Leseprobe
Inhalt
1. Einleitung
2. Clemens Brentano: „Zu Bacharach am Rheine“
3 Joseph von Eichendorff: „Waldgespräch“
4. Heinrich Heine: „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, dass ich so traurig bin...“ - Ein Satz, den viele Menschen still im Kopf eher singen als lesen. Denn durch Friedrich Silchers Vertonung erlangte das ohnehin schon berühmte Gedicht von Heinrich Heine aus der Romantik als deutsches Volkslied noch mehr Bekanntheit, auch im Ausland1. Wer schon mal eine Schiffrundfahrt auf dem Rhein bei St. Goarshausen gemacht hat, ist bestimmt schon - während das Lied von Silcher im Hintergrund lief - an dem berüchtigten Felsen vorbei- gefahren2. Auf diesem Felsen soll, dem Mythos zufolge, Heines Loreley sitzen und die Schiffer durch ihren betörenden Gesang ablenken, sodass diese gegen die spitzen Felsenriffe fahren3. Die Stelle galt früher als die gefährlichste des Rheins, da sie besonders tief und eng war und die Schifffahrt durch Riffe und Stromschnellen zusätzlich erschwert wurde4. Aber nicht nur aus diesem Grund hat sich der Strom und mit ihm der Felsen einen Namen bei den Schifferleuten gemacht, sondern auch wegen des Echos, das von den Felsen widerhallt5. Daher wurde der Fels als Loreley-Fels bezeichnet, was so viel bedeutet wie: „Der Felsen, bei dem es summt und rauscht.“6
Doch wer hat den Loreley-Mythos ins Leben gerufen? Bei Heine ist die Rede von einem „Märchen aus alten Zeiten“: Entspringt diese Frauenfigur also aus einer alten deutschen Sage aus dem Mittelalter? So alt wie Heine es in seinem Werk glauben macht, ist der Mythos aber gar nicht. Denn was viele nicht wissen, ist, dass der Romantiker Clemens Brentano Anfang des 19. Jahrhunderts der Erfinder der verführerischen Jungfrau war.7 Doch Brentanos Loreley war noch keine sirenenartige Frau, die auf dem Felsen am Rhein sitzt uns singt. In den Anfängen des Mythos war sie ein normales, bürgerliches Mädchen, wobei wesentliche Grundzüge der bekannten Loreley Heines schon vorhanden waren. Jedoch kann man auch einige Unterschiede feststellen, die deshalb auch Heines Loreley und nicht Brentanos so berühmt machten. Heines Variante wird als eine Art Volkssage angesehen, die das Bild der Loreley nachhaltig geprägt hat und auf diese sich weitere Dichter nach Heine bis heute noch beziehen.8
Wie aber wurde aus Brentanos Figur die heute so bekannte Heines? Die schöne Jungfrau wurde von vielen Dichtern in ihren Werken aufgegriffen und weiterentwickelt9. Mystische Wesen wie Sirenen, Hexen, Nymphen und Nixen beeinflussten den Charakter maßgeblich10. Unter anderem veröffentlichte zwischen Brentano und Heine auch Joseph von Eichendorff, ebenso ein Dichter der Romantik, eine ganz eigene Version der Loreley, auf die in dieser Arbeit ebenso eingegangen wird. Sein Gedicht spielt nicht unmittelbar an dem Felsen am Rhein, sondern in einem Wald. Zudem stellt Eichendorffs Loreley eine Waldhexe dar11.
Die Entwicklung der Loreley-Gestalt in den Gedichten von den Anfängen Brentanos, über Eichendorff bis Heine wird in der vorliegenden Arbeit behandelt. Dazu werden die einzelnen Gedichte der historischen Reihenfolge nach interpretiert und analysiert sowie anschließend mit den jeweils vorher behandelten Gedichten verglichen. Zuerst wird Clemens Brentanos Ballade, dann Joseph von Eichendorffs Gedicht und anschließend Heinrich Heines Werk betrachtet. So erhält man einen guten Überblick über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Loreley-Figuren der drei Dichter und über die Entwicklung zu dem heute so berühmten sirenenähnlichen Wesen von Heine.
