Analyse und Vergleich möglicher Brandbekämpfungskonzepte stationärer Löschanlagen in Tunnelanlagen


Bachelorarbeit, 2008

77 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Betrachtungen größerer Tunnelbrände der letzten Jahre
2.1 Brand im Montblanc-Tunnel 1999
2.2 Brand im Tauerntunnel 1999

3. Analyse der Notwendigkeit von Brandschutzautomatik in Tunnelanlagen
3.1 Rechtsgrundlagen
3.1.1 Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln - RABT
3.1.2 Richtlinie 2004/54/EG des europäischen Parlaments und des Rates - 2004
3.1.3 Richtlinien anderer Länder in Europa
3.2 Forderungen von Versicherern
3.2.1 VdS 3502 - Merkblatt zum Brandschutz in Straßen-Tunnels
3.3 Mindestlängen von Tunneln mit stationären Löschanlagen

4. Ziele im Zusammenhang mit dem Tätigwerden von Löschanlagen in Tunnelanlagen
4.1 Vorraussetzungen zum anforderungsgerechten Tätigwerden
4.1.1 Anforderungen an das Löschmittel
4.1.2 Anforderungen an die Löschanlage
4.1.3 Auswahl des richtigen Brandbekämpfungskonzeptes
4.1.4 Notwendiger Verkehrzustand
4.1.5 Anforderungen an die Brandmeldeanlage
4.1.6 Anforderungen an die Lüftung im Brandfall
4.2 Schutzziele
4.2.1 Ermöglichen der Selbstrettung
4.2.2 Personenschutz für in dem Tunnel verbliebene Personen
4.2.3 Ermöglichen der Maßnahmen zur Gefahrenabwehr durch Einsatzkräfte
4.2.4 Schutz der Bausubstanz und der Sachwerte im Tunnel
4.2.5 Umweltschutz
4.3 Ziele beim Einsatz einer stationären Löschanlage

5. Darstellung und Analyse bekannter Brandbekämpfungskonzepte in Tunnelanlagen
5.1 sektionale Brandbekämpfung mit Wassernebel
5.1.1 Das Löschmittel Wassernebel
5.1.2 Das Konzept
5.2 sektionale Brandbekämpfung mit einer Sprühwasserlöschanlage
5.2.1 Sprühwasser als Löschmittel
5.2.2 Das Konzept
5.3 sektionale Brandbekämpfung mit Druckluftschaum
5.3.1 Druckluftschaum als Löschmittel
5.3.2 Das Konzept
5.4 Bildung von Rauchabschnitten durch Wassernebelsprühbögen
5.4.1 Wassernebel als Löschmittel
5.4.2 Das Konzept
5.5 Gaslöschkonzept mit Sektionsunterteilung durch Brandschutzvorhänge
5.5.1 Gase als Löschmittel
5.5.2 Das Konzept

6. Bewertung und Vergleich der Brandbekämpfungskonzepte
6.1 Bewertung der unterschiedlichen Konzepte
6.1.1 sektionale Brandbekämpfung mit Wassernebel
6.1.2 sektionale Brandbekämpfung mit einer Sprühwasserlöschanlage
6.1.3 sektionale Brandbekämpfung mit Druckluftschaum
6.1.4 Bildung von Rauchabschnitten durch Wassernebelsprühbögen
6.1.5 Gaslöschkonzept mit Sektionsunterteilung durch Brandschutzvorhänge
6.2 Vergleich der Konzepte

7. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Kapitel 2

Abbildung 2-1: Querschnitt des Montblanc-Tunnels

Abbildung 2-2: Höhenprofil des Montblanc-Tunnels und Position des Ursprungsbrandes

Abbildung 2-3: Brandschaden im Montblanc-Tunnel

Abbildung 2-4: Querschnitt des Tauerntunnels

Kapitel 3

Abbildung 3-1: mögliche Auslegung eines Brandbekämpfungssystems für Tunnel

Abbildung 3-2: Mindestlängen in Abhängigkeit der Gefahrenklasse und verantwortlicher FW

