Peer-Feedback in der Grundschule


Hausarbeit, 2020

23 Seiten, Note: 2,0

Anonym


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Feedback
2.1 Definition
2.2 Merkmale lernförderlichen Feedbacks

3. Peer-Feedback

4. Gestaltung lernförderlichen Peer-Feedbacks

5. Verortung von Peer-Feedback im Lehrplan

6. Umsetzung von Peer-Feedback in der Grundschule

6. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Jeder Mensch gibt sich selbst und seinen Mitmenschen täglich zahlreiche Rückmeldungen zu den verschiedensten Themen und Gegenständen. Wenn wir dieses Verhalten reflektie­ren, so nehmen wir ständig die Rolle eines Feedback-Gebenden und eines Feedback­Erhaltenden ein. Die von uns täglich ausgesprochenen Rückmeldungen erfolgen allerdings eher unbewusst im Alltag, als dass sie einen systematischen Ursprung haben. Ein wirklich systematisch intendiertes Feedback lässt sich vor allem in der Institution Schule wiederfin­den, denn dort stellt Feedback eine der größten Einflussvariablen auf das schulische Ler­nen dar (Hattie, 2013). In der Schule werden Rückmeldungen in Folge einer Leistungser­bringung eingesetzt. Die Intention schulischen Feedbacks liegt darin, eine gezeigte Leis­tung zu beurteilen und gegebenenfalls durch die Vermittlung von Tipps oder Strategien eine Leistungssteigerung der/des Lernenden zu erreichen. Denkt man an Feedback inner­halb der Schule, so geht man häufig davon aus, dass das Feedback von einer Lehrkraft ge­geben wird. Allerdings besteht auch die Möglichkeit, dass sich die Schülerinnen und Schü­ler gegenseitig Feedback geben, was nachfolgend als Peer-Feedback bezeichnet wird. Die Tatsache, dass dabei gerade an jüngere Schülerinnen und Schüler zahlreiche Anforderun­gen gestellt werden, steht außer Frage. Trotz dessen wurde die Wirksamkeit von Peer­Feedback auch innerhalb der Grundschule von vielen Autoren auf Grundlage einiger Stu­dien als effektiv hinsichtlich des Lernzuwachses bezeichnet. Doch wie muss Peer­Feedback in der Grundschule gestaltet sein, um die größtmögliche Wirkung in Bezug auf das Lernen der Schülerinnen und Schüler zu erzielen? Es gibt bereits Studien, die sich mit Lehrer-Feedback in Grundschulen beschäftigen und solche, die die Anwendung von Peer­Feedback in weiterführenden Schulen analysieren. Allerdings lassen sich zum aktuellen Forschungsstand nur wenige Aussagen über lernförderliches Peer-Feedback innerhalb des Grundschul-Unterrichts finden. Im Rahmen dieser Ausarbeitung wird das Konzept des Peer-Feedbacks erläutert und dessen Durchführung in der Grundschule beleuchtet.

Um den Begriff Peer-Feedback erläutern zu können, ist es bedeutsam, zunächst den Begriff Feedback zu definieren. Da die Thematik sehr umfassend ist, wird sich hierbei auf eine Definition von John Hattie und Helen Timperley (2007) beschränkt, welche durch unter­schiedliche Typisierungen von Feedback ergänzt wird. Fortführend wird die Frage aufge­griffen, wie schulisches Feedback gestaltet werden sollte, damit es am effektivsten hin­sichtlich des Lernzuwachses von Schülerinnen und Schülern ist. Dazu wird ein Modell von Hattie und Timperley (2007) vorgestellt, welches drei zentrale Feedback-Inhalte in den Mittelpunt stellt. Ebenso wird Bezug auf die verschiedenen Ebenen von Rückmeldungen genommen, welche die Effektivität dieser beeinflussen. Daraufhin wird das Konstrukt Peer-Feedback erläutert, wobei charakteristische Merkmale nach Keith J. Topping (2018) vorgestellt werden; diese Merkmale werden auf ihre lernförderliche Wirkung durchleuch­tet. Im Anschluss daran wird ein Zusammenhang zwischen den durch Peer-Feedback ge­forderten und geförderten Kompetenzen und den Richtlinien und dem Lehrplan für die Grundschule in Nordrhein-Westfalen hergestellt, indem die jeweiligen Kompetenzerwar­tungen verglichen werden. Wie genau das Peer-Feedback in den Unterricht integriert wer­den kann und welche Anforderungen an alle Betroffenen gestellt werden, damit beschäftigt sich der letzte Teil dieser Ausarbeitung. Dazu werden verschiedene Ansätze vorgestellt, welche die Umsetzung von Peer-Feedback in der Grundschule kritisch hinterfragen. Auf Grundlage dieser Ausarbeitung wird schlussendlich diskutiert, wie lernförderliches Peer­Feedback in einer Grundschule gestaltet werden sollte und wie leistungssteigernd die In­tegration dessen in den Grundschulunterricht ist.

