Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abstract
1. Einleitung
2. Digitale Agenda der Bundesregierung
2.1 Wachstum und Beschäftigung
2.2 Zugang und Teilhabe
3. Strategien der Bundesregierung zur Förderung von Innovation in Unternehmen durch die Entwicklung und den Einsatz digitaler Technologien
3.1 Hightech-Strategie 2025 - Förderung von F&E und Innovation
3.2 Unterstützung junger, innovativer Unternehmen
3.3 Innovationsförderung in KMU
4. Förderprogramm „Innovative Regionale Wachstumskerne“ - eine empirische Studie
4.1 Datenquellen und Methoden
4.2 Ergebnisse der empirischen Studie
4.3 Chancen und Risiken der Digitalstrategien der Bundesregierung
5. IKT: Die Auswirkungen von F&E auf die Unternehmensproduktivität - eine empirische Studie
5.1 Datenquellen und Methoden
5.2 Ergebnisse der empirischen Studie
5.3 Chancen und Risiken der Digitalstrategien der Bundesregierung
6. Fazit
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abstract
Die vorliegende Arbeit untersucht Teilelemente der Digitalstrategien der Bundesregierung. Hierbei steht die folgende Forschungsfrage im Fokus: Worin bestehen Chancen und Risiken der Strategien der Bundesregierung zur Förderung von Innovation in Unternehmen durch die Entwicklung und den Einsatz digitaler Technologien? Zur Beantwortung der Forschungsfrage zieht die Arbeit das methodische Vorgehen und die Ergebnisse von zwei empirischen Studien heran. Die empirischen Studien befassen sich zum einen mit der Auswertung einer ortsbasierten Innovationspolitik „Innovative Regionale Wachstumskerne“ in Ostdeutschland und zum anderen mit den Auswirkungen von Forschung und Entwicklung (F&E) auf die Unternehmensproduktivität. Aufgrund der thematischen Ähnlichkeit zu den Digitalstrategien der Bundesregierung sind die empirischen Studien sehr gut geeignet, um Chancen und Risiken für die Digitalstrategien herzuleiten. Die Arbeit kommt zu den zentralen Ergebnissen, dass staatliche Subventionen im Rahmen der Digitalstrategien der Bundesregierung die F&E-Ausgaben und die Unternehmensproduktivität in Unternehmen steigern können. Ein aus den empirischen Studien für die Digitalstrategien hergeleitetes Risiko besteht darin, dass Fördermaßnahmen lediglich kurz- bis mittelfristige positive Auswirkungen haben. Es bleibt also offen, ob die Digitalstrategien langfristige Innovationsbemühungen in Unternehmen erzielen können.
1. Einleitung
Digitale Technologien, wie das Internet der Dinge, Blockchains, Smart Grids, Künstliche Intelligenz (KI), 3-D-Druck, Quantencomputing und Robotik bestimmen zunehmend den Alltag der Menschen und verändern das Berufsleben (Buhr et al., 2018, S. 3; Bundesanzeiger, 2019, S. 1). Deutschland hat gefolgt von den USA, China, Japan und Großbritannien mit 223 Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2015 den fünftgrößten Markt für Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) weltweit. Die deutsche IKT-Branche beschäftigt etwa eine Millionen Menschen. Mehr als 80 Prozent der Beschäftigten in Deutschland gebrauchen im Berufsalltag IKT (Die Bundesregierung, 2017, S. 4).
Digitale Technologien gelten als Motor für Innovationen und sind für die gesamtwirtschaftliche Produktivität, das Wirtschaftswachstum und den wirtschaftlichen Wohlstand von großer Bedeutung. Die globale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie hängt davon ab, dass Unternehmen ihre Produkte und Prozesse durch die Entwicklung und den Einsatz digitaler Technologien effizienter und qualitativ hochwertiger gestalten als Unternehmen anderer Länder der Welt (Haß und Schudrowitz, 2009, S. 40). Damit stellt die Digitalisierung Unternehmen gleichzeitig vor große Herausforderungen (Bundesregierung, 2017, S. 4), wodurch Digitalstrategien zur umfassenden und professionellen Nutzung digitaler Technologien für Unternehmen ein zentrales Element darstellen (Saam et al., 2016, S. 19).
