Werturteile in den Medien

Eine Analyse am Beispiel der Todesstrafe


Seminararbeit, 2008

21 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Gliederung

1 Einleitung

2 Meinungen in den Medien

3 Die Todesstrafe

4 Bewertungen nach Martha Ripfel

5 Textanalyse
5.1 Auge um Auge – Zahn um Zahn?
5.2 Steinbach: Grausame Steinigungen im Irak ächten
5.3 Todesstrafe nach 28 Jahren in den USA aufgehoben

6 Fazit

7 Literaturverzeichnis

8 Anhang

9 Auge um Auge - Zahn um Zahn?

1 Einleitung

In dieser Arbeit möchte ich mich mit dem Thema Bewertungen in den Medien beschäftigen. Ziel ist es zu zeigen, wie und zu welchem Zweck sich subjektive Meinungen in journalistischen Arbeiten niederschlagen. Als Ausgangspunkt für meine Analyse habe ich den Text Was heißt bewerten? von Martha Ripfel ausgewählt. Ich werde diesen kurz zusammenfassen, um ihn im Anschluss daran auf ausgesuchte Artikel anzuwenden. Gegenstand der von mir ausgewählten Texte ist die Todesstrafe. Ich halte dieses Thema für geeignet, weil es kontrovers diskutiert wird und es kaum jemanden gibt, der keine klare Stellung dazu beziehen kann. Ich denke, für mein Vorhaben bietet es sich an, ein Thema zu wählen, zu dem auch Journalisten sicherlich eine Meinung haben. So ist die Wahrscheinlichkeit größer, in ihren Artikeln Bewertungen vorzufinden. Um einen generellen Einblick in die Thematik zu gewinnen, werde ich einen kurzen Überblick über die weltweite Verbreitung der Todesstrafe geben. Zunächst werde ich jedoch auf das Thema „Meinungen in den Medien“ eingehen, um zu zeigen, warum es überhaupt relevant ist, Medien auf subjektive Bewertungen zu prüfen.

2 Meinungen in den Medien

Einen Großteil unseres Weltwissens haben wir nicht selbst erfahren, sondern über die Medien erworben.[1] Ihnen fällt die Aufgabe zu, die Welt kompakt, geordnet und für ihre Rezipienten verständlich abzubilden.[2] Unser Weltbild ist daher in großem Maße von Medien geprägt, genauso wie unsere Ansichten zu verschiedenen Themen[3]. Wichtige Funktion der Presse, gerade in einer Demokratie, ist es, genug Informationen zur Verfügung zu stellen, damit der Einzelne sich seine eigene Meinung bilden kann. Dazu gehört ebenso, dass er Ansichten anderer kennen und gegeneinander abwägen können muss.[4]

Dabei ist eine neutrale Berichterstattung nötig, um die persönliche Meinungsbildung zu ermöglichen. Ist eine subjektive Wertung nicht als solche zu erkennen, kann dies einen starken Einfluss auf die Meinungsbildung des Rezipienten haben. Wer Nachrichten liest, geht davon aus, dass diese keine subjektiven Meinungen, sondern lediglich wertfreie Informationen enthalten. Wenn der Journalist unter dem Deckmantel einer neutralen Nachricht dennoch seine Meinung äußert, wird der Leser beeinflusst, ohne dass er dies merkt. Völlige Objektivität ist im Journalismus jedoch selbst in den Nachrichten wahrscheinlich nicht möglich.[5] Ob bewusst oder unbewusst lässt der Journalist seine subjektive Wahrnehmung und seine eigenen Wertvorstellungen in Artikel einfließen. Um dennoch eine Meinungsbildung zu ermöglichen, wird im Journalismus eine Trennung von Nachricht und Meinung angestrebt. Die Nachrichten werden dabei möglichst neutral und ausgewogen präsentiert und die subjektive Färbung auf ein Minimum reduziert, während der Kommentar persönliche Meinungen wiedergibt.[6]

In dieser Arbeit werde ich mich hauptsächlich mit ausgewählten Kommentaren beschäftigen. Nachdem ich aktuelle Nachrichten über die Todesstrafe geprüft habe, konnte ich feststellen, dass diese tatsächlich kaum Wertungen enthalten. Für die Analyse mit Hilfe des von Martha Ripfel entworfenen Bewertungskonzepts eignen sich daher Kommentare deutlich besser. Zum Vergleich werde ich im Anschluss trotzdem kurz eine Nachricht zu einem aktuellen Fall vorstellen.

3 Die Todesstrafe

Um zu verstehen, warum in unseren Medien auf eine bestimmte Art über die Todesstrafe berichtet wird, gebe ich an dieser Stelle einen kurzen Überblick über das Thema.

