Die wirtschaftliche Verflechtung deutscher Unternehmen mit ausländischen nimmt im Zuge der Globalisierung seit Jahren zu. Dies ist zum großen Teil auf betriebswirtschaftliche Erfordernisse (z. B. Personalrationalisierung, Marktnähe, Zentralisierung der Logistik) zurückzuführen, die der globale Wettbewerb mit sich bringt. Immer häufiger werden Aufgaben unternehmensintern über Ländergrenzen hinweg aufgeteilt und so internationalisiert. Mit der Unternehmensteuerreform 2008 versuchen Gesetzgeber und Finanzverwaltung das deutsche Steuerrecht dieser Dynamik anzupassen, denn aus Sicht der Finanzverwaltung birgt jede grenzüberschreitende Verlagerung betrieblicher Funktionen in das Ausland die Gefahr, Steuersubstrat zu verlieren. Hierbei kodifiziert der Gesetzgeber nicht alle spezifischen Regelungen, sondern setzt auf eine für ihn bewährte - jedoch aufgrund der Normenhierarchie kritisch zu beurteilende - „Triade“ aus Gesetz (§ 1 AStG), Rechtsverordnung „Funktionsverlagerungsverordnung; FVerlagV “ und einer Richtlinie „Verwaltungsgrundsätze Funktionsverlagerung “. Durch die Unternehmensteuerreform 2008 bringen Gesetzgeber und Finanzverwaltung mit der Funktionsverlagerung eine neue Art von Geschäftsvorfall in das Außensteuerrecht. Die Regelungen zu Funktionsverlagerungen sollen dazu beitragen, die Besteuerung in Deutschland geschaffener Werte sicherzustellen, wenn Geschäftschancen ins Ausland verlagert werden. Technisch setzt der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 1 Abs. 1 und 3 AStG auf der zweiten Stufe der Gewinnermittlung an, also dem Fremdvergleich. Neben dem bewährten Grundsatz des Fremdvergleichs (konkreter Fremdvergleich) wird der hypothetische Fremdvergleich in das Gesetz aufgenommen.Der Gesetzgeber orientiert sich dabei nicht an bewährten Grundsätzen des Steuerrechts wie die Einzelbewertung, sondern impliziert die Grundsätze der Unternehmensbewertung in das deutsche Steuerrecht, welches in der Einführung eines sog. Transferpakets mündet. Ferner wird das streitig diskutierte Konkurrenzverhältnis zwischen § 1 AStG sowie anderen Einkünftekorrekturvorschriften geregelt. Darüber hinaus sollen nachträgliche Preisanpassungen der Verrechnungspreise in einem Zeitraum von zehn Jahren bei „erheblicher“ Abweichung der Gewinnentwicklung möglich sein. Ausgehend von diesen Neuentwicklungen und Änderungen ist es das Ziel dieser Arbeit die Neuregelungen des UntStRefG 2008 und der FVerlagV-E zu analsyieren sowie ihre Auswirkungen aufzuzeigen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Begriff und Motive für Funktionsverlagerungen
- 2.1. Dispositionsfreiheit der Unternehmen
- 2.2. Begriff der Funktionsverlagerung
- 2.3. Motive für Funktionsverlagerungen
- 2.3.1. Außersteuerliche Gründe
- 2.3.2. Steuerliche Gründe
- 2.4. Steuerliche Relevanz von Funktionsverlagerungen
- 3. Funktionsverlagerungen im Einheitsunternehmen und int. Konzern
- 3.1. Verlagerungsvorgänge
- 3.1.1. Verlagerung eines Teilbetriebs
- 3.1.2. Übertragung und Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern
- 3.1.3. Geschäftswert
- 3.1.4. Zivilrechtliche Ansprüche
- 3.1.5. Geschäftschancen
- 3.1.5.1. Definition der Geschäftschance
- 3.1.5.2. Geschäftschance als (immaterielles) Wirtschaftsgut
- 3.1.5.3. Fazit
- 3.2. Funktionsverlagerung im grenzüberschreitenden Einheitsunternehmen
- 3.2.1. Steuerpflicht der Betriebsstätteneinkünfte
- 3.2.2. Begründung einer Betriebsstätte
- 3.2.3. Einkünfte und Vermögensabgrenzung
- 3.2.3.1. Einkunftsabgrenzung bei Funktionsverlagerung
- 3.2.3.2. Entstrickung gem. § 4 Abs. 1 S. 3 EStG
- 3.2.3.3. Entstrickung gem. § 12 Abs. 1 KStG
- 3.3. Funktionsverlagerung im internationalen Konzern
- 3.3.1. Ansatz- und Korrekturmöglichkeiten
- 3.3.1.1. Verdeckte Gewinnausschüttung (§ 8 Abs. 3 S. 2 KStG)
- 3.3.1.2. Verdeckte Einlage (§ 6 Abs. 6 S. 2 EStG)
- 3.3.1.3. § 1 AStG a. F.
- 3.3.1.4. Das Konkurrenzverhältnis der Korrekturvorschriften untereinander
- 3.3.1.5. Korrektur nach Art. 9 OECD-MA
- 3.3.2. Fremdvergleichsgrundsatz
- 3.3.3. Verrechnungspreismethoden
- 3.3.3.1. Standardmethoden
- 3.3.3.2. Transaktionsbezogene Schätzungsmethoden
- 3.3.4. Methodenwahl
- 3.3.1. Ansatz- und Korrekturmöglichkeiten
- 4. Funktionsverlagerungen nach dem UntStRefG 2008 und der FVerlagV-E
- 4.1. § 1 Abs. 1 AStG n. F.
- 4.1.1. Verrechnungspreis
- 4.1.2. Fremdvergleichsgrundsatz (§ 1 Abs. 1 AStG n. F.)