Mit der im Jahr 2014 verabschiedeten Digitalen Agenda 2014 - 2017 hat die Bundesregierung eine Reihe von Strategien zur Förderung von Innovation in Unternehmen durch die Entwicklung und den Einsatz digitaler Technologien entworfen (Feld et al., 2017, S. 11). Die Strategiepapiere Weißbuch Digitale Plattformen, Digitale Strategie 2025, Hightech-Strategie (HTS) 2025, Deutschland Digital 2015 und die Umsetzungsstrategie ergänzen die Strategien der Digitalen Agenda 2014-2017 (Feld et al., 2017, S. 11-12). Während die Digitale Strategie 2025 Maßnahmen, Grundlinien und Ziele des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) festlegt, schafft das Weißuch einen Ordnungsrahmen für digitale Plattformen (BMWi, 2017, S. 8). Die Umsetzungsstrategie umfasst ein digitalpolitisches Maßnahmenpaket, um die wirtschaftlichen Potenziale der Digitalisierung zu entfalten (Die Bundesregierung, 2019a, S. 4). Die im Jahr 2018 publizierte HTS 2025 dient insbesondere der staatlichen Förderung von F&E und Innovation in Unternehmen der IKT-Branche (Die Bundesregierung, 2018, S. 4).
Für den Wirtschaftsstandort Deutschland sieht die Bundesregierung (2019a, S. 59) eine wichtige strategische Aufgabe darin, dass insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) die Chancen des digitalen Wandels realisieren und angemessen mit Risiken umgehen können. Auch junge, innovative Unternehmen stehen im Fokus der Strategien der Bundesregierung (Die Bundesregierung, 2017, S. 6).
Die vorliegende Arbeit untersucht Teilelemente der Strategien der Bundesregierung hinsichtlich der folgenden Forschungsfrage: Worin bestehen Chancen und Risiken der Strategien der Bundesregierung zur Förderung von Innovation in Unternehmen durch die Entwicklung und den Einsatz digitaler Technologien? Die Arbeit ist wie folgt strukturiert:
Das folgende Kapitel stellt zwei strategische Kernziele der Digitalen Agenda 2014-2017 der Bundesregierung heraus. Diese bestehen aus „Wachstum und Beschäftigung“ sowie „Zugang und Teilhabe“. Das dritte Kapitel erfasst konkrete Teilelemente der Strategien der Bundesregierung zur Innovationsförderung in Unternehmen durch die Entwicklung und den Einsatz digitaler Technologien. Diese Teilelemente beziehen sich auf die HTS 2025 sowie auf konkrete Fördermaßnahmen für KMU, junge, innovative Unternehmen und Start-ups, wie bspw. das Programm „Entwicklung digitaler Technologien“, „Innovativer Mittelstand“ und das „INVEST- Programm“. Das vierte Kapitel stellt das methodische Vorgehen und die Ergebnisse der empi- rischen Studie „Evaluating a place-based innovation policy: Evidence from the innovative Regional Growth Cores Program in East Germany“ von Falck et al. (2019) dar. Die Studie evaluiert die Auswirkungen der innovationspolitischen Maßnahme „Innovative Regionale Wachstumskerne“ auf Unternehmen und Regionen in Ostdeutschland. Das fünfte Kapitel erläutert das methodische Vorgehen und die Ergebnisse der empirischen Studie „Small is big in ICT: The impact of R&D on productivity“ von Koutroumpis et al. (2020). Diese Studie untersucht die Auswirkungen von F&E auf die Produktivität europäischer Unternehmen. Da in der Literatur bisher keine konkreten Studien zu den Digitalstrategien der Bundesregierung vorliegen, dienen die beiden empirischen Studien dazu, mögliche Chancen und Risiken der Digitalstrategien der Bundesregierung herauszustellen und somit die Forschungsfrage dieser Arbeit zu beantworten. Das abschließende Fazit fasst die zentralen Ergebnisse der Arbeit noch einmal zusammen und gibt einen Ausblick für die Zukunft.
2. Digitale Agenda der Bundesregierung
Mit der Digitalen Agenda 2014-2017 hat die Bundesregierung sich das Ziel gesetzt, die digitale Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft zu organisieren (Die Bundesregierung, 2017, S. 4). Die Digitalisierung soll als Chance ergriffen werden, Deutschlands Position als innovative und leistungsstarke Volkswirtschaft in Europa und der Welt auszuweiten (Die Bundesregierung, 2017, S. 5).
Die Digitale Agenda 2014-2017 ist ein Regierungsprogramm, bei dem erstmals drei Ministerien parallel für die Digitalisierung verantwortlich sind (Rieger, 2014, S. 11), das Wirtschafts-, das Innen- und das Verkehrsministerium (Rieger, 2014, S. 3). Laut der Bundesregierung (2017, S. 17) begleiten sie den Mittelstand im Digitalisierungsprozess, setzen auf Innovationskraft von Start-ups und bilden die Grundlage für die Industrie 4.0. Weiterhin kündigt die Bundesregierung an, mit der Digitalen Agenda einen Rechtsrahmen für mehr Investition und Innovation erschaffen zu wollen.