2. Clemens Brentano: „Zu Bacharach am Rheine“
Clemens Brentano gilt aufgrund seiner Ballade Zu Bacharach am Rheine als Erfinder der Loreley-Figur und ist mit dieser die Grundlage aller Weiterführungen des Mythos12. Die Entstehungszeit der Ballade ist nicht klar definiert; sie ist aber auf jeden Fall zwischen 1799 und 1801 in der Druckfassung fertiggestellt worden13. Doch lange Zeit war Loreley nur der Name des berühmt berüchtigten Felsens und nicht der Name einer Frau, die diesen Felsen erklimmt. Brentano veränderte den Namen des Felsen in Lore Lay um und kreierte somit ein bürgerliches Mädchen mit dem Vornamen Lore und dem Nachnamen Lay 14 . Kraß zufolge stammt der Name von dem englischen Wort lore für Überlieferung, und lay, was übersetzt Ballade bedeutet15.
Zu Bacharach am Rheine findet man im zweiten Teil des Romans Godwi oder Das steinerne Bild der Mutter, der 1801 erschien16. In diesem singt einer der Protagonisten Violette das Lied der Lore Lay'17. Es existiert auch noch eine zweite, veränderte Fassung der Ballade in Brentanos Rheinmärchen, die er in den Jahren 1810 und 1812 schrieb18, welche jedoch erst posthum 1846 publiziert wurde19. Hier ist die Heldin der Ballade nicht mehr Lore Lay, eine Bürgerliche, sondern eine mächtige Wassernymphe namens Frau Lureley20. In dieser Hausarbeit wird nur auf die erste, originale Fassung eingegangen, da die zweite erst nach Heines Gedicht veröffentlicht wurde.
Die Ballade besteht aus 25 Strophen mit jeweils vier Versen, lediglich die letzte Strophe besteht aus acht Versen. Das Reimschema ist der volksliedhafte Kreuzreim21. Der mittelalterliche Form- und Sprachstil lässt die Ballade wie eine alte Sage wirken und verleiht ihr einen märchenhaften Charme22. Die Verwendung des Präteritums erzielt die Wirkung, dass es sich um eine Ballade handelt, die weit in der Vergangenheit spielt23. Vor allem die Apokopen und Inversionen deuten auf die Zeit des Mittelalters hin. Auch Figuren wie die Ritter und Motive wie die Hexenverbrennung erinnern an diese Zeit24.
Lore Lay, die zu Bacharach am Rheine lebt, ist so unbegreiflich schön, dass alle Männer ihrer Anziehungskraft unterliegen. Die Männer können dieser nicht entfliehen und kommen dabei zu Schaden, der zunächst nicht genauer erläutert wird. Sie wird aufgrund ihrer außergewöhnlichen Schönheit als „Zauberin“ (V. 2) bezeichnet25. Die Schönheit findet sich nicht nur in ihren Augen wieder (V. 21: „Die Augen sind zwei Flammen“), sondern auch ihr Körper, der mit den Partes pro Toto Arm (V. 22: „Mein Arm ein Zauberstab“) und Wangen (V. 46: „Wangen rot und weiß“) beschrieben wird, verzaubert alle Männer26. Ihre äußeren Reize bilden zusammen mit ihren Worten einen Zauberkreis27.
