Der Einfluss von Meditation auf die Wissensverarbeitung bei Studierenden

Ein experimentelles Versuchsdesign


Masterarbeit, 2020

72 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

1 Einleitung

2 Theorie
2.1 Lernen und Wissenserwerb
2.2 Grundlegende theoretische Perspektiven
2.3 Wissenskonstruktion und die Rolle des Vorwissens
2.4 Wissensarten und Wissensmerkmale
2.4.1 Wissensmerkmale und Aufgabentyp
2.4.2 Gestaltungsprinzipien für Prüfungsaufgaben
2.5 Der Lehr- und Lernprozess
2.5.1 Selbstreguliertes Lernen
2.5.2 Prozessmodell der Selbstregulation
2.5.3 PräaktionalePhase
2.5.4 Aktionale Phase
2.5.5 Postaktionale Phase
2.6 Verortung der Thematik im Prozessmodell des Selbstregulierten Lernens
2.6.1 Aufmerksamkeit
2.6.2 Selektive Aufmerksamkeit und Lernen
2.6.3 Selektive Aufmerksamkeit als Ansatzpunkt für den Prozess der Wissensverarbeitung
2.7 Meditation
2.7.1 Meditation und Psychologie
2.7.2 Tiefenpsychologie und Psychoanalyse
2.7.3 Humanistische Psychologie
2.7.4 Lerntheorie
2.8 Neuropsychologische Befunde der Meditation
2.8.1 Neuroplastizität
2.8.2 Neuronale Integration
2.8.3 Meditation und Aufmerksamkeit
2.9 Meditation und Wissensverarbeitung

3 Fragestellungen und Hypothesen

4 Methode
4.1 Stichprobe
4.2 Versuchsdesign
4.3 Durchführung
4.3.1 Didaktisches Konzept und Inhalte
4.3.2. Auswertung

5 Ergebnisse

6 Diskussion

7 Literaturverzeichnis

8 Anhang

Zusammenfassung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Einfluss von Meditation als eine, den achtsamkeitsbasierten Verfahren zugehörige Methode, auf die Wissensverarbeitung bei Studierenden. Um der Fragestellung nachzugehen wurde ein experimentelles Versuchsdesign mit Kontroll- und Versuchsgruppe konzipiert. Beide Gruppen besuchen die gleiche Lehrveranstaltung im Rahmen des Studiengangs Soziale Arbeit. In der Versuchsgruppe wird über die Lehrveranstaltungen hinweg zu Beginn eine kurze Konzentrationsmeditation durchgeführt, wohingegen in der Kontrollgruppe ohne Meditationsintervention mit der Lehrveranstaltung begonnen wird. Die Studierenden bearbeiten im Rahmen des Versuchs einen Prä- und Abschlusstest sowie drei weitere kurze Teiltests. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Leistungen in der Versuchsgruppe signifikant von denen der Kontrollgruppe unterscheiden. Ergebnisse zeigen, dass sich die Leistung im letzten Teiltest in den Gruppen signifikant unterscheidet. Im Vergleich der übrigen Testergebnisse konnten keine signifikanten Unterschiede ermittelt werden. Die vorliegende Fragestellung und der Versuch muss anhand einiger wichtiger Aspekte kritisch diskutiert als auch relativiert werden und ermöglicht damit einen Ausblick auf zukünftige Fragestellungen im Hinblick auf die Implementierung von Achtsamkeit bzw. Meditation in der Hochschullehre.

1 Einleitung

Denn wir lernen, um zu 'verstehen, wer wir sind.

Zentrales und grundlegendes Thema der vorliegenden Arbeit ist das des Lernens. Lernen findet zu jeder Zeit in jedem Kontext statt und ist eng verwoben mit der Dynamik menschlicher Entwicklung. Das Lerngeschehen ist in hohem Ausmaß komplex, vielschichtig und aus den verschiedensten Perspektiven lohnenswert zu betrachten. Wenn auch eine Eingrenzung im Rahmen der vorliegenden Arbeit auf den Hochschulkontext zu treffen ist, ist der Rückschluss auf die Unbedeutsamkeit dieser eng skizzierten Lernprozesse für das individuelle Erleben eines Menschen nicht zulässig.