Die Digitale Agenda 2014-2017 definiert sieben Handlungsfelder mit konkreten Maßnahmen sowie drei strategischen Kernzielen für die Digitalpolitik (Rieger, 2014, S. 4). Die strategischen Kernziele bestehen in den Bereichen „Wachstum und Beschäftigung“, „Zugang und Teilhabe“ sowie „Vertrauen und Sicherheit“ (Die Bundesregierung, 2014, S. 2-3). Das folgende Kapitel erläutert die Kernziele „Wachstum und Beschäftigung“ sowie „Zugang und Teilhabe“.
2.1 Wachstum und Beschäftigung
Ein strategisches Kernziel der Digitalen Agenda 2014-2017 besteht im Wachstum und der Beschäftigung der Volkswirtschaft Deutschlands. Laut der Bundesregierung (2017, S. 5) nutzen mittelständische Unternehmen die Chancen der Digitalisierung zu wenig. Sie investieren unzureichend in digitale Technologien und digitale Kompetenzen und haben die Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse noch nicht als strategische Aufgabe etabliert. Der Förderschwerpunkt „Mittelstand Digital“ soll dieser Feststellung entgegenwirken und die Kompetenzen bzgl. IKT in KMU verbessern (Die Bundesregierung, 2017, S. 17). Zentrale Maßnahme sind zehn Mittelstand 4.0 Kompetenzzentren, welche regionale Hilfseinrichtungen für digitale Produktions- und Arbeitsprozesse darstellen (Die Bundesregierung, 2017, S. 5). Die Bundesregierung (2017, S. 6) teilt mit, dass diese Kompetenzzentren Wissen zum Thema Digitalisierung vermitteln, Maßnahmen zur verbesserten Nutzerfreundlichkeit von IT-Anwendungen ergreifen sowie Testmöglichkeiten zur praxisnahen Anwendung bieten.
Im April 2015 gründete die Bundesregierung die „Plattform Industrie 4.0“. Mit 300 Akteuren aus 160 verschiedenen Organisationen ist diese Plattform laut der Bundesregierung (2017, S. 6) eines der größten Digitalisierungsnetzwerke im internationalen Vergleich. Ziel ist vor allem KMU für die Industrie 4.0 zu sensibilisieren sowie Unterstützungsangebote, Handlungsempfehlungen und Praxisleitfäden anzubieten. Die Praxisleitfäden fokussieren sich auf die Themen Forschung und Innovation (F&I), Sicherheit, Standards, vernetzte Systeme, Arbeit, Fort- und Weiterbildungen sowie rechtliche Rahmenbedingungen (Die Bundesregierung, 2017, S. 18).
2.2 Zugang und Teilhabe
Das zweite strategische Kernziel der Digitalen Agenda 2014-17 „Zugang und Teilhabe“ fokussiert sich auf die Verbesserung und den Ausbau der Breitbandinfrastruktur Deutschlands. Der Ausbau der Breitbandinfrastruktur ist ebenfalls Teil des Koalitionsvertrags zwischen der christlich demokratischen Union (CDU), der christlich-sozialen Union (CSU) und der sozial demokratischen Partei Deutschlands (SPD) (CDU et al., 2018, S. 37; Bertschek und Briglauer, 2018, S. 1). Auch die Digitale Strategie 2025 betont die Unverzichtbarkeit hochleistungsfähiger Breitbandnetze für die digitale Zukunftsfähigkeit Deutschlands (BMWi, 2016a, S. 13).
Für einen flächendeckenden Ausbau der Breitbandinfrastruktur sind Investitionen von bis zu 50 Milliarden Euro nötig (Haß und Schudrowitz, 2009, S. 40). Laut der Bundesregierung (2017, S. 11-12) haben die in der „Netzallianz Digitales Deutschland“ vertretenen Unternehmen in den Jahren 2015 und 2016 insgesamt 16 Milliarden Euro in eine gigabitfähige Infrastruktur investiert und wollen bis zum Jahr 2025 im Rahmen der „Zukunftsoffensive Gigabit-Deutschland“ weitere 100 Milliarden investieren.
