Das Problem der Doppelzession bei Factoring und verlängertem Eigentumsvorbehalt


Seminararbeit, 2006

29 Seiten, Note: +


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Hauptteil
Der verlängerte Eigentumsvorbehalt
Der Factoringvertrag / Die Globalzession
Die Problemstellung
Kritik von Iro
Die Sittenwidrigkeitsproblematik nach österreichischem Recht
Interessenabwägung
Das Ergebnis
Vertragliche Vermeidung
Priorität des Eigentumsvorbehaltes
Resümee
Eigene Meinung

Literaturverzeichnis

Übersicht zum Problem der Doppelzession bei Factoring und verlängertem Eigentumsvorbehalt

Hauptteil

Wenn ein Unternehmer einen Factoringvertrag abschließt, tritt er dadurch alle seine Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen, die er im Rahmen seines Geschäftes erworben hat, an den Factor ab. Diese Vereinbarung umfasst regelmäßig auch solche Forderungen, die der Unternehmer eigentlich im Rahmen eines verlängerten Eigentumsvorbehaltes seinen Lieferanten abtreten müsste um Lieferungen zu erhalten. In den meisten Fällen aber, werden diese Forderungen schon vorher vom Factor erworben, sodass der Lieferant der Waren, der Vorbehaltsverkäufer, die ihm zugesagte Ersatzsicherheit nicht erlangt. Das Spannungsfeld dieser Problematik soll in diesem Aufsatz etwas näher beleuchtet werden.

Dazu erscheint mir notwendig die verschiedenen Begriffe etwas aufzuarbeiten:

Der verlängerte Eigentumsvorbehalt

Der verlängerte Eigentumsvorbehalt ist eine Sonder- oder Erweiterungsform des Eigentumsvorbehaltes. Der Eigentumsvorbehalt ist ein gesetzlich nicht normiertes Sicherungsmittel, das der Wirtschaftsverkehr entwickelt hat.

Es wird eine Sache auf Kredit verkauft. Dadurch erlangt der Käufer sofort die Verfügungsbefugnis über die Sache, obwohl er den Kaufpreis erst später bezahlen muss.

Die Gefahr für den Verkäufer ist offensichtlich: er hat die Sache aus der Hand gegeben, allerdings dafür noch nicht den vollen Kaufpreis erhalten. Natürlich strebt er danach seine Forderung zu sichern, da er im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Käufers seine Sache und die Forderung „ abschreiben“ kann. Um dieses Risiko zu vermindern behält sich der Verkäufer das Eigentum an der Sache bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises vor. Der Verkäufer bleibt auflösend bedingter Eigentümer der Sache. Durch Eintritt der Bedingung, nämlich der vollständigen Kaufpreiszahlung, wird der Käufer dann Volleigentümer, das Eigentumsrecht des Verkäufers erlischt.

Oft allerdings, will der Vorbehaltskäufer die Sache weiterveräußern. Dies ist vor allem bei Warenhändlern regelmäßig der Fall.

Eine solche Weiterveräußerung kann allerdings zum Eigentumsverlust des Vorbehaltsverkäufers führen. Dies ist dann der Fall, wenn der Vorbehaltskäufer eine Verfügungsbefugnis zu Weiterveräußerung hat und im eigenen Namen die Sache verkauft, oder wenn der zweite Käufer aufgrund der Gutglaubensregeln (§§ 367 ABGB, 366 HGB) Eigentum erwirbt. Dies wird häufig vorkommen, da der Vorbehaltskäufer als Vertrauensmann des Vorbehaltsverkäufers anzusehen ist.

Um diese Fälle zu vermeiden versucht der Vorbehaltsverkäufer seine Forderung möglichst lange abzusichern. Vor allem im Hinblick auf die Weiterveräußerung durch den Vorbehaltskäufer ist dies von Bedeutung. Daher wird ein verlängerter Eigentumsvorbehalt vereinbart.[1]

Dies bedeutet, dass sich der Vorbehaltsverkäufer die Forderungen aus dem zukünftigen Verkauf der Sache abtreten lässt, um durch diese Zession gesichert zu sein. Hierbei ist die Verfügungsbefugnis des Vorbehaltskäufers über die Sache insofern eingeschränkt, „als sie nur dann gilt, wenn dem Vorbehaltsverkäufer gleichzeitig die vereinbarte Position (Eigentum am Erlös oder Rechtszuständigkeit an der Kaufpreisforderung gegen den Zweiterwerber) verschafft wird“[2].

Da dies aber eine Sicherungszession darstellt, bedarf sie eines publizitätssichern modus analog § 425 ABGB.

Der Factoringvertrag / Die Globalzession

Das Factoring ist eine besondere Erscheinungsform der Zession. Das ABGB normiert dazu in § 1392 folgendes: Zession ist die Übertragung einer Forderung vom bisherigen Gläubiger auf einen neuen Gläubiger unter Aufrechterhaltung ihres Inhaltes.

