Das Verhalten der Regierung Schröder/ Fischer vor und während des zweiten Irakkrieges in der Lesart von Realisten und Konstruktivisten


Hausarbeit, 2007

16 Seiten, Note: 2,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Realismus
2.1 Die Neorealistische Theorie nach Kenneth Waltz
2.2 Die Neorealistische Theorie nach John Mearsheimer

3. Der Konstruktivismus

4. Das deutsche Verhalten aus Sicht der Realisten

5. Das deutsche Verhalten aus Sicht der Konstruktivisten

6. Zusammenfassung

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der 11. September 2001 bedeutete ein einschneidendes Erlebnis - nicht nur für Amerika, sondern für die ganze Welt. Die Terroranschläge auf das World Trade Center ließen für eine kurze Zeit die westliche Welt näher aneinander rücken. Der damalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder sicherte seinem amerikanischen Amtskollegen George W. Bush bereits wenige Stunden nach der Tat die uneingeschränkte Solidarität Deutschlands zu.[1] Ein Versprechen, dass er nicht halten sollte. Nur etwas mehr als ein Jahr später, verschlechterte sich das politischem Klima zwischen Washington und Berlin deutlich.

Denn nach „erfolgreichem“ Feldzug gegen das afghanische Taliban-Regime, machte George W. Bush 2002 den Irak unter der Herrschaft des Diktator Saddam Hussein als nächstes Kriegsziel aus und versuchte seine Verbündeten darauf einzuschwören. In Deutschland jedoch stand man diesem Plan mehr als kritisch gegenüber. Hatte Gerhard Schröder 2001 noch all sein politisches Gewicht in die Wagschale geworfen um die Entsendung deutscher Soldaten nach Afghanistan zu erzwingen[2], so stemmte er sich nun mit aller Macht gegen einen weiteren Krieg im nahen Osten.

„Von „Abenteurertum“, an dem Deutschland sich auf keinen Fall beteiligen werde, sprach Bundeskanzler Schröder, ebenso wie von einem „deutschen Weg“, der die Vereinnahmung durch andere ausschloss.“[3] Schröder bekräftigte sein „Nein“ noch, indem er eine deutsche Beteiligung an Kampfhandlungen im Irak sogar im Falle eines UN-Mandates ablehnte.[4] Diese Verweigerungshaltung brachte Schröder einerseits den Groll der amerikanischen Regierung ein, andererseits stand er mitten im Wahlkampf und sein Verhalten sicherte ihm die Wiederwahl.

Doch steckt hinter dem Fall „Irak“ mehr als „nur“ ein Wahlkampfthema? Spätestens seit der deutschen Wiedervereinigung streiten sich die Politologen darüber, ob Deutschlands Außenpolitik weiterhin die Ziele einer Zivilmacht verfolgt, oder ob sie sich wandelt und Deutschland erneute Großmachtsbestrebungen entwickeln wird? Überschrieben ist dieser Streit mit der Frage nach „Kontinuität oder Wandel“?

Im Folgenden möchte ich den Fall in der Lesart zweier Theorien der Internationalen Beziehungen (IB) untersuchen oder vielmehr beschreiben. Wie beurteilen Realisten das Verhalten von Schröder / Fischer, wie die Konstruktivisten? Doch zunächst einmal werde ich beide Theorien genauer vorstellen, ihre Entstehungsgeschichte skizzieren und die wichtigsten Aussagen verdeutlichen. Das Ziel dieser Hausarbeit ist es nicht, sich letztendlich für eine dieser beiden Lesarten zu entscheiden und diese zu propagieren, vielmehr möchte ich hier nur darstellen und verdeutlichen.

2. Der Realismus

Zunächst einmal ist zu sagen, dass es nicht so einfach ist, über den Realismus zu sprechen. Denn die ursprüngliche Theorie wurde im Laufe der Jahre immer weiter entwickelt und gliedert sich in mehrere Untertheorien. „Die wichtigste Unterteilung des Realismus in der heutigen IB-Theorie ist die zwischen dem „klassischen Realismus“ auf der einen und dem „strukturellen Realismus“ oder „Neorealismus“ auf der anderen Seite.“[5] Die Wurzeln des klassischen Realismus reichen sehr weit zurück. Seine ersten ausformulierten Gedankengebäude werden auf die 30er und 40er Jahre des 20. Jahrhunderts datiert. Einer der prominentesten Vertreter des klassischen Realismus ist Hans J. Morgenthau. In seinem Werk „Macht und Frieden“ vergleicht er die internationale Politik mit dem – seiner Ansicht nach vom Selbsterhaltungs- und Machttrieb geleiteten – Wesen der Menschen.

Neuere Theoriemodelle setzen ihren Fokus anders[6]. Es lassen sich jedoch einige Thesen formulieren, die „von der Mehrheit der Realisten als Kern einer realistischen Theorietradition angesehen werden.“[7]

Laut Gunther Hellmann sieht der Realismus die Welt als ein internationales Staatensystem, dessen agierende Protagonisten Staaten sind. Ihr vornehmliches Interesse gelte der Macht und der eigenen Sicherheit. Das Fehlen einer übergeordneten Instanz jedoch, die das Verhalten von Staaten kontrollieren und gegebenenfalls sanktionieren könnte, mache das System zu einem anarchischen. Daraus ergebe sich, dass Staaten selbst für ihre Sicherheit sorgen müssen. Die Frage ist jedoch wie?