Auch der Bischof erkennt die Gefahr, die von Lore Lay ausgeht, kann und will sie jedoch nicht bestrafen, da auch er von ihrer Schönheit entzückt ist und Mitleid für sie empfindet. Er begnadet sie und fragt, wer sie „Zu böser Zauberei“ (V. 16) verführt habe. Daraufhin antwortet Lore Lay, dass sie nicht länger leben möchte, „Weil jeder muß verderben / Der meine Augen sieht.“ (V. 19f.) Lore Lay selbst ist Opfer ihres Fluches, den ihre Schönheit mit sich bringt; sie ist keine böse Zauberin oder Hexe.28 Ihre unheilbringende Wirkung auf die Männerwelt hat auch ihr bisher nichts als Leid und Unglückseligkeit beschert. Ihre letzte Hoffnung auf eine Erlösung von ihrem Schicksal durch den Tod und damit auch ihrer vernichtenden Schönheit geht verloren, da auch in dieser Situation der Fluch seine Wirkung zeigt und den Bischof handlungsunfähig werden lässt.29
Zudem hat der Mann, der scheinbar einzige, der nicht ihrem Bann unterlegen ist und den Lore Lay liebt, sie betrogen und verlassen. Aufgrund des Leides, das sie über alle ihr verfallenen Männer bringt sowie aufgrund der unerwiderten Liebe sehnt sich Lore Lay nach dem Tod. Die Flammen und der Feuerzauber sind eine Metapher für die leidenschaftliche Liebe, die sowohl die der Lore verfallenen Männer, als auch Lore selbst für ihren Geliebten empfinden. Der Liebeskummer zeichnet sich aus ihren Augen als lodernde Flammen ab.30 Sie möchte im Feuer sterben, die Tötungsweise für die Hexen und Zauberinnen im Mittelalter, und bittet den Bischof um Sterbehilfe (V. 39: „Den Tod sollt ihr mir geben“)31. Der aber schickt Lore Lay zusammen mit drei Rittern zu einem Kloster, in dem sie „Ein Nönnchen schwarz und weiß“ (V. 62) werden soll. Obwohl der Bischof nur mit guten Absichten handelt, bringt diese Entscheidung bloß Unheil mit sich32. Auf dem Weg dorthin klettert Lore Lay auf einen Felsen, um noch einmal auf das Schloss ihres Liebsten und auf den Rhein zu blicken. Auf dem Felsen angekommen, glaubt sie wahnhaft, ihren Liebsten auf einem Schiff zu erkennen und stürzt sich in den Rhein. Durch das Verb „stürzet“ (V. 92) könnte man meinen, sie sei aus Versehen in den Rhein gefallen. Da Lore Lay jedoch - wie bereits erwähnt - eine Todessehnsucht hatte, begann sie, ausgelöst durch den vermeintlichen Anblick ihres Geliebten, Selbstmord.33 Auch die drei Ritter mussten sterben, da sie Lore Lay auf den Felsen gefolgt sind, aber „Sie konnten nicht hinab“ (V. 94). So schließt sich der Teufelskreis zum Anfang der Ballade: Der unheilvolle Zauber ihrer Schönheit bleibt ungebrochen34.
Die einleitende Frage der letzten Strophe, wer das Lied gesungen habe, wird im darauffolgenden Vers beantwortet: „Ein Schiffer auf dem Rhein“ (V. 98). Durch „drei Ritterstein“ (V. 100) werden die drei Ritter, die an den Felsen sterben mussten, nochmals aufgegriffen.35 Diese sind nach ihrem Tod ohne Beerdigung als unerlöste Seelen an den Felsen gebunden36. Es folgt eine dreimalige Wiederholung des Namens der Hauptfigur Lore Lay, was an das Echo erinnert, für das der Loreley-Felsen bekannt ist37. Auch der Zusatz „Als wären es meiner drei“ deutet auf das Echo hin. Die dreimalige Wiederholung von „Lore Lay“ (V. 101ff.) täuscht vor, dass diese Ausrufe von drei Personen getätigt wurden. Jedoch ist die Quelle nur eine Person sowie nur eine Exklamation, die durch das Echo verdreifacht wurde. Wer ruft und aus welchem Grund, wird im Text nicht ersichtlich. Lent- wojt vermutet aber, dass der Schiffer nach der Lore Lay schreie, wahrscheinlich vor Schreck, da sie in den Rhein springt.38 Es könne aber auch Lore Lay selbst gewesen sein, die nach ihrem Sturz zu einem Geist mutiere39. Vermutlich verweise es aber auch einfach nur darauf, dass sich viele Schiffer ein Spaß aus dem Widerhall am Dreiritterstein machten40. Nach Kraß handle es sich bei dem Echo um die Beschwörung des Schicksals der Lore Lay41. Die dreifache Wiederholung des Namens Lore Lay solle an die drei Ritter anknüpfen42. Lore Lay sei nach Lentwojt am Ende der Ballade „ein in den Fels gebannter weiblicher Geist, vielleicht sogar eine Oreade.“43 Sie werde zum „Sinnbild der unglücklichen Liebe“44, so Kraß.