Die Todesstrafe ist in 86 Staaten der Erde vollständig abgeschafft, weitere 25 Staaten haben sie weiterhin in ihrem Gesetz verankert, führen sie aber in der Praxis nicht mehr durch und in 11 Staaten wird sie nur noch in Kriegszeiten angewendet. Danach sind es 122 Staaten, welche die Todesstrafe im Normalfall nicht mehr anwenden. Es verbleiben 74 Staaten, die an ihr gesetzlich und in der Praxis festhalten. In diesen 74 Staaten leben knapp drei Viertel der Weltbevölkerung. Seit der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte im Jahr 1948 nahm die Zahl der Länder, welche die Todesstrafe abschafften, extrem zu. Bis zu diesem Zeitpunkt waren es nur acht Staaten, welche keine Hinrichtungen mehr vollzogen. Es gibt jedoch auch Veränderungen in die andere Richtung, so nahmen einige Staaten die Todesstrafe wieder auf, nachdem sie für einige Zeit abgeschafft wurde und in manchen Regionen werden immer mehr Vergehen mit dem Tod geahndet. Dazu gehören in einigen Regionen neben schweren Gewaltverbrechen auch Drogenhandel, Steuerhinterziehung, Homosexualität, Ehebruch oder auch Umweltverschmutzung.

Besonders stark kritisiert werden in der öffentlichen Diskussion Hinrichtungen von Minderjährigen, sowie geistig Behinderten und psychisch Kranken.[7]

Die Länder, in denen die weitaus meisten Todesstrafen vollstreckt werden, sind China, der Iran, Irak, Saudi-Arabien und die USA.[8] Der einzige Staat in Europa, der an der Strafe festhält, ist Weißrussland.

Die Todesstrafe ist nicht nur eine Institution des Strafrechts, sondern auch ein kulturelles Phänomen. Die Einstellung des Einzelnen zu diesem Thema ist eine Frage seines Wertesystems.[9] In den Ländern, in denen sie durchgeführt wird, findet die Todesstrafe häufig auch Unterstützung in der Bevölkerung. So wird sie beispielsweise in Amerika von etwa zwei Dritteln der Bevölkerung befürwortet[10] und in Ländern wie dem Iran oder Saudi-Arabien wird sie mit der Religion begründet. Hier beruft man sich auf den Koran und Aussprüche des Propheten, denen für einige Verbrechen konkrete Strafen zu entnehmen sind.[11] Die harte Bestrafung schützt so gesellschaftliche Moralvorstellungen.[12] Die gesellschaftliche Akzeptanz der Bestrafung geht dort also mit der Religiosität der Bevölkerung einher.

Wahrscheinlich nimmt jedoch die Zustimmung zur Todesstrafe in einer Gesellschaft ab, sobald sie nicht mehr im Gesetz verankert ist. So geschehen in Deutschland: Direkt nach der Abschaffung im Jahr 1949, befürwortete laut Umfragen eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung die Strafe. Bei einer erneuten Befragung im Jahr 1980 dagegen sprachen sich nur noch 26 % der Befragten dafür aus.[13]

4 Bewertungen nach Martha Ripfel

Martha Ripfel entwirft in ihrer Arbeit Was heißt bewerten? ein Konzept zur Analyse von Bewertungen. Mit Hilfe dieses Konzepts können die Schritte nachvollzogen werden, die wir tun, wenn wir etwas bewerten. Ich werde im Folgenden die für meine Analyse relevanten Aspekte ihres Konzeptes kurz erläutern.

Zunächst einmal stellt Ripfel fest, dass laut Lexikon-Artikel viele unterschiedliche Dinge, Sachverhalte, Personen, Handlungen usw. unter verschiedenen Aspekten bewertet werden können. Der Wert von etwas wird unter Einbeziehung des eigenen Wertmaßstabes festgestellt.[14] Aus dieser Erkenntnis entwickelt sie ihr Konzept:

„Eine Person (BS) bewertet zu einem bestimmten Zeitpunkt (ti) einen Bewertungsgegenstand (BG), indem BS den BG im Hinblick auf bestimmte durch die Vergleichsbasis (V) vorgegebene Bewertungsaspekte (BA) anhand diesen zugeordneten Einordnungsskalen (ES) einordnet und die Einordnungsergebnisse (EE) relativ zu in V vorgegebene Sollergebnissen (SE) verbunden mit einer Gewichtung (G) auszeichnet.“[15]

Hierbei erscheint mir zunächst wichtig zu erwähnen, dass der Zeitpunkt der Bewertung keine unwesentliche Rolle spielt. Die Zeit hat einen großen Einfluss auf Veränderungen in unserer Wahrnehmung. Diese schlägt sich auch in der Vergleichsbasis nieder.