2. Feedback

2.1 Definition

John Hattie und Helen Timperley (2007, S. 81) definieren Feedback als „information pro­vided by an agent (e.g., teacher, peer, book, parent, self, experience) regarding aspects of one's performance or understanding. [...] Feedback thus is a 'consequence' of perfor­mance“. Folglich kann Feedback also erst auf eine Aktivität hin folgen, auf welche sie sich anschließend bezieht. Feedback lässt sich in implizite und explizite Rückmeldungen glie­dern. Implizierte Rückmeldungen sind solche, welche unbewusst auftreten (Müller & Dit- ton, 2014). Sie können verbal, aber auch nonverbal, beispielsweise in Form von Schwei­gen, auftreten. Charakteristisch für implizite Rückmeldungen ist es, dass sie nicht als of­fensichtliche Reaktion auf eine Tätigkeit erkennbar sind (Knickenberg, 2018). Gegensätz­lich dazu sind explizite Rückmeldungen solche, welche deutlich als Rückmeldungen er­kennbar sind (ebd.). Als Beispiel können verbale Äußerungen, sowie sichtbare Mimik und Gestik, aber auch schriftlich erteiltes Feedback, herangeführt werden. Häufig beinhaltet explizites Feedback eine gezielte Intention an die Rezipientin/den Rezipienten, wodurch einer Rückmeldung verschiedene Funktionen zugewiesen werden können (ebd.). Margarita Knickeberg (2018, S. 15) führt einige Funktionen von Feedback auf, wonach Feedback „[.] unter anderem einen Lernprozess anregen, lenken, regulieren, instruieren oder ver­stärken [kann], es kann aber auch informieren, motivieren oder einen Prozess oder ein Er­gebnis bewerten“. Andreas Müller und Hartmut Ditton (2014) ergänzen, dass diese Funkti­onen nicht getrennt eingesetzt werden, sondern sich vielmehr gegenseitig ergänzen.

Rückmeldungen können individuell, oder auch gruppenbezogen gegeben werden. Aller­dings wird die Intention von einer Rückmeldung in einer Gruppensituationen dadurch ab­geschwächt, dass oftmals unklar ist, ob das Feedback für die anderen Gruppenmitglieder oder für einen selbst relevant ist (Hattie & Timperley, 2007). In solchen Situationen wird das Feedback als unbedeutend für die einzelne Lernende/den einzelnen Lernenden emp­funden, wodurch die Botschaft des Feedbacks verloren geht. Somit lässt sich festhalten, dass die Wirkung von Feedback enorm von der eigenen Eingebundenheit in die Aufgabe und dem persönlichen Empfinden des Bezugs zu der eigenen Leistung abhängt (ebd.)

