Strukturreformen in der Gruppe der öffentlichen Versicherer - gibt es eine "Agenda 2010"?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

19 Seiten, Note: 2,9


Leseprobe


Inhalt

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung und Problemstellung

2 Strukturreformen.
2.1 Begriffsbestimmung
2.2 Deutung für öff. VR.

3 Die Öffentlichen Versicherungsunternehmen.
3.1 Historischer Abriss und Entwicklung der öff. VR
3.2 Merkmale öffentlicher Versicherer
3.2.1 Stärken
3.2.2 Schwächen
3.3 Herausforderungen für die öff. VR

4 Sind Strukturreformen notwendig
4.1 Gegenwärtige Entwicklungen
4.2 Formen des Strukturwandels
4.2.1 Rechtsformwandel
4.2.2 Fusionen und Kooperationen
4.2.3 Weitere Alternativen für Strukturreformen
4.3 Zukunftsperspektiven der öffentlichen Versicherer
4.3.1 Perspektiven bei unveränderten Strukturen
4.3.2 Folgen einer Neuausrichtung

5 Fazit und Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung und Problemstellung

Was nützt es wenn wir alle in einem Boot sitzen, jedoch jeder in eine andere Richtung rudert?[1] Diese oder ähnliche Fragen werden auch immer wieder in den Führungsetagen der öff. VR gestellt. Die Entwicklung in der jüngsten Vergangenheit verdeutlicht, dass sich der Versicherungsmarkt in einem Prozess der permanenten Umgestaltung befindet. Die Zeit, in der sich die deutschen Unternehmen nur mit den Folgen der Liberalisierung beschäftigten mussten, ist vorbei. Es reicht nicht mehr aus die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens sicherzustellen. Der Verlust von Marktanteilen an neue ausländische Versicherungen sowie Allfinanzkonzerne[2] wurde wahrgenommen und mit speziellen Maßnahmen reagiert.

Diese Prozesse sind noch nicht ganz abgeschlossen, da müssen sich die Versicherungsunternehmen mit neuen Herausforderungen auseinandersetzen. Krisen an den Kapitalmärkten sorgen für gravierende Verluste bei den Versicherern, die Ihren Höhepunkt in der ersten Insolvenz eines Lebensversicherers in der Nachkriegszeit hatte. Die demographische[3] Entwicklung der Bevölkerung und politische Reformaßnahmen bei den Sozialversicherungen haben sowohl direkte wie auch indirekte Auswirkung auf die Versicherungsbranche. Darüber hinaus müssen sich die Entscheidungsträger mit der Zunahme von Naturkatastrophen, der Übernahme von Terrorrisiken, der Einführung der EU-Vermittlerrichtlinie[4] und die Umsetzung von Solvency II[5] beschäftigen. Viele dieser Gründe haben gerade in der jüngsten Vergangenheit zu zahlreichen Fusionen, Kooperationen und Neugründungen in der ganzen Versicherungs- und Finanzbranche geführt. Eine Veränderung des Marktes in dieser Form stellt für ein einzelnes Unternehmen eine große Herausforderung dar, aber für eine ganze Gruppe könnte ein solcher Wandel zu erheblichen Problemen führen.

2 Strukturreform

2.1 Begriffsbestimmung

Zur genauen Erklärung erfolgt eine Aufteilung in Struktur und Reform. Struktur entstammt philosophisch betrachtet dem lateinischen Wort struktura. In der deutschen Sprache bedeutet dies Bauart, Aufbau, Gefüge und steht für eine erkennbare Regelmäßigkeit oder Anordnung von Teilen in einem Ganzen[6]. Auch das Wort Reform wurde aus dem Latein übernommen und wird laut Duden mit den Worten Umgestaltung, Verbesserung des Bestehenden, Neuordnung übersetzt[7]. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Strukturreform, für eine Umgestaltung von einem bestehendem Gefüge steht, um dadurch eine Verbesserung des Ursprünglichen zu erreichen. Strukturreform hat sich in der Gegenwart regelrecht zu einem Lieblingswort der Politiker entwickelt. Kein Tag vergeht, kaum eine Rede verhallt, ohne dass der Begriff Strukturreform fällt[8]. Dabei wird immer wieder von einer grundlegenden Erneuerung eines bestehenden Systems gesprochen. Die aktuelle Regierung hat diesem Umgestaltungsprozess mit „Agenda 2010“ bezeichnet. Mit der "Agenda 2010" hat Bundeskanzler Schröder ein umfassendes Programm zur Reform des Arbeitsmarktes, zum Umbau der Sozialsysteme und für wirtschaftliches Wachstum vorgelegt.[9]

Agenda 2010 steht für einen entwickelten Maßnahmenkatalog mit dem die Regierung eine Neuordnung bestehender Systeme erreichen will, um den Standort Deutschland wettbewerbsfähig und zukunftssicher zu gestalten.

