Unter dem Titel „Einblick in das, was ist“ hielte Martin Heidegger am 1. Dezember 1949 in Bremen vier Vorträge mit den Titeln „Das Ding“, „Das Gestell“, „Die Gefahr“, und „Die Kehre“. Der zweite Vortrag wurde 1953 unter dem Titel „Die Frage nach der Technik“ veröffentlicht, der zusammen mit dem Vortrag „die Kehre“, Heideggers komplexeste Analyse und Deutung der Technik darstellt. In der vorliegenden Arbeit wird Heideggers Technikdeutung von dem Text „Die Frage nach der Technik“ nachvollzogen, um das Wesen der modernen Technik als Ge-stell und als Geschick der Entbergung zu erörtern.
Ausgehend von der allgemein üblichen Bestimmung der Technik als instrumentum versucht Heidegger durch einen Weg des Fragens, das Wesen der Technik zu erfassen und schließt daraus, dass das Wesentliche nicht in der instrumentalen Vorstellung liegt. Das Instrumentale verweist auf Ursächlichkeit, und so besteht Heideggers methodischer Denkweg darin, die Kausalität umzudenken. In seiner Suche nach der αλήθεια interpretiert er die vier Ursachen als Weisen des Verschuldens. Die Weisen des Verschuldens gründen die griechisch gedachte Kausalität als Ver-an-lassen, welche ihrerseits auf die ποίησις basiert. Das Her-vor-bringen beschreibt Heidegger als Prozess der Entbergung, wodurch Verborgenes ins Unverborgene gelangt. Das Wesen der Technik wird folglich aus dem Entbergen gedacht, als Weise der αλήθεια.
Heidegger untersucht weiterhin die Weise der Entbergung in der modernen Technik und kommt zu dem Schluss, dass das Entbergen sich in der Moderne nicht mehr im Sinne der ποίησις entfaltet. Das Entbergen der modernen Technik reduziert die Natur zur puren Energiequelle und stellt sich ihr gegenüber herausfordern dar. Durch das herausfordernde Entbergen wird das Wirkliche nach der Art des Bestandes bestellt. Als Bestand werden die Dinge von ihrer Identität und Gegenständlichkeit beraubt und ausschließlich auf ihre Funktionalität beschränkt.
Die Weise des Entbergens, die im Wesen der modernen Technik waltet, nennt Heidegger „Ge-stell“. Das Ge-stell ist das Wesen der modernen Technik, das das Wirkliche entbergend herausfordert und als Bestand bestellt. Das Ge-stell ist eine Schickung des Geschicks und so mit dem Sein verbunden.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die instrumentale und anthropologische Bestimmung der Technik
2.1 Wahrheit (αλήθεια) und Richtigkeit (ορθότης)
2.2 Die vier Formen von Ursache als Weisen des Verschuldens
2.3 Φύσις und τέχνη als hervorbringendes Entbergen (ποίησις)
3 Das Wesen der modernen Technik
3.1 Die moderne Technik als herausforderndes Entbergen
3.2 Der Bestand
3.3 3. Das Ge-stell als Geschick der Entbergung
3.4 Die Gefahr und das Rettende
4 Schlussfolgerungen
5 Literatur
1 Einleitung
Unter dem Titel „Einblick in das, was ist“ hielte Martin Heidegger am 1. Dezember 1949 in Bremen vier Vorträge mit den Titeln „Das Ding“, „Das Gestell“, „Die Gefahr“, und „Die Kehre“. Der zweite Vortrag wurde 1953 unter dem Titel „Die Frage nach der Technik“ veröffentlicht, der zusammen mit dem Vortrag „die Kehre“, Heideggers komplexeste Analyse und Deutung der Technik darstellt. In der vorliegenden Arbeit wird Heideggers Technikdeutung von dem Text „Die Frage nach der Technik“ nachvollzogen, um das Wesen der modernen Technik als Ge-stell und als Geschick der Entbergung zu erörtern.