Dieser Gläubigerwechsel verändert die Rechtszuständigkeit, während die Verpflichtung und der Schuldner gleich bleiben[3].

Zur Abtretung einer Forderung bedarf es einer Vereinbarung zwischen dem Altgläubiger (Zedenten) und dem Neugläubiger (Zessionar). Dieser Vereinbarung muss ein gültiger Titel zugrunde liegen. Als Beispiele sind der Forderungskauf oder eine Forderungsschenkung zu nennen.

Die Abtretung bedarf im Normalfall keiner bestimmten Form und fällt daher in der Regel mit dem Titelgeschäft untrennbar zusammen.

Eine Ausnahme bildet die Sicherungszession. Sie ist eine Form der Treuhand. Dabei erwirbt der Zessionar die Forderung unter der schuldrechtlichen Bindung, dass er sie nur bei Zahlungsverzug seines Schuldners einziehen kann, um sich aus dem Erlös zu befriedigen. Diese Sicherungszession verfolgt allerdings dieselben Zwecke wie eine Forderungsverpfändung. Daher sind zu ihrer Gültigkeit die Formvorschriften der Pfandbestellung einzuhalten (Publizität). Diese setzen die Verständigung des Schuldners oder einen Vermerk in den Geschäftsbüchern voraus. Der OGH begnügt sich mit der Eintragung in die Geschäftsbücher des Verpfänders bzw. Schuldners[4].

Meines Erachtens ist wichtig zu erwähnen, dass auch künftige Forderungen zediert werden können. Dies ist allerdings nur möglich soweit diese Forderungen bestimmt oder bestimmbar sind. Das ist nur dann der Fall, wenn zumindest der Rechtsgrund, aus dem sie entstehen sollen, hinreichend umschrieben ist[5].

Tritt ein Zessionar sein Recht mehrmals ab, so kann nur der erste Zessionar erwerben, da niemand mehr Rechte abtreten kann, als er selbst hat. Dies normiert § 442 ABGB; es gilt der alte Leitsatz: „nemo plus iuris transferre potest quam ipse habet“. Er hat nach einer ersten Zession somit nichts mehr, was er weiteren Zessionaren übertragen könnte[6].

Oft werden viele Forderungen gemeinsam abgetreten. Eine solche Globalzession ist dann wirksam, wenn die Forderungen hinreichend bestimmt oder bestimmbar sind. Gemeint ist, dass sie individualisierbar sein müssen, Dies ist dann der Fall, wenn der Rechtsgrund dem sie entspringen eindeutig feststeht[7] ( z.B: Forderungen aus Warenlieferungen, etc.)

Das Factoring ist eine Sonderform der Zession. Hier zediert ein Unternehmer jene Forderungen, auch zukünftige, die ihm aus Warenlieferungen oder für Dienstleistungen zustehen, an einen Factor, als Zessionar. Das Factoring hat eine Finanzierungsfunktion, wenn der Factor den Unternehmer befriedigt, noch bevor der Schuldner bezahlt hat.

Nach Art der Vereinbarung werden die Inkassozession und der Forderungskauf unterschieden. Die Inkassozession hat den Zweck, dem Unternehmer die Eintreibung der Forderung abzunehmen. Der Zessionar wird zwar Gläubiger, allerdings ist er verpflichtet, die eingehobene Leistung an den Zedenten abzuführen. Es handelt sich somit um eine Art Treuhand[8].

Beim Forderungskauf[9] bleibt die Rechtszuständigkeit der Forderung entgültig beim Zessionar.

Zu unterscheiden ist ferner, ob der Factor das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners auf sich nimmt oder nicht. Im Falle dieser sogenannten Delkredereübernahme spricht man von einem echten Factoring, andernfalls von einem unechten Factoring.

Die Problemstellung

Sowohl das Factoring, als auch der verlängerte Eigentumsvorbehalt haben Für den Unternehmer die Funktion, ihm Liquidität zu verschaffen. Beim Factoring tritt er, durch Verkauf oder zur Sicherung, künftige Einnahmen aus seinem Geschäftsbetrieb an den Factor ab, was ihm regelmäßig zur Verschaffung einer Bonität bzw. verfügbarer Geldmittel dient. Im anderen Fall, erhält der Unternehmer eine Art Warenkredit, d.h. er bekommt Ware geliefert, ohne sie gleich zahlen zu müssen. Dafür aber muss er die Forderungen aus dem Weiterkauf im voraus abtreten.

Wenn diese beiden Hilfsmittel gemeinsam verwendet werden, kann es zu schwierigen Problemen in Bezug auf die „neue“ Zuständigkeit der Forderung geben.

Die Verträge der Factoring Institute sehen im Regelfall vor, dass alle zukünftigen Forderungen aus Leistungen und Warenlieferungen des Unternehmers, gekauft bzw. als Sicherheit übernommen werden. Eine solche Vereinbarung umfasst natürlich auch solche Forderungen gegen Abnehmer des Unternehmers, die einem verlängerten Eigentumsvorbehalt unterliegen.

