Anerkennung der "Irren"

Anerkennung in der Geschichte der „Irren“, „Geisteskranken“ und „Andersartigen“ ab dem 15. bis zum 19. Jahrhundert


Hausarbeit, 2006

26 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1 Drei Formen der Anerkennung nach Axel Honneth
2.2 Zu Psychologie und Geisteskrankheit und Wahnsinn und Gesellschaft
2.3 Versuch einer Analyse der Anerkennung
2.3.1 Epochale Gliederung
2.3.2 Wirkfaktoren

3. Schluss
3.1 Zusammenfassung
3.2 Reflexion

4. Quellenverzeichnis

Anerkennung der „Irren“

1. Einleitung

Als zentrale Frage dieser Hausarbeit stellt sich:

· Wie äußert sich Anerkennung in der Geschichte der „Irren“, „Geisteskranken“ und „Andersartigen“ ab dem 15. bis zum 19. Jahrhundert?

Der von Axel Honneth entwickelte Anerkennungsbegriff wird auf die Geschichte der „Irren“ und „Geisteskranken“ in den Werken Psychologie und Geisteskrankheit und Wahnsinn und Gesellschaft von Michel Foucault angewandt.

Zum Aufbau der Arbeit:

In der Einleitung wird neben der zentralen Ausgangsfrage, die uns durch die Analyse führen soll, der formale Aufbau dieser Hausarbeit beschrieben.

Zitate dienen der literarischen Einleitung und Abrundung des Untersuchungsmaterials.

Der Hauptteil beginnt zunächst mit der Definition des Anerkennungsbegriffs und der Beschreibung von Foucault´s Werken. Da es sich um eine Hausarbeit von geringem Umfang handelt sind die einleitenden Beschreibungen kurz gehalten. Als Schwerpunkt dieser Arbeit folgt die Analyse der Anerkennung, formal getrennt in zwei unterschiedlichen Möglichkeiten der Betrachtung, welche sich gegenseitig ergänzen und zu einem Gesamtbild verhelfen sollen.

Im Schlussteil soll eine Zusammenfassung der Analyse zu einer Antwort auf die anfängliche Ausgangsfrage verhelfen. Damit soll, wie auch in den Zwischenzusammenfassungen des Hauptteils der rote Faden aufrecht erhalten werden. Den Abschluss der Arbeit bilden persönliche Gedanken zum Thema mit Bezug auf Aussagen von Otto Speck bei einem Vortrag zur Bundesfachschaften-Tagung aus dem Jahre 2007.

Untersucht werden Psychologie und Geisteskrankheit (Maladie mentale et Psychologie, 1954, dt. Übersetzung 1968) und Wahnsinn und Gesellschaft (Historie de la folie, 1961, dt. Übersetzung 1969) von Michel Foucault. Mit Hilfe von Sekundärliteratur über Michel Foucault konnte ein Überblick gewonnen und das Thema der Untersuchung eingegrenzt werden. Dies war auf Grund des umfangreichen Textmaterials vor allem in Wahnsinn und Gesellschaft notwendig, aber auch um den roten Faden nicht in Ausschweifungen anderer (nicht weniger interessanter) Untersuchungsbereiche zu verlieren.

Michel Foucault wurde 1926 im franzosischen Poitiers geboren und wurde nach Studien u.a. in Psychopathologie und Psychologie als Literaturhistoriker und Philosoph bekannt, wobei er sich selbst als „nietzscheanischen Kommunisten“ (Sarasin 2005, S.9) bezeichnete. Foucault erfreut sich auch nach seinem Tod 1984 besonderer Beliebtheit in vielen wissenschaftlichen Gebieten, nicht zuletzt wegen seiner wissenschaftsübergreifenden Analysen zu Diskurs, Macht und Ethik des Selbst. Die beiden hier von ihm untersuchten Texte gehören zu seinen frühen Werken. Foucault sowie sein Lebenswerk genauer zu beschreiben würde den Rahmen dieser Hausarbeit sprengen.

Zum Anerkennungsbegriff wird Axel Honneth´s Kampf um Anerkennung (1992) herangezogen sowie Sekundärliteratur, welche im Seminar Anerkennung von Differenz als Grundlage professionellen Handelns in asymmetrischen Beziehungen (siehe Deckblatt) benutzt wurde.