Ausgehend von der allgemein üblichen Bestimmung der Technik als instrumentum versucht Heidegger durch einen Weg des Fragens, das Wesen der Technik zu erfassen und schließt daraus, dass das Wesentliche nicht in der instrumentalen Vorstellung liegt. Das Instrumentale verweist auf Ursächlichkeit, und so besteht Heideggers methodischer Denkweg darin, die Kausalität umzudenken. In seiner Suche nach der αλήθεια interpretiert er die vier Ursachen als Weisen des Verschuldens. Die Weisen des Verschuldens gründen die griechisch gedachte Kausalität als Ver-an-lassen, welche ihrerseits auf die ποίησις basiert. Das Her-vor-bringen beschreibt Heidegger als Prozess der Entbergung, wodurch Verborgenes ins Unverborgene gelangt. Das Wesen der Technik wird folglich aus dem Entbergen gedacht, als Weise der αλήθεια.
Heidegger untersucht weiterhin die Weise der Entbergung in der modernen Technik und kommt zu dem Schluss, dass das Entbergen sich in der Moderne nicht mehr im Sinne der ποίησις entfaltet. Das Entbergen der modernen Technik reduziert die Natur zur puren Energiequelle und stellt sich ihr gegenüber herausfordern dar. Durch das herausfordernde Entbergen wird das Wirkliche nach der Art des Bestandes bestellt. Als Bestand werden die Dinge von ihrer Identität und Gegenständlichkeit beraubt und ausschließlich auf ihre Funktionalität beschränkt.
Die Weise des Entbergens, die im Wesen der modernen Technik waltet, nennt Heidegger „Ge-stell“. Das Ge-stell ist das Wesen der modernen Technik, das das Wirkliche entbergend herausfordert und als Bestand bestellt. Das Ge-stell ist eine Schickung des Geschicks und so mit dem Sein verbunden.
Als Geschick der Entbergung versteckt das Ge-stell in sich die Gefahr der Verabsolutierung des Weisen der Entbergung; das Ge-stell bedroht dem Menschen in das Entborgene gefangen zu bleiben und zum bloßen Bestand zu werden. Die Gefahr erscheint aber auch als das Rettende, das die Beziehung zur αλήθεια eröffnet, und somit auch die Möglichkeit, die Seinsvergessenheit in die Wahrheit des Seins zu kehren.
2 Die instrumentale und anthropologische Bestimmung der Technik
Angefangen mit Sokrates wird das philosophische Verfahren nach der Definition eines Dinges (τί εστιν) als Wesen jenes Dinges bestimmt. Indem Heidegger nach der Technik fragt, zielt sein Fragen darauf, was die Technik ihrem Wesen nach ist.
Die gegenwärtige Vorstellung der Technik schildert die Technik von einer anthropologische und instrumentale Perspektive, und betrachtet sie als Mittel für Zwecke und als Tun des Menschen: „Denn Zwecke setzen, die Mittel dafür beschaffen und benützen, ist ein menschliches Tun. Zu dem, was die Technik ist, gehört das Verfertigen und Benützen von Zeug, Gerät und Maschinen, gehört dieses Verfertigte und Benützte selbst, gehören die Bedürfnisse und Zwecke, denen sie dienen. Das Ganze dieser Einrichtungen ist die Technik. Sie selber ist eine Einrichtung, lateinisch gesagt: ein instrumentum“ (Heidegger, Die Frage nach der Technik, 6).
Heidegger untersucht die instrumentale Vorstellung der Technik und erkennt sie zwar als richtig an, aber gleichzeitig weist er auf ihre Irreführung hin, da sie den Glauben bestärkt, die Technik als etwas Technisches, von Menschen und Maschinen her zu verstehen. Wenn die Technik als Mittel und menschliches Tun betrachtet wird, dann erscheint der Mensch als Meister der Technik, der alles Technisches handhabt und meistert. Diese Vorstellung verleiht den falschen Eindruck, dass die Menschen die technische Entwicklung steuern können.
Wenn man das Wesen der Technik erfahren will, muss man die instrumentale Interpretation der Technik überwinden und ihr Wesen an einem anderen Ort suchen. Heidegger deutet die Technik im Kontext der Seinsgeschichte und der Seinsvergessenheit; so wird sein Verständnis der Wahrheit als ursprünglichen Ort im Bereich der αλήθεια von entscheidender Bedeutung sein.
