Die historische Entwicklung der Geistigbehindertenpädagogik


Hausarbeit, 2019

19 Seiten, Note: 1,6


Leseprobe


Inhaltverzeichnis

1. Einleitung

2. Geschichtlicher Entwicklungsprozess der Geistigbehindertenpädagogik
2.1. Die Anfänge des 19. Jahrhunderts
2.2. Sozialdarwinismus und Nationalsozialismus
2.3. In der DDR

3. Die Geistigbehindertenpädagogik im Wandel
3.1. Von der „Idiotie“ zur „Wissenschaft“
3.2. Bedeutsame Begriffe und Konzepte
3.2.1. Das Empowerment-Konzept
3.2.2. Generelle Erziehungsbedürftigkeit und individuelle Bildbarkeit
3.2.3. Inklusion und Teilhabe
3.2.4. Das Normalisierungsprinzip

4. Schlussbetrachtung

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In allen Epochen unserer Geschichte hat es immer Menschen gegeben, die organische Defekte oder Schädigungen sowie starke kognitive und intellektuelle Beeinträchtigungen aufweisen - Individuen, die den „heutigen“ Menschen mit geistiger Behinderung entsprechen. Ihnen wurde die Lebensberechtigung immer abgesprochen oder zumindest in Frage gestellt. Auch die gesellschaftliche Bewertung hat sich bis heute nicht groß verändert. Wurden doch Menschen mit Geistesschwäche im letzten Jahrhundert noch als lebensunwert und bildungsunfähig betrachtet, da selbst durch pädagogische Hilfeleistungen und große finanzielle Aufwände keine Erfolge wahrzunehmen waren, macht man von den Begriff „geistige Behinderung“ erst seit etwa den 50er Jahren gebrauch (vgl. Speck in Irblich, 2003: S. 5). LINDMEIER (1992) beschreibt die geistige Behinderung nicht als etwas, was man hat oder was man ist. Sie ist auch keine gesundheitliche Störung oder psychische Krankheit. Sie ist vielmehr ein spezieller Zustand der Funktionsfähigkeit, der in der Kindheit beginnt und durch eine Beeinträchtigung der Intelligenzfunktion und der Funktion der Anpassung an die äußere Umgebung gekennzeichnet ist. Nach dem deutschen Bildungsrat (1973) gilt jemand als geistig behindert, der in seiner psychischen Gesamtentwicklung und seiner Lernfähigkeit so sehr eingeschränkt ist, sodass er voraussichtlich lebenslanger pädagogischer und sozialer Hilfen bedarf (vgl. Wüllenweber, 2006: S. 41).

Der Zweig der Sonderpädagogik entstand aus der Not der Betroffenen und der Angehörigen heraus. Gemeint sind Menschen, die spezielle Unterstützungen, Hilfeleistungen und qualifizierte Fachkräfte benötigen um ihren Alltag meistern und sich in die Gesellschaft integrieren zu können. Sonderpädagogen, die sich der Aufgabe angenommen haben, die Erziehungsaufgaben zu übernehmen und Beratung zu leisten, die sich die Allgemeinpädagogen entzogen haben. So lange es Menschen gibt, die sonderpädagogische Unterstützungsmaßnahmen benötigen und davon Gebrauch machen, wird es die Disziplin der „Geistigbehindertenpädagogik“ geben (vgl. Mühl, 1994: S. 7).

An dieser Stelle stellt sich die Frage, wie sich die Geistigbehindertenpädagogik im Laufe der Zeit, bezogen auf Bildung und Erziehung, entwickelt und verändert hat und was heute anders ist als noch vor hundert Jahren.

Meine Arbeit gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Kapitel beziehe ich mich auf die historische Entwicklung der Geistigbehindertenpädagogik, von den Anfängen im 19. Jahrhundert über den Sozialdarwinismus und Nationalsozialismus bis hin zur Zeit der DDR. Neben Begriffserläuterungen und grundlegenden Modellen ausgewählter Autoren, wird vor allem der Veränderungsprozess zwischen den Epochen deutlich. Das Zweite Kapitel beinhaltet neumodische Konzepte und Leitansätze, die nach der Wende für die Geistigbehindertenpädagogik von großer Bedeutung wurden. Die Pädagogik als Gegenstand der Wissenschaft (von der „Idiotie“ zur „Wissenschaft“) bildet in diesem Kapitel die Einleitung in die Thematik. Darauf folgen Begriffe und Konzepte, wie das Empowerment-Konzept, generelle Erziehungsbedürftigkeit und individuelle Bildbarkeit, Inklusion und Teilhabe und zu guter Letzt das Prinzip der Normalisierung.