Die Vergleichsbasis beinhaltet hier unsere Wertvorstellungen, an denen wir den zu bewertenden Gegenstand messen. Dieser Aspekt wird in der folgenden Analyse eine zentrale Rolle spielen. Wertvorstellungen können institutionell, sozial, staatlich oder subjektiv vorgegeben sein. Das heißt, unsere Meinung zu bestimmten Themen ist beeinflusst - entweder durch feste Vorgaben, die wir dazu durch eine Institution haben, ein allgemeines Verständnis der Gruppe oder Gesellschaft, in der wir leben, staatliche Vorgaben wie Gesetze oder durch unser subjektives Empfinden, welches jedoch in großem Maße von unserem Umfeld geprägt ist.

[...]


[1] Früh, Werner: Realitätsvermittlung durch Massenmedien. Abbild oder Konstruktion?, in: Schulz (Hg.): Medienwirkungen. Einflüsse von Presse, Radio und Fernsehen auf Individuum und Gesellschaft. Untersuchungen im Schwerpunktprogramm „Publizistische Medienwirkungen“, Weinheim: VCH, Acta Humaniora 1992, S.71-89 (hier S. 71).

[2] Von Zahn, Peter: „Zum Ethik-Bedarf“ des Journalisten in hochindustrialisierten Gesellschaften, in: Erbring, Ruß-Mohl, Seewald, Sösemann (Hg.): Medien ohne Moral. Variationen über Journalismus und Ethik, Berlin: Argon 1988, S. 20-36 (hier S. 23).

[3] Früh, S. 71

[4] Konken, Michael: Medienmacht und Medienmissbrauch unter: http://www.bpb.de/publikationen/863B1K,1,0,Medienmacht_und_Medienmissbrauch.html

[5] Burger, Harald: Sprache der Massenmedien, 2. durchges. u. erw. Aufl. Berlin; New York: De Gruyter 1990, S. 99.

[6] Erbring, Lutz: Journalistische Berufsnormen in amerikanischen und deutschen Nachrichten, in: Erbring, Ruß-Mohl, Seewald, Sösemann (Hg.): Medien ohne Moral. Variationen über Journalismus und Ethik, Berlin: Argon 1988, S. 73-104 (hier S. 75-80).

[7] Amnesty International: Zahlen und Fakten zur Todesstrafe, unter:

http://www2.amnesty.de/internet/deall.nsf/3c7abab8e052c42fc1256eeb004ce861/15707d00737b4d65c1257091004da66a?OpenDocument

[8] Amnesty international: Stoppt das staatliche töten! Ai veröffentlicht Todesstrafenstatistik 2006, unter:

http://www2.amnesty.de/internet/deall.nsf/3c7abab8e052c42fc1256eeb004ce861/6ee7ea4e630f6677c12572ca002e39f9?OpenDocument

[9] Kvashis, Vitali Y.: Die Todesstrafe in Russland, Boulanger, Heyes, Hanfling (Hg.): Zur Aktualität der Todesstrafe. Interdisziplinäre und globale Perspektiven, 2. Neu bearbeitete u. erw. Aufl. Berlin: Berlin Verlag 2002, S.357-374 (hier S. 365)

[10] Lynch, Mona: Die Todesstrafe in den USA als kulturelles Phänomen –Unterstützung der Todesstrafe im Internet, in: Boulanger, Heyes, Hanfling (Hg.): Zur Aktualität der Todesstrafe. Interdisziplinäre und globale Perspektiven, 2. Neu bearbeitete u. erw. Aufl. Berlin: Berlin Verlag 2002, S. 131-150 (hier S. 133).

[11] Martis, Roderich: Die Funktionen der Todesstrafe. Eine kritische Analyse zur Realität der Todesstrafe in der Gegenwart, Bonn: Forum Verlag 1991, S. 95

[12] Martis, S. 101

[13] Albrecht, Hans-Jörg: Die Todesstrafe in China, in: Boulanger, Heyes, Hanfling (Hg.): Zur Aktualität der Todesstrafe. Interdisziplinäre und globale Perspektiven, 2. Neu bearbeitete u. erw. Aufl. Berlin: Berlin Verlag 2002, S. 165-192 (hier S. 183)

[14] Ripfel, Martha: Was heißt bewerten?, in: Deutsche Sprache 15. Jahrgang (1987), S. 151-177 (hier S. 153)

[15] Ripfel, S. 155

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Werturteile in den Medien
Untertitel
Eine Analyse am Beispiel der Todesstrafe
Hochschule
Universität Hamburg
Note
1,7
Autor
Jahr
2008
Seiten
21
Katalognummer
V92379
ISBN (eBook)
9783638061322
Dateigröße
457 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Werturteile, Medien
Arbeit zitieren
Sarah Schomann (Autor:in), 2008, Werturteile in den Medien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92379

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