Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Gegenstand der Arbeit
1.2 Methodik und Überblick über die Arbeit
2 Geltungsbereich der Abgeltungsteuer
3 Anwendung des gesonderten Steuertarifs
3.1 Abgrenzung zur Subsidiarität
3.2 Zurechnung der Kapitalerträge
4 Arten von Kapitalerträgen
4.1 Laufende Erträge aus Kapitalanlagen
4.1.1 Gewinnanteile und sonstige Bezüge aus Körperschaften
4.1.2 Lebensversicherungen
4.1.3 Alt-Verträge: Vertragsabschluss vor dem 01.01.2005
4.1.4 Neu-Verträge: Vertragsabschluss nach dem 31.12.2004
4.2 Erträge aus Veräußerungen
4.2.1 Veräußerung von Anteilen an Körperschaften
4.3 Einordnung in das Gesamtkonzept
5 Investmentfonds
5.1 Steuerpflicht auf Höhe des Investmentfonds
5.2 Anlegerbesteuerung
5.2.1 Ausschüttungen
5.2.2 Vorabpauschale
5.2.3 Veräußerungsgewinn
5.3 Übergangsfragen
5.3.1 Veräußerungen vor dem 01.01.2009 (Alt-Anteile)
5.3.2 Veräußerungen nach dem 31.12.2008 (Neu-Anteile)
6 Ergebnisermittlung
6.1 Laufende Erträge
6.2 Veräußerungsvorgänge
6.3 Ergebnisermittlung bei Versicherungen
7 Der Tarif
8 Berücksichtigung der ausländischen Quellensteuer für ausländische Kapitalerträge
9 Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag
10 Formel zur Berücksichtigung der Kirchensteuer
11 Abgrenzung vom pauschalen Tarif
11.1 Bekämpfung typisierter Missbrauchstatbestände
11.2 Lebensversicherungsverträge
11.3 Ausschüttung bei bestimmten Beteiligungen
12 Werbungskostenabzugsverbot – Sparer-Pauschbetrag
13 Abgeltungsteuer und Einkommensteuerveranlagung
13.1 Pflichtveranlagung
13.2 Veranlagungswahlrecht
13.3 Günstigerprüfung
14 Verlustverrechnung
15 Handlungsempfehlungen
15.1 Antrag auf Günstigerprüfung
15.2 Freistellungsauftrag stellen
15.3 Nichtveranlagungs-Bescheinigung
15.4 Nutzen des Grundfreibetrags der Kinder
16 Schluss
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Abs. Absatz
AO Abgabenordnung
BFH Bundesfinanzhof
BGB Bürgerliches Gesetzbuch
BMF Bundesministerium der Finanzen
BMG Bemessungsgrundlage
BStBl. Bundessteuerblatt
BT-Drucks. Bundestagsdrucksache
DBA Doppelbesteuerungsabkommen
EStG Einkommensteuergesetz
EUR Euro
FG Finanzgericht
GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung
i. S. d. im Sinne des
i. V. m. in Verbindung mit
InvStG Investmentsteuergesetz
JStG Jahressteuergesetz
KiSt Kirchensteuer
Nr. Nummer
Rn. Randnummer
Rz. Randziffer
SolZ Solidaritätszuschlag
SolZG Solidaritätszuschlaggesetz
TEV Teileinkünfteverfahren
vgl. vergleiche
VZ Veranlagungszeitraum
WK Werbungskosten
zzgl. zuzüglich
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 - Übersicht von Lebensversicherungen hinsichtlich der Besteuerung
Abbildung 2 - Berechnung der steuerpflichtigen Versicherungsleistung
Abbildung 3 - Besteuerung von Kapitalerträgen in Abhängigkeit der Beteiligungsart und -höhe
Abbildung 4 - Freistellung bei Investmentfonds
Abbildung 5 - Ermittlung der Vorabpauschale
Abbildung 6 - Ermittlung des Veräußerungsgewinns
Abbildung 7 - Ermittlung des Unterschiedsbetrags als Basis der Besteuerung bei Versicherungen
Abbildung 8 - Berechnungsformel der Einkommensteuer nach § 32d EStG
Abbildung 9 - Teileinkünfte-Option für Gewinnanteile an einer Kapitalgesellschaft
Abbildung 10 - Übersicht zur Veranlagung bei Erträgen aus Kapitalvermögen
Abbildung 11 - Steuerbelastungsberechnung ohne ausländische Einkünfte
