Geld und Liebe, passt das überhaupt zusammen? Auf der einen Seite steht das Geld als Gesellschaftsgut, ein objektiver, unpersönlicher Wertmaßstab für Tauschbeziehungen. Auf der anderen Seite scheint ihm die Liebe als etwas subjektives und vergemeinschaftendes völlig unvereinbar gegenüberzustehen
Weil Geld jedoch Bestandteil aller ökonomischen Austauschprozesse ist, ist es zwangsläufig Bestandteil der Paarwirklichkeit. Spätestens bei der Herausbildung einer Wirtschaftsgemeinschaft zwischen Liebenden müssen Arrangements für den Umgang mit Geld gefunden werden. Im “bürgerlichen“ Ehe-Modell war klar vorgegeben, dass der Mann das Geld verdient und der Frau ein Haushaltsgeld zur Verwaltung überträgt. Mit der fortschreitenden Modernisierung der westlichen Gesellschaften verändern sich jedoch die Liebesideale und Beziehungsleitbilder. Das Gleichheitsideal ist heute das vorherrschende Leitbild in Paarbeziehungen der Mittelschicht. Über das Ausmaß, die Gründe und das Ziel dieser Veränderungen findet derzeit eine hochinteressante soziologische Debatte statt. Anthony Giddens (1992) geht davon aus, dass die “romantische Liebe” allmählich von “partnerschaftlicher Liebe” abgelöst wird. Vorbild ist das gesellschaftliche Ideal der “Gleichheit” als demokratisches Prinzip.
Dieses Prinzip der Gesellschaft scheint jedoch im Widerspruch zum System der Paarbeziehung als Gemeinschaft zu stehen. “Viele der heutigen Familien sind deshalb strukturell ,Gemeinschaften’, allerdings ohne das sie noch Teil eines größeren Sozialsystems des gleichen Typs wären, das einer solchen Struktur Legitimation verleihen könnte. Sie sind vielmehr Subsystem von ,Gesellschaft’, die zumindest dem Prinzip nach durch ,Gleichheit’ gekennzeichnet ist.” (Hoffmann-Nowotny, Hans-Joachim: 1995, S. 9)
Geld hat jedoch auch eine symbolische Bedeutung. Geld dient nach Bourdieu (1983) der Distinktion, der Herrschaft und der Machterhaltung. Wenn das “Gleichheitsideal” Grundlage der Beziehung ist, dann müssten auch das Geldarrangement diesem Ideal folgen und beiden Partnern gleiche Zugriffsrechte auf die Ressource zugestehen. Wenn nicht, dann müssen die Unterschiede durch entsprechende Konstruktionen für die Paarwirklichkeit legitimiert werden. Die zentrale Frage lautet deshalb:
Welche Bedeutung hat das Geld für die Konstruktion der Paarwirklichkeit? Wie sich das neue “Gleichheitsideal” auf den Beziehungsalltag auswirkt.
Grundlage der vorliegenden Arbeit sind die verfügbaren empirische Befunde der letzten zehn Jahre.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Typen des Geldarrangements
- Das Liebesideal und der Umgang mit Geld
- Die romantische Liebe
- Das Gleichheitsideal
- Ungleichheit in modernen Paarbeziehungen
- Geld und Macht
- Ressourcentheorie
- Das modifizierte Drei-Dimensionen-Modell der Macht nach Lukes
- Drei Dimensionen der Macht in “Pool-Arrangements”
- Konstruktionen
- Schlussfolgerungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit untersucht die Bedeutung von Geld für die Konstruktion der Paarwirklichkeit im Kontext des modernen Gleichheitsideals. Sie analysiert, wie sich veränderte Liebesideale und die zunehmende Erwerbstätigkeit von Frauen auf den Umgang mit Geld in Paarbeziehungen auswirken.