3. Strategien der Bundesregierung zur Förderung von Innovation in Unternehmen durch die Entwicklung und den Einsatz digitaler Technologien
Laut der Bundesregierung (2014, S. 14) schöpfen die Sektoren Bildung, Energie, Gesundheit, Verkehr und Verwaltung die Möglichkeiten von IKT noch nicht optimal aus. Insbesondere in mittelständischen Unternehmen ist die Digitalisierung noch entwicklungsfähig, da lediglich 25 Prozent mittelständischer Unternehmen mit der digitalen Verknüpfung ihrer Produkte und Dienstleistungen gestartet haben (Saam et al., 2016, S. 1).
IKT stellen ein zentrales Innovationselement für Unternehmen dar (Buhr et al., 2018, S. 10). Die Innovationsförderung in Unternehmen durch die Entwicklung und den Einsatz digitaler Technologien kann Wachstums- und Effizienzpotenziale für die Gesamtwirtschaft Deutschlands erschließen (Die Bundesregierung, 2014, S. 14). IKT umfassen eine Vielzahl verschiedener Technologien, wodurch die Digitalstrategien der Bundesregierung breit angelegt sind (Buhr et al., 2018, S. 9). Sie umfassen unterschiedliche Teilelemente und Förderschwerpunkte und fokussieren sich insbesondere auf KMU sowie auf junge, innovative Start-ups (Die Bundesregierung, 2017, S. 62-76).
Der weitere Verlauf der Arbeit stellt Teilelemente der Strategien der Bundesregierung dar. Anschließend dienen das methodische Vorgehen und die Ergebnisse der empirischen Studien dazu, mögliche Chancen und Risiken dieser Teilelemente herauszustellen.
3.1 Hightech-Strategie 2025 - Förderung von F&E und Innovation
Die im Jahr 2018 veröffentlichte HTS 2025 definiert die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft als priorisierte Aufgabe der Zukunft und beschreibt die Integration digitaler Technologien in die Nutzerbranchen als wichtigen Aspekt für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands (Bundesanzeiger, 2019, S. 1).
Mit der HTS 2025 legt die Bundesregierung die strategische Grundlage für eine Förderpolitik von F&E-Projekten. Zu den F&E-Projekten gehören energieeffiziente IKT, Produktionstechnologien sowie Big Data- und Cloud-Anwendungen (Rieger, 2014, S. 5). Die Bundesregierung (2018, S. 13) beabsichtigt die HTS 2025 durch Programme und Fördermaßnahmen umzusetzen und mit den nötigen Rahmenbedingungen für F&E zu verbinden. Verantwortlich für die Maßnahmen und deren Finanzierung sind die jeweils zuständigen Ressorts.
Laut der Bundesregierung (2018, S. 9) haben sich die Ausgaben für F&E seit Beginn der ersten HTS im Jahr 2006 von 60 Milliarden Euro auf über 92 Milliarden Euro im Jahr 2016 erhöht, wodurch Deutschland bei den absoluten Ausgaben für F&E im europäischen Vergleich den ersten Platz einnimmt. Mit der HTS 2025 veröffentlicht die Bundesregierung eine aktualisierte Version der ersten HTS des Jahres 2006. Die Bundesregierung (2019b, S. 7) gibt bekannt, dass sich die Investitionen des deutschen Bundes im Rahmen der HTS 2025 im Jahr 2018 auf über 15,8 Milliarden Euro beliefen. Hierbei betrugen die Ausgaben für F&E im gleichen Jahr 3,13 Prozent am Bruttoinlandsprodukt (BIP) (EFI, 2020, S. 18). Im Jahr 2008 lag die F&E-Intensität gemessen am BIP noch bei 2,62 Prozent. Folglich ist sie zwischen den Jahren 2008 und 2018 um 0,51 Prozentpunkte gestiegen (EFI, 2020, S. 86). Zusammen mit den Ländern und der Wirtschaft hat der deutsche Bund in der HTS 2025 beschlossen die F&E-Intensität weiter zu erhöhen und bis zum Jahr 2025 mindestens 3,5 Prozent des BIP für F&E einzusetzen (EFI, 2020, S. 18; CDU et al., 2018, S. 37; Die Bundesregierung, 2018, S. 4). Darüber hinaus soll die HTS 2025 Unternehmen in strukturschwachen Regionen ohne F&E-Aktivitäten vermehrt in die F&E-Förderung integrieren. Für einen Anstieg der Innovatorenquote erhalten diese Unternehmen zudem Unterstützung bei der Markteinführung von neuen Produkten und Dienstleistungen (EFI, 2020, S. 14).