Abbildung 12 - Steuerbelastungsberechnung mit ausländischen Einkünften (Steuersatz 30%)
Abbildung 13 - Steuerbelastungsberechnung mit ausländischen Einkünften (Steuersatz 20 %)
Abbildung 14 - Berechnung der Vorabpauschale an einem Praxisbeispiel (1)
Abbildung 15 - Berechnung der Vorabpauschale an einem Praxisbeispiel (2)
Abbildung 16 - Günstigerprüfung ohne Antrag
Abbildung 17 - Günstigerprüfung mit Antrag
Abbildung 18 - Verlustverrechnung Aktien und Aktienfonds
Abbildung 19 - Verlustverrechnung Aktienfonds
Abbildung 20 - Teileinkünfte Option vs. Abgeltungsteuer (1)
Abbildung 21 - Teileinkünfte Option vs. Abgeltungsteuer (2)
1 Einleitung
1.1 Gegenstand der Arbeit
Mit der Unternehmensteuerreform 2008, die am 01.01.2009 in Kraft getreten ist, und dem JStG 2008 wurde die Besteuerung der Kapitalerträge durch die Einführung der sogenannten Abgeltungsteuer (Kapitalertragsteuer mit Abgeltungswirkung) grundlegend geändert. Das Ziel der Unternehmensteuerreform war die Erhöhung der Standortattraktivität der Bundesrepublik Deutschland und die längerfristige Sicherung des deutschen Steuersubstrats. Es sollte durch positive als auch negative Anreize die Verlagerung von Steuersubstrat durch Unternehmen und Haushalte in das Ausland gebremst werden. Zudem soll die Attraktivität des Standortes Deutschland für in- und ausländische Investoren, unabhängig von der Rechtsform, erhöht werden. Durch die Einführung einer Abgeltungssteuer sollte auch das Interesse der privaten Anleger gemindert werden, allein aus steuerlichen Gründen Kapital ins benachbarte Ausland zu verlagern.1 Das bisher im Ausland angelegte Kapitalvermögen soll durch den Vorteil der Abgeltungsteuer mit einem pauschalen Steuersatz wieder in die Bundesrepublik zurückgeführt werden.2
Durch die Einführung eines pauschalen Steuersatzes mit grundsätzlich 25 % zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer wurde der Einstieg in eine duale Einkommensteuer mit zwei Schedulen vollzogen. Einerseits das progressiv besteuerte Erwerbseinkommen mit einem progressiven Steuersatz in Höhe von 0 % bis 45 % und andererseits ein proportional besteuertes Kapitaleinkommen mit einem pauschalen Tarif.3 Dem eigentlichen Ziel der angekündigten Vereinfachungen für Steuerpflichtige und der Reduzierung des Verwaltungsaufwands der öffentlichen Hand4 stehen jede Menge Sonderregelungen und Ausnahmen entgegen, die der typische Kleinanleger und normale Bürger kaum begreifen oder nachvollziehen kann. Des Weiteren ist die Gesamtbelastung von Abgeltungsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer recht hoch gegriffen, zumal mit der Reform auch der Werbungskostenabzug gänzlich versagt wird. Außerdem entfällt die Jahresfrist bei Veräußerungen, sodass die Veräußerungsgewinne gänzlich der Besteuerung unterliegen.5
1.2 Methodik und Überblick über die Arbeit
Zur Zielerreichung werden relevante Rechtsprechung und Fachliteratur im Hinblick auf die Ziele der Arbeit analysiert und ausgewertet, um als Ergebnis den aktuellen Rechts- bzw. Wissensstand ausführen zu können. Es wird in dieser Arbeit vorrangig deduktiv vorgegangen, jedoch enthält sie auch empirisch-induktive Bestandteile, welche sich in den Steuerbelastungsvergleichen und weiteren Beispielen wiederfinden.