2. Geschichtlicher Entwicklungsprozess der Geistigbehindertenpädagogik

Menschen mit geistiger Behinderung befanden sich im Laufe der Geschichte eher auf der Schattenseite des Lebens. Historische Quellen, die bis in die Antike zurückliegen, zeigen, wie geistig behinderte Menschen im Verlauf der Jahrhunderte sich ihrem Schicksal unweigerlich unterwarfen. Der Grad der Benachteiligung, sofern sie Pflege und Versorgung erhielten, hing von den jeweiligen sozioökonomischen und gesellschaftspolitischen Bedingungen, von Staats- und Gesellschaftsideologien, vom menschenverachtenden Zeitgeist, sowie von staatlichen Machtstrukturen ab. Von exorzistischer Vernichtung im Mittelalter bis hin zur systematischen Pflege aus christlicher Nächstenliebe im 19 Jahrhundert - die Geistigbehindertenpädagogik hat sich in ihrer Größe und Zuwendung stark verändert. Jedoch gibt es eine „Geschichte der Erziehung und Versorgung von Menschen mit geistiger Behinderung“ nicht. Detaillierte, systematische Aufarbeitungen zu diesem Thema sind insofern schwierig, da verschiedene Expressionen zur Beschreibung und Zuordnung von geistiger Behinderung verwendet wurden. Es ist dadurch also nicht möglich, stets genau auszumachen, ob dieser Personenkreis wirklich gemeint ist, der heute als geistig behindert gilt (vgl. Fornefeld, 2009: S. 28).

In diesem Kapitel beziehe ich mich auf die geschichtlichen Aspekte der Geistigbehindertenpädagogik. Von Beginn des 19. Jahrhunderts, über den Sozialdarwinismus und Nationalsozialismus, bis hin zur Pädagogik in der DDR. Die Aussagen beziehen sich hierbei auf eine Reihe von Monographien, die die Geschichte einzelner Anstalten thematisieren oder sich Werken einzelner früherer Heilpädagogen widmen. Durch die Arbeit dieser interessierten Ärzte, Theologen und Pädagogen, ist es uns gegeben, einen Einblick der verschiedensten Epochen der Geistigbehindertenpädagogik zu erhalten.

2.1. Die Anfänge des 19. Jahrhunderts

Zu Beginn der Industrialisierung entwickelte sich eine Leistungsgesellschaft heraus, die nach Veränderungen einhergehend mit dem Gedankengut der Aufklärung strebte. Durch den Ausbau von Schulen, da das Recht auf Bildung jedem gewährt werden sollte, wurden Kinder und Jugendliche fortan durch staatliche Erziehung zu bürgerlicher Nützlichkeit gebracht und häufiger nach ihren Qualifikationen für die Gesellschaft beurteilt. Schüler, die als „schwachsinnig“, „geistesschwach“ oder „Halbidioten“ betitelt wurden, hatte man recht bald von den leistungsstärkeren Kindern getrennt (vgl. Mattner, 2000: S. 30).

Mit dem Leitgedanken „von Almosenempfänger zum Steuerzahler“ glaubte die Heilpädagogik das Menschen- und Lebensrecht für Menschen mit geistiger Behinderung durchsetzen und wahren zu können. Die geistig Behinderten mussten jedoch erst aus ihren Unterbringungen herausgeholt werden, bevor die Entwicklung von eigenständigen Wegen Seitens der Geistigbehindertenpädagogik unter Einfluss der Taubstummenpädagogik erfolgen konnte. Durch organisierte Träger wurde den Menschen meist auf private Initiative die menschenwürdige Pflege und Versorgung zugeführt (vgl. Fornefeld, 2009: S. 32).