Susanne Narciss (2006) unterscheidet zwischen zwei Formen von Feedback, dem einfa­chen und dem elaborierten Feedback. Unter einfachen Rückmeldungen versteht Narciss solche, die Leistungen konkret als richtig oder falsch einstufen. Aus solch einem Feedback geht hervor, ob die Rezipientin/der Rezipient die Aufgabe richtig gelöst hat und was genau sie/er richtig gemacht hat. Elaboriertes Feedback jedoch geht weit über diese Einstufung hinaus und gibt der Lernenden/dem Lernenden Auskunft darüber, wo die Ursachen für mögliche Fehler liegen und vermittelt darüber hinaus Lösungsstrategien (ebd.). Diese Art des Feedbacks ist für den Lernzuwachs der Rezipientin/des Rezipienten effektiver, da es Erklärungen und Hinweise beinhaltet. Die Übergänge zwischen einfachen und elaborierten Rückmeldungen sind nicht trennscharf, sondern gehen teilweise fließend ineinander über. Diese Ausarbeitung beschäftigt sich im folgenden Teil ausschließlich mit explizitem Feed­back, welches konkret zur Beurteilung von Aktivitäten und Leistungen eingesetzt wird sowie gleichzeitig auch individuellem Feedback, welches sich auf die individuelle Leis­tung einer Person bezieht.

2.2 Merkmale lernförderlichen Feedbacks

Feedback ist einer der einflussreichsten Faktoren, welcher mit dem Lernprozess zusam­menhängt, beziehungsweise diesen direkt beeinflusst (Hattie, 2013). In einer von John Hat­tie (2013) aufgestellten Studie, welche die Einflussvariablen auf das schulische Lernen untersucht, liegt Feedback auf Rang zehn von 138. Wird Feedback explizit im Rahmen der Schule in Folge einer Leistungserbringung eingesetzt, so streben die Feedback-Gebenden mit dem Einsatz des Feedbacks eine Leistungssteigerung der Rezipientin/des Rezipienten an. Rückmeldungen erweisen sich als effektiv, wenn sie das Potential aufbringen, das Ler­nen der Schülerinnen und Schüler dahingehend positiv zu beeinflussen (Ruiz-Primo & Brookhart, 2018). Die Leistungssteigerung soll dadurch erreicht werden, dass auf hilfrei­che Lernstrategien hingewiesen wird, die die/der Lernende wahrnehmen kann, um ih- re/seine jetzige Leistung zu verbessern und sich bei zukünftigen Leistungen steigern zu können. Um die Lücke zwischen dem bisher Verstandenem und dem angestrebten Ver­ständnis zu schließen, haben Hattie und Timperley (2007) ein Modell entwickelt, welches drei wesentlichen Feedbackfragen in den Mittelpunkt stellt. Diese Fragen verlaufen jedoch nicht aufeinanderfolgend, sondern unterliegen vielmehr einer fließenden Abgrenzung (ebd.).Effektives Feedback muss nach Hattie und Timperley (2007) folgende drei Informa­tion beinhalten:

Als Feed Up bezeichnen die beiden Autoren die Aufklärung der Rezipientin oder des Re­zipienten darüber, welches Ziel erreicht werden soll (ebd., S. 210). Dabei informieren diese vorher festgelegten Ziele über Kriterien, mit denen eine Erreichung des Ziels möglich ist. Die Lernende/der Lernende setzt ihre/seine eigene Leistung in Bezug zu den Zielen und ordnet das Niveau der Leistung anhand dieser Kriterien ein. Durch das Feed Up werden eine starke Anstrengungsbereitschaft sowie hohes Engagement geweckt. Darüber hinaus bestätigt sich die Zielgerichtetheit des Handels, oder sie wird neu ausgerichtet. Folgende Frage ist hierbei für die Lernende/der Lernende relevant: „Wo gehe ich hin?“(ebd., S. 210). Unter Feed Back verstehen Hattie und Timperley (2007, S. 210) die Anmerkung, welche den gegenwärtige Lernprozess beschreibt und gegebenenfalls noch Handlungsbedarf auf­zeigt. Es wird vermittelt, welche Fortschritte bereits gemacht wurden und welche noch erforderlich sind. Hierbei verknüpft der/die Feedback-Gebende eine vorangegangene Leis­tung mit der aktuellen und/oder gibt der Lernenden/dem Lernenden Informationen zum Erfolg (oder Misserfolg) in Teilaufgaben. Die/der Lernende sollte darüber nachdenken: „Wie komme ich voran?“(ebd., S. 210). Im Feed Forward werden Tipps vermittelt, mithil­fe dessen die Lernenden das vorher klar definierte Ziel erlangen können (ebd., S.210). Es werden Lernmöglichkeiten geboten, welche zur Erlangung des Fortschrittes notwendig sind. Die leitende Auseinandersetzung lautet hier: „Wohin geht es danach?“(ebd., S.210).