Für ein besseres Verständnis des Lesers werden zunächst die Grundlagen und Voraussetzungen der Anwendung der Abgeltungsteuer aufgezeigt. Es wird aufgezeigt welche Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes für die private Kapitalanlage des einfachen Bürgers interessant ist. Danach wird der besondere Besteuerungstarif für diese Einkünfte erläutert und die effektive Belastung aufgezeigt. Neben der steuerlichen Belastung wird auf das Verfahren und auf Ausnahmetatbestände eingegangen, Wahlrechte und Vorschriften des § 32d EStG aufgezeigt und abschließend eine Handlungsempfehlung mit an die Hand gegeben.
Gegenstand der Arbeit ist die Untersuchung wie sich die Abgeltungsteuer auf die private Kapitalanlage auswirkt. Zur Verdeutlichung werden Rechenbeispiele dienen. Auch die Steuerbelastung im Rahmen der Abgeltungsteuer wird aufgezeigt.
2 Geltungsbereich der Abgeltungsteuer
Die Neuregelungen durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 und die Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2008 und das Jahressteuergesetz 2009 traten erstmalig im Jahr 2009 in Kraft.6 Grundlegende Voraussetzung für die Anwendung des Einkommensteuergesetzes begründen folgende Regelungen. Eine natürliche Person (vgl. § 1 BGB) muss unbeschränkt einkommensteuerpflichtig i. S. d. § 1 Abs. 1 EStG i. V. m. § 1a EStG oder beschränkt einkommensteuerpflichtig i. S. d. § 1 Abs. 4 EStG sein und muss der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder inländische Einkünfte nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG erzielen, die nach § 50 Abs. 2 EStG als abgegolten gelten. Zusätzlich sind vorrangig Regelungen in den einzelnen DBAs zu beachten.7
3 Anwendung des gesonderten Steuertarifs
3.1 Abgrenzung zur Subsidiarität
Der gesonderte Steuertarif gem. § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG ist auf Einkünfte aus Kapitalvermögen anzuwenden, die nicht unter die Subsidiarität nach § 20 Abs. 8 EStG fallen. Dies bedeutet, dass Einkünfte, die aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbstständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung erzielt werden, auch diesen vorrangig zuzurechnen sind.
3.2 Zurechnung der Kapitalerträge
Einkünfte aus Kapitalvermögen begründen infolge des beschränkten und pauschalierten Werbungskostenabzugs Einkünfteerzielungsabsicht.8 Gemäß des Zurechnungsgrundsatzes9 sind Kapitalerträge und die dazugehörige Steuerschuld demjenigen zuzuordnen, der Kapital zur zeitlich begrenzten Nutzung überlässt und dafür ein Entgelt (den Kapitalertrag) erhält. Zudem regelt § 20 Abs. 5 EStG die Zurechenbarkeit der Einkünfte aus Beteiligung an Kapitalgesellschaften nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG. Anteilseigner ist demnach derjenige, dem nach § 39 AO die Anteile im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses zuzurechnen sind. Bei Ehegatten mit einem Gemeinschaftskonto (Und-/Oder-Konten) sind die Erträge jeweils zur Hälfte den Ehegatten zuzurechnen, sofern keine anderslautende vertragliche Regelung getroffen wurde. Dabei spielt die Herkunft der Mittel keine Rolle.10
Der Besteuerungszeitraum im Einkommensteuergesetz bei natürlichen Personen ist das Kalenderjahr. Gemäß des Zufluss-Abflussprinzips nach § 11 EStG werden Einnahmen erst dann steuerlich erfasst, wenn diese dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind und er somit die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Einnahme erhält.11 Eine Besonderheit stellen wiederkehrende Einnahmen (Zinsen) dar. Diese werden gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG dem Jahr zugeordnet, zu dem sie wirtschaftlich gehören.12
4 Arten von Kapitalerträgen
Im Folgenden werden die verschiedenen Arten von Kapitalerträgen im Sinne des Einkommensteuergesetzes dargestellt, welche besonders für die übliche private Kapitalanlage von Interesse sind. Es wird hierbei ein besonderes Augenmerk auf die Arten von Kapitalerträgen des durchschnittlichen Anlegers gelegt.