Ansinnen der Ausarbeitung ist es, einen möglichen Einfluss auf die Wissensverarbeitung bei Studierenden zu untersuchen. So ist seit längerer Zeit zu vernehmen, dass die Themen der Achtsamkeit und achtsamkeitsbasierte Verfahren stetig mehr Aufmerksamkeit in der Forschung erlangen. Die positiven Effekte, die vor allem auch im Zusammenhang mit Gesundheit und Stressbewältigung aufgezeigt werden konnten, bilden einen gewichtigen Schwerpunkt in der Erforschung des Einflusses achtsamkeitsbasierter Verfahren. Auch die Meditation zählt zu diesen und kann als eine kontemplative Praktik verstanden werden, die traditionell stark mit religiösen und kulturellen Traditionen assoziiert ist. In jüngster Zeit werden meditative Praktiken unabhängig von religiösen und kulturellen Kontexten praktiziert, können in Ihrer Form als verschieden und vielfältig angenommen und als eine Art des mentalen Trainings, das der Regulation des vegetativen Nervensystems sowie der Aufmerksamkeit und Emotion dient, verstanden werden (Otto, Pereis, & Schmitz, 2011; Shapiro, Brown, & Astin, 2011). Der gemeinsam geteilte Aspekt verschiedenster Meditationspraktiken findet sich folglich in einer intendierten Schulung von Aufmerksamkeits- und Bewusstseinsprozessen. „The common ground they share is the intentional training of attention and awareness, such that consciousness becomes more finely attuned to events and experiences in the present.“ (Shapiro et al., 2011, S.494). Befunde aus der neurobiologischen Forschung deuten einen positiven Effekt von Meditation auf Aufmerksamkeits- sowie Gedächtnisprozesse anhand struktureller wie auch funktioneller Veränderungen in verschiedenen Kortexarealen an (Esch, 2014a). Erkenntnisse hinsichtlich der Neuroplastizität lassen vermuten, dass die durch Meditationsübung verbesserten geistigen Fähigkeiten mit messbaren morphologischen Veränderungen in spezifischen Hirnregionen einhergehen. So konnten Vestergaard-Poulsen et al. (2009) eine Zunahme grauer Hirnsubstanz im Himstamm, genauer im Nucleus tractus solitarius und dem dorsolateralten motorischen Kern des Vagus bei Meditierenden im Vergleich zu Nicht­Meditierenden aufzeigen. Dieser Befund wird mit einer höheren Stressresistenz wie auch der verbesserten Fähigkeit von Aufmerksamkeitsprozessen im Sinne einer stabileren Aufmerksamkeit assoziiert. Eine Längsschnittstudie um Kabat- Zinn (2011) im Rahmen eines achtwöchigen Interventionsprogrammes belegt eine Verdichtung der grauen Hirnsubstanz in Bereichen des limbischen Systems, vor allem im für Gedächtnisprozesse relevanten Gehimareal des Hippocampus. Weiterhin deuten Befunde eine Verbesserung der Konnektivität verschiedener Gehirnareale an. So fand eine amerikanisch-chinesische Forschergruppe im Rahmen einer zweimonatigen Interventionsstudie, welche ein Integrative-Body­Mind Training beinhaltet, die Zunahme weißer Hirnsubstanz (Tang et al., 2010). Die Autoren interpretierten die Befunde vor allem hinsichtlich einer Verbesserung von Integrität und Effizienz der Nervenfasern, die den anterioren cingulären Kortex mit anderen Strukturen verbinden. Insgesamt lassen neurobiologische Erkenntnisse vermuten, dass regelmäßige Meditationsübung mit der Verbesserung der Aufmerksamkeit und damit mit der Stärkung von Gedächtnisprozessen einhergeht. So zeigt sich allgemein neben der Verbesserung der Lern- und Merkfähigkeit auch eine Stärkung der Funktionen des Arbeitsgedächtnis sowie des deklarativen Gedächtnis (Esch, 2014). Diese Befundlage ist Ausgangspunkt für die Fragestellung der vorliegenden Arbeit und manifestiert sich in der leitenden Hypothese, dass Meditation einen positiven Einfluss auf die Wissensverarbeitung bei Studierenden hat. Ergänzend zur neurobiologischen Befundlage, wird die Arbeit in einem ersten Teil die Themen der Wissenskonstruktion und des Lernprozesses aus einer pädagogisch­psychologischen Perspektive eingehend erläutern und im Prozessmodell des selbstregulierten Lernens unter sensibler Berücksichtigung der Rolle der Aufmerksamkeit für die Wissensverarbeitung verorten. In einem zweiten Teil wird dann hinsichtlich allgemeiner als auch spezifischer Aspekte differenziert auf die neurowissenschaftlichen Befunde im Zusammenhang mit dem Einfluss meditativer Praktik eingegangen. Anschließend werden die theoretischen Ausführungen pädagogisch-psychologisch und neurowissenschaftlich relevanter Aspekte miteinander in Beziehung gesetzt, sodass sich die konkreten Fragestellungen darstellen lassen. Der dritte Teil der Arbeit befasst sich dann mit der Umsetzung der Fragestellungen im konkreten Versuch. Die Arbeit schließt mit einer Diskussion der Methodik sowie der Ergebnisse ab.

2 Theorie

2.1 Lernen und Wissenserwerb

Im Folgenden sollen zunächst grundlegende Prozesse des Lernens beschrieben werden. Lernen kann als eine bewusste, absichtsvolle und angeleitete Auseinandersetzung, die sowohl Ausdauer und Anstrengungsbereitschaft voraussetzt, verstanden werden. Der Lernprozess kann weiterhin unter Berücksichtigung verschiedener Merkmale genauer differenziert und definiert werden. So wird der Begriff Lernen in enger Beziehung zur Entwicklung des Menschen begriffen. Lernprozesse dienen somit als notwendige Grundlage um Entwicklung im Sinne eines adaptiven Verhaltens zwischen Individuum und Umwelt zu ermöglichen. Darüber hinaus lässt sich allgemein festhalten, dass Lernen eine dauerhafte Veränderung auf der Erlebens- und Verhaltensebene des Individuums impliziert, die ihrerseits als Folge von Erfahrung verstanden werden kann. Als weiteres bedingendes Merkmal ist die Fähigkeit zum Behalten im Sinne einer nicht beeinträchtigten Gedächtnisfunktion zu benennen. Schließlich definieren sich Lernprozesse hinsichtlich ihrer Dynamik dahingehend, als dass sie das Individuum dazu befähigen, zukünftige Anforderungen aufgrund vorangegangener Lernerfahrungen erfolgreicher zu bewältigen (Seidel & Krapp, 2014).

Weiterhin lassen sich hinsichtlich des Lernens und Wissenserwerbs primäre von sekundären kognitiven Fähigkeiten unterscheiden. So liegen erstere im gattungsspezifischen Erbe der Menschheit begründet, wohingegen letztere auf kulturellen Wissensbeständen und Handlungsmustern beruhen. Sekundäre kognitive Fähigkeiten etablieren sich über eine gesellschaftliche Vermittlung und beziehen, bedingt durch nicht vorhandene, angeborene Wissensstrukturen oder Lembereitschaften, Anstrengung und Zeitaufwand als notwendig mit in den Lernprozess ein. Primären kognitiven Fähigkeiten liegen implizite Lernprozesse zugrunde und nehmen bereits vorhandene Wissens- und Lemstrukturen an, die den Lernprozess beschleunigen und vereinfachen. Diese stellen vielmehr einen Forschungsgegenstand der Entwicklungspsychologie als der Pädagogischen Psychologie dar, die sich gegenständlich auf die Erforschung der Prozesse, die dem Erwerb der sekundären kognitiven Fähigkeiten dienen, bezieht. Vor allem der Erwerb von Kenntnissen, Fertigkeiten und sozialen Handlungsmustern in formellen als auch informellen Lernumwelten stellen Schwerpunkte der pädagogisch­psychologischen Forschung dar. (Geary, 2005, 2011; Seidel & Krapp, 2014). Wenngleich festzuhalten ist, dass die Kategorisierung von Prozessen des Erwerbs primärer und sekundärer kognitiver Fähigkeiten hinsichtlich des konkret-praktischen Lernprozesses kaum aufrechtzuerhalten ist, ist sie für die theoretische Auseinandersetzung dennoch als sinnvoll zu erachten. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird der Prozess der Wissensverarbeitung hinsichtlich des Erwerbs sekundärer kognitiver Fähigkeiten in einer formellen Lernumgebung zum Gegenstand der Untersuchung gemacht.

2.2 Grundlegende theoretische Perspektiven

In der pädagogisch-psychologischen Lemforschung werden grundlegende theoretische Perspektiven unterschieden. Um anschließend auf den selbstregulierten Lernprozess einzugehen, werden im Folgenden die kognitiv-konstruktivistische Perspektive als auch die Situiertheitsperspektive skizziert.

