Diese Arbeit im Rahmen des Masterstudiengangs ist in drei Haupteile gegliedert: 1. eine ausführliche Exegese auf der Basis des griechischen Textes der Fußwaschung, 2. eine Darstellung des Hörerkreises (Unterhaltungsmilieu) und der Predigtsituation (Karwoche, evangelische Kirche) und 3. die Predigt.
Die Geschichte, wie Jesus seinen Jüngern die Füße wäscht (Joh 13,1-20), ist „die Geschichte der vollendeten Liebe“. Nur wenige Texte der Bibel zeigen die Erniedrigung, der sich Jesus Christus selbst unterworfen hat, deutlicher. Dies macht diese Geschichte so eindrücklich.
Diese Geschichte als evangelistische Predigt für eine Zielgruppe von Nichtchristen zu vermitteln, bringt aber gewisse Schwierigkeiten mit sich. Ein Problem besteht darin, dass sich der Skopus des Textes an Christen wendet. Desweiteren enthält der Text so manche Formulierung, die für Menschen, die nicht christlich sozialisiert sind, unverständlich oder gar anstößig sind. Die Bedingungen, aus diesem Text eine evangelistische Predigt zu formulieren, sind also alles andere als ideal. Dass es aber dennoch gelingen kann, soll diese Arbeit zeigen.
Das Thema der Evangelisationspredigt ist in der wissenschaftlichen Theologie ein umstrittenes Thema. Manche verschweigen das Thema gänzlich. So sucht man es z. B. vergeblich in Rösslers Kapitel zur Homiletik in seinem „Grundriß der Praktischen Theologie“. Winter gesteht demgegenüber der missionarischen Verkündigung jedoch einen wichtigen Raum im Gemeindeleben zu, was er mit dem deutlichen Satz „Ohne das missionarische Zeugnis ist eine Kirche keine lebendige Kirche“ am klarsten zum Ausdruck bringt. Im „Handbuch der Praktischen Theologie“ von Bloth u.a. werden dem Thema der Evangelisation sogar zwei Kapitel gewidmet. Diese drei exemplarischen Beispiele sollen genügen, um zu zeigen, welchen unterschiedlichen Stellenwert der Evangelisationspredigt innerhalb der Praktischen Theologie zugemessen wird.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Exegese zu Joh 13,1-20
1.1 Der Text
1.1.1 Gliederung
1.1.2 Erläuterungen zur Gliederung
1.2 Einzelexegese
1.3 Joh 13 im Kontext
1.3.1 Joh 13 im Kontext des Johannes-Evangeliums
1.3.2 Joh 13 im Kontext der Evangelien
2. Die Textvermittlung
2.1 Hörerkreis und Predigtsituation
2.2 Probleme der Vermittlung des Textes
2.3 Evangelistische Predigt über die Fußwaschung
Literaturverzeichnis
Einleitung
Die Geschichte, wie Jesus seinen Jüngern die Füße wäscht (Joh 13,1-20), ist „die Geschichte der vollendeten Liebe“ (Blank 1977:36). Nur wenige Texte der Bibel zeigen die Erniedrigung, der sich Jesus Christus selbst unterworfen hat, deutlicher. Dies macht diese Geschichte so eindrücklich.
Diese Geschichte als evangelistische Predigt für eine Zielgruppe von Nichtchristen zu vermitteln, bringt aber gewisse Schwierigkeiten mit sich. Ein Problem besteht darin, dass sich der Skopus des Textes (V . 15) an Christen wendet. Desweiteren enthält der Text so manche Formulierung, die für Menschen, die nicht christlich sozialisiert sind, unverständlich oder gar anstößig sind. Die Bedingungen, aus diesem Text eine evangelistische Predigt zu formulieren, sind also alles andere als ideal.[1] Dass es aber dennoch gelingen kann, soll diese Arbeit zeigen.