4.1 Laufende Erträge aus Kapitalanlagen
4.1.1 Gewinnanteile und sonstige Bezüge aus Körperschaften
Zu den wohl wichtigsten Einnahmen aus Kapitalvermögen für die private Kapitalanlage zählen Gewinnanteile und sonstige Bezüge aus Aktien und GmbH-Beteiligungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1–2 EStG, die im Privatvermögen gehalten werden.
Gewinnanteile an Aktiengesellschaften werden als Dividenden bezeichnet.13 Sonstige Bezüge aus Aktien können beispielsweise die Nutzung einer Ferienwohnung aufgrund einer Beteiligung an einer Aktiengesellschaft sein.14
Hält der Steuerpflichtige GmbH-Anteile im Privatvermögen und resultieren daraus Ausschüttungen, werden sie unter Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gefasst.
4.1.2 Lebensversicherungen
Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG gehören der Unterschiedsbetrag zwischen Versicherungsleistung und der Summe der auf sie entrichteten Beiträge, im Erlebensfall oder bei Rückkauf des Vertrags aus Kapitallebensversicherungen mit Sparanteil, Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht, soweit nicht die lebenslange Rentenzahlung gewährt wird, oder Unfallversicherungen mit garantierter Beitragsrückzahlung.15 Nur im Erlebensfall oder bei vorzeitiger Rückgabe der Police wird die Versicherungsleistung besteuert. Der Ertrag erstreckt sich auf die Zinsen und Sparanteile. Die Auszahlung der vertraglichen Leistung im tatsächlichen Versicherungsfall (Todesfall) ist keine steuerpflichtige Einnahme.16 Im Vergleich zu einer herkömmlichen Kapitalanlage, liegt eine Kapitallebensversicherung nur dann vor, wenn durch den Vertrag ein Todesfallrisiko abgesichert ist.17
Seit Inkrafttreten des Alteinkünftegesetz (AltEinkG) vom 05.07.2004 muss zwischen Alt‑Verträgen, die vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossen wurden und Neu-Verträgen, die nach dem 31.12.2004 abgeschlossen wurden, unterschieden werden.
Die Erträge aus Lebensversicherungen unterliegen grundsätzlich der Abgeltungsteuer in Höhe von 25 %. Dies gilt unabhängig für Alt- und Neu-Verträge. Nur Neu-Verträge, deren Erträge zur Hälfte steuerpflichtig sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 i. V. m. § 32d Abs. 2 Nr. 2 EStG, unterliegen der tariflichen Einkommensteuer. Folgende Abbildung soll einen Überblick über die im Nachgang erläuterten Unterschiede geben:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 - Übersicht von Lebensversicherungen hinsichtlich der Besteuerung
4.1.3 Alt-Verträge: Vertragsabschluss vor dem 01.01.2005
Wurden Versicherungsverträge vor dem 01.01.2005 abgeschlossen, bezeichnet man diese als „Altverträge“. Diese unterliegen hinsichtlich der Versteuerung dem bis dahin geltendem Recht. Dürfen die Beiträge zu einer Lebensversicherung als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 lit. b EStG (2004) abgezogen werden, sind die Erträge dem Grunde nach steuerfrei.18 Sie sind steuerfrei, wenn die Auszahlung oder Rückgabe nach mindestens zwölf Jahren erfolgt, wovon eine Beitragszahlung von mindestens fünf Jahren erbracht worden sein muss. Zudem muss für die Steuerbefreiung die Versicherung so ausgestaltet worden sein, dass ein Mindesttodesfallschutz von 60 % gegeben und keine steuerschädliche Verwendung erfolgt ist.19
4.1.4 Neu-Verträge: Vertragsabschluss nach dem 31.12.2004
Als „Neu-Verträge“ werden Versicherungen bezeichnet, deren Verträge nach dem 31.12.2004 abgeschlossen wurden. Bei diesen Versicherungen entfällt die gänzliche Steuerbefreiung der Erträge und müssen grundsätzlich in voller Höhe mit dem Abgeltungsteuersatz in Höhe von 25 % besteuert werden. Jedoch kann auf diese weiterhin ein steuerbegünstigender Effekt entfallen. Die Erträge unterliegen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 2 EStG nur zu 50 % der Besteuerung, wenn die Auszahlung oder Rückgabe nach zwölf Jahren nach Vertragsabschluss und nach Vollendung des 60. Lebensjahres erfolgt. Wurde der Vertragsabschluss nach dem 31. Dezember 2011 geschlossen, so ist das 62. Lebensjahr gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 2 i. V. m. § 52 Abs. 28 S. 7 EStG entscheidend.