Die Ballade hat einige Parallelen zum Schicksal der Nymphe Echo in den Metamorphosen von Ovid vorzuweisen. Diese versteckt sich nach der Zurückweisung ihrer großen Liebe Narziss in der Grotte eines Waldes. Ihr Körper vergeht vor lauter Kummer mit der Zeit und verwandelt sich schließlich in Stein, einzig und allein ihre Stimme ist noch zu hören. Diese echote die letzten Worte des Geliebten auch noch im Tod. Der Felsen, die unglückliche Liebe, das Echo - all diese Motive kommen sowohl bei Ovids Mythos als auch bei Brentanos Ballade vor.45 Brentano stellt die Verknüpfung zu der Nymphe Echo durch den dreifachen Widerhall „Lore Lay“ (V. 101ff.) her. Kunkel erkennt auch eine Referenz zu den Sirenen in Homers Odyssee.46
3. Joseph von Eichendorff: „Waldgespräch“
In Joseph von Eichendorffs Roman Ahnung und Gegenwart erschien erstmals das Gedicht Waldgespräch, geschrieben im Jahre 1812, welches das Sujet der Loreley aufgreift47. Darin wird das Gedicht als Lied von zwei Figuren des Romans in einer Abendszene am Rheinufer abwechselnd gesungen48.
Im Unterschied zu Brentanos Volksballade ist Waldgespräch sehr kurz; es besteht aus vier Strophen mit jeweils vier Versen. Das Metrum ist ein vierhebiger Jambus und das Reimschema der Paarreim. Aufgebaut ist das Gedicht wie ein Dialog zwischen einem Mann und einer Frau, wobei jede Strophe abwechselnd einem der beiden Gesprächspartner zugeteilt ist49. Während die Rede der Frau durch Anführungszeichen gekennzeichnet ist, ist es die des Mannes nicht.
In der ersten Strophe bietet ein Mann einer Frau an, sie nachhause zu begleiten, da sie einsam zu später Stunde bei niedrigen Temperaturen durch den Wald reitet50. Doch diese lehnt das Angebot ab: Sie ist mit der Täuschung und Durchtriebenheit der Männer vertraut, da ihr Herz von einem gebrochen wurde (vgl. V 5f.). Zudem warnt sie ihn vor sich selbst mit der Exklamation „O flieh!“ (V. 8), was der Mann jedoch ignoriert. Nachdem dieser in der dritten Strophe abermals seine Bewunderung über die Schönheit der Frau ausdrückt, erkennt er sie letztendlich (V 12: „Du bist die Hexe Lorelei.“) sowie die Gefahr, die von ihr ausgeht (V. 11: „Gott steh mir bei!“). Lorelei bestätigt seine Feststellung: Sie sei ihm bekannt „von hohem Stein“ (V. 13) am Rhein, womit der Loreleyfelsen gemeint ist. Dadurch dass der Mann Lorelei erkennt, wird deutlich, dass sie einen gewissen Bekanntheitsgrad hat. Schlagartig wird ihm klar, dass sein Schicksal besiegelt ist. Schließlich sagt sie seinen Untergang im Wald voraus, denn es sei nicht nur spät, sondern auch zu spät für den Mann. Indem sie die Eingangsworte des Mannes höhnisch aufgreift (V. 15: „Es ist schon spät, es wird schon kalt“), eröffnet sie ihm, dass er nie wieder aus dem Wald kommen wird.51