Im Rahmen der pädagogisch-konstruktivistischen Perspektive wird Lernen als die Aneignung von Wissen verstanden. Mit zunehmender Differenzierung von behavioristischen Denkansätzen und der kognitiven Wende gingen Forschungsansätze einher, die sich mit der Analyse kognitiv repräsentierter Prozesse des Lerngeschehens befassten. Angeregt durch Entwicklungen in Bereichen der Kommunikationstechnik und der Computerwissenschaft wurden Denken, Lernen und Problemlosen als Informationsverarbeitung interpretiert. Dieses Verständnis geht mit einer Zuschreibung von Aktivität und Selektion hinsichtlich des lernenden Individuums einher. So wird Informationsaufnahme als eine über die Sinnesorgane vermittelte Wahrnehmungserfahrung verstanden. Die Zuordnung des Bedeutungsgehaltes einer Information vollzieht sich in den sich anschließenden Verarbeitungsprozessen und obliegt dem lernenden Individuum. Von grundlegender Relevanz für den semantischen Gehalt ist das bereits vorhandene Vorwissen, das als Ausgangspunkt für die Integration neuer Wissenselemente dient. Insoweit wird der Prozess des Wissenserwerbs im Sinne einer komplexen Wissenskonstruktion als Herstellung von Verbindungen zwischen bereits Gelerntem und neu zu Erlernendem verstanden. Diese Prozesse der Wissenskonstruktion vollziehen sich grundsätzlich in Abstraktion. Die kognitiv­konstruktivistische Perspektive versteht Wissen in abstrakter Form als kognitive Schemata, die sich in der Auseinandersetzung mit der Umwelt anlegen, entwickeln und immer weiter ausdifferenzieren. Der Erwerb neuen Wissens wird darauf aufbauend als Veränderung und Ausdifferenzierung der vorhandenen kognitiven Schemata verstanden und impliziert die Unabhängigkeit von Individuum und Umwelt. Wissen in dieser abstrakten Form dient als Grundlage für Transferleistungen, welche als Anwendung neu erworbener Wissenselemente in einer neuen Situation gilt (Seidel & Krapp, 2014; Wild &Möller, 2001).

Aus der Situiertheitsperspektive wird Lernen als soziokulturelle Teilhabe verstanden und der Kontext, in dem Wissenserwerb stattfmdet, fokussiert. Lernen bezieht demnach soziale Handlungsmuster und kulturelle Praxis als integralen Bestandteil mit in den Prozess der Wissensaneignung ein. Dieser grundlegenden theoretischen Perspektive zufolge muss die abstrakte Natur von Wissen zu Gunsten des Konzepts der situierten Kognition aufgegeben werden. Denn der Erwerb und die Anwendung von Wissen ist situativ gebunden und nicht als abstrakte Repräsentation von Wissen zu verstehen. Dementsprechend wird der Begriff des Wissens folglich als relational verstanden. Im Gegensatz zur sich entwickelnden Unabhängigkeit zwischen Individuum und Umwelt im sich vollziehenden Lernprozess, wird im Rahmen der Situiertheitsperspektive die Trennung zwischen Innen- und Außenwelt aufgegeben. Dies erweitert den Prozess des Lernens um eine soziale Dimension und definiert Lernen als soziale Teilhabe, welches das allmähliche Hineinwachsen in eine Gemeinschaft miteinschließt. Lave und Wenger (1991) prägen hierfür den Begriff des legitimate peripheral praticipation und meinen damit den Prozess der Integration in eine Gemeinschaft, deren konstitutive Merkmale im Vorhandensein gemeinsamer Ziele und Werte, impliziter und expliziter Regeln sowie materieller und kognitiver Werkzeuge zu sehen sind (Seidel & Krapp, 2014; Wild & Möller, 2001).

Die ausgeführten grundlegenden Verständnisse, mittels welcher der Lernprozess perspektiviert werden kann, fokussieren ihrerseits jeweils unterschiedliche Aspekte. Obgleich sowohl konstruktivistische als auch situative Aspekte als gleichbedeutend bedingend für den Lernprozess angesehen werden können, liegt der Fokus der im Nachfolgenden ausgeführten Untersuchung tendenziell in einem kognitiv­konstruktivistischen Verständnis begründet.

2.3 Wissenskonstruktion und die Rolle des Vorwissens

Der Wissenskonstruktion liegen verschiedene Arten von Lernprozessen zugrunde. So werden vor allem die grundlegenden Prozesse der Auswahl, Organisation und Integration als an der Konstruktion von Wissen beteiligt, angesehen. Die Auswahl von Daten und Informationen kann sowohl automatisch als auch intentional stattfinden. Auswahl- und Selektionsprozesse sind in der Regel letzterer Natur. Sie werden vom Individuum bewusst gesteuert und beziehen sich auf Aktivität im neuronalen Korrelat des Arbeitsgedächtnis. Organisationsprozesse ordnen und strukturieren die ausgewählten Informationen und setzen diese miteinander in Beziehung. Die der Wissenskonstruktion dienenden Organisationsprozesse werden ebenfalls auf die Aktivität des Arbeitsgedächtnis zurückgeführt. Im Rahmen von Integrationsprozessen werden neue Informationen mit bereits vorhandenem Wissen des Langzeitgedächtnisses verknüpft. An dieser Stelle wird die Relevanz des Vorwissens für den Lernprozess deutlich. Das Vorwissen ist darüber hinaus auch als konstitutiv für Auswahl- und Organisationsprozesse anzusehen. So zeigt eine Studie die Relevanz des Vorwissens für die kognitiven Auswahlprozesse anhand einer Lernaufgabe zu Bewegungsmustem von Fischen auf. Lernende, die über weniger Vorwissen verfügten, beobachteten Aspekte länger, die keine Anhaltspunkte über ein spezifisches Bewegungsmuster lieferten (Jarodzka, Scheiter, Gerjets, & van Gog, 2010). Das bereits vorhandene Vorwissen steuert die Auswahl lernrelevanter Informationen maßgeblich. Weiterhin konnten Chi und Kollegen aufzeigen, dass auch Organisationsprozesse durch das vorhandene Vorwissen bedingt werden (1981). In Ihrer Studie wurden Personen mit unterschiedlichem Ausmaß an Vorwissen die Physik betreffend gebeten, Aufgaben zu sortieren. Personen, die über viel Vorwissen verfügten, klassifizierten die Aufgaben anhand der zugrunde liegenden physikalischen Gesetzmäßigkeiten, wohingegen Personen mit weniger Vorwissen eher Oberflächenmerkmale wie beispielsweise die Ähnlichkeit der Aufgaben als Merkmal für die Strukturierung heranzogen. Das bereits vorhandene Wissensnetzwerk hat einen konstituierenden Einfluss auf Prozesse des Wissenserwerbs und -konstruktion. Die Relevanz des bereits vorhandenen Wissens findet in der vorliegenden Masterarbeit im experimentellen Design in der Durchführung eines Prätests vor Beginn der Vermittlung der Lehrinhalte ihre Berücksichtigung.