2.2 Deutung für öffentliche Versicherer

Die Gruppe der öff. VR stellt in der Versicherungsbranche eine Besonderheit dar. Bedingt durch Ihre traditionelle Entwicklung, sowie Ihre öffentliche Aufgabenstellung hat sich eine einzigartige Struktur aufgebaut. Mit der Regulierung durch die EU stellt sich die Frage, ob diese Struktur noch zeitgemäß ist. Können sich die öff. VR mit ihrem speziellen Charakter in dieser Form am Markt noch bewähren?

Die Entscheidungsträger in den Führungsetagen der einzelnen VR sind durch die starken Veränderungen in der jüngsten Vergangenheit gezwungen, die Stärken und Schwächen der bisherigen Organisation zu analysieren. Die gewonnen Daten müssen ausgewertet werden und ein Maßnahmenkatalog wird zusammengestellt. Dieser Katalog erhält eine Bezeichnung z.B. Agenda 2010 und bildet die Grundlage des Umgestaltungsprozesses. Ziel der öff. VR ist es, alte uneffiziente Strukturen aufzuweichen und an die neuen Marktbedingungen anzupassen. Für die Gruppe der öff. VR bedeutet dies, gemeinsam die einzelnen angeschlossenen Unternehmen zu bewerten und auf den Nutzen eines Strukturwandels zu überprüfen. Erscheint die Reform im Einzelfall erfolgreich, so ist eine Umsetzung in der ganzen Gruppe zu analysieren.

3 Die öffentlichen Versicherungsunternehmen

3.1 Historischer Abriss und Entwicklung der öff. VR

Die Ursprünge der öff. VR reichen bis ins 16. Jahrhundert zurück. Mit dem Zusammenschluss von Brandgilden legten die Bauern den damaligen Grundstein für die Entstehung der öff. VR, obwohl diese durch Ihre geringe Mitgliederzahl stark begrenzt waren.

Bereits Im Jahre 1676 wurde in Hamburg die „General-Feuer-Ordnungs-Cassa“[10] gegründet. Die Entwicklung setzte sich fort und es entstanden deutschlandweit zahlreiche Pflicht- und Monopolversicherer, Feuerkassen sowie Brandsozietäten. Im Wesentlichen lag ihr Auftrag in der Übernahme von Feuer- und Gebäuderisiken sowie in der Sicherstellung der Besteuerungsgrundlage von Wohn- und Betriebsstätten. Durch Karl August Hardenberg[11] fielen 1835 bis 1840 in einigen preußischen Provinzen das Versicherungsmonopol und so entstanden schon damals die ersten öffentlichen Wettbewerbsversicherer. Die Entscheidungen nach dem 2. Weltkrieg sorgten in den neuen Bundesländern für ein Verbot der Versicherungsunternehmen. Alle Bestände wurden der staatlichen Versicherung der DDR übertragen und nach der Wende erwarb die Allianz AG[12] alle Verträge. So fassten die öff. VR durch Ausweitung ihres Geschäftsgebietes oder durch Neugründung, wie in Sachsen 1992, wieder Fuß in den ehemaligen Gebieten der DDR. Heute lässt sich sowohl von einer 325 jährigen Entwicklung in der Feuerversicherung berichten aber auch von einer 100 jährigen Tradition in der Lebensversicherung. Aus kleinen Feuerkassen für Landwirte sind große Allfinanzkonzerne für Privat- und Geschäftskunden entstanden.