Im Gegensatz zu Brentanos Ballade spielt sich das Ereignis nicht bei Bacharach am Rhein auf oder in der Nähe des berühmten Felsens ab, sondern in einem Wald. Auch der Name veränderte er von Brentanos Lore Lay zu Lorelei, gemeint ist aber dieselbe Person, wie die vierte Strophe deutlich macht (V. 13: „Du kennst mich wohl - von hohem Stein“). Wie auch bei Brentano zieht Lorelei den Mann in ihren Bann, entzückt ihn mit ihrer Schönheit und treibt ihn ins Verderben, so wie es ihre Bestimmung ist. In diesem Szenario bringt sie dem Mann zwar nicht direkt den Tod, so wie bei Brentano im Falle der drei Ritter. Lorelei vergleicht die Ausweglosigkeit und Verwirrung der ihr verfallenen Männern mit den ziellosen Klängen des Waldhorns. Aber auch Lorelei selbst ist eine im Wald orientierungslose Umherschweifende. Der Herzschmerz aufgrund einer unglücklichen Liebe, den Lorelei beklagt, ist vermutlich derselbe, den auch Brentanos Lore Lay empfindet. Zuerst die Warnung, dann die erschreckende Erkenntnis des Mannes und letztlich die Ausweglosigkeit, in der er sich von da an befindet - Die Spannung und das Unheil steigert sich von Strophe zu Strophe.52 Es herrscht eine beklemmende und schauerliche Stimmung. Während Brentanos Lore Lay als Zauberin bezeichnet wird, ist Eichendorffs Lorelei eine Waldhexe53. Sie warnt den Mann zwar noch und gibt ihm den Rat, zu fliehen, gleichzeitig weiß sie aber schon, dass es für ihn zu spät ist. Die unglückliche Liebe zu einem Mann und der damit verbundene Herzschmerz hat sie zu einer Hexe werden lassen54.
Ein großer Unterschied zu Brentanos Ballade sei nach Theodor Karst, dass Eichendorffs Lorelei aus Rache aufgrund der Zurückweisung durch ihren Geliebten handle. Ihre enttäuschte Liebe zu ihm schläge in Wut und Aggression um, sodass sie dem Mann in bösartiger Absicht Schaden zufüge. Der Vers „Groß ist der Männer Trug und List“ (V. 5) zeige ihre Verbitterung gegenüber der Männerwelt. Sie sei von einem Mann verletzt worden, weshalb sie für dessen Tat rachesüchtig ein anderes männliches Opfer bestrafe.55 Lentwojt interpretiert das Gedicht dagegen auf eine andere Weise. Ihm zufolge zeige Eichendorffs Lorelei im Gegensatz zur Lore Lay Brentanos nicht viel Barmherzigkeit und Mitleid. Andererseits sei sie aber auch nicht boshaft, da sie den Mann noch warnt und ihm den Rat gibt, zu fliehen. Jedoch könne Lorelei nichts gegen seinen Niedergang tun, da sie in ihrer Rolle als Zerstörerin der Männer gefangen sei. So ließe sich auch hier eine weitere Gemeinsamkeit zu Brentanos Ballade feststellen: Auch Lorelei sei nicht bösartig, weil sie den Männern nicht mit Absicht zum Verhängnis werde.56
Der Wald als Ort des Geschehens ist ein typisches Naturmotiv für Eichendorffs romantische Gedichte. Er lässt die Szenerie in einer unheimlichen, beängstigenden Atmosphäre erscheinen; immer der Gefahr ausgesetzt, sich zu verirren und nie mehr herauszukommen. Einsamkeit, Ausweglosigkeit, Angst und Kälte - All das sind Attribute dieses Waldes.57 Auch Lorelei tritt als eine Person auf, von der eine große Bedrohung ausgeht und die dämonische Züge besitzt. Eichendorff möchte Brigitte Kronauer zufolge hiermit deutlich machen, dass niemand der Natur entkommen könne, da jedes Lebewesen ein Teil von ihr sei. Damit übe Eichendorff Kritik an der Zerstörung der Natur durch die Industrialisierung und demnach durch den Menschen.58 Zudem kritisiere er auch die nur schöne, harmonische Welt der Romantik, da diese nicht der Realität entspräche59. Eichendorff beschreibt in Waldgespräch wie auch in vielen anderen seiner Werke gesellschaftlicher Zustände durch Verwendung romantischer Naturmotive60.
[...]
