. Eine Gegenüberstellung mit der Rechnungslegung nach IFRS eignet sich, um den Zweck der Fair Value-Konzeption zu verdeutlichen. Nach Stützel (1967) sei die Bestimmung des Zweckes einer Rechnungslegung notwendige Voraussetzung, um über die Einführung neuer Bilanzregeln diskutieren zu können.7
Der Rechnungslegung nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) kann als oberster Zweck der Gläubigerschutz zugeordnet werden. Entsprechend des Gläubigerschutzgedankens ist die HGB-Bilanz maßgeblich von den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) und dem Vorsichtsprinzip geprägt.8 Nach §252 Abs. 1 HGB wird dem Grundsatz gefolgt, es sei vorsichtig zu bewerten.9 Damit lässt sich das Vorsichtsprinzip als wissenschaftliche Grundauffassung in der deutschen Bilanztheorie verstehen.10 Weiterhin lässt sich aus § 252 Abs. 1 Satz 4 HGB das Realisationsprinzip ableiten. Gewinne sollen erst dann realisiert werden, wenn sie durch einen Umsatzakt am Markt erwirtschaftet werden. Gleich der dynamischen Bilanztheorie nach Schmalenbach wurde das Anschaffungskostenprinzip aus dem Realisationsprinzip abgeleitet und als Bewertungskonzept implementiert.11 Seit der Verabschiedung des Bilanzrichtliniengesetzes (BiRiLiG) im Jahre 1985 ist das Bewertungskonzept für alle Unternehmen nach §253 Abs. 1 Satz 1 HGB verpflichtend anzuwenden. Vermögensgegenstände können nach dem Anschaffungskostenprinzip maximal zu (fortgeführten) Anschaffungskosten angesetzt werden.
Zweck eines IFRS-Abschlusses ist die Bereitstellung entscheidungsnützlicher Informationen (decision useful information).12 Zu den wesentlichen Adressaten werden nach dem IFRS- Conceptual Framework Investoren gezählt, die auf Basis der Abschlussinformationen Kapitalmarktentscheidungen treffen.13 Konkretisiert wird der Zweck nach IAS 1.15. Ein IFRS-Abschluss hat demzufolge ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der wirtschaftlichen Lage des bilanzierenden Unternehmens offenzulegen.14 Nach Böcking/Lopatta/Rausch (2005) kann aus der Informationsfunktion die Fair Value-Konzeption abgeleitet werden. Die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert soll den Kriterien Relevanz und Zuverlässigkeit gerecht werden und entscheidungsnützliche Informationen an Adressaten vermitteln.15 Die Rechnungslegung nach IFRS stellt ein „ mixed model “ aus Anschaffungskostenprinzip und Fair Value-Bewertung dar.16
Wesentlicher Unterschied der beiden Rechnungslegungen sind die verschiedenen Bilanzzwecke, die Adressatenkreisen unterschiedlichen Nutzen stiften. Nach der handelsrechtlichen Rechnungslegung stehen Gläubiger im Vordergrund. Das Anschaffungskostenprinzip soll eine gläubigerschützende Erhaltung der Kapitalbasis gewährleisten. So wird die aus der Prinzipal-Agent-Theorie abgeleitete Problematik des Moral Hazards minimiert.17 Der IFRS-Abschluss hingegen ist investorenorientiert. Mittels eines „ mixed models “ sollen Adressaten entscheidungsnützliche Informationen vermittelt werden. Einem Marktversagen in Form einer Adversen Selektion wird entgegengewirkt.18
2.2 Bewertungsreform im Zuge des BilMoG – Fair Value als Bewertungskonzept
Mit der Zielsetzung „das bewährte HGB zu einer dauerhaften und im Verhältnis zu den internationalen Rechnungslegungsstandards vollwertigen, aber kostengünstigeren und einfacheren Alternative weiterzuentwickeln“, wurde ein erster Referentenentwurf des BilMoG im Jahr 2008 veröffentlicht.19 Gegenstand des BilMoG waren Änderungen des Bilanzrechts, mittels derer eine Annäherung des deutschen Handelsbilanzrechts an die IFRS gelingen sollte. Der Informationswert handelsrechtlicher Abschlüsse sollte so gestärkt werden.20 Die HGB-Bilanz sowie die GoB wurden im Zuge der Modernisierung als Grundlage der handelsrechtlichen Rechnungslegung beibehalten. Nach dem deutschen Bundestag sollten dadurch die Ausschüttungsbemessungsfunktion der handelsrechtlichen Rechnungslegung sowie das im HGB verankerte Vorsichtsprinzip nicht an Bedeutung verlieren.21