Wenn aber eine solche Forderung gegen einen Abnehmer vom Unternehmer sowohl dem Factor, als auch dem Vorbehaltsverkäufer zediert wurde, so stellt sich die Frage, wer hier die Forderung erwirbt.

Ein Factoringvertrag verpflichtet den Kunden in aller Regel nicht bloß zum Verkauf künftiger Forderungen, sondern in ihm liegt gewöhnlich auch schon deren Globalabtretung, also eine sachenrechtliche Verfügung über die Rechtszuständigkeit unter der Bedingung des Entstehens der Forderung. Da der Rechtsgrund des Factorings keine Sicherung, sondern Kauf[10] ist, ist anders als bei einer Sicherungszession kein Publizitätsakt erforderlich. Das bedeutet, dass der Vorbehaltskäufer, der gleichzeitig Factoringkunde ist, über diese Forderungen nicht mehr verfügen kann[11].

Nemo plus iuris transferre potest quam ipse habet: keiner kann mehr Rechte übertragen als er selbst hat.

Nach dem Prioritätsprinzip erwirbt der Factor allenfalls dann die Forderung, wenn der Factor Vertrag vor der Vereinbarung eines verlängerten Eigentums geschlossen wurde.

Das Verfügungsgeschäft über den Übergang der Forderung kommt beim Factoring bereits mit Unterzeichnung des Kaufvertrages zustande.

Die Zession der Forderungen aus dem Weiterverkauf der Sache im Zuge des verlängerten Eigentumsvorbehaltes aber bedarf, da sie der Sicherung dient, eines publizitätssicheren modus (Eintragung in die Geschäftsbücher, Verständigung des Schuldners)[12].

Ein solcher modus kann aber in der Regel erst nach Entstehen der Forderung gesetzt werden. Daraus kann man schließen, dass der Vorbehaltsverkäufer erst nach Entstehen der Forderung gesichert ist. Wurde allerdings in der Zwischenzeit ein Factoringvertrag abgeschlossen, verliert der Vorbehaltsverkäufer seine Sicherung.

Wenn der Vorbehaltsverkäufer seine Ersatzsicherheit nicht bekommt, wird dann auch die damit verbundene Verfügungsermächtigung des Vorbehaltskäufers hinfällig, da die Verschaffung eines Forderungsrechtes als Vorraussetzung für die Erteilung dieser Ermächtigung angesehen wird[13]. Der Abnehmer (Zweitkäufer) kann in diesem Fall kein derivatives Eigentum erlangen, da es dem Vorbehaltskäufer an einer ausreichenden Verfügungsbefugnis mangelt. Es kommt lediglich ein gutgläubiger Erwerb in Frage.

Wenn der Vorbehaltskäufer also trotzdem über die Sache verfügt, macht er sich schadenersatzpflichtig. Eventuell käme sogar eine strafrechtliche Verfolgung in Betracht (Betrug, Veruntreuung).

[...]


[1] Davon zu unterscheiden ist der erweiterte Eigentumsvorbehalt, bei dem vereinbart wird, dass das Eigentum an einer Sache so lange beim Vorbehaltsverkäufer bleibt, bis sämtliche Forderungen durch den Vorbehaltskäufer getilgt sind. Diese Konstellation wird allerdings als unwirksam angesehen, da die Sicherungsfunktion einer Sache nur für die jeweilige Schuld an der Sache dienen soll. Dazu Bydlinski in Klang IV/2, 677ff

[2] Iro, Bürgerliches Recht IV, Rz 8/25

[3] Koziol/Welser II, 114

[4] OGH in JBl 1998, 105

[5] Strasser, Die Abtretung künftiger Forderungsrechte, Hämmerle FS, 397

[6] OGH in SZ 55/170, SZ 54/104

[7] Fitz, Globalzession als Kreditsicherung, ÖJZ 1973, 596f

[8] OGH in SZ 68/114

[9] Kamper, Factoring, 51 f

[10] Welser/Czermak Rdw 1985, 130

[11] Wilhelm, ecolex, 1990, 739

[12] Bydlinski in Klang IV/2, 691

[13] Frotz, Kreditsicherungsrecht, 217; Bydlinski in Klang IV/2, 689

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Das Problem der Doppelzession bei Factoring und verlängertem Eigentumsvorbehalt
Hochschule
Universität Wien  (Zivilrecht)
Note
+
Autor
Jahr
2006
Seiten
29
Katalognummer
V92344
ISBN (eBook)
9783638056731
ISBN (Buch)
9783638947879
Dateigröße
531 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Problem, Doppelzession, Factoring, Eigentumsvorbehalt
Arbeit zitieren
Mag. Dr. iur. Harald Gunther Beber (Autor:in), 2006, Das Problem der Doppelzession bei Factoring und verlängertem Eigentumsvorbehalt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92344

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