Die Hyperboreer, als mythisches Volk, welches hinter dem Boreas, also „dem Nordwind“ – so die verbreiteste Übersetzung des Volksnamens – wohnt1, haben mit ihrem frommen und von allen Leiden des gewöhnlichen Daseins befreiten Lebensstil die Phantasie der alten griechischen Dichter und später auch anderer griechischer und römischer Autoren beflügelt. Die Faszination, die vom in jenen Zeiten noch unerforschten Norden Europas, bzw. dem Gebiet im fernen Norden von Griechenland, ausging, zeichnet sich in den generell sehr zahlreichen Mythen und Legenden ab, die sich um die „fernsten Winkel“ der damals bekannten Welt rankten. Von dem glücklichen und wie die Hyperboreer ebenso sagenumwobenen Volk der Aithiopen im Süden, über die wundersamen Erzählungen über Fabelwesen und unglaublichen Völkern im fernsten Osten, hin zu den unbekannten Weiten des Meeres jenseits der Säulen des Herakles im Westen. In dieser Arbeit soll nur der Norden und damit das mythische Volk der Hyperboreer behandelt werden.
„Zu Schiff nicht und nicht zu Fuß wandernd, könntest du finden zur Hyperboreerversammlung den wundersamen Weg“2. Mit diesen Worten eröffnet der griechische Dichter Pindar in seiner zehnten Olympiade seinen Bericht über das glückliche Volk der Hyperboreer. Der Vers vermittelt dem Leser, dass die Hyperboreer unerreichbar für den normalen Menschen sind, lediglich Auserwählte und die Götter dürfen zu ihnen gelangen und sich an ihrem utopischen Lebensstil erfreuen.3
Da die Hyperboreer jedoch nicht immer wie bei Pindar „terra incognita“ bleiben, sondern von den späteren antiken Autoren aus unterschiedlichen Zeiten, geographisch verortet werden, eröffnet sich ein interessantes Spektrum an Fragestellungen, welche sich mit der geographischen Verortung der Hyperboreer im fernen, nur wenig erforschten Norden befassen. Leitfrage soll dazu sein, inwiefern die Verortung der Hyperboreer auf rein mythischen bzw. vagen oder gar erfundenen geographischen Angaben beruht oder doch auf Kenntnissen von „realen“ – in der jeweiligen Zeit zumindest als real angesehenen - geographischen Begebenheiten basiert, die in den Hyperboreermythos einflossen. Es gilt also die Angaben der in Frage kommenden antiken Autoren über die Verortung der Hyperboreer mit den geographischen Kenntnissen ihrer jeweiligen Zeit, evtl. auch unseren heutigen Kenntnissen, zu vergleichen und damit obige Leitfrage zu beantworten.
Weiterhin soll auch untersucht werden, inwiefern es eine Kontinuität bei der Verortung der Hyperboreer gibt, ob sich die Verortung mit der Zeit ändert oder einem immer gleichen Muster folgt.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung.
- 1.1 Die Entdeckungsgeschichte des Nordens in der Antike.
- 1.2 Das mythische Volk der Hyperboreer und der dahinter stehende Kult.
- II. Die geographische Verortung der Hyperboreer.
- 1 Grundlegende Informationen.
- 1.1 Die Entdeckungsgeschichte des Nordens in der Antike.
- 1.2 Das mythische Volk der Hyperboreer und der dahinter stehende Kult.
- 2 Die Verortung der Hyperboreer durch die antiken Autoren
- 2.1 Die frühesten Verortungen Hesiod, Aristeas, Pindar
- 2.1.1 Historisch-geographische Einordnung...
- 2.1.2 Verortung der Hyperboreer und Vergleich mit geographischem Wissen
- 2.2 Herodot
- 2.2.1 Historisch-geographische Einordnung...
- 2.2.2 Verortung der Hyperboreer und Vergleich mit geographischem Wissen
- 2.3 Hekataios von Abdera
- 2.3.1 Historisch-geographische Einordnung.......
- 2.3.2 Verortung der Hyperboreer und Vergleich mit geographischem Wissen .........
- 2.4 Die Autoren der frühen Kaiserzeit: Mela und Plinius.
- 2.4.1 Historisch-geographische Einordnung..\n
- 2.4.2 Verortung der Hyperboreer und Vergleich mit geographischem Wissen
- 2.5 Die Autoren der späten Kaiserzeit: Solinus und Martianus Capella....
- 2.5.1 Historisch-geographische Einordnung..\n
- 2.5.2 Verortung der Hyperboreer und Vergleich mit geographischem Wissen
- 2.6 Hyperboreer in den Alpen oder sogar in Griechenland? – Iamblichus,\nPoseidonios, Protarchos, Mnaseas......
- 2.6.1 Historisch-geographische Einordnung…......
- 2.6.2 Verortung der Hyperboreer und Vergleich mit geographischem Wissen
- III. Zusammenfassung der Ergebnisse.
- Die Entdeckungsgeschichte des Nordens in der Antike
- Der mythische Volk der Hyperboreer und der dahinter stehende Kult
- Die geographischen Verortungen der Hyperboreer durch antike Autoren
- Die historischen und geographischen Kenntnisse der antiken Autoren
- Die Einordnung der Hyperboreer-Mythen in den Kontext des damaligen Weltbildes
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der geographischen Verortung des mythischen Volkes der Hyperboreer. Sie untersucht, inwiefern die antiken Autoren bei der Verortung dieser sagenhaften Wesen auf tatsächliche geographische Kenntnisse ihrer Zeit zurückgriffen oder auf rein mythischen Vorstellungen basierten. Dabei wird analysiert, ob die geographischen Angaben über die Hyperboreer einem konsistenten Muster folgen oder sich im Laufe der Zeit verändern.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Rolle der Hyperboreer in der antiken Literatur und stellt die zentrale Forschungsfrage nach ihrer geographischen Verortung. Das zweite Kapitel analysiert die Verortungen der Hyperboreer durch verschiedene antike Autoren, beginnend mit den frühesten Quellen wie Hesiod, Aristeas und Pindar, bis hin zu Herodot, Hekataios von Abdera, den Autoren der frühen und späten Kaiserzeit, sowie Iamblichus, Poseidonios, Protarchos und Mnaseas. Dabei werden die historischen und geographischen Kenntnisse der jeweiligen Zeit in Bezug gesetzt zu den jeweiligen Verortungen der Hyperboreer. Die Zusammenfassung der Ergebnisse wird voraussichtlich die unterschiedlichen Interpretationen und geographischen Standpunkte der antiken Autoren analysieren und zusammenfassen.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselbegriffe dieser Arbeit sind Hyperboreer, geographische Verortung, antike Autoren, mythisches Volk, Oikumene, Norden, Entdeckungsgeschichte, geographisches Wissen, Historisch-geographische Einordnung, Kult, Apollon, Delos, Delphi, Fruchtbarkeitskult.
- Quote paper
- Bakkelaureus Artium Christopher Sommer (Author), 2005, Die geographische Verortung des halbmythischen Volkes der Hyperboreer, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91867