2.1 Wahrheit (αλήθεια) und Richtigkeit (ορθότης)
In Bezug auf den Begriff der Wahrheit unterscheidet Heidegger zwischen Richtigkeit des Vorstellens (ορθότης) und Wahrheit im Sinne von Unverborgenheit (αλήθεια). Nach Heidegger ist die Wahrheit in der gesamten Geschichte der Metaphysik nur als Richtigkeit verstanden. Bei Platon fand ein Wandel in dem Wesen der Wahrheit statt und von dem ursprünglichen Verständnis der Wahrheit als Unverborgenheit überging er zu der Auffassung der Wahrheit als Richtigkeit: „Die αλήθεια kommt unter das Joch der ιδέα. Indem Platon von der ιδέα sagt, sie sei die Herrin, die Unverborgenheit zulasse, verweist er in ein Ungesagtes, daß nämlich fortan sich das Wesen der Wahrheit nicht als das Wesen der Unverborgenheit aus eigener Wesensfülle entfaltet, sondern sich auf das Wesen der ιδέα verlagert. Das Wesen der Wahrheit gibt den Grundzug der Unverborgenheit preis“ (Heidegger, Wegmarken, 201-236). Der Übergang von αλήθεια als Unverborgenheit zur Wahrheit verstanden als „Richtigkeit des Vernehmens und Aussagens“ kennzeichnet nach Heidegger den Anfang der Vergessenheit des Seins in der Metaphysik und den Beginn des Zeitalters des Humanismus (228).
Das Konzept der Richtigkeit (ορθότης) bezieht sich auf die klassische Adäquationstheorie der Wahrheit von Thomas von Aquin, nach der die Wahrheit als Übereinstimmung des Denkens mit dem Seienden verstanden wird. Der Begriff ορθότης betrifft die Richtigkeit zwischen dem Vorstellen und der Aussage, während die αλήθεια als Unverborgenheit und als Entbergen konzipiert wird: „Er [Heidegger] greift dabei auf den griechischen Begriff der A-letheia zurück, der sich aus lethe = vergessen und dem Alpha privativum, das die Verneinung ausdrückt zusammensetzt. Aletheia ist demnach das Herausholen aus der Vergessenheit oder das Entbergen“ (Beier, 142). Die αλήθεια ist die Unverborgenheit im Sinne des Offenen, sie gewährt die Offenheit in die das Dasein immer schon eingelassen ist, und macht das Seiende als das Offenbare zugänglich werden: „Die Aletheia als der Prozeß des Entbergens vollzieht sich immer auf den Grund der Verborgenheit. A-letheia bedeutet dann: etwas aus der Verborgenheit in die Lichtung der Unverborgenheit herausholen“ (147).
In dem Text „Die Frage nach der Technik“ unterscheidet Heidegger zwischen dem Richtigen und dem Wahren folgendermaßen: „Das Richtige stellt an dem, was vorliegt, jedesmal irgend etwas Zutreffendes fest. Die Feststellung braucht jedoch, um richtig zu
sein, das Vorliegende keineswegs in seinem Wesen zu enthüllen. Nur dort, wo solches Enthüllen geschieht, ereignet sich das Wahre. Darum ist das bloß Richtige noch nicht das Wahre“ (Heidegger, Die Frage nach der Technik, 7). Das Wahre enthüllt die Technik in ihrem Wesen, das Richtige dagegen stellt nur eine zutreffende Feststellung über das Vorgefundene dar. Deshalb kann die instrumentale Bestimmung der Technik nicht den Anspruch erheben, das Wesentliche über die Technik zu besagen. Trotz der Richtigkeit dieser Vorstellung besteht Heideggers methodischer Denkweg weiter darin, das Richtige zu durchdringen; um zur Wahrheit als αλήθεια zu gelangen, „müssen wir durch das Richtige hindurch das Wahre suchen. Wir müssen fragen: was ist das Instrumentale selbst?“ (7). Um diese Frage beantworten zu können, geht Heidegger auf die griechische Philosophie zurück und untersucht die Ursachenlehre bei Aristoteles.
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- Arbeit zitieren
- Gabriela Bara (Autor:in), 2007, Die Frage nach der Technik bei Martin Heidegger, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92097
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