Wissenskonstruktionsprozesse resultieren im Aufbau von kognitiven Schemata. Die sich aufbauenden und ausdifferenzierenden Schemata werden als abstrahierte Wissensstrukturen interpretiert und fokussieren sich wiederholende Regelhaftigkeiten. Als Ziel des experimentellen Versuchs lässt sich folglich ein verbesserter Aufbau und eine intensivere Differenzierung kognitiver Schemata durch die Meditationsintervention in der Versuchsgruppe, festhalten (Seidel & Krapp, 2014; Wild & Möller, 2001).

2.4 Wissensarten und Wissensmerkmale

Die weitere Differenzierung hinsichtlich der Arten von Wissen wie auch dessen Merkmale ist für das Verständnis der vorliegenden Arbeit grundlegend. Wissen kann allgemein als relativ überdauernder Inhalt des Langzeitgedächtnisses verstanden werden (Seidel & Krapp, 2014). Dem Rahmen weiter folgend wird Wissen als kognitive Repräsentation, welche in ihrer Beschaffenheit und Natur divergiert, beschrieben (Wirtz & Strohmer, 2017). Die überdauernden Inhalte als kognitive Repräsentation können anhand ihrer Menge sowie ihrer Qualität charakterisiert werden. De Jong und Ferguson- Hessler entwickeln die Taxonomie der Wissensformen und unterscheiden zwischen Wissensarten und Wissensmerkmalen (1996). Erstere lassen sich in situationales, konzeptuelles, prozedurales und metakognitives Wissen einteilen. Mit situationalem Wissen ist das Wissen über Anforderungen und Merkmale von Problemen gemeint, mit welchen man in spezifischen Bereichen typischerweise konfrontiert wird. Situationales Wissen dient demzufolge der Aufmerksamkeitslenkung auf relevante Aspekte. Mit konzeptuellen Wissen ist semantisches Wissen gemeint, welches sowohl Faktenwissen als auch das Wissen über Begriffe und Prinzipien umfasst. Das Handlungswissen, welches sich auf einen konkreten Anforderungsbereich bezieht, entspricht dem prozeduralen Wissen. Kognitive Repräsentationen über die Gestaltung und Regulation des Lern- und Problemlöseprozesses meinen metakognitives bzw. strategisches Wissen. Letzteres schließt situationsübergreifende Handlungspläne mit ein und ist ihrer Natur nach mit einem höheren Grad an Abstraktion verbunden als die vorangegangen beschriebenen Formen des Wissens (De Jong & Ferguson-Hessler, 1996; Seidel & Krapp, 2014; Wirtz & Strohmer, 2017).

Die quer zu den Wissensformen liegenden Wissensmerkmale, fokussieren jeweils unterschiedliche charakteristische Aspekte der spezifischen Wissensformen. So bringt die Verarbeitungstiefe den Grad der Elaboriertheit und des Bedeutungsgehaltes zum Ausdruck. Es handelt sich um das Ausmaß der Verarbeitung hinsichtlich der Wissenstiefe, welches stark mit dem Grad der Verknüpfung mit dem bereits vorhandenen Vorwissen in Zusammenhang steht. Die Verarbeitungstiefe, die sich im Ausmaß an Tiefenverknüpfung von Wissen realisiert sieht, wird ihrerseits bedingt durch die verwendeten Lemstrategien. Die Struktur des Wissens meint das Ausmaß der Differenzierung und Ordnung von Wissen, welches von der Akkumulation von isolierten Wissenseinheiten bis hin zu einem strukturierten Netzwerk miteinander verbundener Wissenskomponenten reichen kann. Der Ausprägungsgrad der Struktur des Wissens gilt als wesentliches Differenzierungskriterium für die Beschaffenheit des Wissens im Sinne eines Expertenwissens. Der Automatisierungsgrad als ein weiteres Merkmal anhand dessen Wissen charakterisiert werden kann, meint den Grad an notwendiger, intentionaler und angestrengter Informationsverarbeitung. Demzufolge kann das Ausmaß an Automatisierung auf einem Kontinuum von deklarierbar explizit bis hin zu subbewusst implizit und prozeduralisiert variieren. Weiterhin wird mit der Modalität als Wissensmerkmal die Art und Weise der mentalen Repräsentation von Wissen in den Blick genommen. Dahingehend wird eine bildlich-analoge oder aber eine propositional- analytische Beschaffenheit differenziert. Es wird angenommen, dass sich die verschiedenen Wissensarten systematisch anhand einer Akzentuierung von bildlich­analog und propositional-analytisch unterscheiden lassen. So wird prozeduralem als auch situationalem Wissen eine tendenziell bildich-analog geartete Modalität zugesprochen, wohingegen das konzeptuelle Wissen mit einer stärkeren propositional-analytischen Ausprägung einhergeht. Als letztes Merkmal von Wissen anhand dessen die verschiedenen Wissensformen charakterisiert werden können, ist der Allgemeinheitsgrad. Dieser drückt aus, in welchem Ausmaß das Wissen eher übergreifend oder aber domänen- bzw. bereichsspezifisch ist. So wird metakognitives Wissen gegenüber situationalem als auch prozeduralem Wissen mit einem hohen Grad an Allgemeinheit assoziiert (De Jong & Ferguson-Hessler, 1996; Seidel & Krapp, 2014). Insgesamt lässt sich festhalten, dass hinsichtlich der Ausprägung einiger Wissensmerkmale auch Aussagen über die Qualität im Sinne der Güte des vorhandenen

Wissens zulässig erscheinen. Ein hoher Grad an Wissenstiefe, Wissensdifferenzierung und -Strukturierung wird gegenüber einer geringen Ausprägung derselben als gewinnbringend erachtet. Hinsichtlich der Merkmale Modalität und Allgemeinheitsgrad wird eine Evaluierung hingegen als weniger sinnvoll erachtet (De Jong & Ferguson- Hessler, 1996; Seidel & Krapp, 2014; Wild & Möller, 2001).