Dieses „pädagogische Zeitalter“ sorgte für ein stärkeres Interesse und regte zur Erforschung von Geistesschwäche an. Der Schweizer GUGGENBÜHL (1816-1863) beschäftigte sich mit einer Form der geistigen Behinderung, der unter dem Begriff „Kretinismus“ bekannt ist (ein Schilddrüsenhormonmangel der Mutter, was zu Entwicklungsstörungen beim Kind führt). Er gründete 1841 eine „Heilanstalt für Kretinen und blödsinnige Kinder“, in der Hoffnung und mit Überzeugung die „Schwachsinnigen“ heilen zu können. Eine weitere Entdeckung machte der englische Arzt JOHN DOWN (1826-1896), der das Down-Syndrom als eine weitere Ursache des Schwachsinns identifizierte. Durch die Gründung der ersten Heil- und Erziehungsanstalt versuchte man die Kinder durch Hygiene, gesunder Ernährung, Gymnastik und Schwimmen zu stärken. Der Taubstummenlehrer und Arzt J.-M.-G. ITARD (1774-1838) erprobte erste Erziehungsversuche an einen verwilderten Jungen namens „Victor“, der als psychiatrisch unheilbaren „Idiot“ dargestellt wurde. Diese Aufdeckungen stellen die Basis für den Beginn der „physiologischen Erziehung“ dar und prägten die gesamte pädagogische Arbeit in den Anstalten. Die ersten Anstalten waren kirchlich-karitative Institutionen, welche nicht nur praktische Erprobungen durchführten und Behandlungs- und Erziehungsmethoden entwickelte, sondern sich bereits mit der Wissenschaft auseinandersetzten. Zwei zu der Zeit bekannte Pädagogen beeinflussten die erzieherische Arbeit maßgeblich. JAN DANIEL GEORGENS (1823-1886) und HEINRICH MARIANUS DEINHARDT versuchten in ihren Vorträgen und Werken ihre praktischen Erziehungserfahrungen zu begründen.

Ab 1860 zogen sich Ärzte immer mehr aus der pädagogischen Arbeit zurück, da man erkannte, dass durch eine entsprechende Erziehung und Betreuung durch ausgebildete Pädagogen bei geistig behinderten Menschen mehr erreichen konnte als durch medizinische Therapie. Trotz der zahlreichen Gründungen von Anstalten erhielten nie alle Kinder eine Aufnahme. Die übrig gebliebenen Kinder und Jugendlichen musste eine andere Form der Erziehung erleben, welche unter schulrechtlicher Absicherung geschah. Sonderklassen sollten gegen Ende des 19. Jahrhunderts an Volkshochschulen realisiert werden, an denen lernbehinderte und geistig behinderte Kinder zusammen unterrichtet werden. Aufgrund der unterschiedlichen Lern- und Bildungsfähigkeiten wurden für die „schwer Schwachsinnigen“ Hilfsschulen eingerichtet, die als Vorstufe, als Vorbereitungsklasse bzw. als Sammelklasse dienen sollten. Nichts desto trotz erschwerte die Veränderung des Zeitgeistes um die Jahrhundertwende die allgemeine Situation. Das Nützlichkeitsdenken nahm stärker zu, weshalb sich auch der Leistungsdruck auf den Hilfsschulen erhöhte. Durch die Verbreitung der nationalsozialistischen Normen und Werte führte es 1933 zu einer Auflösung der Sonderklassen für „schwer schwachsinnige“ Kinder in Deutschland (vgl. Fornefeld, 2009: S.35f).

2.2. Sozialdarwinismus und Nationalsozialismus

Anfang des 20. Jahrhunderts veränderte sich mit dem Ende des ersten Weltkrieges das staatlich bestimmte bürgerliche Zeitalter und es entstanden rivalisierende Staaten. Durch den Einfluss der Weltwirtschaft auf die einzelnen Staaten und durch die nationale Veränderung suchte man auch in der Pädagogik neue Wege zur Erziehung von Kindern. Reformpädagogische Ansätze sollten Gerechtigkeit und Demokratie in die Erziehung geistig behinderter Kinder einbeziehen. Jedoch wurde die Geistigbehindertenpädagogik kaum durch reformerisches Gedankengut beeinflusst (vgl. Fornefeld, 2009: S.37). Vielmehr war es die heraustretende nationalsozialistische Ära, welche zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Situation von Menschen mit geistiger Behinderung zu einer Ideologie der „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ machte. Das sogenannte sozialdarwinistische Denken stammt nicht von den Nationalsozialisten selbst, sondern lehnt an die Theorie von Darwin und Mendel an. Der Biologe Charles Darwin entdeckte Mitte des 19. Jahrhunderts, dass durch natürliche Auslese und durch Selektion bei verschiedenen Pflanzenarten gute Entwicklungen erreicht werden können. Er konnte ebenso nachweisen, dass bestimmte Arten sich für die Züchtung besser eignen als andere Arten. Der Sozialdarwinist SCHALLMAYER war der Überzeugung, man könne die Selektion auch an Menschen anwenden, um die bessere Art, die sich zur Fortpflanzung eignet, zu bewahren und die Minderwertigen zu vernichten. Seiner Meinung nach ist dies eine notwendige Bedingung für Fortschritt und für einen gesunden Fortbestand der Menschheit (vgl. Mühl, 1994: S. 15f.).