Kapitel 4

Abbildung 4-1: Erwarteter Brandverlauf mit und ohne Löschanlage

Abbildung 4-2: Selbstrettungsdauer in Straßentunneln

Abbildung 4-3: Das Branddreieck

Kapitel 5

Abbildung 5-1: Tropfenparameter verschiedener Wasserlöschanlagen

Abbildung 5-2: Querwindempfindlichkeit als Funktion des Betriebsdrucks

Abbildung 5-3: Deckeninstallation einer Sektionswasserlöschanlage

Abbildung 5-4: Schema der Druckluftschaumherstellung

Abbildung 5-5: Sektionen einer DLS-Löschanlage

Abbildung 5-6: Installation von DLS Löschanlagen in Tunneln mit rundem Querschnitt

Abbildung 5-7: Installation von DLS Löschanlagen in Tunneln mit rechteckigem Querschnitt

Abbildung 5-8: Installation von Sprühbögen in Tunneln

Abbildung 5-9: durch einen Sprühbogen erzeugter Wassernebelvorhang

Abbildung 5-10: Installation einer Inertgaslöschanlage und der Brandschutzvorhänge

Abbildung 5-11: Löscheffekt und Sauerstoffkonzentration beim Einsatz eines Inertgasgemisches

Kapitel 6

Abbildung 6-1: Temperaturverlauf beim Test im Runehamar-Tunnel

Abbildung 6-2: Gefährdung einer Sprühbogeninstallation durch Unfälle
Tabellenverzeichnis

Kapitel 3

Tabelle 3-1: Löschanlagen in den Tunneln Europas

Tabelle 3-2: Löschanlagen in den Tunneln Nordamerikas

Kapitel 4

Tabelle 4-1: Anforderungen an die Branddetektionszeit

Tabelle 4-2: Brandparameter unterschiedlicher Fahrzeuge

Tabelle 4-3: Grenzwerte für die Selbstrettung

Kapitel 6

Tabelle 6-1: Testergebnisse der UPTUN Versuche

Tabelle 6-2: Bewertung der unterschiedlichen Brandbekämpfungskonzepte mit Punkten

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

In europäischen Straßentunneln kommt es durch steigende Verkehrsdichten immer häufiger zu Unfällen. Sich daraus entwickelnde Brände bergen hier, im Vergleich zu Freilandstraßen, eine viel größere Gefahr für Menschen und die Bausubstanz des Tunnels. Brandgase werden nur schlecht abgeleitet und verteilen sich im Tunnel. Die zusätzliche Installation einer Lüftungsanlage soll die Gefahren durch Tunnelbrände verringern, jedoch können sich diese weiter ausbreiten und die Kapazitäten der Brandlüftung schnell übersteigen. Bei langen Anrückzeiten der Feuerwehr oder hohem Gefährdungspotenzial im Tunnel ist daher die Installation einer stationären Löschanlage als zweckmäßige Überbrückungsmaßnahme anzusehen.

Diese Arbeit hat das Ziel verschiedene Brandbekämpfungs- und Löschkonzepte stationärer Löschanlagen in Tunnelanlagen darzustellen, zu analysieren und zu vergleichen, sowie deren Zusammenwirken mit anderen Sicherheitsmaßnahmen im Tunnel zu bewerten. Sie soll den Leser gegebenenfalls bei der Entscheidung für ein geeignetes Konzept unterstützen und über bestehende Problemstellungen informieren.

Im ersten Schritt findet eine Betrachtung zweier größerer Tunnelbrände statt, um einen Einblick in Abläufe, Problematiken und Gefahren während solcher Szenarien geben zu können. Danach wird verdeutlicht, unter welchen Bedingungen das jeweilige Schadensausmaß entstehen konnte und worin Verbesserungs-möglichkeiten liegen. Im weiteren Verlauf wird analysiert, ob und wann der Einbau stationärer Löschanlagen in Tunneln erforderlich ist und worin deren Schutzziele liegen. Die so gewonnenen Erkenntnisse dienen der folgenden Analyse und Bewertung der verschiedenen Konzepte. Im letzten Teil der Arbeit werden die bearbeiteten Brandbekämpfungs- und Löschkonzepte miteinander verglichen und dabei an ihrer Fähigkeit die erstrebten Schutzziele zu erfüllen gemessen.