Das Thema der Evangelisationspredigt ist in der wissenschaftlichen Theologie ein umstrittenes Thema, wie Bub in seiner bedeutenden Dissertation zu diesem Thema schon im Untertitel hervorhebt (1990). Manche verschweigen das Thema gänzlich. So sucht man es z. B. vergeblich in Rösslers Kapitel zur Homiletik in seinem „Grundriß der Praktischen Theologie“ (1994:346-406). Winter gesteht demgegenüber der missionarischen[2] Verkündigung jedoch einen wichtigen Raum im Gemeindeleben zu (1979:279f.), was er mit dem deutlichen Satz „Ohne das missionarische Zeugnis ist eine Kirche keine lebendige Kirche“ (:282) am klarsten zum Ausdruck bringt. Im „Handbuch der Praktischen Theologie“ von Bloth u.a. werden dem Thema der Evangelisation sogar zwei Kapitel gewidmet (1987:79-89). Diese drei exemplarischen Beispiele sollen genügen, um zu zeigen, welchen unterschiedlichen Stellenwert der Evangelisationspredigt innerhalb der Praktischen Theologie zugemessen wird.
Der erste Teil dieser Arbeit beinhaltet eine ausführliche Exegese. Im zweiten Hauptteil wird zunächst der Hörerkreis und die Predigtsituation dargestellt (Kap. 2.1), woraus sich die weiteren Überlegungen ergeben, wie die Geschichte deer Fußwaschung speziell auf diesen Hörerkreis und diese Predigtsituation hin gestaltet werden kann (Kap. 2.2). Zuletzt folgt die evangelistische Predigt (Kap. 2.3).
1. Exegese zu Joh 13,1-20
1.1 Der Text
1.1.1 Gliederung
Einleitung
1Πρὸ δὲ τῆς ἑορτῆς τοῦ πάσχα
εἰδὼς ὁ Ἰησοῦς ὅτι ἦλθεν αὐτοῦ ἡ ὥρα
ἵνα μεταβῇ ἐκ τοῦ κόσμου τούτου πρὸς τὸν πατέρα,
ἀγαπήσας τοὺς ἰδίους τοὺς ἐν τῷ κόσμῳ εἰς τέλος ἠγάπησεν αὐτούς.
Die Fußwaschung
2καὶ δείπνου γινομένου,
τοῦ διαβόλου ἤδη βεβληκότος εἰς τὴν καρδίαν ἵνα παραδοῖ αὐτὸν Ἰούδας Σίμωνος Ἰσκαριώτου,
3εἰδὼς ὅτι πάντα ἔδωκεν αὐτῷ ὁ πατὴρ εἰς τὰς χεῖρας
καὶ ὅτι ἀπὸ θεοῦ ἐξῆλθεν καὶ πρὸς τὸν θεὸν ὑπάγει,
4ἐγείρεται ἐκ τοῦ δείπνου καὶ τίθησιν τὰ ἱμάτια
καὶ λαβὼν λέντιον διέζωσεν ἑαυτόν·
5εἶτα βάλλει ὕδωρ εἰς τὸν νιπτῆρα
καὶ ἤρξατο νίπτειν τοὺς πόδας τῶν μαθητῶν
καὶ ἐκμάσσειν τῷ λεντίῳ ᾧ ἦν διεζωσμένος.
Dialog zwischen Jesus und Petrus
6ἔρχεται οὖν πρὸς Σίμωνα Πέτρον·
λέγει αὐτῷ· κύριε, σύ μου νίπτεις τοὺς πόδας;
7ἀπεκρίθη Ἰησοῦς καὶ εἶπεν αὐτῷ·
ὃ ἐγὼ ποιῶ σὺ οὐκ οἶδας ἄρτι,
γνώσῃ δὲ μετὰ ταῦτα.
8λέγει αὐτῷ Πέτρος·
οὐ μὴ νίψῃς μου τοὺς πόδας εἰς τὸν αἰῶνα.
ἀπεκρίθη Ἰησοῦς αὐτῷ·
ἐὰν μὴ νίψω σε, οὐκ ἔχεις μέρος μετ᾽ ἐμοῦ.