Hattie und Timperley bedauern, dass Feedback häufig ohne Bezug zu den Erfolgskriterien des Lernziels eingesetzt wird, wodurch die Informationen des Feed Up fehlen (ebd.). Um­so wichtiger erachten sie den Aspekt des Feed Back, denn nur wenn die/der Lernende Rückmeldung zu ihrem/seinem aktuellen Fortschritt erhält, erweist sich das Feedback als effektiv (ebd.). Laut den beiden Autoren entfaltet Feedback seine Wirkung jedoch erst dann, „[...] wenn es dazu genutzt wird, um Informationen bereitzustellen, die den Lernen­den größere Möglichkeiten des Lernens einräumen“(ebd., S. 213). Ob und inwiefern Feed­back lernförderlich wirkt, hängt davon ab, auf welcher Ebene die Lernenden das Feedback verstehen.

Hattie und Timperley (2007, S. 210) unterscheiden zwischen vier Ebenen von Feedback, dem task level, dem process level, dem selfregulation level und dem self level. Feedback hat auf all diesen Ebenen verschiedene Effekte; so ist es besonders wichtig sicherzustellen, dass das Feedback an die richtige Ebene bei der Rezipientin/dem Rezipienten adressiert ist (ebd.). Das task level stellt die Ebene der Aufgabenbearbeitung dar, welche sich inhaltlich auf die Bewältigung einer Aufgabe bezieht (ebd.). Hierbei wird ausschließlich zwischen einer richtigen und einer falschen Bearbeitung unterschieden. Begründet wird diese Ein­ordnung anhand der Kriterien der Aufgabenbewältigung, sowie der Ordentlichkeit, Rich­tigkeit oder dem Verhalten der Rezipientin/des Rezipienten. Wenn ein gewisses Basiswis­sen bei den Rezipienten vorhanden ist, kann sich die Wirkung der Rückmeldung auf dieser Ebene besser entfalten; ansonsten sind Erklärungen und die Vermittlung von Lernstrate­gien hier förderlicher (ebd.). Ein prozessbezogenes Feedback spielt sich auf dem process level ab. Solche Rückmeldungen beziehen sich auf Bearbeitungsweisen, Arbeitsschritte, aber auch auf Lernprozesse. Da es um das reine Prozessverständnis geht, stehen hierbei die Aneignung, Speicherung, Reproduktion und Anwendung von Wissen im Vordergrund. Ein Verständnis des Feedbacks auf dieser Ebene bringt mehr Vorteile für das tiefere Verständ­nis; es kann der Auslöser für eine effektivere Informationssuche und effizientere Bearbei­tungsmethoden sein (ebd.). Das selfregulation level kann als regulative oder metakognitive Ebene verstanden werden. Selbstregulationsbezogenes Feedback „[...] bezieht sich auf die Art und Weise, mit der [die Lernende/] der Lernende sich selbst beobachtet, anweist und seine Handlung gegenüber dem Lernziel ausrichtet“ (ebd., S.218). Auf dieser Ebene dreht es sich also vielmehr um die Selbsteinschätzung und -evaluation. Die vierte Ebene stellt das s elf level dar; Rückmeldungen werden hier an die persönliche Ebene adressiert. Solch eine Rückmeldung enthält wenige aufgabenbezogene Informationen, sondern nimmt nur Bezug auf die Person selbst. Diese Ebene ist demnach nicht informativ hinsichtlich der Leistung und führt nur in den seltensten Fällen zu einer Leistungsförderung (ebd.).