- Veränderung von Liebesidealen und Beziehungsleitbildern
- Typen von Geldarrangements in Paarbeziehungen
- Der Einfluss von Geld auf Machtstrukturen in Partnerschaften
- Strategien zur Legitimation von Ungleichheiten im Umgang mit Geld
- Die Rolle des Gleichheitsideals im Beziehungsalltag
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung stellt die zentrale Forschungsfrage nach der Bedeutung von Geld für die Konstruktion der Paarwirklichkeit im Kontext des modernen Gleichheitsideals. Sie thematisiert den scheinbaren Widerspruch zwischen der unpersönlichen Natur von Geld und der subjektiven Natur von Liebe und weist auf die Relevanz des Themas im Hinblick auf veränderte gesellschaftliche und partnerschaftliche Normen hin. Der Fokus liegt auf der Analyse von Geldarrangements und deren Zusammenhang mit Machtstrukturen in Paarbeziehungen.
Typen des Geldarrangements: Dieses Kapitel präsentiert eine Typologie von Geldarrangements in Paarbeziehungen basierend auf der Arbeit von Pahl/Vogler (1994). Es beschreibt verschiedene Modelle, darunter "Female whole wage", "Male whole wage", "Housekeeping allowance", "Female managed pool", "Male managed pool", "Joint pool" und "Independent management", und analysiert deren Häufigkeit in verschiedenen sozioökonomischen Schichten. Der "Joint pool" wird als dominierendes Modell in der Mittelschicht identifiziert, während traditionelle Muster in anderen Schichten vorherrschen. Die Analyse verdeutlicht die Diversität von Geldmanagement in Paaren und deren gesellschaftlichen Bedingtheiten.
Das Liebesideal und der Umgang mit Geld: Dieses Kapitel beleuchtet den Wandel von Liebesidealen, vom romantischen Ideal hin zum partnerschaftlichen Gleichheitsideal. Es diskutiert, wie sich dieser Wandel auf die Geldarrangements auswirkt und wie das Streben nach Gleichberechtigung die Organisation des gemeinsamen Haushalts und die Verteilung von finanziellen Ressourcen beeinflusst. Die Analyse bezieht sich auf die Theorien von Anthony Giddens zur „confluent love“ und die „Demokratisierung des persönlichen Lebens“. Es wird untersucht, wie sich diese Ideale auf die Praxis des Umgangs mit Geld in Paaren auswirken.
Ungleichheit in modernen Paarbeziehungen: Das Kapitel untersucht Ungleichheiten in modernen Paarbeziehungen, insbesondere im Kontext des Geldmanagements. Es analysiert die Auswirkungen der zunehmenden Erwerbstätigkeit von Frauen auf traditionelle Rollenmuster und die daraus resultierenden Herausforderungen für die Aufrechterhaltung des Gleichheitsideals. Die Auflösung stabiler Beziehungsstrukturen durch Individualisierungsprozesse wird im Kontext der soziologischen Debatte um den Funktionswandel der Familie diskutiert. Das Kapitel beleuchtet, wie sich Ungleichheiten in der finanziellen Situation auf die Machtverhältnisse in Paarbeziehungen auswirken.
Geld und Macht: Dieses Kapitel erörtert die symbolische Bedeutung von Geld und seine Funktion als Machtressource in Paarbeziehungen. Es greift auf Bourdieus Theorie der Distinktion und Machterhaltung zurück und analysiert, wie die Verfügung über finanzielle Mittel die Machtverhältnisse in der Beziehung beeinflusst. Mit Hilfe des modifizierten Drei-Dimensionen-Modells der Macht nach Lukes werden die verschiedenen Dimensionen der Macht im Kontext von "Pool-Arrangements" untersucht. Es wird untersucht, wie Macht durch die Kontrolle von Geldströmen und Entscheidungsmechanismen ausgeübt wird und wie diese Machtstrukturen das Gleichheitsideal beeinflussen.
Schlüsselwörter
Gleichheitsideal, Paarbeziehung, Geldarrangements, Machtstrukturen, Ressourcenverteilung, Liebesideale, ökonomische Austauschprozesse, Individualisierung, Partnerschaftliche Liebe, Ressourcentheorie, Machtmodell Lukes.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Seminararbeit: Geld und Paarwirklichkeit
Was ist der Gegenstand der Seminararbeit?