9λέγει αὐτῷ Σίμων Πέτρος·
κύριε, μὴ τοὺς πόδας μου μόνον ἀλλὰ καὶ τὰς χεῖρας καὶ τὴν κεφαλήν.
10λέγει αὐτῷ ὁ Ἰησοῦς·
ὁ λελουμένος οὐκ ἔχει χρείαν
εἰ μὴ τοὺς πόδας νίψασθαι,
ἀλλ᾽ ἔστιν καθαρὸς ὅλος·
καὶ ὑμεῖς καθαροί ἐστε, ἀλλ᾽ οὐχὶ πάντες.
11ᾔδει γὰρ τὸν παραδιδόντα αὐτόν·
διὰ τοῦτο εἶπεν ὅτι οὐχὶ πάντες καθαροί ἐστε.
Die Belehrung
12Ὅτε οὖν ἔνιψεν τοὺς πόδας αὐτῶν
[καὶ] ἔλαβεν τὰ ἱμάτια αὐτοῦ
καὶ ἀνέπεσεν πάλιν,
εἶπεν αὐτοῖς·
γινώσκετε τί πεποίηκα ὑμῖν;
13ὑμεῖς φωνεῖτέ με· ὁ διδάσκαλος, καί· ὁ κύριος,
καὶ καλῶς λέγετε· εἰμὶ γάρ.
14εἰ οὖν ἐγὼ ἔνιψα ὑμῶν τοὺς πόδας ὁ κύριος καὶ ὁ διδάσκαλος,
καὶ ὑμεῖς ὀφείλετε ἀλλήλων νίπτειν τοὺς πόδας·
15ὑπόδειγμα γὰρ ἔδωκα ὑμῖν
ἵνα καθὼς ἐγὼ ἐποίησα ὑμῖν
καὶ ὑμεῖς ποιῆτε.
16ἀμὴν ἀμὴν λέγω ὑμῖν,
οὐκ ἔστιν δοῦλος μείζων τοῦ κυρίου αὐτοῦ
οὐδὲ ἀπόστολος μείζων τοῦ πέμψαντος αὐτόν.
17εἰ ταῦτα οἴδατε, μακάριοί ἐστε ἐὰν ποιῆτε αὐτά.
18Οὐ περὶ πάντων ὑμῶν λέγω· ἐγὼ οἶδα τίνας ἐξελεξάμην·
ἀλλ᾽ ἵνα ἡ γραφὴ πληρωθῇ·
ὁ τρώγων μου τὸν ἄρτον ἐπῆρεν ἐπ᾽ ἐμὲ τὴν πτέρναν αὐτοῦ.
19ἀπ᾽ ἄρτι λέγω ὑμῖν πρὸ τοῦ γενέσθαι,
ἵνα πιστεύσητε ὅταν γένηται ὅτι ἐγώ εἰμι.
20ἀμὴν ἀμὴν λέγω ὑμῖν,
ὁ λαμβάνων ἄν τινα πέμψω ἐμὲ λαμβάνει,
ὁ δὲ ἐμὲ λαμβάνων λαμβάνει τὸν πέμψαντά με.
1.1.2 Erläuterungen zur Gliederung
Mit Kapitel 13 beginnt ein neuer Abschnitt. Dies wird deutlich an der neuen Zeitangabe: „Πρὸ δὲ τῆς ἑορτῆς τοῦ πάσχα“. Vers 1 kann als Einleitung für das ganze nachfolgende Geschehen bis zur Kreuzigung betrachtet werden.
Die Verse 2-11 erzählen die Geschichte, wie Jesus seinen Jüngern die Füße wäscht. Dieser Abschnitt lässt sich noch einmal in zwei Unterabschnitte aufteilen: Die Verse 2-5 berichten den eigentlichen Akt der Fußwaschung, die Verse 6-11 geben den Dialog zwischen Jesus und Petrus wieder.[3]
Die Verse 12-20 bilden eine Einheit (Strathmann 1963:188; Bultmann 1968:351; Schulz 1978:171). Sie geben die an die Fußwaschung anschließende und darauf bezugnehmende Belehrung Jesu an seine Jünger wieder. Die eigentliche Fußwaschung ist abgeschlossen, wie die einleitenden Worte in Vers 12 deutlich machen: „Ὅτε οὖν ἔνιψεν τοὺς πόδας αὐτῶν [καὶ] ἔλαβεν τὰ ἱμάτια αὐτοῦ καὶ ἀνέπεσεν πάλιν“. Schnackenburg unterteil diese Einheit noch in die Verse 12-17 und 18-20 (1975:26.30).
