Walther von der Vogelweide einmal anders gelesen - weg vom Minnedichter, hin zum politischen Autoren, ja bis hin zum äußerst geistreichen antiklerikalen Spötter mit einem Sinn für bissige Ironie. Walthers Lieder werden hier gedeutet als eine Art Zeitkabarett! Mit Berücksichtigung des Historischen Kontextes der Lieder ist die Arbeit auch für eine geschichtswissenschaftliche Beschäftigung mit dem Mittelalter und vor allem mit den Kreuzzügen von Interesse.
Walther von der Vogelweide ist den meisten wohl vornehmlich wegen seiner Minnelyrik ein Begriff. Doch waren diese Gesänge nicht die einzige literarische Form, in der er sich ausdrückte und genauso wenig war die Minne, „ das freundliche Gedenken, die Erinnerung und die Liebe“ , das einzige Thema, dessen er sich annahm. Im folgenden sollen deshalb Sangsprüche dezidiert politischen Inhalts im Vordergrund stehen, und zwar der Ottenton L 12,6 und aus dem Unmutston L 33,1, L 34, 4 und L 34, 14, jeweils in der von Lachmann edierten Walther-Ausgabe mit denen durch ihn erfolgten Konjekturen.
Gemeinsam ist allen Texten, dass Walther in ihnen mehr oder weniger offen Stellung gegen den Papst bezieht. Bevor dies allerdings aus den Textgrundlagen herausgearbeitet werden kann, erscheint es mir zuvor notwendig, in einem kurzen überblicksartigen Resümee den historischen Kontext der Sprüche herauszuarbeiten. Erst dann und nachdem wir ebenfalls kurz die Gattung des Sangspruchs im Bezug auf Walthers Verwendung derselben näher beleuchtet haben, erscheint es sinnvoll, medias in res zu gehen, und die eigentliche Textinterpretation zu beginnen.
Vorausgeschickt sei allerdings noch, dass Walther von der Vogelweide, über dessen Biographie wenig bekannt ist, und die deshalb auch einen Anlass für sehr kontroverse Forschungsdiskussion bietet , als „erster Berufsdichter“ eine herausgehobene Stellung um die Jahrhundertwende vom 12. zum 13. Jahrhundert innehatte. Denn zum einen war es ihm so möglich, allein vom Vortrag seiner Dichtung zu (über-)leben. Zum anderen bedingt diese Form des Verdienens des Lebensunterhaltes, um die nervus rerum, also die finanzielle Unterstützung des Gönners nicht zu verlieren, dass man ausschließlich Texte vorträgt, die den Vortragenden schon allein, sit venia verbo, „honoraris causa“ nicht die Gunst des Bezahlenden verlieren lassen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Kapitel: Historischer Überblick
- 2. Kapitel: Die Sangspruchdichtung Walthers von der Vogelweide
- 3. Kapitel: Der Ottenton 12, 6
- 4. Kapitel: Der Unmutston L 33,1
- 5. Kapitel: Der Unmutston L 34,4
- 6 Kapitel: Der Unmutston L 34, 14
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit analysiert vier Sangsprüche Walthers von der Vogelweide, die sich gegen den Papst richten und den Interessenkonflikt zwischen weltlicher und geistlicher Macht aufzeigen. Die Arbeit zielt darauf ab, die Sprüche im historischen Kontext der Zeit und im Zusammenhang mit der Gattung des Sangspruchs zu interpretieren.
- Die Kritik Walthers von der Vogelweide am Papst und seiner Politik
- Der Interessenkonflikt zwischen weltlicher und geistlicher Macht im Hochmittelalter
- Die Gattung des Sangspruchs und ihre Bedeutung in der Zeit Walthers
- Die Rezeption der Sprüche im Kontext des antiklerikalen Klimas des 13. Jahrhunderts
- Die Rolle Walthers von der Vogelweide als Berufsdichter und politischer Kommentator
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet den historischen Kontext der Sprüche und geht auf die Entwicklung der Stimmung den Kreuzzügen gegenüber ein sowie auf das Problem des Einsetzens von Gegenkaisern, ein Mittel des Papstes, um politische Ansprüche geltend zu machen. Das zweite Kapitel führt in die Gattung des Sangspruchs und dessen Vortrags- und Rezeptionsweise ein. Die folgenden Kapitel widmen sich dann der Interpretation der einzelnen Sprüche.
Schlüsselwörter
Sangspruch, Walther von der Vogelweide, Papstkritik, Interessenkonflikt, weltliche Macht, geistliche Macht, Kreuzzüge, Gegenkaiser, antiklerikal, Berufsdichter, Minnesang.
- Arbeit zitieren
- Jonathan Voges (Autor:in), 2006, Ein Instrument von großer Schlagkraft. , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92091