Sollte die hälftige Steuerbefreiung greifen, entfällt der pauschale Steuersatz und der persönliche Steuersatz kommt gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 2 EStG zur Anwendung.
Beispiel: Rudi Sparsam, 63 Jahre alt, erhält im Januar 2020 die Auszahlung seiner Lebensversicherung, die er im Jahr 2007 abgeschlossen hat (somit sind die beiden Tatbestandsvoraussetzungen für die Besteuerung mit dem persönlichen Steuersatz erfüllt), in Höhe von 80.000 EUR. Über die gesamte Laufzeit des Vertrags hat Herr Sparsam insgesamt 65.000 EUR an Beitragszahlungen geleistet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 - Berechnung der steuerpflichtigen Versicherungsleistung20
Sind die Voraussetzungen der hälftigen Besteuerung nicht erfüllt, so liegt keine steuerbegünstigte Versicherung vor und der Unterschiedsbetrag (Kapitalertrag) unterliegt der Abgeltungsteuer. Die Besteuerung der hälftigen Erträge mit dem persönlichen Steuersatz (1/2 von max. 45 % = 22,5 %) ist immer günstiger als mit dem Abgeltungsteuersatz (25 %) auf die vollen Kapitalerträge.21
4.2 Erträge aus Veräußerungen
Auch Wertzuwächse aus der Veräußerung einer Kapitalanlage unterliegen der Einkommensteuerpflicht. Dabei spielt die Haltedauer keine Rolle. Um speziell die private Kapitalanlage zu beleuchten, werden die dafür typischen Beteiligungen mit möglichen Erträgen aus Veräußerungen dargestellt.
4.2.1 Veräußerung von Anteilen an Körperschaften
Hiernach werden alle Veräußerungen von Anteilen an Körperschaften nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG erfasst, die im Privatvermögen des Steuerpflichtigen als Kapitalanlage gehalten werden, wobei § 17 EStG vorrangig anzuwenden ist (Subsidiarität).
Steuerpflichtig sind nur diejenigen Anteile, die nach dem 31.12.2008 erworben wurden. Anteile, die vor dem 01.01.2009 erworben wurden, sind steuerfrei und genießen den sog. Bestandschutz nach § 52 Abs. 28 Satz 10 EStG.22
4.3 Einordnung in das Gesamtkonzept
Bei Einkünften aus Kapitalvermögen ist es wichtig, ob diese im Privatvermögen oder im Betriebsvermögen gehalten werden. Zudem ist die Höhe der Beteiligung auch für die unterschiedlichen Wahlrechte des Steuerpflichtigen ausschlaggebend. Nachfolgende Abbildung soll einen ersten Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten geben. Im Rahmen dieser Arbeit ist vor allem das Halten der Anteile im Privatvermögen mit einem Beteiligungsgrad von 0 - 1 % interessant.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3 - Besteuerung von Kapitalerträgen in Abhängigkeit der Beteiligungsart und -höhe23
5 Investmentfonds
Ab dem 01. Januar 2018 hat sich die Besteuerung und Definition im Zuge der Investmentsteuerreform grundlegend geändert. Ab 2018 zählen alle offenen (Publikums-)Investmentfonds sowie alle geschlossenen Fonds in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft als Investmentfonds.24 Im Folgenden wird nur auf die offenen Investmentfonds eingegangen, da diese regelmäßig zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen.