- 4.1.3. Vergleich zu Art. 9 OECD-MA
- 4.1.4. Konkurrenzregelung § 1 Abs. 1 S. 3 AStG n. F.
- 4.2. Gesetzessystematik zur Funktionsverlagerung
- 4.3. Definition der Funktionsverlagerung
- 4.3.1. Abgrenzung zum steuerlichen Teilbetrieb
- 4.3.2. Vorliegen einer Funktionsverlagerung
- 4.3.3. Ausgestaltungsformen von Funktionsverlagerungen
- 4.3.4. Funktionsverdoppelung
- 4.4. Ermittlung des Verrechnungspreises gem. § 1 Abs. 3 S. 1 bis 4 AStG n. F.
- 4.5. Das Transferpaket
- 4.5.1. Einzelbewertung nach HGB und IFRS
- 4.5.2. Definition des Transferpakets
- 4.5.3. Bewertung des Transferpakets
- 4.5.3.1. Hypothetischer Fremdvergleich
- 4.5.3.2. Gewinnpotenzial
- 4.5.3.2.1. Begriff des Gewinnpotenzials
- 4.5.3.2.2. Synergieeffekte als Teil des Gewinnpotenzials
- 4.5.3.2.3. Der Geschäftswert als Teil des Gewinnpotenzials
- 4.5.3.3. Ermittlung des Einigungsbereiches
- 4.5.3.4. Fazit
- 4.5.4. Einzelbewertung gem. § 1 Abs. 3 S. 10 AStG n. F. (Escape-Klausel)
- 4.6. Nachträgliche Preisanpassung
- 4.6.1. Bisherige Meinung der Finanzverwaltung
- 4.6.2. Anwendungsvoraussetzungen des § 1 Abs. 3 S. 11 AStG n. F.
- 4.6.2.1. Erhebliche Abweichungen
- 4.6.2.2. Preisanpassungsklauseln zwischen fremden Dritten
- 4.6.2.3. Lizenzierungen
- 4.6.3. Folgen gem. § 1 Abs. 3 S. 12 AStG n. F.
- 4.6.3.1. Anpassung im Falle des § 3 Abs. 1 S. 1 FVerlagV-E
- 4.6.3.2. Anpassung im Falle des § 3 Abs. 1 S. 3 FVerlag V-E
- 4.6.4. Auswirkungen der nachträglichen Preisanpassung
- 4.6.5. Internationaler Kontext
- Gestaltung von Preisanpassungsklauseln zwischen nahe stehenden Personen
- 4.7. Übertragung vs. Lizenzierung
- 4.7.1. Übertragung
- 4.7.2. Lizenzierung (Nutzungsüberlassung)
- 4.7.3. Fazit
- 4.8. Änderungen der Dokumentationsvorschriften
- 4.8.1. Außergewöhnliche Geschäftsvorfälle
- 4.8.2. Verkürzung der Vorlagefrist
- 4.8.3. Sanktionsverschärfungen
- 4.8.4. Konsequenzen für Funktionsverlagerungen
- 5. Verfassungs- und EG-rechtliche Bedenken
- 5.1. Einstufung im System der Normenhierarchie
- 5.2. Entwurf der Funktionsverlagerungsverordnung
- 5.3. Europarechtliche Bedenken zu § 1 AStG n. F.
- 6. Gestaltungsmöglichkeiten
- 7. Alternativer Formulierungsvorschlag zu § 1 AStG n. F.
- 8. Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit befasst sich mit der Besteuerung grenzüberschreitender Funktionsverlagerungen im Wandel. Das Ziel der Arbeit ist es, die Auswirkungen der Neuregelungen und der Entwicklungen im Zusammenhang mit Funktionsverlagerungen auf die Besteuerung zu analysieren. Die Arbeit befasst sich mit den steuerlichen, zivilrechtlichen und verfassungsrechtlichen Aspekten der Funktionsverlagerung.
- Begriff und Motive für Funktionsverlagerungen
- Steuerliche Relevanz von Funktionsverlagerungen
- Funktionsverlagerungen im Einheitsunternehmen und im internationalen Konzern
- Funktionsverlagerungen nach dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 und der Funktionsverlagerungsverordnung
- Verfassungs- und EG-rechtliche Bedenken
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel bietet eine Einleitung in das Thema und erläutert die Relevanz der Funktionsverlagerungen in der heutigen Zeit. Kapitel 2 definiert den Begriff der Funktionsverlagerung und beleuchtet die Motive, die Unternehmen zu einer Verlagerung ihrer Funktionen bewegen. Im dritten Kapitel werden die steuerlichen Folgen von Funktionsverlagerungen im Einheitsunternehmen und im internationalen Konzern untersucht. Das vierte Kapitel widmet sich den Neuregelungen im Zusammenhang mit Funktionsverlagerungen, die durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 und die Funktionsverlagerungsverordnung eingeführt wurden. Schließlich werden im fünften Kapitel die verfassungs- und europarechtlichen Bedenken gegen die Neuregelungen beleuchtet.
Schlüsselwörter
Funktionsverlagerung, Besteuerung, Unternehmensteuerreformgesetz 2008, Funktionsverlagerungsverordnung, Verrechnungspreise, Fremdvergleichsgrundsatz, OECD-MA, internationaler Konzern, Einheitsunternehmen, Betriebsstätte, Verdeckte Gewinnausschüttung, Verdeckte Einlage, EG-Recht, Verfassungsrecht.
- 4.1. § 1 Abs. 1 AStG n. F.
- 3.1. Verlagerungsvorgänge
- Quote paper
- Marc Dieck (Author), 2008, Besteuerung grenzüberschreitender Funktionsverlagerungen im Wandel, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92122