2.4.1 Wissensmerkmale und Aufgabentyp

Als relevant für die vorliegende Fragestellung erweisen sich vor allem die Wissensform des konzeptuellen Wissens sowie die Merkmale Verarbeitungstiefe, Struktur des Wissens und Automatisierungsgrad. Im Rahmen der Vermittlung von Lehrinhalten sollen die Studierenden sich vor allem Fakten, Begriffe und Prinzipien der Entwicklungspsychologie aneignen. Über die im weiteren Verlauf der Arbeit differenziert beschriebene und angenommene Wirkung meditativer Praxis und der damit einhergehenden Erhöhung von Aufmerksamkeitsprozessen und des Konzentrationsvermögens wird im Hinblick auf die erwähnten Wissensmerkmale angenommen, dass ein begünstigender Effekt durch die Meditation eintritt. Dieser wiederum resultiert in einem erhöhten Ausmaß an Wissensdifferenzierung, - Strukturierung als auch des prozeduralisierten Wissens. Darauf aufbauend wird angenommen, dass der Wissenskonstruktionsprozess in der Versuchsgruppe mit einem erhöhten Ausmaß an Verknüpfung und vertiefter Strukturierung einhergeht, welches sich anhand einer erfolgreicheren Bearbeitung der verschiedenen Testaufgaben zeigt.

Die Differenzierung hinsichtlich der Wirkung meditativer Praxis sieht sich folglich in den verschiedenen Aufgabenformaten der Teiltests realisiert, welche ihrerseits den Fokus auf je spezifische Wissensmerkmale legen. So werden in den Teiltests verschiedene Aufgabentypen zur Bearbeitung gestellt, die jeweils unterschiedlich stark mit den Merkmalen von Wissen assoziiert sind. Bei den Aufgaben mit geschlossenem Antwortformat, die im Multiple-Choice-Stil gestellt sind, geht es vornehmlich um die Überprüfung der Aneignung von Wissen und der Abfrage diesen, einhergehend mit dem Fokus auf dem Wiederekennen. Das Mutiple-Choice-Format ist damit im Rahmen der Teiltests die Aufgabenstellung mit dem geringsten Schwierigkeitsgrad und in überwiegendem Ausmaß an das Wissensmerkmal der Strukturierung geknüpft.

Die beiden weiteren Unterformen der Aufgabenstellung gehören den Antwortgenerierungsaufgaben mit offenem Antwortformat an und unterteilen sich in offene Fragestellungen sowie Anwendungs- und Gestaltungsaufgaben. Dieser Aufgabentyp dient der Testung anspruchsvoller Kompetenzen wie Transfer, Anwendung, Analyse und Verständnis von Prinzipien (Schneider & Mustafic, 2015). Bei Ersterergeht es, wie beim Multiple-Choice-Format, um die Überprüfung der Aneignung von Wissen. Der Fokus liegt hier hingegen auf der Reproduktion und nicht der Wiedererkennung und geht damit mit einem erhöhten Schwierigkeitsgrad einher. Durch diesen Aufgabentyp wird primär das Charaktersitikum des Automatisierungsgrades angesteuert. Weiterhin werden auch die Verarbeitungstiefe sowie die Wissensstrukturierung als grundlegend relevant für die Bearbeitung angenommen.

Den höchsten Schwierigkeitsgrad für die Überprüfung des Ausmaßes der Wissensverarbeitung stellen Anwendungs- und Gestaltungsaufgaben dar. Hierbei wird über die Aneignung von Wissen hinaus auch die Fähigkeit der Anwendung des erarbeiteten Wissens überprüft. Dieser Aufgabentyp ist zweifellos mit einer hohen Anforderung an die Wissensverarbeitung und Reproduktionsprozesse verbunden. Das angeeignete Wissen muss vor allem im Hinblick auf ein erhöhtes Abstraktionsniveau und der zugrundeliegenden Prinzipien verarbeitet worden sein und spricht damit auch über das konzeptuelle Wissen weitere Formen von Wissen an. So auch das spezifische Charakteristikum der Wissensmodalität im Sinne eines erhöhten Ausmaßes an propositional-analytischer Repräsentation. Weiterhin ist in ebenso bedeutendem Ausmaß der Allgemeinheitsgrad, der mit einem mehr oder minder starkem Grad an Abstraktion einhergeht, für die Bearbeitung von Anwendungsaufgaben relevant. Denn der Transfer von Wissen setzt die Etablierung eines abstrakten kognitiven Schematas voraus, welches dann anhand einer neuen Situation konkretisiert werden kann. Ein hohes Ausmaß an abstrakter Verarbeitung von Wissenselementen und deren Dynamik ist für die Bearbeitung von Anwendungsaufgaben unabdingbar.

Alle Aufgabentypen sind im Rahmen der Bearbeitungsinstruktion in den theoretischen Bezugsrahmen eingebettet. Weiterhin sind sowohl die Einzeltests als auch Prätest und Abschlusstest als Einzelaufgaben ausgewiesen und müssen vonjedem/r Studierenden in Einzelarbeit bearbeitet werden. Entsprechend einer überwiegend kognitiv­konstruktivistischen Annahme des Lernprozesses werden situierte Aspekte auch hinsichtlich der Aufgabenformate vernachlässigt (De Jong & Ferguson-Hessler, 1996; Petschenka, Nadine, & Michael, 2004; Seidel & Krapp, 2014).

2.4.2 Gestaltungsprinzipien für Prüfungsaufgaben

Die Erstellung von Prüfungsaufgaben fordert in hohem Maße eine differenzierte Erarbeitung der Fragen und die Berücksichtigung spezifischer Gestaltungsprinzipien. Die Details der Aufgabengestaltung können die Aussagekraft von Prüfungsleistungen beeinflussen. Wenngleich die Studienlage hinsichtlich des Zusammenhangs der Gestaltung von Prüfungsaufgaben und der Gültigkeit von Prüfungen empirisch unzureichend untersucht ist, konnte eine exemplarische Studie von Downing zeigen, dass die Verletzung von Gestaltungsprinzipien für Prüfungsaufgaben die Testgüte der Klausuren nachweisbar reduzierte (2005). Unzureichend gestaltete Aufgaben hatten im Vergleich eine um 0-15% niedrigere Lösungsrate. Die Autoren schätzen, dass durch die mangelnde Sorgfalt im Hinblick auf die Erstellung von Prüfungsaufgaben, ca 10-15% der Studierenden eine Klausur nicht bestehen obwohl sie angesichts ihrer Kompetenzen bestehen hätten sollen.

Bei der Erstellung von Prüfungsaufgaben ist insofern allgemein darauf zu achten, dass sich jede Aufgabe auf ein spezifisches Lernziel aus einer konkreten Sitzung der Lehrveranstaltung bezieht. Dementsprechend sollten die Aufgabeninhalte unabhängig voneinander sein und sich hinsichtlich ihres Inhalts möglichst wenig überschneiden. Darüber hinaus sollte im Allgemeinen darauf geachtet werden, dass die Aufgabeninstruktionen so kurz und einfach wie möglich formuliert werden. Damit einhergehend sollten komplizierte Begriffe und Umschreibungen soweit wie möglich vermieden werden.