5.1 Steuerpflicht auf Höhe des Investmentfonds
Investmentfonds unterliegen in Deutschland der generellen Steuerpflicht, insoweit Deutschland für diese Einkünfte nach internationalen Grundsätzen ein Besteuerungsrecht nach § 49 EStG i. V. m. den jeweiligen DBAs hat. Sie unterliegen mit bestimmten inländischen Einkünften der deutschen Körperschaftsteuer i. H. v. 15 %. Folgende inländische Einkünfte sind steuerpflichtig nach § 6 Abs. 2-5 InvStG:
- Beteiligungseinnahmen (inländische Dividenden und Gewinnausschüttungen),
- Immobilienerträge (Mieten und Veräußerungsgewinne),
- Sonstige Einkünfte i. S. d. § 49 EStG mit Ausnahme von Einkünften nach § 17 EStG.
Da Investmentfonds bereits eine steuerliche Vorbelastung erfahren, wurde die Anlegerbesteuerung ab 2018 neu geregelt.25
5.2 Anlegerbesteuerung
Steuerpflichtige Einkünfte (Ausschüttungen, Vorabpauschale und Veräußerungsgewinne) aus Investmentfondsanteilen gem. § 16 InvStG führen bei privaten Anteilseignern zu Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG i. V. m. § 2 Abs. 1 S. 1 InvStG und unterliegen der Abgeltungsteuer. Als Ausgleich für die Vorbelastung auf Fondsebene werden die Einkünfte des Anlegers teilweise von der Einkommensteuer freigestellt (§ 20 InvStG). Es erfolgt hierbei eine pauschale Freistellung, die sich nach dem Anlageschwerpunkt des Investmentfonds richtet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4 - Freistellung bei Investmentfonds26
5.2.1 Ausschüttungen
Die zugeflossenen Ausschüttungen (zzgl. der einbehaltenen Steuerabzugsbeträge) ggf. unter Abzug der Teilfreistellung sind nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 InvStG steuerpflichtig.27
Beispiel: Der Privatanleger Bernd Tüchtig erhält im Jahr 2019 eine Ausschüttung aus seinem Aktieninvestmentfonds in Höhe von 10.000 EUR. Diese unterliegen nach Abzug der Teilfreistellung (30 %) mit 7.000 EUR der Abgeltungsteuer.
5.2.2 Vorabpauschale
Der Gesetzgeber hat mit der Vorabpauschale geregelt, dass nicht nur Ausschüttungen der Besteuerung unterliegen, sondern stets und mindestens die sogenannte risikolose Marktverzinsung.28 Diese ist als Basisertrag zu sehen, welcher in jedem Fall versteuert werden soll. Die tatsächlichen Ausschüttungen mindern die Vorabpauschale ggf. bis auf null und kann nicht negativ sein29. Das nachfolgende Schema stellt die notwendigen Schritte dar:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5 - Ermittlung der Vorabpauschale30
Der Basiszins ist aus der langfristig erzielbaren Rendite öffentlicher Anleihen abzuleiten und wird von der Deutschen Bundesbank aus den Zinsstrukturdaten der Renditen für Bundeswertpapiere mit jährlichen Kuponzahlungen und 15-jähriger Restlaufzeit abgeleitet (02.01.2020: 0,07 %). Als Beispiel soll das im Anhang in Kapitel 3 (Berechnung der Vorabpauschale) aufgezeigte Rechenbeispiel dienen.