Ist das Feedback an die richtige Ebene adressiert, kann es den Lernenden dabei helfen, sich zielführend mit dem Lerngegenstand auseinanderzusetzen. Ebenso können effektive Lern­strategien und hilfreiche Tipps vermittelt werden. Laut Hattie und Timperley (2007, S. 226) „[...] muss Feedback klar, absichtsvoll und bedeutungsvoll sein, die Vorkenntnisse der Lernenden berücksichtigen und dazu logische Bezüge herstellen“, um wirklich effektiv und lernförderlich zu sein. Beispielsweise wird die Wirkung von aufgabenbezogenem Feedback verringert, wenn es mit persönlichem Feedback gemischt wird. Dies geschieht in Form von Aussagen wie: „Richtig, das hast du toll gemacht“. Die Botschaft des prozessbe­zogenem Feedbacks steigt und fällt mit der Lernmotivation der/des Feedback-Gebenden. Umso mehr Maßnahmen diese/dieser zur Fehlererkennung einsetzt, desto effizienter ist die Rückmeldung für die Lernende/den Lernenden. Feedback, welches sich auf die Selbstregu­lation bezieht, erfordert hohe Fähigkeiten in der Selbstevaluation. Hierbei wird das Zu­sammenspiel von persönlicher Relevanz, Engagement, Kontrolle und Selbstvertrauen vo­rausgesetzt. Das sind hohe Anforderungen, denn nicht jeder bringt die erforderte Eigen­ständigkeit und Selbstdisziplin mit, die für diese Art von Feedback notwendig erscheinen. Am wohl ineffektivsten erweisen sich Rückmeldungen auf der persönlichen Ebene. Hattie und Timperley (2007, S. 221) halten es für äußerst unwahrscheinlich „[...] über Lob Lern­leistungen zu steigern, weil es so gut wie keine Information bezogen auf die drei Feed­backfragen enthält“. Demnach sind die vermittelten Informationen für den Lernzuwachs der Rezipientin/des Rezipienten inhaltslos. Feedback sollte also bestenfalls aufgabenbezo­gen formuliert werden und sich weniger auf die Persönlichkeit der Lernenden/des Lernen­den beziehen.

Nach Hattie und Timperley (2007) kann Feedback seine Wirkung am besten entfalten, wenn es direkt nach der erbrachten Leistung erfolgt. Dabei soll es aufgabenbezogen formu­liert sein und fehlerhafte Vorstellungen ansprechen.

„Große Effekte zeigte das Feedback in Studien, in denen den Lernenden Informa­tionen über die Aufgabe und eine effektive Bearbeitungsweise gegeben wurden. Schwächer waren die Wirkungen des Feedbacks, wenn es sich auf Lob, Belohnung oder Bestrafung bezog. Eine detaillierte Synthese aus Hatties (1999) Datenbestand von 74 Metaanalysen mit Informationen zum Feedback macht deutlich, dass die ef­fektivsten Formen von Feedback den Lernenden Hinweise oder Bestärkung geben [...] und/oder das Feedback sich auf Lernziele bezieht.“ (Hattie & Timperley 2007, S. 207)

In einer Studie von Hattie und Timperley (2007) konnte nachgewiesen werden, dass sich elaboriertes Feedback für die Rezipientin/den Rezipienten im Gegensatz zu einfachem Feedback als lernwirksamer erweist, da es Hinweise oder Instruktionen zur Aufgabe lie­fert. Trotz alle dessen tritt im alltäglichen Unterricht die Form des einfachen Feedbacks häufiger auf als die des elaborierten Feedbacks. Auch Hyland und Hyland (2001) bestäti­gen, dass 50% des Feedbacks innerhalb von schulischen Institutionen einfache Äußerun­gen sind. Letztendlich kann die Wahrnehmung und somit die vermittelte Botschaft des Feedbacks jedoch sehr subjektiv ausfallen (Hattie & Timperley, 2007). Ruiz-Primo und Brookhart (2018, S. 52) formulieren die an dieser Stelle passende Aussage: „Feedback is only effective and relevant if a student appropriately modifies her thinking process“. Folg­lich kann ein Feedback noch so gut formuliert sein; wenn die Empfängerin/der Empfänger die Rückmeldung nicht versteht, nimmt sie auch keinen nennenswerten Einfluss. Feedback kann nur als effektiv bezeichnet werden, wenn die jeweiligen Empfänger es versteht und für sich und ihr Lernverhalten nutzen.