Die Europäische Union sorgte mit der Liberalisierung des Marktes im Juni 1994 für ein Ende der Monopolrechte. Die Privatisierung der öff. VR führte zur Eingliederung zahlreicher öff. VR in die Sparkassen Finanzgruppe. Trotz der Neuordnung und dem verstärkten Wettbewerb mit den privaten Versicherungsunternehmen ist die Gruppe der öff. VR immer noch die Nummer zwei am deutschen Markt. Die Deregulierung durch die EU trug dazu bei, dass die ehemals 40 öff. VR ihre Kräfte in 13 regionale Unternehmensgruppen konzentrierten. 30.000 Mitarbeitern sorgten im Jahr 2003 für 15,78 Milliarden EUR Beitragseinnahmen und erreichten einen über alle Versicherungssparten umfassenden Marktanteil von 11%.[13]

3.2 Merkmale öffentlicher Versicherer

3.2.1 Stärken

Die traditionelle Entwicklung der öff. VR führte zur Herausbildung einiger Besonderheiten, die den einzelnen Unternehmen trotz erhöhtem Wettbewerb, entscheidende Vorteile garantieren. Dazu gehören zum einen das Regionalprinzip[14] und zum anderen das Gemeinwohlprinzip[15].

[...]


[1] Martin Mächler (*1960) Schweizer Schriftsteller und Aphoristiker in Mailand

[2] Allfinanzkonzerne: Mehrere zusammengeschlossene Unternehmen erstellen und vertrei- ben Versicherungs- sowie andere Finanzprodukte unterschiedlicherer Branchen.

[3] Demographie: Die Demographie untersucht die Größe und Struktur (Alter, Geschlecht,

Nationalität usw.) menschlicher Bevölkerungen und ihre Veränderung.

[4] EU-Vermittlerrichtlinie: Ein durch die Europäische Union vorgeschriebenes Regelkonzept zur Vermittlung von Versicherungen

[5] Solvency II: System zur Regelung und Sicherstellungen der finanziellen Sicherheit von Versicherungsunternehmen

[6] Vgl. Microsoft Encarta Microsoft Encarta Enzyklopädie 2004: ©®1993-2003 Corporation Microsoft: Encarta Program Manager, One Microsoft Way, Redmond, WA 98052-6399 U.S.A.

[7] Vgl. Duden: Die deutsche Rechtschreibung, Dudenverlag. 2004

[8] Vgl. Sueddeutsche.de „Triumph der Lobbyisten“ URL: http://www.sueddeutsche.de

[9] Vgl. Agenda 2010: Reform der Bundesregierung um das hohe Niveau der Gesundheitsver- sorgung in Deutschland zu erhalten. Sie orientiert sich an den Bedürfnissen der Patienten und trägt dazu bei, Kosten zu senken. URL: http://www.bundesregierung.de/Politikthemen/Agenda-2010-,11897/Gesundheit.htm

[10] Vgl. Eichorn, Peter; Püttner Günter: Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unter- nehmen, Eichorn, Peter; Wolff von der Stahl, Ulrich-Bernd: Öffentliche Versicherer im Wettbewerb; Müller, Gerhard: „Chancen und Risiken öffentlicherer Versicherer in den neuen Bundesländern“, Beiheft 31 Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden 2004 S.31

[11] Karl August Fürst von Hardenberg (1750-1922), preußischer Staatskanzler und Reformer

[12] Allianz AG: Versicherungskonzern AG private Versicherung Gesellschaft

[13] Vgl. Verband der öffentlichen Versicherer: Jahrbuch 2003, Düsseldorf 2004, S.3

[14] Vgl. Kollhosser Helmut: Die Zukunft der öffentlich-rechtlichen Versicherungen, Festvortrag anlässlich des Jubiläums 10 Jahre Öffentliche Versicherungen Sachsen-Anhalt, Magde- burg 2002, S.3

[15] Vgl. Kollhosser (2002), S.3

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Strukturreformen in der Gruppe der öffentlichen Versicherer - gibt es eine "Agenda 2010"?
Hochschule
Universität Leipzig  (Versicherungsbetriebslehre Leipzig)
Veranstaltung
Aktuelle Fragen in der Versicherungswirtschaft
Note
2,9
Autor
Jahr
2004
Seiten
19
Katalognummer
V92269
ISBN (eBook)
9783638060899
Dateigröße
1293 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Strukturreformen, Gruppe, Versicherer, Agenda, Aktuelle, Fragen, Versicherungswirtschaft
Arbeit zitieren
Diplom-Kaufmann / Diplom-Volkswirt Thomas Krosse (Autor:in), 2004, Strukturreformen in der Gruppe der öffentlichen Versicherer - gibt es eine "Agenda 2010"?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92269

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