Einer der am kontrovers diskutiertesten Inhalte des BilMoG war die Umsetzung einer „Fair Value-Richtlinie“ hinsichtlich der Bewertung von Finanzinstrumenten im HGB. Zwischen der Veröffentlichung des Referentenentwurfs und der Verabschiedung des finalen Gesetzes am 25.05.2009 wurden im Zuge heftiger Kritik Änderungen der Richtlinie vorgenommen und der Anwendungsbereich einer Bewertung zum beizulegenden Zeitwert eingegrenzt.22 In Folge dessen sollen nach § 340e Abs. 3 HGB nur Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute für zum Handel erworbene Finanzinstrumente auf Basis der Fair Value-Konzeption erfolgswirksam bewerten.23
Die Fair Value-Konzeption innerhalb des HGB ist nach Art. 42b der 4. EG-Richtlinie sowie § 255 Abs. 4 HGB geregelt und an die IFRS angelehnt.24 Ähnlich der Regelungen nach IFRS 13.72-90 wird der beizulegende Zeitwert anhand eines Stufenkonzepts bestimmt. Auf oberster Stufe der Bestimmungshierarchie steht der beobachtbare Marktpreis eines identischen Vermögenswertes bzw. einer identischen Schuld (mark to market). Ist kein aktiver Markt vorhanden, so können auf zweiter Stufe der Hierarchie beobachtbare Marktpreise ähnlicher Güter als beizulegende Zeitwerte gewählt werden. Stehen keine beobachtbaren Marktpreise zur Verfügung, so wird der Fair Value auf letzter Stufe anhand von allgemein anerkannten Bewertungsmethoden bestimmt (mark to model). Hierbei wird auf unbeobachtbare Inputfaktoren wie unternehmensinterne Cash Flow Prognosen zurückgegriffen.25 Hinsichtlich der zulässigen Methoden für die Bewertung liefern sowohl das HGB als auch die EG-Richtlinie keine weiteren Erläuterungen.26 Nach IFRS 13.61-66 werden die zulässigen Bewertungsmethoden in drei Ansätze unterteilt. Der marktbasierte Ansatz verfolgt das marking-to-market Prinzip, nach welchem objektive Inputfaktoren aus Markttransaktionen bei der Bestimmung des beizulegenden Zeitwertes verwendet werden. Bei dem einkommensbasierten Ansatz stehen subjektive Inputfaktoren im Vordergrund. Aufbauend auf dem Barwertkalkül werden hierbei Methoden wie das Discounted Cash Flow -Verfahren (DCF-Verfahren) zur Ermittlung genutzt. Als letztes bemisst der kostenbasierte Ansatz den Fair Value nach den Wiederbeschaffungskosten für einen vergleichbaren Vermögensgegenstand. Lässt sich auf keiner der aufgeführten Stufen ein beizulegender Zeitwert ermitteln, so wird nach § 255 Abs. 4 HGB auf die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zurückgegriffen.
2.3 Die Saarbrücker Initiative gegen den Fair Value
Auf Basis der funktionsanalytischen Bilanztheorie von Wolfgang Stützel (1967) wurde im Jahr 2008 die Saarbrücker Initiative gegen den Fair Value von sechs Professoren des Saarlandes gegründet.27 Bieg et al. (2008) setzten der Initiative zwei Zielsetzungen. Zum einen die Forderung nach einem zusätzlichen HGB-Konzernabschluss von kapitalmarktorientierten Konzernen und zum anderen die Verhinderung des Einzuges der Fair Value-Bewertung in das HGB im Zuge des BilMoG. Um eine Unvereinbarkeit der Fair Value Bewertung mit der handelsrechtlichen Rechnungslegung aufzuzeigen, wurden im Rahmen einer kritischen Würdigung 10 Punkte angeführt. Innerhalb der Punkte wurde der Fair Value-Konzeption das Anschaffungskostenprinzip gegenübergestellt.28 Die Initiative stellt damit einen relevanten Beitrag zur Fair Value-Debatte in Deutschland dar.