Im Rahmen der Entwicklung und Erstellung der Prüfungsfragen wurden die vorangegangenen Erläuterungen hinsichtlich der Gestaltungsprinzipien miteinbezogen. Grundsätzlich wurde in den Teiltests jeder Frage ein spezifisches Thema aus der vorangegangenen Lehreinheit zugeordnet. Im Prä- als auch Abschlusstest hingegen wurden mehrere Fragen zu einzelnen Themenblöcken gestellt. Im Rahmen der Ausarbeitung wurde differenziert auf eine klare inhaltliche Abgrenzung geachtet, die sich an der Strukturierung der Lehrmaterialien orientierte. Die während der Lehrveranstaltung vermittelte Struktur und der ordnende Aufbau spiegeln sich dementsprechend in der Formulierung der Prüfungsfragen wider. Weiterhin wurde bei den Frageinstruktionen auf den Aspekt der Wissensstrukturierung, wie er den Lehreinheiten zugrunde lag als auch eine eindeutige und klare Formulierung geachtet.

2.5 Der Lehr- und Lernprozess

Im weiteren Verlauf soll nun in Ergänzung zu den vorangegangenen Ausführungen hinsichtlich der Prozesse, Dynamiken und Arten von Wissen sowie der Wissenskonstruktion genauer auf den Lehr- und Lernprozess eingegangen werden. So wird vor allem der Prozess des selbstregulierten Lernens erläutert und hinsichtlich des Bedeutungsgehaltes für den/die Studierende/n als auch in Bezug auf didaktische Möglichkeiten beleuchtet.

2.5.1 Selbstreguliertes Lernen

Die Selbstregulation definiert sich über die Fähigkeit eigene Gedanken, Emotionen und Handlungen zielgerichtet zu steuern. Auch im Hinblick auf den Lernprozess ist die Selbstregulation als Schlüsselkomponente anzusehen. Im Rahmen von Selbstregulation wird demzufolge auch das Lernen als aktiver und konstruktiver Prozess verstanden, welcher von Lernenden selbstständig hinsichtlich Auswahl, Aufnahme und Verarbeitung neuer Informationen gesteuert und initiiert wird. Die Entwicklung der Fähigkeit zum eigenverantwortlichen und selbstregulierten Lernen wird demnach neben der Vermittlung von Fachwissen als eine zentrale und bedeutende Aufgabe von Bildungsprozessen angesehen. Das fähigkeitsbezogene Ausmaß selbstregulierender Maßnahmen während des Lernprozesses ist demnach als hoch bedeutsam für den Prozess der Wissensaneignung und -konstruktion anzusehen.

Im Allgemeinen meint selbstreguliertes Lernen „ein vom Lernenden aktiv initiiertes Vorgehen, das eigene Lernverhalten unter Einsatz von verschiedenen Strategien zu steuern und zu regu/ieren."(WM & Möller, 2001, p. 46). Weiterhin können drei Komponenten des selbstregulierten Lernens unterschieden werden. So bezieht sich die kognitive Komponente auf die Informationsverarbeitung, das konzeptuelle und strategische Wissen und beinhaltet die Fähigkeit der Anwendung entsprechender Strategien.

Die motivationale Komponente meint Aktivitäten und Handlungen, die der Initiierung und der Aufrechterhaltung des Lemverhaltens dienen. Neben der Selbstmotivierung sind auch handlungsfördernde Attributionen sowie Selbstwirksamkeitsüberzeugungen dem motivationalen Aspekt zugehörig.

Als weitere Komponente, die im Hinblick auf das selbstregulierte Lernen berücksichtigt wird, ist die Metakognition anzuführen. Sie umfasst die Planung, Selbstbeobachtung, Reflexion sowie die adaptive Anpassung des Lernverhaltens hinsichtlich des gesetzten Lernziels (Pereis & Schmitz, 2011; Wild & Möller, 2001).

2.5.2 Prozessmodell der Selbstregulation

Modelle der Selbstregulation lassen sich in Prozess- und Schichtenmodelle einteilen. Letztere befassen sich überwiegend mit den verschiedenen Selbstregulationsebenen wohingegen erstere den Fokus auf den phasen- und prozessbezogenen Aspekt der Selbstregulation legen (Otto et al., 2011).

Prozessorientierte Modelle perspektivieren die Selbstregulation als einen iterativen Prozess und nehmen eine Gliederung in verschiedene Phasen vor. Im Kontext des Lernens werden im Prozessmodell der Selbstregulation die Phasen präaktional, aktional und postaktional differenziert. Der grundlegend prozessorientieren Logik zufolge findet adaptiv-regulierendes Handeln dann statt, „wennpräaktional 'Ziele gesetzt 'werden, deren Erreichung durch entsprechende Strategien in der aktionalen Phase angestrebt wird, und deren Bewertungsprozess in der postaktionalen Phase zu eventuellen Modifikationen führen.“ (Wild & Möller, 2001, p. 48).

2.5.3 Präaktionale Phase

Die präaktionale Phase geht mit der Handlungsplanung sowie der Lemvorbereitung einher. Unter Berücksichtigung der gegebenen Aufgabenstellung, der situativen Bedingungen, der individuellen Lernüberzeugungen sowie der emotionalen als auch motivationalen Voraussetzungen werden Ziele formuliert. Mit der Zielformulierung geht die Auswahl als für geeignet bewertete Strategien zur Zielerreichung sowie die Planung der Handlungen einher (Wild & Möller, 2001). Als relevant für die Zielsetzung ist die Reflexion und der Einbezug des bereits vorhandenen Vorwissens anzusehen, welche wiederum die konkrete Auswahl spezifischer Strategien beeinflusst (Seidel & Krapp, 2014). Darüber hinaus beinhaltet der Prozess der Zielformulierung bedeutende Implikationen für die Selbstmotivation. So zeigen Locke und Latham im Rahmen der Zielsetzungstheorie den Einfluss von Zielformulierung anhand der Größen Zielspezifität und Zielschwierigkeit auf die Motivation auf (Latham & Locke, 1991; Lunenburg, 2011). Es lässt sich festhalten, dass die präaktionale Phase vor allem die Aufgabenanalyse, die Zielsetzung und -formulierung sowie damit einhergehend die Entwicklung selbstmotivierender Überzeugungen für eine spezifische Lernhandlung umfasst. Die resultierende Endgröße, die sich aus diesen verschiedenen Aspekten zusammensetzt, ist der Soll-Wert, welcher als Referenzgröße für zukünftiges Regulationsverhalten herangezogen wird.