1 Vgl. Höhn, Gerhard (2004): Heine Handbuch. Zeit, Person, Werk. Stuttgart: Springer-Verlag, S. 67
2 Vgl. Lentwojt, Peter (1998): Die Loreley in ihrer Landschaft. Romantische Dichtungsallegorie und Klischee; ein literarisches Sujet bei Brentano, Eichendorff, Heine und anderen. Franfurt am Main: Peter Lang (=Europäische Hochschulschriften 1), S. 228
3 Vgl. ebd., S. 203
4 Vgl. Von Zabern, Philipp (2004): Die Loreley. Ein Fels im Rhein. Ein deutscher Traum. Mainz am Rhein: Verlag Philipp von Zabern, S. 47
5 Vgl. Cepl-Kaufmann, Gertrude/Johanning, Antje (2003): Mythos Rhein. Kulturgeschichte eines Stromes. Darmstadt: Primus Verlag, S. 242
6 Kunkel, Eberhard/Kunkel, Patrick/Apitz, Michael (1992): Der Fall Loreley. Walluf: AK-Verlag (= Karl 4), S. 45
7 Vgl. Lentwojt 1998, S. 11
8 Vgl. ebd., S. 203
9 Vgl. Lentwojt 1998, S. 203
10 Vgl. ebd., S. 13
11 Vgl. Karst, Theodor (1968): „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten.“. Heines Loreley: Gedicht und seine Vorläufer im Unterricht. In: Die Unterrichtspraxis Vol. 1, No. 2, 36-53, S. 43f.
12 Vgl. Lentwojt 1998, S. 32f.
13 Vgl. ebd., S. 50
14 Vgl. Kraß, Andreas (2010): Meerjungfrauen. Geschichten einer unmöglichen Liebe. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, S. 237
15 Vgl. ebd., S. 244
16 Vgl. Lentwojt, S. 46
17 Vgl. Kunkel 1992, S. 45
18 Vgl. Kraß 2010, S. 225
19 Vgl. Kunkel 1992, S. 45
20 Vgl. Kraß 2010, S.249ff.
21 Vgl. Karst 1968, S. 41
22 Vgl. Kraß 2010, S. 236
23 Vgl. Karst 1968, S. 41
24 Vgl. Kraß 2010, S. 236f.
25 Vgl. Lentwojt 1998, S. 53
26 Vgl. ebd., S. 51
27 Vgl. Lentwojt 1998, S. 53
28 Vgl. Karst 1968, S. 41
29 Vgl. ebd., S. 43
30 Vgl. Kraß 2010, S. 240
31 Vgl. Lentwojt 1998, S. 53
32 Vgl. Kronauer, Brigitte (2014): »Die Augen sanft und wilde«. Balladen. Ausgewählt und kommentiert von Brigitte Kronauer. Stuttgart: Reclam, S. 100
33 Vgl. Lentwojt 1998, S. 53
34 Vgl. Karst 1968, S. 42
35 Vgl. Lentwojt 1998, S. 55
36 Vgl. Kraß 2010, S. 242
37 Vgl. Lentwojt 1998, S. 52
38 Vgl. ebd., S. 56 ff.
39 Vgl. ebd., S. 60
40 Vgl. Karst 1968, S. 42
41 Vgl. Kraß 2010, S. 242
42 Vgl. ebd., S. 253
43 Lentwojt 1998, S. 57
44 Kraß 2010, S. 235
45 Vgl. ebd., S. 235f.
46 Vgl. Kunkel 1992, S. 45
47 Vgl. ebd., S. 46
48 Vgl. Lentwojt 1998, S. 238
49 Vgl. Karst 1968, S. 43
50 Vgl. Kronauer 2014, S. 134
51 Vgl. Kronauer 2014, S. 134f.
52 Vgl. Lentwojt 1998, S. 239f.
53 Vgl. Karst 1968, S. 44
54 Vgl. Fritsch, Gerolf (1976): Die deutsche Ballade zwischen Herders naturaler Theorie und später Industriegesellschaft. Ein literaturdidaktischer Kurs. Stuttgart: J. B. Metzler (= Zur Praxis des Deutschunterrichts 8), S. 65
55 Vgl. Karst 1968, S. 44
56 Vgl. Karst 1968, S. 43
57 Vgl. Fritsch 1976, S. 64
58 Vgl. Kronauer 2014, S. 135
59 Vgl. Lentwojt 1998, S. 436
60 Vgl. Fritsch 1976, S. 65