3. Peer-Feedback

Keith J. Topping (2018, S. 1) definiert Peer-Feedback als an arrangement for learners to consider and specify the level, value, or quality of a product or performance of other equal-status learners, then learn further by giving elaborated feedback to and discussing their appraisals with those who were as­sessed to achieve a negotiated agreed outcome.

Gehen wir von Peer-Feedback im Rahmen einer schulischen Institution aus, so haben die Schülerinnen und Schüler hierbei die Möglichkeit, sich gegenseitig untereinander zu hel­fen, ihre Stärken und Schwächen zu finden und einen Leistungszuwachs zu gewinnen. Die gegebenen Rückmeldungen können sich nicht nur auf eine erbrachte Leistung, sondern auch auf das Prozessverhalten der Lernenden/des Lernenden beziehen. Topping (2018) beurteilt Peer-Feedback effizienter als Lehrer-Feedback, da es in einem größeren Umfang und mit einer größeren Unmittelbarkeit oder Aktualität erbracht wird. Seiner Meinung nach kann ein Feedback-gebendes Kind mit wenig Erfahrung nach einiger Zeit ein ebenso gültiges und zuverlässiges Feedback formulieren, wie es eine Lehrperson kann (ebd.).

Hierbei spielt der Faktor Zeit eine wichtige Rolle, denn dieser Prozess erweist sich als ziemlich zeitaufwändig. Allerdings ist der einhergehende Lernprozess für beide Seiten förderlich, denn durch den kommunikativen, aktiven Austausch herrscht ein produktiver Prozess, in dem vor allem auch soziale Kompetenzen geschult werden; folglich wachsen sowohl die Kompetenzen der/des Feedback-Gebenden als auch die der Rezipientin/des Rezipienten in diesem Prozess. Somit erzielt das Peer-Feedback nicht nur unmittelbare Erfolge für die Leistung und das Lernverhalten, sondern auch langfristige Vorteile in Be­zug auf die Kommunikation und Zusammenarbeit (ebd.).

Laut Topping (2018) ist Peer-Feedback in allen Klassenstufen - unabhängig von Alter oder Fähigkeiten - in den Unterricht integrierbar. Es gibt viele verschiedene Arten von Schüler­Schüler-Rückmeldungen; die Arten eignen sich mehr oder weniger für bestimmte Unter­richtskontexte, Leistungsniveaus, Altersstufen oder Fächer (ebd.). Der wesentlichste Un­terscheidungspunkt liegt darin, ob das Peer-Feedback summativ oder formativ ist. Summa- tive Rückmeldungen gehören zu der Kategorie der einfachen Rückmeldungen. In Form eines summativen Feedbacks wird der Rezipientin/dem Rezipienten lediglich aufgezeigt, wie gut oder schlecht ihre Leistung ist; sie erfahren allerdings keinerlei Verbesserungsvor­schläge (ebd.). Formative Rückmeldungen informieren die Rezipientin/den Rezipienten darüber, wie sie/er ihre/seine Leistung noch verbessern oder steigern kann (ebd.). Ein an­derer Gesichtspunkt zur Unterscheidung von Rückmeldungen liegt darin, ob sie qualitativ, quantitativ oder sogar beides sind. Qualitatives Peer-Feedback zeichnet sich dadurch aus, dass es mit Rückmeldungen zu positiven und negativen Aspekten sowie Verbesserungs­vorschlägen angereichert ist (ebd.). Bei quantitativen Rückmeldungen wird der/dem Ler­nenden lediglich eine Zahl in Bezug auf eine Note übermittelt. Im Gegensatz zum qualita­tiven Feedback findet hier kaum Lernzuwachs statt, da der/dem Lernenden keine Ideen zur Verbesserung der aktuellen Leistung vorgeschlagen werden (ebd.). Auch innerhalb des Peer-Feedbacks lässt sich zwischen individuellem und gruppenbezogenem Feedback unter­scheiden. Ebenso kann man zwischen mündlichem und schriftlichem Peer-Feedback unter­scheiden. Schriftliches Peer-Feedback kann auch anonymisiert erfolgen, wobei Topping (2018, S. 5) dies als ineffektiver bewertet: „Peer feedback from somebody you know might be more powerful than that from somebody who is anonymous“. Im Rahmen dieser Ausar­beitung wird demnach lediglich individuelles, mündliches Peer-Feedback analysiert.