2. Betrachtungen größerer Tunnelbrände der letzten Jahre

In den letzten Jahren ereigneten sich einige große Brände in Verkehrstunnelanlagen. Szenarien die sich aus solchen Schadensereignissen unter gewissen Vorraussetzungen entwickeln können, bergen Gefahren für Personen, Einsatzkräfte und -mittel, Tiere, die Bausubstanz der Anlagen sowie für Sachwerte. In den Unterabschnitten dieses Punktes sollen die Brandereignisse im Montblanc-Tunnel und im Tauerntunnel betrachtet werden. Diese Betrachtungen sind Teil der Grundlagen nach denen in den folgenden Punkten die Wirksamkeit verschiedener Brandbekämpfungskonzepte stationärer Löschanlagen bewertet werden können. Schwerpunkte werden hier auf Fehler im Brandschutz-/Notfallkonzept sowie auf Verbesserungsmöglichkeiten gelegt. Die einzelnen Ereignisse werden kurz und strukturiert behandelt.

2.1 Brand im Montblanc-Tunnel 1999

Der 1-röhrige Montblanc-Tunnel verbindet die französische Stadt Chamonix und den italienischen Ort Val D’ Aoste miteinander. Er hat eine Länge von 11,6 km und eine Breite von 8,6 m. Da kein Sicherheitsstollen existiert können sich Personen im Brandfall nur in Schutzräumen, welche durch eine T120 Tür vom Tunnel abgegrenzt werden, sammeln. Der im Tunnel installierten Lüftungsanlage liegt das Prinzip der Halbquerlüftung zugrunde (Darstellung in Abbildung 2-1). Sie war zum Zeitpunkt des Unglücks nicht fähig die geforderte Absaugleistung von 110 m³/s zu bewältigen [5], [38].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2- 1 : Querschnitt des Montblanc-Tunnels

Im März 1999 geriet das Führerhaus eines LKW, der 9.000 kg Margarine und 12.000 kg Mehl geladen hatte, in Brand. Der Fahrer hielt an der in Abbildung 2-2 markierten Abstellnische an und verließ sein Fahrzeug.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2-2: Höhenprofil des Montblanc-Tunnels und Position des Ursprungsbrandes

Durch Wärmestrahlung, Konvektion (wetterabhängig / lüftungsinduziert), Ausbreitung brennbarer Flüssigkeiten und Brand des Fahrbahnbelages vergrößerte sich die Brandzone in beide Richtungen auf insgesamt 1200 m [5]. Jene Faktoren beeinflussen die Brandausbreitung, Brandausbreitungsgeschwindigkeit und das Brandausmaß bei vielen Tunnelbränden entscheidend. Abbildung 2-3 stellt den entstandenen Brandschaden im Montblanc-Tunnel dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2-3 [26]: Brandschaden im Montblanc-Tunnel

Am betrachteten Szenario erkennt man die Problematik 1-röhriger Tunnelanlagen, in Bezug auf Entfluchtung und Vordringen der Helfer zum Schadensort, sehr gut. Das entstandene Schadensausmaß konnte sich durch folgende Umstände entwickeln:

