Die Vorgeschichte und Ursachen des Tripel-Allianz-Kriegs von 1864 bis 1870

Wie kam es, dass ein kleines Land wie Paraguay sich gegenüber den Riesen Brasilien und Argentinien behaupten wollte?


Hausarbeit, 2002

19 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Hauptteil
1. Die Grenze zwischen Paraguay und Brasilien
2. Die Grenze zwischen Paraguay und Argentinien
2.1 Die historisch dokumentierten und legalisierten Ansprüche eines Territoriums
2.2 Die tatsächliche Situation der Bevölkerung in der Grenzregion
3. Die Entstehung der Blancos und Colorados in Uruguay
4. Marschall Francisco Solano López
5. López und die Blancos

III. Zusammenfassung

IV. Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Paraguay ist ein Land ohne Seezugang. Es ist umschlossen von Argentinien im Süden und Westen, Brasilien im Nordosten und Bolivien im Nordwesten und wirtschaftlich absolut abhängig von der Nutzung der Flüsse.

Paraguay war im 19. Jahrhundert in vielerlei Hinsicht isoliert: Einmal geografisch, da es sich 1811 bis 1813 von Spanien und Buenos Aires getrennt hatte, zweitens kulturell durch die vorwiegend Guaraní sprechende Bevölkerung und drittens wurde es sowohl politisch als auch wirtschaftlich unter den Diktaturen des Dr. José Gaspar Rodrígues de Francia[1] und Carlos Antonio López von seinen Nachbarn isoliert. Francia versuchte so seine Unabhängigkeit gegen die Expansionsbestrebungen von Buenos Aires zu verteidigen. Während der Regierung des Diktators wurde jeder, der auch nur versuchte, die staatliche Grenze Paraguays zu überschreiten, erschossen[2]. Trotzdem Francia die Nachbarländer respektierte, unterhielt er keine Beziehungen mit ihnen. Paraguay war verschlossen und niemand konnte es verlassen oder ohne sein Wissen betreten.

Im Tripel-Allianz-Krieg begegneten sich Paraguay und die aus Argentinien, Brasilien und Uruguay bestehende Tripel-Allianz. Der Präsident Carlos Antonio López, der Paraguay von 1844 bis 1862 regierte, öffnete die Grenzen Paraguays und versuchte eine friedliche Koexistenz mit Argentinien und Brasilien. Mit der Öffnung der paraguayischen Politik und dem Beginn der Beziehungen Paraguays mit Argentinien und Brasilien, fingen die Probleme an, was belegte, dass die vorherige Politik Francias die richtige gewesen war. Buenos Aires kontrollierte die Schifffahrt des Rio de la Plata durch seine strategische Position und war demzufolge in der Lage, Hindernisse zu schaffen, um Paraguay die Teilnahme am internationalen Handel zu erschweren. Paraguay wollte aber in die Geschehnisse am Río de la Plata mit eingebunden werden, doch indem es das von Argentinien und Brasilien angefeindete uruguayische Regime unterstützte, erregte es die Missgunst der beiden großen Nachbarn.

Als der Diktator Paraguays, Francisco Solano Lopez, 1964 Brasilien und Argentinien den Krieg deklarierte, begann der größte und die meisten Opfer fordernde Krieg Südamerikas.

In der vorliegenden Arbeit möchte ich die Motive bzw. die Gründe, aus welchen Paraguay die Kriegserklärung gerechtfertigt sah, und die dem Tripel-Allianz-Krieg vorangegangenen Konflikte darstellen. Dabei werde ich folgendermaßen vorgehen: Zuerst beschäftige ich mich mit der Grenzfrage Paraguays und dessen angrenzenden Ländern Brasilien und Argentinien, wobei ich bei Argentinien zwischen den historisch dokumentierten Ansprüchen und der tatsächlichen Situation differenziere. Daraufhin beschreibe ich die Entstehung zweier verschiedener wichtiger Fraktionen Uruguays, die der Colorados und die der Blancos. Um die Zusammenhänge und politischen Hintergründe der Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf Uruguay einordnen zu können, gehe ich in diesem dritten Kapitel zurück zum Beginn des 19. Jahrhunderts. Anschließend stelle ich die Person Francisco Solano López vor, um abschließend auf die Beziehungen zwischen ihm und den Blancos eingehen zu können.