2.5.4 Aktionale Phase

In der sich anschließenden aktionalen Phase kommt es mittels Anwendung spezifischer Lernstrategien zur Umsetzung der eigentlichen Lemhandlung. Darüber hinaus wird das Handeln überwacht und kontrolliert, sodass anhand des metakognitiven Monitorings wesentliche Einflussgrößen sowie die Wirkung des eigenen Handelns als Information für mögliche Regulationsprozesse herangezogen werden können. Zentrale Aspekte in dieser Phase sind volitionale Prozesse, die der Aufrechterhaltung sowie der Verbesserung der konkreten Handlungsausführung dienen sollen.

Der Einsatz verschiedener kognitiver Lernstrategien wird im Rahmen des selbstregulierten Lernens als zentral angesehen. Die Lemstrategien lassen sich grob in kognitive, metakognitive als auch ressourcenorientierte Strategien unterteilen.

Erstere können weiterhin in Oberflächen- und Tiefenstrategien differenziert werden. Zu den Oberflächenstrategien gehört vor allem die Wiederholungsstrategie, welche durch aktives Wiederholen einzelner Fakten das Ziel einer festen Verankerung im Langzeitgedächtnis zu erreichen versucht. Demgegenüber stehen die Tiefenstrategien organisieren, elaborieren und kritisches Prüfen. Mittels dieser Strategien wird versucht, die Lerninhalte zu verstehen, indem neue Informationen strukturiert und mit dem bereits vorhandenen Vorwissen verknüpft und darüber hinaus anhand dessen reflektiert und evaluiert werden. Die Elaborationsstrategie dient demnach der Integration von neuen Wissenselementen in die bestehende Wissensstruktur. Organisationsstrategien sehen sich vor allem in der Ordnung und Strukturierung von neuen Informationen verwirklicht. Unter den metakognitiven Strategien werden sogenannte Kontrollstrategien verstanden. Sie dienen grundsätzlich der Überprüfung der Richtigkeit und des Einsatzes der kognitiven Strategien. Mittels metakognitiver Strategien wird der gesamte Lernprozess überwacht und beinhaltet somit vor allem die Selbstreflexion als auch die Selbstbewertung. Regulierende Maßnahmen werden durch metakognitive Prozesse der Überwachung initiiert.

Weiterhin sind ressourcenorientierte Lernstrategien zu nennen, die sich weiterhin in internale als auch externale Ressourcen differenzieren. Erstere umfassen Anstrengung, Aufmerksamkeit und Konzentrationsvermögen. Letztere entsprechen Sekundärstrategien und beziehen sich auf die Nutzung extemaler Ressourcen wie bspw. eine geeignete Lemumgebung und soziale Unterstützung (Seidel & Krapp, 2014; Wild & Möller, 2001). Die aktionale Phase schließt mit dem Vorliegen von Lernergebnissen ab (Reinders, Ditton, Gräsel, & Gniewosz, 2011; Seidel & Krapp, 2014; Wild & Möller, 2001).

2.5.5 Postaktionale Phase

Die postaktionale Phase beinhaltet in einem ersten Schritt die Reflexion des Lernergebnisses anhand der in der präaktionalen Phase gesetzten Ziele. Die Einschätzung der erbrachten Lernergebnisse durch den Abgleich mit den zuvor gesetzten Lernzielen hat unter Einbezug von Attributionsprozessen einen unmittelbaren Einfluss auf die weiter Planung in der sich wieder anschließenden präaktionalen Phase. So können entweder Lernstrategien als auch gesetzte Ziele adaptiert werden. Das Phasenmodell unterliegt hinsichtlich der Dynamik einer zyklischen und interaktiven Struktur und versteht sich demnach als konsekutiven Lernprozess (Reinders et al., 2011; Wild & Möller, 2001). Abbildung 1 veranschaulicht das beschriebene Prozessmodell des selbstregulierten Lernens.

Insgesamt ist festzuhalten, dass eine Vielzahl korrelativer Analysen einen Zusammenhang von selbstreguliertem Lernen und akademischer Leistung, höherer Motivation sowie höherer Anstrengung nahelegen (Pintrich & De Groot, 1990; Reinders etal.,2011). Darüber hinaus konnte im Rahmen von Regressionsanalysen der prädiktive Wert selbstregulierten Lernens für die akademische Leistung aufgezeigt werden (Duckworth & Seligman, 2005). Anhand des Modells des selbstregulierten Lernens lassen sich weiterhin Ansatzpunkte zur didaktischen Förderung selbstregulativer Kompetenzen im Lernprozess aufzeigen. Diese können direkter als auch indirekter Natur sein. Direkte Fördermaßnahmen betreffen die Zielgruppe der Lernenden und meinen die explizite Schulung und Vermittlung selbstregulatorischer Strategien. Indirekte Förderungsmaßnahmen selbstregulierten Lernens hingegen bestehen in der Gestaltung selbstregulationsförderlicher Lernumgebungen mittels des Einbezugs von Lehrmethoden, die mit einem hohen Grad an Selbstbestimmtheit assoziiert sind. Darüber hinaus zählt auch das vermittelte, positive Modellverhalten der Lehrperson im Sinne der sozial-kognitiven Theorie nach Bandura eine Möglichkeit zur indirekten Förderung selbstregulatorischer Lernfähigkeiten dar (Reinders et al., 2011; Seidel & Krapp, 2014).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Prozessmodell des Selbstregulierten Lernens in Anlehnung an Pereis & Schmitz (2011)

2.6 Verortung der Thematik im Prozessmodell des Selbstregulierten Lernens

Das Prozessmodell des Selbstregulierten Lernens stellt einen Rahmen hinsichtlich des Lehr- und Lernprozesses dar, in welchem die Fragestellung der vorliegenden Arbeit verortet werden kann. Diese Verortung geschieht zum einen im Hinblick auf die Perspektive des Lernenden, welcher sich als aktiver Protagonist im Prozess des selbstregulierten Lernens versteht. Von Relevanz hinsichtlich dieses Verständnisses ist vor allem die aktionale Phase, welche die vorangegangen beschriebenen Lemstrategien und deren Ausführung beinhaltet. Dahingehend rücken vornehmlich die ressourcenorientierten Strategien in Bezug auf die internen Strategien in den Vordergrund. Die Aufmerksamkeitsfähigkeit als auch das Konzentrationsvermögen sind an dieser Stelle von besonderem Interesse für die vorliegende Fragestellung. So wird davon ausgegangen, dass die Intervention einer Kurzmediation die ressourcenorientierten Strategien der Studierenden stärkt und damit ein positiver Effekt auf den Lernprozess einhergeht, der sich wiederum in einer besseren Prüfungsleistung manifestiert. So ist die Verortung im Rahmen des Prozessmodells in paralleler Hinsicht in der indirekten Förderung selbstregulierender Fähigkeiten, spezifisch angesetzt an der Aktivierung interner ressourcenorientierter Strategien zu betrachten. Im Folgenden soll demzufolge genauer auf die Rolle der Aufmerksamkeit im Hinblick auf grundlagenorientierte Forschung als auch den Einbezug neurobiologischer Aspekte eingegangen werden.

