Der 11. September 2001 bedeutete ein einschneidendes Erlebnis - nicht nur für Amerika, sondern für die ganze Welt. Die Terroranschläge auf das World Trade Center ließen für eine kurze Zeit die westliche Welt näher aneinander rücken. Der damalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder sicherte seinem amerikanischen Amtskollegen George W. Bush bereits wenige Stunden nach der Tat die uneingeschränkte Solidarität Deutschlands zu. Ein Versprechen, dass er nicht halten sollte. Nur etwas mehr als ein Jahr später, verschlechterte sich das politischem Klima zwischen Washington und Berlin deutlich.
Denn nach „erfolgreichem“ Feldzug gegen das afghanische Taliban-Regime, machte George W. Bush 2002 den Irak unter der Herrschaft des Diktator Saddam Hussein als nächstes Kriegsziel aus und versuchte seine Verbündeten darauf einzuschwören. In Deutschland jedoch stand man diesem Plan mehr als kritisch gegenüber. Hatte Gerhard Schröder 2001 noch all sein politisches Gewicht in die Wagschale geworfen um die Entsendung deutscher Soldaten nach Afghanistan zu erzwingen , so stemmte er sich nun mit aller Macht gegen einen weiteren Krieg im nahen Osten.
„Von „Abenteurertum“, an dem Deutschland sich auf keinen Fall beteiligen werde, sprach Bundeskanzler Schröder, ebenso wie von einem „deutschen Weg“, der die Vereinnahmung durch andere ausschloss.“ Schröder bekräftigte sein „Nein“ noch, indem er eine deutsche Beteiligung an Kampfhandlungen im Irak sogar im Falle eines UN-Mandates ablehnte. Diese Verweigerungshaltung brachte Schröder einerseits den Groll der amerikanischen Regierung ein, andererseits stand er mitten im Wahlkampf und sein Verhalten sicherte ihm die Wiederwahl.
Doch steckt hinter dem Fall „Irak“ mehr als „nur“ ein Wahlkampfthema? Spätestens seit der deutschen Wiedervereinigung streiten sich die Politologen darüber, ob Deutschlands Außenpolitik weiterhin die Ziele einer Zivilmacht verfolgt, oder ob sie sich wandelt und Deutschland erneute Großmachtsbestrebungen entwickeln wird? Überschrieben ist dieser Streit mit der Frage nach „Kontinuität oder Wandel“?
Im Folgenden möchte ich den Fall in der Lesart zweier Theorien der Internationalen Beziehungen (IB) untersuchen oder vielmehr beschreiben. Wie beurteilen Realisten das Verhalten von Schröder / Fischer, wie die Konstruktivisten? Doch zunächst einmal werde ich beide Theorien genauer vorstellen, ihre Entstehungsgeschichte skizzieren und die wichtigsten Aussagen verdeutlichen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Realismus
- Die Neorealistische Theorie nach Kenneth Waltz
- Die Neorealistische Theorie nach John Mearsheimer
- Der Konstruktivismus
- Das deutsche Verhalten aus Sicht der Realisten
- Das deutsche Verhalten aus Sicht der Konstruktivisten
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht das Verhalten der deutschen Regierung unter Gerhard Schröder und Joschka Fischer im Vorfeld und während des zweiten Irakkrieges aus der Perspektive des Realismus und des Konstruktivismus. Das Ziel ist es, die beiden Theorien der Internationalen Beziehungen (IB) vorzustellen und ihre jeweiligen Perspektiven auf das deutsche Vorgehen zu beleuchten.
- Das deutsche Verhalten im Kontext des Irakkrieges
- Der Realismus als theoretischer Rahmen
- Der Konstruktivismus als alternative Sichtweise
- Die Rolle des Sicherheitsdilemmas
- Die unterschiedlichen Ansichten von defensiven und offensiven Realisten
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt den historischen Kontext des zweiten Irakkrieges dar und skizziert die deutsche Positionierung im Verhältnis zu den USA. Besonderes Augenmerk liegt auf dem Spannungsverhältnis zwischen den beiden Ländern im Vorfeld des Krieges.
- Der Realismus: Dieses Kapitel widmet sich den Grundzügen des Realismus und seinen Untertheorien. Es werden die wichtigsten Thesen des klassischen und des strukturellen Realismus erläutert, wobei Hans J. Morgenthau und Kenneth Waltz als zentrale Vertreter hervorgehoben werden.
- Der Konstruktivismus: Dieses Kapitel gibt einen Überblick über den Konstruktivismus als alternative Perspektive auf die Internationale Politik. Die zentralen Aussagen des Konstruktivismus und seine Unterschiede zum Realismus werden dargestellt.
- Das deutsche Verhalten aus Sicht der Realisten: Dieses Kapitel analysiert das deutsche Verhalten im Kontext des zweiten Irakkrieges anhand der realistischen Theorie. Es werden die möglichen Gründe für das deutsche Verhalten aus der Perspektive der Sicherheitspolitik und des Machtgleichgewichts beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter der Arbeit sind: Internationales Staatensystem, Sicherheitsdilemma, Machtgleichgewicht, Hegemonie, deutsche Außenpolitik, Realismus, Neorealismus, Konstruktivismus, Irak-Krieg, Schröder/Fischer-Regierung, USA.
- Quote paper
- Anonym (Author), 2007, Das Verhalten der Regierung Schröder/ Fischer vor und während des zweiten Irakkrieges in der Lesart von Realisten und Konstruktivisten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92182