Axel Honneth wurde 1949 in Deutschland geboren, gilt als einer der wichtigsten Vertreter der „Frankfurter Schule“ und Schüler von Jürgen Habermas. Sein Fachgebiet ist die Sozialphilosohie und er ist Herausgeber der "Deutschen Zeitschrift für Philosophie". Im Zentrum steht seine Theorie der Anerkennung.

2. Hauptteil

In vier Hauptbereichen wird nun zuerst der Anerkennungbegriff nach Honneth definiert und die untersuchten Werke Foucault´s eingeleitet, bevor die eigentliche Analyse mit Bezug zur anfangs gestellten zentralen Frage beginnt.

2.1 Drei Formen der Anerkennung nach Axel Honneth

In seinem 1992 erstmals erschienenem Buch Kampf um Anerkennung und seinem Aufsatz Anerkennung und moralische Verpflichtung (Honneth 1997) unterscheidet Axel Honneth aus gesellschaftstheoretischer Sicht drei verschiedene Arten von Anerkennung:

1. bedingungslose Zuwendung, Fürsorge, Liebe
2. universelle Gleichbehandlung
3. Solidarität, Loyalität

Damit ein Individuum sich in seiner Person und Identität entwickeln kann, muss es alle drei Formen von Anerkennung erfahren. Zusammengefasst als „Liebe, Recht und Wertschätzung“ stellen die drei Formen der Anerkennung die Voraussetzung zur Bildung von „Selbstvertrauen, Selbstachtung und Selbstwertgefühl“ (Graumann 2006, S.148f) dar und sind damit Grundvoraussetzung für die Entwicklung eines Individuums.

Die erste Form der Zuwendung und Liebe ist die basalste Form der Anerkennung. Sie spielt sich sowohl im privaten als auch im gesellschaftlichen Raum ab und zeigt sich z.B. in Institutionen der Fürsorge und Hilfe sowie in Eltern-Kind-Beziehungen. Beispiele der Missachtung sind Gewalt, Misshandlungen und Vergewaltigung. Die zweite Ebene der universellen Gleichbehandlung ist Voraussetzung zur Bildung von Selbstachtung, Missachtung zeigt sich in Form von Lüge und Betrug, aber auch in Form von Missachtung der moralischen Zurechungsfähigkeit. Der Einzelne wird auf dieser Ebene der Anerkennung „als Person anerkannt“ (Honneth 1997, S. 37). Das Selbstwertgefühl wird laut Honneth schließlich in der dritten Ebene durch Solidarität und Loyalität gebildet und bestärkt. Demütigung und Respektlosigkeit z.B. in Form von Stigmatisierungen in der Gesellschaft zeigen Formen der Missachtung auf dieser Ebene.

Nachdem nun die drei Formen kurz erläutert wurden, ist es wichtig, auf ein Paradoxon hinzuweisen:

Da Honneth in der zweiten und dritten Ebene der Anerkennung von „moralischen Verpflichtungen“ der Individuen aufgrund wechselseitiger Ansprüche spricht, kann es auf der ersten Ebene der Fürsorge nur bedingt zu einer moralischen Verpflichtung kommen, da hier die affektive Beziehung bestimmendes Faktum ist (Honneth 1997, S.37). Damit kann die moralische Verpflichtung im Hinblick auf das gleiche Recht und die Wertschätzung im Sinne des kategorischen Imperativs verstanden werden, die Liebe jedoch je nach intersubjektiver Beziehung der Individuen einen relativen moralischen Standpunkt deutlich machen.

2.2 Zu Psychologie und Geisteskrankheit und Wahnsinn und Gesellschaft

In dem Buch Maladie mentale et psychologie (in der deutschen Übersetzung Psychologie und Geisteskrankheit) kritisiert Michel Foucault, dass organische und geistige Störungen unter der gleichen Einheitspathologie untersucht werden (Foucault 1968, S.21). Nach der Vorstellung verschiedener Formen von Geisteskrankheit unternimmt Foucault den Versuch, diese in Dimensionen einzuteilen. Im zweiten Kapitel des Buches beschreibt Foucault die Geschichte der Geisteskrankheit und des Wahnsinns.