Im Wesentlichen kritisierten Bieg et al. die mit der Fair Value-Konzeption einhergehende Verletzung handelsrechtlicher Grundprinzipien sowie die mangelhafte Bereitstellung entscheidungsnützlicher Informationen. Die Bewertungsform widerspräche dem Zweck des Gläubigerschutzes, da es zu einer Durchbrechung des Vorsichts- und des Realisationsprinzips komme. Die Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen sei in der Rechnungslegung nach HGB dem Gläubigerschutz unterzuordnen, weshalb das Anschaffungskostenprinzip die zielführendere Bewertungsform sei. Weiterhin wurde eine Entobjektivierung der Rechnungslegung kritisiert, die sich aus der Bewertung auf dritter Stufe der Bewertungshierarchie ergebe (>95% aller Vermögenswerte). Diese führe zu einer komplexeren Bilanzierung, Wirtschaftsprüfung und Bilanzanalyse. Auch wurde die Zeitwertbewertung für eine Verschärfung der Finanzkrise verantwortlich gemacht. Hierfür sei der volatilere Gewinn- und Eigenkapitalausweis bei Anwendern der Fair Value-Bewertung verantwortlich.29
3 Die Fair Value-Debatte in Deutschland – Zeitwertbewertung versus Anschaffungskostenprinzip
3.1 Argumente für eine Bewertung zum beizulegenden Zeitwert
3.1.1 Darstellung der tatsächlichen unternehmerischen Lage
Zweck der Bewertung zum beizulegenden Zeitwert ist es, den Abschlussadressaten ein genaueres Bild vom berichterstattenden Unternehmen zu vermitteln als bei Verwendung des Anschaffungskostenprinzips. Die Bewertungshierarchie ist so aufgebaut, dass auf erster Stufe Vermögensgegenständen und Schulden mit ihrem Marktwert angesetzt werden. Dem Marktwert wird als Rechnungslegungsinformation aufgrund der Zeit- und Marktnähe eine hohe Verlässlichkeit und Relevanz zugesprochen.30 Der Fair Value entspricht damit eher den tatsächlichen zugrundeliegenden Verhältnissen als die fortgeführten Anschaffungskosten.31
Sind keine aktiven Märkte zur Bestimmung des Fair Values vorhanden, so ist die Verwendung allgemein anerkannter Bewertungsmethoden zulässig. Zu diesen Methoden gehört das DCF-Verfahren. Befürworter der Fair Value-Bewertung argumentieren, dass Ersteller von Rechnungslegungsinformationen die Ermessensspielräume innerhalb solcher Verfahren nutzen, um private Informationen an Adressaten zu vermitteln.32 Diese Annahme stimmt mit der Signaling-Hypothese überein. Private Informationen können unter anderem Erwartungen hinsichtlich zukünftiger Cashflows, sowie unternehmensspezifischer Risiken sein. In der Folge wird Adressaten ein verbessertes Bild über die tatsächliche unternehmerische Lage vermittelt.33 Im Rahmen des Anschaffungskostenprinzips sind entsprechende Ermessensspielräume bei der Bilanzierung nicht vorhanden. Eine Vermittlung privater Informationen ist daher nur erschwert möglich. Um einem möglichen Verlust an Verlässlichkeit vorzubeugen, werden Anhangangaben zu den Bewertungsverfahren vorgeschrieben.34 Die Angaben beziehen sich auf die Wahl und Umsetzung der Bewertungsmethoden und können weitere Informationen zu der wirtschaftlichen Lage beinhalten.
3.1.2 Stärkung der Informationsfunktion
Unter der Informationsfunktion der Rechnungslegung ist die Vermittlung entscheidungsnützlicher Informationen zu verstehen. Die Vermittlung entscheidungsnützlicher Informationen wird daran bemessen, inwiefern die Informationsbedürfnisse von Adressaten erfüllt werden.35 Weiterhin bestimmen die Kriterien Verlässlichkeit und Relevanz in welchem Maße eine Information tatsächlich entscheidungsnützlich ist.36
Aufgrund ihrer hierarchisch angeordneten Bestimmungskonzeption kann die Fair Value-Bewertung eine hohe Menge an entscheidungsrelevanten Informationen bereitstellen.37 Unter Annahme der Signaling-Hypothese können zukünftige Erwartungen mittels passender Bewertungsverfahren an Adressaten vermittelt werden. Als Beispiel sei hier auf das DCF-Verfahren verwiesen. Entsprechend der erwarteten Unternehmensperformance können Abschlussersteller Cashflow-Prognosen erstellen und dementsprechend die Bewertung durchführen. Um bspw. Gewinnerwartungen an Adressaten zu vermitteln, kann der Unternehmensgewinn der laufenden Periode mittels Bilanzpolitik auf den Erwartungswert geglättet werden.38 Prognosetaugliche Informationen setzen direkt an den Zielgrößen von Investoren an.39 Studien bestätigen, dass Fair Value-Informationen die Vorhersagefähigkeit von Kapitalmarktakteuren verbessern können.40 Auch Gläubiger profitieren vom Informationsgehalt der Fair Values. Insbesondere bei der Bewertung von Finanzinstrumenten sind Informationen zu stillen Reserven bzw. stillen Lasten für die Adressaten entscheidungsnützlich.41 Die Erfüllung von Informationsbedürfnissen ist damit sichergestellt. Weiterhin fassen Zimmermann/Werner (2006) zusammen, dass der Fair Value von ausgewählten Bilanzposten als wertrelevant bezeichnet werden kann. Aus der Untersuchung von verschiedenen Anwendungsbeispielen der Fair Value-Bewertung geht hervor, dass der Fair Value entscheidungsnützliche Informationen liefert.42
Zusammenfassend lässt sich aus den aufgeführten Punkten eine maßgebliche Entscheidungsrelevanz des Fair Values ableiten.43 Dies lässt den Schluss zu, dass die Fair Value-Bewertung zu einer effektiveren Vermittlung entscheidungsnützlicher Informationen und damit zu einer höheren Informationsfunktion der Rechnungslegung beiträgt als das Anschaffungskostenprinzip.