Mit Vers 21 beginnt eine neue Erzählung (Strathmann 1963:188; Bultmann 1968:365; Schulz 1978:175), die mit den Worten „Ταῦτα εἰπὼν [ὁ] Ἰησοῦς ἐταράχθη τῷ πνεύματι“ eingeleitet wird. Sie ist aber keine ganz neue Episode, sondern greift das vorherige Geschehen auf, indem Jesus sagt: „ἀμὴν ἀμὴν λέγω ὑμῖν ὅτι εἷς ἐξ ὑμῶν παραδώσει με“. Dies greift bis in die Wortwahl auf die Verse 2 und 11 zurück, nur dass statt des Verbs nun das Substantiv benutzt wird. Auch das Gebot der Liebe (V. 34f.) nimmt Bezug auf das Handeln Jesu bei der Fußwaschung.
1.2 Einzelexegese
V 1: „πάσχα“
Sowohl der Ursprung des Begriffs als auch seine inhaltliche Bedeutung hat das Passah im Judentum des Ersten[4] Testaments, wo es als xsp in Erscheinung tritt. In Ex 12 wird berichtet, wie die Israeliten in Ägypten auf den Befehl Gotte hin ein makelloses, einjähriges, männliches Lamm schlachteten, das Blut an die Türpfosten strichen und das gebratene Fleisch zusammen mit ungesäuertem Brot und bitteren Kräutern aßen. Das Blut an den Türpfosten schützte die Bewohner davor, dass der Erstgeborene des Hauses in jener Nacht von Gott getötet würde. Zum Gedenken an dieses Ereignis, welches zur Befreiung aus der ägyptischen Knechtschaft führte (Ex 12,29-33), wurde jährlich mit einem Fest daran erinnert (Num 9,2-5). Zur Zeit Jesu (und bis heute) war es „das Hauptfest des Jahres“ (Schaller 1967:324). Viele Juden wünschten sich damals die Befreiung von der römischen Herrschaft. Weil das Passahfest ein Fest der Befreiung (aus ägyptischer Knechtschaft) war, waren diese Festtage zur Zeit Jesu „jedesmal eine Zeit gesteigerter messianischer Erwartungen“ (:324).
„Πρὸ δὲ τῆς ἑορτῆς τοῦ πάσχα“
Die Zeitangabe ist ungenau: es war vor dem Passah, aber es wird nicht genau gesagt, wie lange vor dem Passah. Auch das Geschehen in Joh 12 wurde nach der Zeitrechnung „vor dem Passah“ datiert, dort allerdings mit dem präzisierenden Zusatz „sechs Tage“ (Joh 12,1). Ob die Fußwaschung nur ein paar Stunden oder mehrere Tage vor dem Passah war, wird in Joh 13 nicht genau gesagt. Erst aus dem Zusammenhang mit den folgenden Kapiteln (Joh 18,28; 19,14) ergibt sich, dass sich das nachfolgend berichtete Geschehen einen Tag vor dem Passahfest ereignete.
„εἰδὼς ὁ Ἰησοῦς ὅτι ἦλθεν αὐτοῦ ἡ ὥρα“
Dreimal wird in Joh 13,1-20 ausgesagt, dass Jesus etwas wusste:
- V. 1: „εἰδὼς ὁ Ἰησοῦς ὅτι ἦλθεν αὐτοῦ ἡ ὥρα ἵνα μεταβῇ ἐκ τοῦ κόσμου τούτου πρὸς τὸν πατέρα“;
- V. 3: „εἰδὼς ὅτι πάντα ἔδωκεν αὐτῷ ὁ πατὴρ εἰς τὰς χεῖρας καὶ ὅτι ἀπὸ θεοῦ ἐξῆλθεν καὶ πρὸς τὸν θεὸν ὑπάγει“;
- V. 18: „ἐγὼ οἶδα τίνας ἐξελεξάμην“.