a) Die Menschen bleiben zu lange in ihren stehenden Fahrzeugen, anstatt sich sofort in Sicherheit zu bringen. Gründe für dieses Verhalten liegen offensichtlich in der Sicherheit, die ihnen das Fahrzeug in der Entstehungsphase eines Brandes vermittelt, in der geringen Rauchentwicklung während des Anfangsstadiums von Bränden und in der fehlenden Anleitung zu richtigem Verhalten durch den Tunnelbetreiber, beispielsweise in Form von optischen oder akustischen Warnsignalen. Diese Gegebenheiten verschieben den Reaktionszeitpunkt nach hinten und vergrößern im Endeffekt die Menge von Personen und Brandstoffen (Fahrzeuge, Transportgüter) im Gefahrenbereich. Eine Reduktion dieser Störfaktoren ist durch ein Warnsystem mit einer optischen und/oder akustischen Signalgebung zu erzielen. Dieses System ist so zu konzipieren, dass die Funktionsfähigkeit und Wirksamkeit unter Hitzeeinwirkung und Sichtbehinderung durch Rauch für einen ausreichend großen Zeitraum gewährleistet ist.
b) Im Montblanc-Tunnel gibt es keinen Rettungsstollen, was bei größeren Bränden mit starker Rauch- und Wärmefreisetzung zum Einen die Personenflucht und zum Anderen das Vordringen der Einsatzkräfte zur Brandzone erschwert. Die Schutzräume, die im Wesentlichen mit einer T120 Tür und Frischluftversorgung ausgestattet sind [5], können bei einer Branddauer von mehreren Stunden (hier waren es rund 50 Stunden) keinen ausreichenden Schutz vor Hitze bieten und dürfen nach Aussage der EU-Richtlinie 2004/54/EG über Mindestanforderungen an die Sicherheit von Tunneln im transeuropäischen Straßennetz nicht mehr ohne Ausgang zu einem Fluchtweg gebaut werden. In Bestandsbauten ist es daher von großer Bedeutung die einzige Röhre so lange wie möglich als Flucht- bzw. Angriffsweg zu erhalten. Eine andere Lösung wurde durch das neue Sicherheitskonzept realisiert. Es entstanden Verbindungen zwischen den 37 Schutzräumen und dem Frischluftkanal unter der Fahrbahn, welcher nun als Fluchtweg genutzt werden kann [36].
c) Die im Tunnel verwendeten Fahrbahnbeläge aus Asphalt können bei Bränden mit hohen Temperaturen selbst in Brand geraten. Diesem Risiko ist durch die Verwendung von Fahrbahnbelägen aus Beton zu begegnen.
d) Da die Lüftungsanlage nicht die geforderte Absaugleistung erreichte, konnten die entstehenden Rauch- und Wärmemengen nicht in ausreichendem Maße abtransportiert werden. Zusätzlich war sie nicht fähig die, durch sie erzeugte, Luftströmung laminar zu halten, es entstanden Verwirbelungen und ein Teil des Tunnelraumes füllte sich mit Rauchmengen, welche die Überlebenschancen für die sich dort aufhaltenden Personen erheblich reduzierten. Die steigenden Lufttemperaturen begünstigten die Brandausbreitung. Diesen Problemen kann der Einsatz von ausreichend dimensionierten Lüftungssystemen eventuell in Verbindung mit stationären Löschanlagen entscheidend begegnen. Besonders wichtig beim Tätigwerden dieser Systeme ist, dass Konzepte vorhanden sind die eine möglichst hohe Wirksamkeit gewährleisten und negative Wechselwirkungen unter den Systemen soweit wie möglich reduzieren.
e) Im Tunnel existierte zum Zeitpunkt des Unglücks kein System zur sicheren Ableitung von Flüssigkeiten (Schlitzrinnensystem). So ein System erfasst brennbare Flüssigkeiten, verhindert deren Ausbreitung auf der Fahrbahn und somit die dadurch mögliche Brandausbreitung. Es sollte so dimensioniert und konstruiert werden, dass es zur Ableitung aller zu erwartenden Flüssigkeiten (z.B. Wasser aus Löschanlagen, wenn vorhanden oder austretende Flüssigkeiten nach Unfällen) geeignet ist.
f) 1999 lag die Sicherheitsverantwortung für den Tunnel bei zwei freiwilligen Feuerwehren. Die Koordination des Einsatzes zwischen diesen Feuerwehren stellte Aufgrund der Sprachbarrieren ein großes Problem dar. Heute wird solchen Missständen durch das Vorhalten einer Tunnelfeuerwehr und eines ständig besetzten Kontrollraumes, aus dem alle Einrichtungen kontrolliert werden können, begegnet.

Das Unglück am 24. März 1999 forderte 39 Todesopfer. Seit April 2000 wurden im Zuge der Modernisierung 405 Mio Euro investiert um den Montblanc-Tunnel zu einem der sichersten Tunnel Europas zu machen. Der Betrieb konnte erst wieder nach einer Ausfallzeit von 2 Jahren und 11 Monaten aufgenommen werden. In dieser Zeit entstand ein Einnahmenausfall von rund 203 Millionen Euro [36].