Die Effektivität von Peer-Feedback wurde schon in einigen Studien analysiert. Viele dieser Studien haben unter Beweis gestellt, dass Peer-Feedback erhebliche Vorteile für das Ler- nen der Schülerinnen und Schüler mit sich bringt, da es nicht nur soziale Kompetenzen fördert, sondern auch die Schülerinnen und Schüler mehr in den Unterricht integriert - was dazu führt, die Kinder stärker für das Lernen zu engagieren - und ihr Verständnis von Be­wertung und Bewertungskriterien verbessert (Blomax & West, 2004; Harris, 2007). So befragte Weaver (1995) 500 Lehrpersonen, für wie effektiv sie Peer-Feedback in Bezug auf den Schreibprozess der Kinder finden. Die Mehrheit gab an, dass sie die Peer­Rückmeldungen im Allgemeinen effektiver empfinden als ihre eigenen. Jedoch stellte sich heraus, dass die befragten Schülerinnen und Schüler die Rückmeldungen von ihren Lehr­kräften hilfreicher in Bezug auf ihren Schreibprozess finden als die der Gleichaltrigen. Wiederrum gaben die Befragten an, dass sie sich auch durch Rückmeldungen der Peers hinsichtlich des Schreibens verbessert haben. 2017 führten Panadero und Brown eine Um­frage mit über 1500 Lehrkräften der Grundschul-, Sekundarschul- und Hochschulbildung in Spanien durch, welche die Wirkung von Peer-Feedback erfragen sollte. Hierbei gaben die Befragten an, dass sich gelegentlich Peer-Feedback in den Unterricht integrieren und auch positive Erfahrungen damit machten. Dieses Feedback wurde mündlich und nicht anonymisiert vergeben. Auch Boon (2016) untersuchte den Einfluss von Peer-Feedback auf den Schreibprozess von Grundschülerinnen und Grundschülern. Dabei gaben die be­fragten Kinder an, dass sie aufgabenbezogenes Feedback am hilfreichsten finden. Als wichtigen Punkt unterstreichen die Befragten, dass genug Zeit vorhanden sein muss, um das Feedback zu geben, darauf zu reagieren, anschließend in der Klasse darüber zu disku­tieren und schlussendlich auch darüber nachzudenken, wie sie das Feedback für die Ver­besserung ihrer Leistung nutzen können.

Allerdings ist die Effektivität eines Peer-Feedbacks nicht immer gewährleistet. Beispiels­weise stellten Harris und Brown (2013) fest, dass eine schlechte soziale Beziehung zwi­schen Feedback-Gebenden und Rezipientinnen und Rezipienten die Wirksamkeit des Peer­Feedbacks stark beeinträchtigt. Ebenso merkten sie an, dass der Druck, von Gleichaltrigen beurteilt und bewertet zu werden, ebenfalls kontraproduktiv für die Effektivität des Feed­backs ist. Ebenfalls ist auch die zu frühe Einbeziehung von Peer-Feedback nicht förderlich für das Lernen der Schülerinnen und Schüler. Es ist wichtig, dass sowohl die Feedback­Gebenden, als auch die Rezipientinnen und Rezipienten ausreichend auf das Peer­Feedback vorbereitet sind. Doch wie muss Peer-Feedback gestaltet sein, um möglichst große Effekte bei allen Beteiligten zu erzielen?

[...]

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Peer-Feedback in der Grundschule
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal
Veranstaltung
Diagnostizieren, Unterrichten, Fördern
Note
2,0
Jahr
2020
Seiten
23
Katalognummer
V922963
ISBN (eBook)
9783346245038
ISBN (Buch)
9783346245045
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Feedback, Peer-Feedback, Schule, Grundschule, Fördern
Arbeit zitieren
Anonym, 2020, Peer-Feedback in der Grundschule, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/922963

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Titel: Peer-Feedback in der Grundschule



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