Ich werde mich also nur mit den Geschehnissen vor dem Tripel-Allianz-Krieg bis einschließlich 1865 befassen, auf den Kriegsverlauf selbst werde ich nicht näher eingehen.

II. Hauptteil

1. Die Grenze zwischen Paraguay und Brasilien

Das Territorium Paraguays ist wie eine Enklave Brasiliens. Es liegt zwischen zwei Flüssen, Paraguay und Paraná, die in ihrem Ursprung brasilianisch, in ihrer Mündung in navigierbares Gewässer aber paraguayisch sind. Dadurch besitzt Paraguay den Schlüssel zu den beiden großen Toren Brasiliens.

Die ersten Diskussionen um die Grenze zwischen Paraguay und Brasilien gab es schon im Jahr 1824 zur Zeit der Entsendung des Beraters Antonio Manoel Correa da Camara in Asunción. Francia empfing ihn herzlich, ging aber sofort daran, ihm die Anzahl der Beschwerden gegen die brasilianischen Autoritäten vom südlichen Mato Grosso darzulegen. Francia warf ihm vor, dort heimlich die Grenzgebiete von Nord-Paraguay zu besetzen und gleichzeitig Raubzüge von Indios zu organisieren, die die paraguayischen Posten überfielen[3]. Um den Diktator zu besänftigen, ordnete Correa da Camara an, die Problematik der Indios zu klären. Da er jedoch bis zum Januar 1826 noch nichts Genaues erklären und garantieren konnte, wurde er schließlich von Francia entlassen und musste Asunción verlassen.

Um zu sehen, wie die Grenze für die Spanier und Portugiesen im Jahr 1777 bestimmt wurde, hier ein Auszug aus dem Vertrag von San Ildefonso:

…la grande de Curitiba, que por otro nombre llaman Yguazú, seguindo éste aguas abajo hasta su entrada en el Paraná por su ribera oriental, y continuando entonces, aguas arriba del mismo Paraná, hasta donde se le junta el río Igurey por su ribera occidental. ...

Desde la boca o entrada del Igurey seguirá la raya, aguas arriba de éste, hasta su origen proncipal; y desde él se tirará una línea recta por lo más alto del terreno...hasta hallar la cabecera o vertiente principal del río más vecino a dicha línea, que desagüe en el Paraguay por su ribera oriental, que tal vez será el que llaman Corrientes. Y entonces bajará la raya por las aguas de esté río hasta su entrada en el mismo Paraguay... .[4]

Nun wurde der Vertrag aber von den Portugiesen und Spaniern unterschiedlich ausgelegt, da sie den Flüssen jeweils andere Namen gaben. Die Portugiesen behaupteten, dass der Igurey auch bekannt war unter dem Namen Garei, der unterhalb der Insel von Salto Grande in den Río Paraná mündet und die portugiesische Grenze somit am Ursprung des Río Jujui liegt, den sie wiederum Corrientes nannten.

Die Spanier hingegen beteuerten, dass der Igurey der Fluss sei, der diverse Namen besaß, wie Yagurei, Yoinheima, Monice oder Ivinheima und damit oberhalb der Insel von Salto Grande in den Paraná fließt.

In einer Region, in der jeder Fluss neben seinem Hauptnamen noch unzählige weitere Namen hatte, konnte jeder den Vertrag so auslegen, wie es ihm am günstigsten erschien.