2.2 Brand im Tauerntunnel 1999

Der in Österreich liegende Tauerntunnel ist Teil der Autobahn A10 und somit Bestandteil einer der wichtigsten Verkehrsrouten in diesem Land. 1975 wurde die erste Röhre dieses Bauwerks fertig gestellt. Der Tunnel hat eine Fahrbahnbreite von 7,5 m und ist 6401 m lang, der Fahrbahnbelag besteht aus Beton. An jeder Seite befinden sich 1 m breite Seitenstreifen. Die Be- und Entlüftung im Tunnel wird durch in der Tunneldecke integrierte Zu-/Abluftkanäle gewährleistet, in denen die Luftbewegung durch eine Lüftungsanlage gesteuert wird (Abbildung 2-4). Diese konnte pro Sekunde maximal 190 m³ Luft zuführen und 115 m³ abführen. Die restliche Luftmenge strömt aus den Tunnelausgängen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2-4: Querschnitt des Tauerntunnels

Der Lüftung liegt das Prinzip der Vollquerlüftung zugrunde. Wegen Bedenken über das hohe Verkehrsaufkommen wurde mit dem Bau der zweiten Röhre vorerst nicht begonnen. Aufgrund dessen können Personen den Tunnel im Brandfall nur durch die Hauptröhre verlassen. Es existieren auch keine Schutzräume oder ähnliche Anlagen. Das Innere dieses Bauwerks wird durch ein Videoüberwachungssystem und eine automatische Brandmeldeanlage überwacht [5], [39].

Am Unglückstag, dem 29. Mai 1999 ereignete sich ein Auffahrunfall vor einer Baustellenampel im Tunnel, 740 m vom nördlichen Portal entfernt. Unmittelbar daran beteiligt waren der verursachende LKW, 4 PKW und ein nicht richtig gekennzeichneter Gefahrguttransport, der 24000 Dosen Spraylack geladen hatte. Auslaufende Treibstoffe führten zum Brand, in dem auch die Energie der 10,5 t Spraydosen freigesetzt wurde. Die Brandmeldeanlage meldete den Brand und 25 min später trafen die ersten Einsatzkräfte ein. Auf die Brandmeldung folgend wurde auch der Modus Rauchabsaugung der Lüftungsanlage aktiviert. So konnten die untersten 2 m des Tunnels für 15 bis 20 min rauchfrei gehalten werden und Personen flüchten. Da sich das Feuer weiter ausbreitete gerieten neue Fahrzeuge in Brand. Immer mehr Hitze- und Rauchmengen wurden produziert, welche durch Lüftungsanlage nicht mehr abgeführt werden konnten. Das Feuer breitete sich 400 m in Richtung Norden und 700 m in Richtung Süden aus. Insgesamt verbrannten 16 LKW und 24 PKW. Dabei erlitten 49 Personen Verletzungen und 12 Personen, 8 davon durch den Auffahrunfall, starben [5], [39].

Wie in Punkt 2.1 sollen auch hier die wichtigsten Schwächen im Notfallkonzept des Tunnels dargestellt und analysiert werden.

a) Bekanntlich konnte die Lüftungsanlage eine rauchfreie Schicht von zwei Meter Höhe in Bodennähe für 15-20 min aufrechterhalten. So war es den Beteiligten in diesem Zeitraum möglich den Gefahrenbereich ohne gravierende Behinderungen durch Rauchgase oder zu hohe Lufttemperaturen zu verlassen. Eine Ausnahme bilden hier die regional auftretenden Belastungen durch Wärmestrahlung in Brandnähe. Der Nachteil bei alleinigem Vorhandensein einer Lüftungsanlage und Fehlen einer Löschanlage liegt darin, dass dem Feuer kontinuierlich Sauerstoff zugeführt, und es so nicht in der Ausbreitung gehindert wird. Die Funktionsweise dieses Konzeptes liegt in der Ableitung der schädlichen Heißgase und nicht in der Bekämpfung ihrer Ursache. Auch in diesem Fall wäre ein richtig konzipierter Einsatz einer Löschanlage sinnvoll. Gefahren, die die Funktionsfähigkeit und Wirksamkeit der Löschanlage stören, z.B. einstürzende Deckenkonstruktionen oder Unfallfahrzeuge die an Tunnelwände prallen, müssen in der Planungsphase beachtet und so weit es geht reduziert werden.
b) Der mögliche Eigenanteil der Betroffenen zur Schadensbegrenzung war auch hier nicht unerheblich. Unverletzte, gesunde Personen hätten nach unmissverständlicher Meldung der Gefahr (z.B. durch Warnanlagen) mit einer Laufgeschwindigkeit von 5 km/h in 15 min 1,25 km laufen und den Gefahrenbereich verlassen können. Daraus ergibt sich die Forderung nach Effizienzsteigerung der Warnmaßnahmen, welche eine Dezimierung der Reaktionszeiten zur Folge haben muss.
c) Auch bei diesem Tunnel fällt auf, dass es zum Unglückszeitpunkt keinen Rettungsstollen oder ähnliche Maßnahmen gab, um Rettungs- und Angriffswege solange wie möglich zu erhalten. Durch die Lüftungsanlage konnte diese Forderung nur bis 5-10 min vor Eintreffen (nicht Tätigwerden) der Feuerwehr gewährleistet werden.