Damit spricht er das Thema seines sieben Jahre später erschienenen Historie de la folie auch schon an. Für sein Buch Wahnsinn und Gesellschaft untersuchte Foucault in intensivster Literaturarbeit die Entstehung des Begriffes „Wahnsinn“ sowie seine Erscheinungsformen.

Ziel in diesem umfangreichen Werk mit über 500 Seiten soll die Frage vom „Nullpunkt“ (Sarasin 2005, S.26) des Wahnsinns und der Trennung von Vernunft und Wahnsinn sein. Die Analyse beginnt ab dem 15. Jahrhundert und reicht bis zur Einführung des Begriffs der „Geisteskrankheit“ im 19. Jahrhunderts (Ruoff 2007, S.22).

2.3 Versuch einer Analyse der Anerkennung

„Mann wird sich seinen eigenen gesunden Menschenverstand

nicht dadurch beweisen können,

dass man seinen Nachbarn einsperrt“

( Fjodor Dostojewskij, russ. Dichter , 1821-1881)

Im Folgenden wird auf den Umgang und die Anerkennung von „Irren“, „Andersartigen“, „Wahnsinnigen“ und (später) „Geisteskranken“ in den vorgestellten Werken Foucault´s eingegangen. Dabei gibt es zwei Arten der Gliederung:

a) In epochaler Einteilung wird die Anerkennung der „Irren“ untersucht, abhängig der angedeuteten geschichtlichen Untersuchungsbereiche.
b) Die zweite Einteilung erfolgt nach Wirkfaktoren, womit bestimmte Objekte wie Institutionen gemeint sind, aber auch Wissenschaften oder Diskurse.

2.3.1 Epochale Gliederung

Im 15. Jahrhundert traten anstelle der Lepra, welche ihren Höhepunkt als Volkskrankheit in Europa im 13. Jahrhundert hatte und sich langsam zurückzog die Geschlechtskrankheiten. Die betroffenen Menschen wurden in den gleichen Häusern untergebracht, in den sog. Leprosorien aus der gotischen Zeit. Diese Veränderung ist deshalb wichtig, da später in den Leprosorien, welche nun mit den Geschlechtskrankheiten stärker medizinisch ausgerichtet wurden, auch Wahnsinnige untergebracht wurden. Somit siedelten sich die Geschlechtskrankheiten dann „neben dem Wahnsinn in einem moralischen Raum des Ausgeschlossenseins“ an (Foucault 1969, S.24). Bevor es zu diesem Ausschluss kam, existierte der abweichende Mensch bzw. „Irre“ nur innerhalb der Gesellschaft. Eine bekannte Gestalt und gleichzeitig ein deutlicher Hinweis auf den Umgang mit diesen Menschen gegen Ende des gotischen Zeitalters zeigt das „Narrenschiff“ (siehe auch Abbildung oben):

[...]

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Anerkennung der "Irren"
Untertitel
Anerkennung in der Geschichte der „Irren“, „Geisteskranken“ und „Andersartigen“ ab dem 15. bis zum 19. Jahrhundert
Hochschule
Technische Universität Dortmund  (Rehabilitationspädagogik)
Veranstaltung
Anerkennung von Differenz als Grundlage professionellen Handelns in asymmetrischen Beziehiehungen
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
26
Katalognummer
V92031
ISBN (eBook)
9783638054454
ISBN (Buch)
9783638946407
Dateigröße
453 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Eine intensive Literaturarbeit zum Thema Geschichte der "Geistigbehinderten, Irren und Andersartigen" als Versuch nach den Augen Foucault´s und auf Bezug auf Honneth´s Anerkennungstheorie. Neben dem Einblick in den Umgang und die gesellschaftliche wie wissenschaftliche Sichtweise zu der Zeit sind auch interessante Entwicklungen zu Psychiatrie, Psychologie abzuleiten, Denkanstöße bildend. Unterhaltsam durch ausgewählte und passende Zitate zu den Abschnitten.
Schlagworte
Anerkennung, Irren, Anerkennung, Differenz, Grundlage, Handelns, Beziehiehungen
Arbeit zitieren
Thomas Lutterbeck (Autor:in), 2006, Anerkennung der "Irren", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92031

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