5.2.3 Veräußerungsgewinn
Der Veräußerungsgewinn nach § 19 InvStG 2018 ermittelt sich aus der Differenz von Veräußerungspreis und Anschaffungskosten, ggf. gemindert um die angesetzten Vorabpauschalen. Die Teilfreistellung findet auch bei Veräußerung Anwendung. Es spielt dabei keine Rolle, ob ein Gewinn oder ein Verlust realisiert wird.31
5.3 Übergangsfragen
Mit Wechsel des „alten“ in das „neue“ geltende InvStG sind alle Investmentfondsanteile zum 31.12.2017 als veräußert und zum 01.01.2018 als erworben anzusehen. Diese Anteile werden nach § 56 Abs. 2 InvStG 2018 als Alt-Anteile bezeichnet und unterliegen dem Bestandschutz. Der fiktive Veräußerungsgewinn auf den 31.12.2017 ist steuerfrei. Erst Wertveränderungen ab 2018 unterliegen der neuen Rechtslage.32
5.3.1 Veräußerungen vor dem 01.01.2009 (Alt-Anteile)
Der fiktive Veräußerungsgewinn zum 31.12.2017 ist auf Grund des Bestandsschutzes bei Einführung der Abgeltungsteuer steuerfrei. Jedoch unterliegen ab dem 01.01.2018 sämtliche Erträge i. S. d. § 16 InvStG 2018 (Ausschüttungen, Vorabpauschalen und Gewinne aus Veräußerungen) der Einkommensteuer. Jedoch ist dem Steuerpflichtigen ab 2018 ein Freibetrag für bei bestandsgeschützten Alt-Anteilen i. H. v. 100.000 EUR einzuräumen, der bei Veranlagung gewährt wird.33
Beispiel: Rudi Sparfuchs erwarb 2004 Anteile an einem ausschüttenden Immobilienfonds zu einem Kaufpreis von 40.000 EUR. Zum 31.12.2017 betrug der Rücknahmepreis der Anteile 70.000 EUR. Im Oktober 2019 veräußert er diese Anteile zu einem Preis von 80.000 EUR.
Lösung: Der fiktive Veräußerungsgewinn auf den 31.12.2017 beträgt 30.000 EUR. Dieser ist steuerfrei (Bestandsschutz). Der nach § 19 InvStG 2018 berechnete Veräußerungsgewinn beträgt 10.000 EUR, welcher einer Teilfreistellung von 60 % unterliegt. Der steuerpflichtige Gesamtgewinn beläuft sich auf 4.000 EUR. Dieser Gewinn kann durch Veranlagung mit dem Freibetrag gegengerechnet werden.
5.3.2 Veräußerungen nach dem 31.12.2008 (Neu-Anteile)
Der fiktive Veräußerungsgewinn wird erst bei tatsächlicher Veräußerung der Anteile beim Anleger besteuert. Dieser Gewinn wird von der Bank des Anlegers ermittelt. Bei tatsächlichem Verkauf setzt sich der zu versteuernde Veräußerungsgewinn aus dem jeweiligen Teilbetrag „altes Recht“ und „neues Recht“ zusammen.34
Beispiel: Rainer Gierig erwarb 2015 Anteile an einem ausschüttenden Aktieninvestmentfonds zu einem Kaufpreis von 50.000 EUR. Zum 31.12.2017 betrug der Rücknahmepreis der Anteile 60.000 EUR. Im Januar 2020 veräußert er die Anteile zum Preis von 80.000 EUR.
Lösung: Der fiktive Veräußerungsgewinn zum 31.12.2017 beträgt 10.000 EUR (§ 8 Abs. 5 InvStG 2004). Der nach § 19 InvStG 2018 berechnete Veräußerungsgewinn beträgt 20.000 EUR, welcher einer Teilfreistellung von 30 % unterliegt. Der steuerpflichtige Gesamtgewinn beläuft sich somit auf 24.000 EUR.
6 Ergebnisermittlung
Allgemein gilt bei Ergebnisermittlung bei Veräußerung das FiFo-Verfahren (First in first out). Dies bedeutet, dass die zuerst angeschafften Wertpapiere zuerst veräußert werden.35 Zunächst werden also Anteile, die dem Bestandschutz unterliegen, veräußert und erst dann Anteile, die nach den 31.12.2008 angeschafft wurden.
6.1 Laufende Erträge
Die Einnahmen nach § 20 Abs. 1 EStG sind in voller Höhe der Besteuerung zu unterwerfen. Hierzu zählen Zinsen und Dividenden. Werbungskosten dürfen nicht in Abzug gebracht werden gemäß § 20 Abs. 9 EStG.
6.2 Veräußerungsvorgänge
Bei Veräußerungen von Anteilen an Körperschaften i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG gilt gemäß § 20 Abs. 4 EStG folgender Betrag als Bemessungsgrundlage:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6 - Ermittlung des Veräußerungsgewinns36
Trotz Werbungskostenabzugsverbot nach § 20 Abs. 9 EStG dürfen die Anschaffungs- und Veräußerungskosten bei der Einkunftsermittlung in Abzug gebracht werden.37
[...]