Die Folgen, die sich daraus ergaben, beschreibt RUDNICK wie folgt:

„Der Sozialdarwinismus, die von Charles Darwin nicht gewollte Übertragung seiner Erkenntnisse auf das Zusammenleben von Menschen und die Eugenik waren die Haupttheorien, mit denen z.B. Adolf Hitler in seinem Buch ´Mein Kampf´(…) die ´Ausmerzung´ Kranker, Behinderter und Randständiger begründete. Die organisatorische Umsetzung dieser Theorien wurde vor 1933, nicht nur von den Nationalsozialisten, im Rahmen der Sterilisations- und ´Euthanasie´- Diskussion theoretisch vorgeplant und teilweise praktisch erprobt. Die aussondernde Erziehung und Unterbringung von Behinderten, Kranken und Randständigen, die auch schon vor 1933 Realität waren, müssen als positive Voraussetzungen für die spätere Sterilisations- und ´Euthanasie´- Kampagne im Dritten Reich gewertet werden“ (vgl. Fornefeld, 2009: S. 38).

Der Nationalsozialismus setzte das in die Tat um, was in den 1920er Jahren begann. Das Ziel der Euthanasie (Vernichtung geistig behinderter Menschen) war die „rassenhygienische Erneuerung des Deutschen Volkes“. Mit der Absprache des Lebensrechtes schwachsinniger und als schulbildungsunfähig geltende Menschen wurde das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ vorbereitet, welches 1934 in Kraft trat. Unter diesem Gesetzt setzte eine Welle von Zwangssterilisationen sein, die alle Randgruppen der Bevölkerung betraf. Mitarbeiter der Entbindungskrankenhäuser waren dazu verpflichtet, alle „Schwachsinnigen“ und „missgebildeten Neugeborenen“ dem zuständigen Gesundheitsamt zu melden, welche nach einer Begutachtung dann zur „Vernichtung freigegeben“ wurden. Von 1939 bis 1941 wurden unter der „Aktion T4“, eine gebräuchlich gewordene Bezeichnung für die systematische Ermordung von geistig, seelisch und körperlich behinderter erwachsener Menschen in Deutschland, etwa 100.000 Menschen durch den Nationalsozialismus getötet. In der „Kinder-Aktion“, Tötung von Kindern und Jugendlichen nach der Vernichtungsfreigabe in Krankenhäusern, kamen geschätzt 5.000 heranwachsende ums Leben. Die Vorurteile gegenüber Menschen mit geistiger Behinderung wurden durch die nationalsozialistische Ideologie verstärkt (vgl. Mühl, 1994: S.16).

In dieser „volksbiologischen Aufgabe“ wurden mitunter auch die Hilfsschullehrer eingebunden. Ihre Aufgabe bestand darin, die Schüler zu melden, die der völkischen Kriterien der Nützlichkeit für die Volksgemeinschaft nicht entsprachen und somit die Reinhaltung der arischen Rasse gefährden. SPECK zitiert aus dem Paragraphen 11 des Reichsschulpflichtgesetzes, in dem es heißt:

„Bildungsunfähige Kinder und Jugendliche sind von der Schulpflicht befreit. Als bildungsunfähig sind solche Kinder anzusehen, die körperlich, geistig oder seelisch so beschaffen sind, dass sie auch mit den vorhandenen Sonderschulunterrichtungen nicht gefördert werden können“ (Fornefeld zit. nach Speck, 2009: S. 39).

Und obwohl sich die Hilfsschullehrer Mühe gaben, jedes Kind gleichermaßen zu fördern und die Bildungsfähigkeit aller Schüler zu belegen, gelang es ihnen jedoch nicht. Für die Schwachsinnigen bedeutete das Vernichtung und Tod. Nach Kriegsende wurde der § 11 weitgehend von den Bundesländern übernommen, welches zum Verlust humanistischer Werte sowie zu Verunsicherungen im Umgang mit behinderten Menschen führte. Das Hilfsschulsystem existierte vorerst nicht mehr und auch die Anstalten waren mit der Beendigung des Krieges 1945 leer (vgl. Fornefeld, 2009: S. 39).