Neben den 12 Toten und 49 Verletzten entstanden durch den 16-stündigen Brand enorme Schäden am Bauwerk und Sachschäden. Der Tunnel wurde vorläufig geschlossen und konnte erst 3 Monate später wieder geöffnet werden, was einen Einnahmenausfall von 20 Millionen Euro verursachte.

3. Analyse der Notwendigkeit von Brandschutzautomatik in Tunnelanlagen

Die Masse der langen und kurzen Tunnelanlagen in Deutschland und Europa ist nicht mit stationären Löschanlagen ausgestattet. Der Einsatz von Lüftungssystemen wird hier oft als hinreichend bewertet. In Einzelfällen, wie zum Beispiel im Bremer Wesertunnel, wird der Einsatz stationärer Löschanlagen von den zuständigen Projektierungsgruppen gefordert, jedoch aus Kostengründen nicht bewilligt. Lüftungsanlagen sollen bei Bränden in Tunneln die entstehenden Mengen an Brandgasen aus dem Tunnel befördern und so Nutzer, Sachgüter und Bausubstanz vor der Gefährdung durch Hitze und Rauch schützen sowie den Einsatzkräften akzeptable Bedingungen zur Brandbekämpfung und Menschenrettung bieten. Diese Forderungen können bei einer richtigen Konzeption und Auslegung der Anlage auch erfüllt werden, ein Problem ergibt sich jedoch daraus, dass Lüftungsanlagen durch Frischluftzufuhr die Brandausbreitung, begünstigen. Betrachtet man die Brände im Montblanc- und im Tauerntunnel war es in beiden nicht möglich einen Feuerübersprung auf weitere Fahrzeuge abzuwenden, wodurch letztendlich die Kapazitäten der Lüftungsanlagen weit überschritten wurden. Folglich verrauchte der Tunnel und die Temperaturen stiegen auf über 1000°C. Diesem Problem kann man durch den Einsatz einer stationären Löschanlage besser begegnen.

Ziel des folgenden Abschnittes und seiner Unterpunkte ist die Darstellung und Interpretation der Rechtsgrundlagen und Forderungen der Versicherer, die Aussagen zur Notwendigkeit von Brandschutzautomatik in Tunneln beinhalten. Weiterhin soll analysiert werden, ab welcher Tunnellänge der Einsatz stationärer Löschanlagen sinnvoll ist.

[...]

Ende der Leseprobe aus 77 Seiten

Details

Titel
Analyse und Vergleich möglicher Brandbekämpfungskonzepte stationärer Löschanlagen in Tunnelanlagen
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Note
1,7
Autor
Jahr
2008
Seiten
77
Katalognummer
V92167
ISBN (eBook)
9783638069014
Dateigröße
2423 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Analyse, Vergleich, Brandbekämpfungskonzepte, Löschanlagen, Tunnelanlagen, Löschkonzepte, Wassernebelanlage, Sprühwasserlöschanlage, Löschkonzept, Wassernebelvorhänge, Druckluftschaumlöschanlage, Tunnel, Tunnelsicherheit, Brandschutz, Sektionen
Arbeit zitieren
Andreas Kanitz (Autor:in), 2008, Analyse und Vergleich möglicher Brandbekämpfungskonzepte stationärer Löschanlagen in Tunnelanlagen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92167

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