Die Seminararbeit untersucht die Bedeutung von Geld für die Konstruktion der Paarwirklichkeit im Kontext des modernen Gleichheitsideals. Sie analysiert, wie sich veränderte Liebesideale und die zunehmende Erwerbstätigkeit von Frauen auf den Umgang mit Geld in Paarbeziehungen auswirken.
Welche Themen werden in der Seminararbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt verschiedene Aspekte des Umgangs mit Geld in Paarbeziehungen, darunter: Veränderung von Liebesidealen, Typen von Geldarrangements (z.B. "Joint Pool", "Female whole wage"), Einfluss von Geld auf Machtstrukturen, Strategien zur Legitimation von Ungleichheiten, und die Rolle des Gleichheitsideals im Beziehungsalltag. Die Arbeit bezieht dabei verschiedene theoretische Ansätze mit ein, wie die Ressourcentheorie und das Drei-Dimensionen-Modell der Macht nach Lukes.
Welche Arten von Geldarrangements werden unterschieden?
Die Seminararbeit beschreibt verschiedene Modelle des Geldmanagements in Paaren, basierend auf der Arbeit von Pahl/Vogler (1994): "Female whole wage", "Male whole wage", "Housekeeping allowance", "Female managed pool", "Male managed pool", "Joint pool" und "Independent management". Die Häufigkeit dieser Modelle in verschiedenen sozioökonomischen Schichten wird analysiert.
Wie wird der Einfluss von Geld auf Machtverhältnisse in Paarbeziehungen untersucht?
Die Arbeit analysiert den Einfluss von Geld auf Machtverhältnisse mithilfe von Bourdieus Theorie der Distinktion und Machterhaltung und dem modifizierten Drei-Dimensionen-Modell der Macht nach Lukes. Es wird untersucht, wie die Kontrolle über finanzielle Mittel und Entscheidungsmechanismen Macht ausübt und das Gleichheitsideal beeinflusst. Der Fokus liegt dabei insbesondere auf der Analyse von "Pool-Arrangements".
Welche Rolle spielen Liebesideale im Umgang mit Geld?
Die Arbeit beleuchtet den Wandel von Liebesidealen vom romantischen Ideal hin zum partnerschaftlichen Gleichheitsideal und dessen Auswirkungen auf Geldarrangements. Sie bezieht sich auf Theorien von Anthony Giddens zur „confluent love“ und der „Demokratisierung des persönlichen Lebens“, um die Auswirkungen dieser Ideale auf die Praxis des Umgangs mit Geld zu untersuchen.
Wie wird Ungleichheit in modernen Paarbeziehungen thematisiert?
Die Arbeit untersucht Ungleichheiten im Kontext des Geldmanagements, insbesondere die Auswirkungen der zunehmenden Erwerbstätigkeit von Frauen auf traditionelle Rollenmuster und die Herausforderungen für das Gleichheitsideal. Die Auflösung stabiler Beziehungsstrukturen durch Individualisierungsprozesse wird im Kontext des Funktionswandels der Familie diskutiert.
Welche Schlussfolgerungen zieht die Seminararbeit?
(Die konkreten Schlussfolgerungen sind im HTML-Code des Inhaltsverzeichnisses nicht explizit aufgeführt. Diese müssten aus dem Volltext der Seminararbeit entnommen werden.)
Welche Schlüsselwörter sind relevant für die Seminararbeit?
Gleichheitsideal, Paarbeziehung, Geldarrangements, Machtstrukturen, Ressourcenverteilung, Liebesideale, ökonomische Austauschprozesse, Individualisierung, Partnerschaftliche Liebe, Ressourcentheorie, Machtmodell Lukes.
- Arbeit zitieren
- Jan Stoye (Autor:in), 2005, Welche Bedeutung hat das Geld für die Konstruktion der Paarwirklichkeit? , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92162