Aussagen über Jesu Wissen finden sich im Johannes-Evangelium besonders häufig:
- Joh 2,25: Jesus wusste über das Innere der Menschen bescheid;
- Joh 6,64: Jesus wusste, wer nicht glaubt und wer ihn überliefern würde;
- Joh 8,14: Jesus wusste, woher er kommt und wohin er geht;
- Joh 11,42: Jesus wusste, dass sein Vater ihn allezeit erhört;
- Joh 16,30; 21,17: Die Menschen haben erkannt, dass Jesus alles wusste[5] ;
- Joh 19,28: Jesus wusste am Kreuz, dass nun alles vollbracht war.
Auch in anderen Evangelien finden sich Aussagen über Jesu Wissen, allerdings in deutlich geringerer Anzahl. So wird in Mt 12,25 und Lk 11,17 ausgesagt, dass Jesus die Gedanken der Menschen kannte, was inhaltlich Joh 2,25 entspricht.
Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war, was soviel bedeutet wie sterben (13,1; 12,23; vgl. 17,1) formuliert. Wenn es heißt, dass Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war, so bedeutet das, dass Jesus bewusst sein Leiden und Sterben auf sich genommen hat, was durch seine Leidensankündigungen bestätigt wird (Mt 16,21; 17,22f.; 20,28f.; Mk 8,31; 9,31; 10,32-34; Lk 9,22.44; 17,25; 18,31-33). Dies hängt eng mit dem Termin des Passahfestes zusammen. So wird von allen vier Evangelisten das Leiden und Sterben Christi mit der Zeit des Passahfestes in Verbindung gebracht.[6] Jesus wurde schon von den neutestamentlichen Schriftstellern typologisch als das wahre Passahlamm gedeutet (1 Kor 5,7f.). So wie dem Passahlamm kein Bein gebrochen werden durfte, so wurde auch Jesus bei der Kreuzigung kein Bein gebrochen (Joh 19,37). Wenn der Verfasser des Hebräerbriefes schreibt: „unmöglich kann Blut von Stieren und Böcken Sünden hinwegnehmen“ (Hebr 10,4), dann macht deutlich, dass ohne Jesu Opfertod alle Schlachtopfer wirkungslos wären, womit das Passahfest eines ganz zentralen Inhaltes beraubt wäre. Erst durch Jesu Sterben tritt die Wirkung aller zuvor vollzogenen Opfer in Kraft.
„ἐκ τοῦ κόσμου τούτου“
Dies ist eine dem rabbinischen Denken geläufige Formulierung (Bill. 2:556).
„πρὸς τὸν πατέρα“
Jesus redete Gott mit „Vater“, sogar mit „mein Vater“ an. Auch in anderen antiken Religionen, Philosophien und Mysterienkulten ist die Bezeichnung Gottes als „Vater“ geläufig (Hofius 1971:1243). Im Ersten Testament kommt die Bezeichnung Gottes als Vater noch recht selten vor, ist dabei aber stets auf den Gott Israels beschränkt (:1243). Im Neuen Testament ist der Gebrauch des Wortes „Vater“ für Gott sehr gebräuchlich (:1245). Jesus gebraucht die Bezeichnung Gottes als „Vater“ differenziert: er sagt nie „unser Vater“, sondern stets „mein Vater“ oder „euer Vater“ (:1245). So lehrt er auch seine Jünger zu beten, indem sie ihn mit „Πάτερ ἡμῶν“ anreden (Mt 6,9).