1 Vgl. BT-Drs. 16/4841, S.1.
2 Vgl. Ashauer-Moll & Schwerdtner, 2015, S. 1.
3 Vgl. Blümich/Werth EStG § 32d Rn. 1.
4 Vgl. Niemeier, G. und andere, Grüne Reihe, 2014. S. 1398.
5 Vgl. Ashauer-Moll & Schwerdtner, 2015, S. 1.
6 Vgl. Blümich/Werth EStG § 32d Rn. 25.
7 Vgl. Blümich/Werth EStG § 32d Rn. 36.
8 Vgl. BMF, Schreiben v. 18.1.2016, IV C 1 – S 2252/08/10004 :017, BStBl 2016 I S. 85, Rz. 125.
9 Vgl. BFH-Urteil vom 27.1.1993 (IX R 269/87) BStBl. 1994 II S. 615.
10 Vgl. FG München vom 10.03.2004, 4 K 3240/02, EFG 2004, 1258; FG Hessen vom 26.07.2001, 1 K 2651/00, EFG 2002, 34.
11 Vgl. BFH, Urteil v. 21.11.1989, IX R 170/85, BStBl 1990 II S. 310.
12 Vgl. BMF, Schreiben v. 18.1.2016, IV C 1 – S 2252/08/10004 :017, BStBl 2016 I S. 85, Rz. 241.
13 Vgl. Blümich/Ratschow EStG § 20 Rn. 65.
14 Vgl. BFH, Urteil v. 16.12.1992, I R 32/92, BStBl 1993 II S. 399.
15 Vgl. BMF-Schreiben v. 22.12.2005, BStBl. 2006 I, S. 92.
16 Vgl. BMF-Schreiben v. 22.12.2005, BStBl. 2006 I, S. 92. Rz. 24; Blümich/Ratschow, 151. EL März 2020, EStG § 20 Rn. 266.
17 Vgl. BMF, Schreiben v. 1.10.2009, IV C 1 – S 2252/07/0001, BStBl 2009 I S. 1172, Rz. 2.
18 Vgl. Ronig, 2019, Einkünfte aus Kapitalvermögen, HI9285840.
19 Vgl. Kirchhof/Beckerath EStG § 20 Rz. 107.
20 Eigene Darstellung.
21 Vgl. Ashauer-Moll & Schwerdtner, 2015, S. 18.
22 Vgl. BMF, Schreiben v. 18.1.2016, IV C 1 – S 2252/08/10004 :017, BStBl 2016 I S. 85, Rz. 317.
23 Abbildung in Anlehnung an Ashauer-Moll & Schwerdtner, 2015, S. 214.
24 Vgl. Ronig, 2019, Einkünfte aus Kapitalvermögen, HI11347304.
25 Vgl. Ronig, 2019, Einkünfte aus Kapitalvermögen, HI11347304.
26 Eigene Darstellung in Anlehnung an Ronig, 2018, Investmentfonds, HI11762298.
27 Vgl. Ronig, 2019, Einkünfte aus Kapitalvermögen, HI11347307.
28 Vgl. BT-Drs. 18/8045, S. 88.
29 Vgl. Blümich/Wenzel InvStG 2018 § 18 Rn. 11
30 Eigene Darstellung in Anlehnung an Blümich/Wenzel InvStG 2018 § 18 Rn. 19.
31 Vgl. § 2 Abs.14 InvStG 2018.
32 Vgl. Ronig, 2018, Investmentfonds, HI11762303.
33 Vgl. Ronig, 2019, Einkünfte aus Kapitalvermögen, HI12081303.
34 Vgl. Ronig, 2018, Investmentfonds, HI11762303.
35 Vgl. Ronig, 2019, Einkünfte aus Kapitalvermögen, HI9285880.
36 Eigene Darstellung in Anlehnung an Ashauer-Moll & Schwerdtner, 2015, S. 46.
37 Vgl. Ronig, 2019, Einkünfte aus Kapitalvermögen, HI9285875.