Hier tue sich laut der realistischen Theorie ein „Sicherheitsdilemma“ auf. Denn Staaten müssten ständig „zwischen zwei Übeln[8] wählen: „Die eine Alternative besteht darin, auf den Erwerb bzw. die Anhäufung von Mitteln zu verzichten, die zur Gewährleistung der eigenen Sicherheit dienen können.“[9] Die Gefahr hierbei sei, dass ein anderer, expansiver Staat nun auf wenig Gegenwehr bei einem Angriff stoßen würde. „D ie andere Alternative läuft darauf hinaus, sich eben diese Mittel (also solche, die die eigene Sicherheit gewährleisten, wie beispielsweise schwere Waffen) zu beschaffen.“[10] Doch auch hier lauere eine latente Bedrohung. Denn andere Staaten könnten sich durch die offensichtliche Stärke nun provoziert fühlen und ihrerseits ebenfalls mit Aufrüstung reagieren.[11]

Dieses Dilemma sei allen Staaten gemeinsam. Der Unterschied bestehe jedoch in ihrer unterschiedlichen Ausstattung mit Machtressourcen. Darunter verstehen Realisten messbare Indikatoren wie Wirtschaftskraft oder militärische Gewaltmittel. Aber auch „Größe des Territoriums, die geografische Lage und die Größe und Bildung der Bevölkerung“[12] gehören dazu.

Könnte ein Staat nun diese Machtressourcen bündeln, so spreche man von einer „unipolaren“ Welt. Bei zwei ähnlich starken von einer „bipolaren“, bei mehreren entsprechend von einer „multipolaren“ Welt. Als Beispiel für eine bipolare Welt könne die Zeit des Ost-West-Konfliktes zwischen den USA und der UDSSR gesehen werden. Aktuell befänden wir uns eher in einer unipolaren Welt unter Vormachtstellung der USA. Am historisch häufigsten nachgewiesen sei jedoch die multipolare Welt, welche nach Ansicht aller Realisten stark kriegstreiberisch sei.

Soviel zu den Gemeinsamkeiten in der realistischen Theorie. Die größten Unterschiede liegen in der Bewertung der Kernmotive von Staaten. Bei den Neorealisten lassen sich hier deutlich zwei verschiedene Strömungen erkennen: Während die so genannten „defensiven Realisten“ – Hauptvertreter ist Kenneth Waltz – davon ausgehen, dass Staaten an einem Machtgleichgewicht interessiert seien, behaupten die „offensiven Realisten“ – prominentester Vertreter ist John Mearsheimer – ihr ständiges Ziel sei die Hegemonie.[13] Im Folgenden werde ich mich gezielter mit den Ideen der Neorealistischen Theorien auseinander setzen und diese verdeutlichen.

[...]


[1] Vgl.: Busse, Nikolas: Die Entfremdung vom wichtigsten Verbündeten. Rot-Grün und Amerika; in: Maull, Hanns / Harnisch, Sebastian / Grund, Constantin (Hrsg.): Deutschland im Abseits?, Baden Baden, Nomos Verlagsgesellschaft, 2003, S. 26. [Im Folgenden als „Busse“ abgekürzt]

[2] Vgl.: Baring, Arnulf: Deutschlands Rolle in der Welt – Deutschlands Fundament – die USA; in: 15 Jahre deutsche Einheit, Berlin, Duncker & Humblot, 2006, S. 26. [Im Folgenden als „Baring“ abgekürzt]

[3] Busse, S.28.

[4] Vgl.: Busse, S. 30.

[5] Krell, Gert: Weltbilder und Weltordnung – Einführung in die Theorie der Internationalen Beziehungen; Baden Baden, Nomos Verlagsgesellschaft, 3. erweiterte Auflage, 2004, S. 146. [Im Folgenden als „Weltbild“ abgekürzt]

[6] Werde ich später noch genauer erläutern.

[7] Hellmann, Gunther: Deutsche Außenpolitik - Eine Einführung; Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, 2006, S. 60. [Im Folgenden als „Hellmann“ abgekürzt]

[8] Hellmann, S. 61.

[9] Ebd.

[10] Ebd.

[11] Vgl.: Ebd.

[12] Ebd., S. 62.

[13] Vgl.: Ebd., S. 63.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Das Verhalten der Regierung Schröder/ Fischer vor und während des zweiten Irakkrieges in der Lesart von Realisten und Konstruktivisten
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Politologie)
Veranstaltung
Deutsche Außenpolitik
Note
2,0
Jahr
2007
Seiten
16
Katalognummer
V92182
ISBN (eBook)
9783638060400
Dateigröße
401 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Verhalten, Regierung, Schröder/, Fischer, Irakkrieges, Lesart, Realisten, Konstruktivisten, Deutsche, Außenpolitik
Arbeit zitieren
Anonym, 2007, Das Verhalten der Regierung Schröder/ Fischer vor und während des zweiten Irakkrieges in der Lesart von Realisten und Konstruktivisten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92182

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