[...]
1 Vgl. Marra (2016), S. 582.
2 Vgl. Böcking/Dreisbach/Gros (2008), S. 207.
3 Vgl. Zimmermann/Werner (2009), S. 86.
4 Vgl. Böcking/Dreisbach/Gros (2008), S. 214.
5 Vgl. Zimmermann (2009), S. 579.
6 Vgl. Zimmermann/Werner (2006), S. 140-147: Ähnlich dem „ mixed model “ der IFRS.
7 Vgl. Stützel (1967), S. 321.
8 Vgl. Moxter (1987), S. 369-371 i. V. m. § 243 Abs. 1 HGB, vom 18.07.2017.
9 Vgl. § 252 HGB, vom 18.07.2017.
10 Vgl. Böcking/Lopatta/Rausch (2005), S. 93.
11 Vgl. Schmalenbach/Bauer (1962), S. 98-100; Böcking/Dreisbach/Gros (2008), S. 209.
12 Vgl. Zülch/Hendler (2017), S. 65.
13 Vgl. OB2, IFRS - The Conceptual Framework for Financial Reporting, vom 01.01.2014.
14 Vgl. IAS 1, vom 01.01.2014.
15 Vgl. Böcking/Lopatta/Rausch (2005), S. 97; Kothari/Ramanna/Skinner (2010), S. 246-247.
16 Vgl. Zimmermann/Werner (2006), S. 140.
17 Vgl. Arrow (1986), S. 1184: Minimierung von ‘ hidden actions ‘ durch geringe Ermessensspielräume innerhalb des Anschaffungskostenprinzips; Beaver (1997), S. 31-32.
18 Vgl. Arrow (1986), S. 1184: Minimierung von ‘ hidden information ‘ durch marktnahe Informationen aus der Bewertung zum beizulegenden Zeitwert – Abbau von Informationsasymmetrien; Beaver (1997), S. 30-31.
19 Vgl. Deutscher Bundestag (2008), S. 1.
20 Vgl. Zimmermann (2009), S. 585.
21 Vgl. Deutscher Bundestag (2008), S. 1-2.
22 Vgl. Padberg/Padberg/Werner (2010), S. 25.
23 Siehe auch Art. 1, Abs. 73 BilMoG, vom 25.05.2009.
24 Vgl. Kirsch (2005), S. 16-19; 4. EG-Richtlinie, vom 27.10.2001.
25 Vgl. IFRS 13, vom 01.05.2011.
26 Vgl. § 255 HGB; Art. 42 Abs. 1 EG-Richtlinie, vom 27.10.2001.
27 Vgl. Stützel (1967), S. 314-340: Initiative beruht auf dem Grundsatz, dass Bilanzregeln aus der Zweckbestimmung der Rechnungslegung abgeleitet werden müssen.
28 Vgl. Bieg et al. (2008), S. 2549-2552.
29 Vgl. Bieg et al. (2008), S. 2549-2551.
30 Vgl. Beaver et al. (1991), S. 100; Baetge/Zülch (2001), S. 544.
31 Vgl. Böcking/Dreisbach/Gros (2008), S. 211-212.
32 Vgl. Scott (2015), S. 504-505; Siegel (1997), S. 83.
33 Vgl. Beaver (1997), S. 167; Lee (2011), S. 237-238.
34 Vgl. §§ 285 Satz 1 Nr. 20 sowie 314 Abs. 1 Nr. 12 HGB, vom 18.07.2017.: Anhangangaben sind im HGB auf Finanzinstrumente beschränkt.
35 Vgl. Zülch/Hendler (2017), S. 58-59.
36 Vgl. Zülch/Hendler (2017), S. 65-67.
37 Vgl. Marra (2016), S. 587-588.
38 Liegt der Erwartungswert bspw. unter dem momentanen Periodengewinn, so kann der Gewinn anhand von pessimistischen Cash Flow-Prognosen auf den Erwartungswert geglättet werden.
39 Vgl. Siegel (1997), S. 81-83.
40 Vgl. Lee (2011), S. 253-254: SFAS 142 –Fair Value-Bewertung von Goodwill.
41 Vgl. Zülch/Hoffmann (2009), S. 189.
42 Vgl. Zimmermann/Werner (2006), S. 146-147.
43 Weiterführende Literatur: Böcking/Lopatta/Rausch, S. 100-101; Willis (1998), S. 854-855; Streim/Bieker/Esser (2003), S. 458.