2.6.1 Aufmerksamkeit

Aufmerksamkeit bezieht sich auf die Fähigkeit, Informationen, die zur Grundlage von Wahrnehmung, Denken und Handlung werden, zu selektieren und andere auszublenden (Wirtz & Strohmer, 2017). „Everyone knows what attention is. It is the taking possession of the mind, in clear and vivid form, of one out of several possible objects or trains of thought. Focalisation, concentration of consciousness are its essence. It implies withdrawalfrom some things in order to deal effeclivelywilh others.” (James, 1890, p.403 zit. nach Schmidgen, 2000). Der Definitionssatz von William James deutet die zentrale Funktion der Selektion von Aufmerksamkeitsprozessen an. So wird der Fähigkeit zur Aufmerksamkeit im Sinne der Informationsverarbeitung der funktionelle Aspekt der Auswahl spezifischer Inhalte und Informationen bei damit gleichzeitig einhergehender Vernachlässigung bzw. Ausblendung anderer Inhalte und Informationen zentral zuteil. Diese perzeptive Selektion dient dem Ziel, bestimmte Informationen dem Bewusstsein und damit der Steuerung von Denken und Handeln zugänglich zu machen. Aufmerksamkeitsprozesse fungieren demzufolge als grundlegend für die Handlungssteuerung bzw. der handlungssteuernde Selektion (Müsseler & Rieger, 2017). Die selektive Aufmerksamkeit ist von der Vigilanz als auch der Altertness, im Sinne quantitativ angebbarer Zustände des Organismus abzugrenzen. So beinhalten Vigilanz und Alertness gegenüber der selektiven Aufmerksamkeit folglich einen Intensitäts­fokussierten Aspekt und meinen demnach neben dem Grad der Wachheit auch die Daueraufmerksamkeit. Die Alertness bezieht sich dabei auf die generelle Aufmerksamkeitsaktivierung in Erwartung eines Zielreizes und kann in tonische und phasische Altertness unterteilt werden. Letztere meint eine erhöhte Reaktionsbereitschaft gegenüber eintreffenden Stimuli, wohingegen die tonische Alertness tageszeitbedingten Schwankungen unterliegt (Posner, 2008). Vigilanz hingegen kann als eine Form der Daueraufmerksamkeit verstanden werden und wird häufig der tonischen Alertness zugeordnet. Im Gegensatz zur tonischen Alertness meint die Vigilanz einen Aufmerksamkeitszustand, bei dem über einen längeren Zeitraum das Aufmerksamkeitsniveau bei geringer Reizfrequenz aufrechterhalten wird (Müsseler & Rieger, 2017). Es lässt sich festhalten, dass sowohl die Vigilanz als auch die Alertness als grundlegende Aufmerksamkeitsaspekte zu verstehen sind, die als Basis für komplexere Funktionen wie die selektive Aufmerksamkeit fungieren (Matthias et al., 2010). Im Weiteren wird folglich die Relevanz der selektiven Aufmerksamkeit als metaverortetes Konstrukt für den Lernprozess erläutert. Hinsichtlich des Lehr-und Lernprozesses ist die Funktion der selektierenden Aufmerksamkeit vor allem im Hinblick auf die Auswahl und Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf relevante Aspekte und Informationen im Lehr- und Lemgeschehen zu verstehen. Die Auswahl einer relevanten Teilmenge schließt gleichzeitig das Ausblenden und Vernachlässigen als für irrelevant eingestufte Reize und Informationen mit ein. Diese Selektion gewährleistet im Rahmen des Lehr- und Lernprozesses eine effiziente und möglichst störungsfreie Wissensaneignung und -Verarbeitung. Als bedeutende und einflussnehmende Variable für selektive Aufmerksamkeitsprozesse ist das bereits vorhandene Vorwissen anzusehen, welches einen maßgeblichen Einfluss auf die Zuschreibung von Relevanz im Hinblick auf spezifische Informationen, die in der Lehrveranstaltung dargeboten werden, hat.

2.6.2 Selektive Aufmerksamkeit und Lernen

Bestimmt man die selektive Aufmerksamkeit als Fähigkeit, bestimmte Stimuli bevorzugt zu behandeln und deren Wahrnehmung dadurch erst zu ermöglichen, stellt sich die Frage nach dem Verhältnis vom Ausmaß der Aufmerksamkeitszuwendung zur Abwendung der Aufmerksamkeit bestimmter Informationen. Das Ausmaß der Gewichtung zugewandter als auch abgewandter Aufmerksamkeitsprozesse wurde von Posner mittels der „Scheinwerfermetapher“ eindrücklich beschrieben. So kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die selektive Aufmerksamkeit zu einem gegebenen Zeitpunkt nur an einen bestimmten Ort geknüpft ist. Die selektive Aufmerksamkeit ist im Hinblick auf die visuell-räumlich Aufmerksamkeit folglich nicht teilbar. Entsprechend der Scheinwerfermetapher wird jedoch davon ausgegangen, dass die Breite des Scheinwerfers durchaus variieren kann. So konnten bildgebende Studien zeigen, dass die Informationsverarbeitung irrelevanter Stimuli maßgeblich davon abhängt, inwieweit die Aufmerksamkeit relevanten Stimuli zugewandt wird (Spitzer, 2006, 2011). Diese Erkenntnisse lassen die Annahme zu, dass die Gesamtmenge der möglichen Aufmerksamkeitsleistung konstant zu sein scheint.

[...]

Ende der Leseprobe aus 72 Seiten

Details

Titel
Der Einfluss von Meditation auf die Wissensverarbeitung bei Studierenden
Untertitel
Ein experimentelles Versuchsdesign
Hochschule
Universität Potsdam
Note
2,0
Autor
Jahr
2020
Seiten
72
Katalognummer
V923837
ISBN (eBook)
9783346251879
ISBN (Buch)
9783346251886
Sprache
Deutsch
Schlagworte
einfluss, meditation, wissensverarbeitung, studierenden, versuchsdesign
Arbeit zitieren
Tamara Uda (Autor:in), 2020, Der Einfluss von Meditation auf die Wissensverarbeitung bei Studierenden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/923837

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