In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelten sich in Skandinavien die Grundlagen für die heutige Frauenemanzipation. Wegbegleitend zum europaweit einsetzenden Aufschwung mit Industrialisierung und Technisierung der einzelnen Gesellschaften, änderte sich auch das traditionelle Bild von Frau und Familie.
In diesem Zeitraum des gesellschaftlichen Umbruchs kam auch eine neue literarische Epoche zum Tragen, die bereit war, die kulturellen, sozialen und politischen Veränderungen aufzunehmen und umzusetzen: der Moderne Durchbruch. Kritischer Realismus und Naturalismus setzten sich als Hauptrichtungen der bürgerlichen Literatur durch, und Brandes Forderung nach einer 'aktuellen Problemdebatte' und
'aristokratischem Radikalismus' ermöglichte eine Orientierung der Schriftsteller auf Probleme der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft.
Ein weiterer Programmpunkt der Epoche des Modernen Durchbruchs und eine der intensivst geführten Debatten der Zeit war die sogenannte 'Frauenfrage', und die Selbstbefreiung und Selbstverwirklichung von Frauen aus bedrückenden Lebensumständen
und Klassenschranken, die nicht ihren Vorstellungen von der Würde des Menschen entsprachen. Daraus entstanden Diskussionen über die gesellschaftlich sanktionierte Doppelmoral und die Forderung
nach vor- und außerehelicher sexueller Enthaltsamkeit auch für das männliche Geschlecht, welche sich schließlich 1883 mit dem Schauspiel "En Hanske" des Dramatikers Bjørnstjerne Bjørnson endgültig zu einer 'Sittlichkeitsdebatte' in der skandinavischen Öffentlichkeit entwickeln sollte.
Viele weibliche Autorinnen griffen diese Debatten der Sittlichkeitsfehde in ihren Werken auf und trugen somit zu einer kritischen Bewusstmachung der Geschlechterpolitik bei. Zu diesen Autorinnen zählte auch Amalie Skram, die in ihren Eheromanen aber
nicht nur die mangelnden Rechte der Frauen in den Vordergrund stellte, sondern auch deren Wunsch nach erfüllter Erotik und Sexualität, sowie nach einem selbstbestimmten Leben.
Die Frage, die sich jedoch stellt, und die in dieser Arbeit behandelt werden soll, ist, inwiefern Skrams "Constance Ring" ein Beitrag zur geführten Sittlichkeitsdebatte in Skandiniavien ist, und wie diese im Werk behandelt wird. Wie werden wichtige Diskussionsthemen wie die weibliche Sexualität, die Ehe als bürgerliche Institution und Frauen und Arbeit thematisiert, und wie spiegeln sich in ihnen die damaligen gesellschaftlich geführten Debatten wider?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Aktuelle Forschungsdebatten und Methodik
- Eine radikale Kritik an der bürgerlichen Ehe: Amalie Skrams Constance Ring
- Die bürgerliche Ehe als Institution
- Geld, Sexualität und Prostitution
- Frauen und Arbeit
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Rolle der bürgerlichen Ehe in der Debatte über die Emanzipation von Frauen im Skandinavien des 19. Jahrhunderts. Die Autorin analysiert Amalie Skrams Roman "Constance Ring" als Beispiel für eine radikale Kritik an der Institution der Ehe und ihren Auswirkungen auf die Lebensumstände und -möglichkeiten von Frauen.
- Die Institution der bürgerlichen Ehe und ihre Auswirkungen auf Frauen im 19. Jahrhundert
- Die Rolle von Geld, Sexualität und Prostitution in der Geschlechterordnung des 19. Jahrhunderts
- Die Debatte um die "Frauenfrage" und die Suche nach neuen Lebensaufgaben für Frauen
- Die literarische Epoche des Modernen Durchbruchs und ihre Rezeption der gesellschaftlichen Veränderungen
- Die Rolle der Sittlichkeitsdebatte und die unterschiedlichen Positionen von Frauen in der damaligen Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung führt in die Problematik der Emanzipation von Frauen im Skandinavien des 19. Jahrhunderts ein. Sie beschreibt den gesellschaftlichen Umbruch, die Entwicklung von Großfamilien zu Kernfamilien und die daraus resultierende Suche nach neuen Lebensaufgaben für Frauen. Die Einleitung stellt außerdem die literarische Epoche des Modernen Durchbruchs vor und erläutert die zentralen Themen, die in dieser Zeit diskutiert wurden, darunter die "Frauenfrage" und die Kritik an der bürgerlichen Ehe.
Eine radikale Kritik an der bürgerlichen Ehe: Amalie Skrams Constance Ring
Dieses Kapitel analysiert Amalie Skrams Roman "Constance Ring" als Beispiel für eine radikale Kritik an der bürgerlichen Ehe. Es werden die Aspekte der bürgerlichen Ehe als Institution, die Rolle von Geld und Sexualität sowie die Problematik der Frauenarbeit beleuchtet. Die Autorin untersucht, wie Skram die Unterdrückung von Frauen in der Ehe und die Einschränkungen ihrer Lebensmöglichkeiten darstellt.
Schlüsselwörter
Die zentralen Themen und Schlüsselwörter der Arbeit sind: Bürgerliche Ehe, Frauenemanzipation, Skandinavien, Moderne Durchbruch, Amalie Skram, Constance Ring, Sittlichkeitsdebatte, Geschlecht, Sexualität, Prostitution, Arbeit, Lebensmöglichkeiten, Literaturkritik.
- Arbeit zitieren
- Patricia Patkovszky (Autor:in), 2008, Debatten über Ehe, Sexualität und Weiblichkeit - Der Moderne Durchbruch in Skandinavien und sein Widerhall in Amalie Skrams "Constance Ring", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91982