„τοὺς ἰδίους“
Im NT finden sich drei verschiedene Worte für „Eigentum“ (Beyreuther 1967:101). Im Johannes-Evangelium findet sich häufig der Begriff „τὰ ἴδια“ (:101). Die Vorstellung von der Welt als Jesu Eigentum ist programmatisch schon im Prolog des Johannes-Evangeliums formuliert, wenn es heißt: „εἰς τὰ ἴδια ἦλθεν, καὶ οἱ ἴδιοι αὐτὸν οὐ παρέλαβον“ (Joh 1,11). Die Vorstellung wird damit begründet, dass er selbst die Welt geschaffen hat: „ἐν τῷ κόσμῳ ἦν, καὶ ὁ κόσμος δι᾽ αὐτοῦ ἐγένετο, καὶ ὁ κόσμος αὐτὸν οὐκ ἔγνω“ (Joh 1,10).
„ἀγαπήσας“
Die griechische Sprache hat vielfältige Möglichkeiten, das, was wir im Deutschen als „Liebe“ bezeichnen, differenziert wiederzugeben. So wird im NT zwischen der freundschaftlichen Liebe („φιλία“), der leidenschaftlichen, begehrenden Liebe („ἔρως“) und der göttlichen Liebe („ἀγάπη“) unterschieden (Günther Link 1969:896). An dieser Stelle benutzt Johannes das Wort für die göttliche Liebe. Der Begriff „ἀγάπη“ findet sich an Stellen, wo entweder die Liebe Gottes, die Liebe zu Gott oder eine von Gott hervorgerufene Liebe zum Ausdruck gebracht werden soll (:898). In diesem Fall gilt alles drei: es ist die Liebe Gottes, da Jesus Gott ist; es ist die Liebe zu Gott, da Jesus als Sohn durch sein Sterben die Liebe zu Gott dem Vater zeigte; und es ist eine von Gott hervorgerufene Liebe, da Jesus von der Liebe Gottes, des Vaters, beseelt ist.
„εἰς τέλος“
Der Begriff „τέλος“ kann mit „Kulminationspunkt, Ziel, Ende“ übersetzt werden (Schippers 1971:1491). Im Johannes-Evangelium wird das Wort mehrmals von Jesus benutzt, wenn er davon spricht, dass er die Werke des Vaters vollbringt (Joh 4,34; 5,36; 17,4; 19,30). Man kann die Formulierung „εἰς τέλος“ auf zweierlei Art und Weise verstehen wie Schnelle erklärt: „Die präpositionale Bestimmung εἰς τέλος beinhaltet eine zeitliche (‚bis ans Ende’) und qualitative (‚bis zur Vollendung’) Aussage“ (1998:212; vgl. Schnackenburg 1975:16). Welcher Zeitpunkt ist aber damit gemeint? Wenn es heißt, dass Jesus seine Jünger „εἰς τέλος“ liebte, so bezieht sich das wohl eher auf das Kreuz als auf die Fußwaschung (Schnelle 1998:212). In beidem äußert sich zwar Jesu Liebe (Schnackenburg 1975:17), aber es ist unwahrscheinlich, dass die Fußwaschung mit „εἰς τέλος“ bezeichnet sein soll, denn nicht die Fußwaschung ist Jesu Ziel und Ende, sondern die Kreuzigung. Somit verweist dieser Vers voraus bis ins 19. Kapitel. Dort ruft Jesus „τετέλεσται“ aus (Joh. 19,30), womit er auf die Formulierung „εἰς τέλος“ bei der Fußwaschung bezug nimmt. Schulz hat deshalb Recht, wenn er in diesem Vers die programmatische „Überschrift und Themaangabe für den zweiten Teil seines Evangeliums“ sieht (1978:172).