Der Vertrag vom 07. Oktober 1844, den der Präsident Paraguays, Carlos Antonio López, und der brasilianische Gesandte Dr. José Antonio Pimenta Bueno abschlossen[5], beinhaltete eine Klausel aus dem Vertrag von Ildefonso, die den Spaniern die östliche Region von Misiones zusprach. Die Brasilianer erkannten den Vertrag nicht an, weil sie sich in ihm benachteiligt sahen, und so blieb er nicht ratifiziert. Brasilien beschloss, wieder heimlich Ländereien zu besetzen und baute 1847 eine Festung in Fecho de Morros, aus der 1950 ein brasilianischer Posten wurde. Ohne zu zögern griff López die Eindringlinge an und besiegte sie am 14. Oktober 1850. Ende 1849 wurde Bellegarde von der brasilianischen Regierung nach Paraguay geschickt, um dort die Vollziehung eines Vertrags der Schifffahrt und des Handels vorzuschlagen. López wehrte ihn jedoch ab und forderte ein Abkommen, das die Grenze zwischen Brasilien und Paraguay regeln sollte.

Fünf Jahre später startete Brasilien noch einen Versuch der Besetzung, indem es einen Posten in Salinas errichtete. López schickte wieder seine Streitkräfte und konnte die Garnison ein weiteres Mal vertreiben. Da begann sich Brasilien offen für den Krieg zu rüsten. López war irritiert wegen der Reaktion Brasiliens, der Ablehnung einer neuen Allianz-Bildung und der Nichteinhaltung der Zustimmung einer Abmachung im Jahr 1847, die die Regelung, dass die Region zwischen den Flüssen Blanco und Apa neutral bliebe, zum Inhalt hatte. Er war davon überzeugt, dass Brasilien nur so lange an der Freundschaft mit Paraguay interessiert war, wie es dieses ausnutzen konnte und dass Brasilien alles tun würde, um Paraguay nicht zu integrieren.

Es war vor allem wichtig, eine Übereinkunft der Schifffahrt zu erreichen, weil López schon seine Regelungsprivilegien einsetzte, um Druck auf Brasilien auszuüben. Das war die klare Politik des quid pro quo[6]. Dadurch würde Paraguay seine Kontrolle der Gewässer etwas zurücknehmen und Brasilien müsste in die paraguayische Forderung der Grenzziehung einwilligen. Paraguay war also bereit, die Privilegien der Schifffahrt von seinem Teil des Flusses zu verkaufen, um so die Grenze nach seinen Wünschen festzulegen.

[...]


[1] Die Diktatur Francias dauerte laut Bethell insgesamt 27 Jahre: von 1813 bis1840, bei de Souza von 1814 bis 1840

[2] Soerensen 2001: 69f.

[3] Box 1996: 30

[4] Zitat aus Angelis 1836: 3-15

[5] Archivo diplomático y consular del Paraguay, I. “Tratado de amistad, comercio, navegación, extradición y límites” In: Box 1996: 31

[6] lat. für: etwas für etwas anderes, in diesem Zusammenhang also der Tausch, Freigabe der Gewässernutzung gegen Land

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Details

Titel
Die Vorgeschichte und Ursachen des Tripel-Allianz-Kriegs von 1864 bis 1870
Untertitel
Wie kam es, dass ein kleines Land wie Paraguay sich gegenüber den Riesen Brasilien und Argentinien behaupten wollte?
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Lateinamerika-Institut)
Veranstaltung
Grenzkriege zwischen den Staaten Lateinamerikas im 19. und frühen 20. Jh.
Note
1,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
19
Katalognummer
V92263
ISBN (eBook)
9783638056212
Dateigröße
505 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vorgeschichte, Ursachen, Tripel-Allianz-Kriegs, Grenzkriege, Staaten, Lateinamerikas
Arbeit zitieren
Bernadett Huwe (Autor:in), 2002, Die Vorgeschichte und Ursachen des Tripel-Allianz-Kriegs von 1864 bis 1870, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92263

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