2.3. In der DDR

Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges gab es viele Debatten um den Begriff „geistige Behinderung“. Genau genommen galt diese Bezeichnung weitgehend als unzureichend differenziert und als zu ungenau definiert. Jedoch wurde der Begriff bis Mitte der 60er Jahre von einigen Autoren, in Anlehnung an die ungarische heilpädagogische Arbeit nach Bárczi, genutzt. Im Jahr 1977 wurde schließlich die Bezeichnung „Schwachsinn“ vom Ministerium für Gesundheitswesen (Bildungs- und Erziehungsprogramm für Rehabilitationspädagogische Fördereinrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesen der DDR) in den Dokumenten der DDR (Schulgesetz, 5. DB zum Schulgesetz) als rehabilitationspädagogisch relevanter Terminus festgelegt (vgl. Barsch, 2007: S.19).

Ende der 60er Jahre entwickelte der Begründer der GeistigbehindertenpädagogikSIGMAR EẞBACH ein Programm zum Problem des Bildungsanspruchs und der Bildungsmöglichkeiten schulbildungsunfähiger, jedoch nicht völlig bildungsunfähiger intelligenzgeschädigter Kinder und Jugendlicher. Dieses beinhaltete eine einheitliche, organisatorische und inhaltliche Gestaltung des Erziehungs- und Bildungsprozesses in der rehabilitationspädagogischen Förderungseinrichtung des Gesundheits- und Sozialwesen in der Deutschen Demokratischen Republik. Die Förderung schulbildungsunfähiger förderungsfähiger Intelligenzgeschädigter orientiert sich an dem gesellschaftlich determinierten Bildungsziel der sozialistischen Gesellschaft. Das Konzept stellt dabei die „optimale Integration“ in den Vordergrund und konzentriert sich dabei auf folgende Leitlinien:

- Bildung und Erziehung allseitig und harmonisch entwickelter sozialistischer Persönlichkeiten, die bewusst das gesellschaftliche Leben gestalten, die Natur verändern und ein erfülltes, glückliches, menschenwürdiges Leben führen.
- Die Fähigkeit sich in die Gemeinschaft einzuordnen und von ihr als einen gleichberechtigten Bürger akzeptiert zu werden, die bereit ist notwendige Bedingungen zu schaffen (vgl. Eßbach, 1987: S. 26).

In seiner Arbeit kritisiert EẞBACH (1985) den Schwachsinnsbegriff der für Intelligenzschädigung gebräuchlich war. Zum einen konnte der Begriff als „Schwäche von Sinnen“ verstanden werden, der die gemeinte Personengruppe unzureichend kennzeichnet. Zum anderen wird er häufig mit dem faschistischen Deutschland und deren Ereignisse in Zusammenhang gebracht. Auch Bezeichnungen wie „lebenspraktisch bildbare Kinder“ oder „bedingt bildungsfähig“ begegnet EẞBACH mit Ablehnung. Sie seien sachlich nicht richtig und werden in Verbindung mit dem Verbrechen des „lebensunwertem Leben“ oder des „minderwertigem“ als diskriminierend und unmoralisch erlebt. Zudem hatte auch der Pädagoge BACH (1979) beträchtliche Einwände gegen die Begrifflichkeiten „geistig“ und „Geistbegriff“. Die Grenze zwischen Lern- und geistiger Behinderung seien nur schwer festzulegen, weshalb geistige Behinderung wesentlich stets als Lernbehinderung zu betrachten ist (vgl. Barsch, 2007: S.20).

[...]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die historische Entwicklung der Geistigbehindertenpädagogik
Hochschule
Philipps-Universität Marburg
Note
1,6
Autor
Jahr
2019
Seiten
19
Katalognummer
V921497
ISBN (eBook)
9783346247834
ISBN (Buch)
9783346247841
Sprache
Deutsch
Schlagworte
entwicklung, geistigbehindertenpädagogik
Arbeit zitieren
Katja Trapp (Autor:in), 2019, Die historische Entwicklung der Geistigbehindertenpädagogik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/921497

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