V. 2: „τοῦ διαβόλου ἤδη βεβληκότος εἰς τὴν καρδίαν ἵνα παραδοῖ αὐτὸν Ἰούδας Σίμωνος Ἰσκαριώτου“
Das Wort διάβολος ist abgeleitet und zusammengesetzt aus den Wörtern διά und βάλλω (Bietenhard 1971:1057). Recht wortgetreu lässt es sich mit „Durcheinanderwerfer“ übersetzen. Andere Bezeichnungen für ihn sind σατανᾶς, Βεελζεβούλ, ἐχθρός, ὁ πονηρός, ὁ ἄρχων τοῦ κόσμου, ἀντίδικος, δράκων, ὄφις und κατήγωρ (Bietenhard 1971:1058f.). Er ist der Widersacher Gottes, aber nicht gleich mächtig, sondern Jesus hat Macht über den Teufel (Mt 12,24-30; Mk 3,22-30; Lk 11,15-23). Der Teufel hat nur so viel Macht, wie ihm Gott gewährt (Hi 1,6-2,7). In dieser Geschichte gewinnt er Einfluss auf Judas Iskariot. „Er erscheint als Werkzeug des Teufels“ (Blank 1977:37).
[...]
[1] Bub schreibt sogar, dass Textpredigten bei Evangelisationsveranstaltungen generell „eine unnötige Erschwernis darstellen“ (1990:94). Dass trotzdem ein Text die Grundlage dieser Predigt ist, hängt mit der besonderen Predigtsituation zusammen (Kap. 2.1).
[2] Generell ist zu beachten, dass die Begriffe „evangelistisch“ und „missionarisch“ in der Literatur oft nicht exakt voneinander unterschieden und manchmal gleichgesetzt werden.
[3] Diese Gliederung entspricht der von Schnackenburg (1975:15-26). Anders gliedern Strathmann (1963:188) und Bultmann (1968:351) die ersten Verse, die sie in die „inneren Voraussetzungen“ (Strathmann 1963:188) der Verse 1-3 und die eigentliche Fußwaschung der Verse 4-11 zusammenfassen. Beide Möglichkeiten zur Einteilung lassen sich sinnvoll begründen. Allerdings verlangt die Unterteilung von Strathmann und Bultmann einen Einschnitt mitten im Satz zwischen Vers 3 und Vers 4, was zwar inhaltlich vertretbar, literarisch aber problematisch ist.
[4] Ich folge hier entgegen der gängigeren Ausdrucksweise „Altes Testament“ der Terminologie Erich Zengers.
[5] Diese Aussage steht im Widerspruch zu Mt 24,36: Den Tag des Endgerichts weiß Jesus nicht. Dieser Vers „bereitete den Dogmatikern Mühe“ (Luz 1997:448). Eine befriedigende Lösung für diese Diskrepanz fehlt.
[6] Allerdings unterscheiden sich die Synoptiker und Johannes im genauen Termin des Sterbens Jesu: Nach Aussage der Synoptiker feierte Jesus das Passahmahl mit den Jüngern und deutete dieses auf seinen eigenen Tod (Mt 26,17-30; Mk 14,12-26; Lk 22,7-39). Nach Johannes starb Jesus am „Rüsttag des Passah“ (Joh 19,14). Wer das Bedürfnis hat, diesen Widerspruch aufzulösen, hat seit den Schriftfunden von Qumran ein Argument an die Hand geliefert bekommen: Die Essener besaßen einen anderen Kalender als die anderen Juden. Daraus folgt, „dass die jüdischen Festtage auf unterschiedliche Daten fallen. Rein theoretisch wäre es also denkbar, dass der Tag der Kreuzigung Jesu für einige Juden zugleich der Tag des Passah-Festes gewesen wäre (so Matthäus, Markus und Lukas), für andere Juden das Passah-Fest aber erst einen Tag später stattgefunden hätte (so das Johannesevangelium).“ (Stegemann 1993:14) Einschränkend sagt Stegemann (:14) aber: „Keinerlei Befund in den neutestamentlichen Passionsdarstellungen verweist aber auf derartige Kalenderdivergenzen.“ Zum heiß diskutierten, von Jaubert (1957) maßgeblich ausgelösten essenischen Kalenderstreit siehe z. B. Strobel (1960), Strobel (1961a), Strobel (1961b), Kuhn (1961), Ruckstuhl (1963), Burgmann (1986:259-297), Talmon (1988), Gleßmer (1991).
- Arbeit zitieren
- Dirk Fuisting (Autor:in), 2008, Exegese und evangelistische Predigt über die Fußwaschung (Joh 13), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92331
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