Die staatliche Finanzierung von F&E kann sowohl über eine direkte (Projekt-)Förderung von F&E als auch über eine indirekte F&E-Förderung stattfinden. Die indirekte F&E-Förderung erfolgt vor allem durch eine steuerliche F&E-Förderung (EFI, 2020, S. 95). Mit der HTS 2025 kündigt die Bundesregierung die Einführung einer steuerlichen F&E-Förderung als Instrument der F&I-Politik an. Das hiermit verbundene Forschungszulagengesetz trat Anfang des Jahres 2020 in Kraft und beabsichtigt F&E-Investitionen von insbesondere KMU anzuregen (Deutscher Bundestag, 2019, S. 1; EFI, 2020, S. 18). Ob das Gesetz die gewünschten Investitionsanreize in F&E erreichen kann, soll eine geplante Evaluation der Forschungszulage begutachten (EFI, 2020, S. 18).
3.2 Unterstützung junger, innovativer Unternehmen
Die Bundesregierung (2017, S. 6) sieht junge Unternehmen als treibende Innovationskraft der digitalen Transformation. Junge, innovative Unternehmen und Start-ups wachsen in Deutschland jedoch nur langsam. Die Finanzierung von F&E-Aktivitäten stellt diese Unternehmen vor eine große Herausforderung. Da sie in der Startphase kaum Umsätze erwirtschaften, stehen nur wenig eigene finanzielle Mittel zur Verfügung. Beteiligungs- bzw. Wagniskapital sowie eine Finanzierung durch staatliche F&E-Förderung stellen hierfür eine Lösung dar (EFI, 2020, S. 78). Ein besonderer Fokus der Digitalstrategien liegt laut der Bundesregierung (2017, S. 71) darin, die Finanzierungsbedingungen von jungen, innovativen Unternehmen und Start-ups zu verbessern. Hierzu dient u.a. das INVEST-Programm (Bundesanzeiger, 2016, S. 1). Über das INVEST-Programm investieren private Risikokapitalgeber in junge, kleine Unternehmen und Start-ups (Die Bundesregierung, 2017, S. 19). Zuwendungsberechtigt sind Unternehmen, die nicht älter als sieben Jahre sind, weniger als 50 Mitarbeiter beschäftigen und einen Jahresumsatz von höchstens 10 Millionen Euro erwirtschaften (Bundesanzeiger, 2016, S. 1). Die staatliche Förderung umfasst 20 Prozent der Investitionssumme und wird an den jeweiligen Investor ausgezahlt (BAFA, 2017, S. 2). Der sog. EXIT-Zuschuss erweitert das INVEST-Programm. Mit dem EXIT-Zuschuss profitieren Unternehmen laut der Bundesregierung (2017, S. 19) von einer förderfähigen Investitionssumme von 500.000 Euro sowie einer Kompensation der auf Veräußerungsgewinne gezahlten Steuern.
Die Bundesregierung (2017, S. 9) beschreibt den im Jahr 2017 gestarteten High-Tech Gründerfonds III als weiteren wichtigen Beitrag zur Digitalisierung der Wirtschaft durch junge Unternehmen. Der Gründerfond soll pro Jahr etwa vierzig junge Unternehmen finanzieren (BMWi, 2016b, S. 1) und sieht ein Zielvolumen von 300 Millionen Euro vor (Die Bundesregierung, 2017, S. 19). Über die finanziellen Mittel hinaus unterstützt der Gründerfond junge Unternehmen durch lokale Netzwerke, Experten und projektbezogene Kooperationen (BMWi, 2016b, S. 1).
Als weitere Fördermaßnahme hat die Bundesregierung in Kooperation mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und einem Investitionsvolumen von 225 Millionen Euro im März 2016 den Ko-Investitionsfonds „coparion“ gestartet. Dieser Fond beteiligt sich unmittelbar an jungen, innovativen Unternehmen (Die Bundesregierung, 2017, S. 19).
Weiterhin beabsichtigt die Bundesregierung gemeinsam mit dem Europäischen Investitionsfond (EIF) und einem Investitionsvolumen von 500.000 Euro innovativen Wachstumsunternehmen den Erhalt von benötigtem Wachstumskapital zu erleichtern. Ebenfalls mit dem Ziel jungen, innovativen Unternehmen mehr Wagniskapital bereit zu stellen, gibt die Bundesregierung (2017, S. 19) bekannt, den ERP/EIF-Dachfonds sowie den European Angels Fonds von 1,7 Milliarden Euro auf 2,7 Milliarden Euro aufgestockt zu haben.
3.3 Innovationsförderung in KMU
Neben der Förderung junger, innovativer Unternehmen liegt ein weiterer Schwerpunkt der Strategien der Bundesregierung auf der Innovationsförderung in KMU (Buhr et al., 2018, S. 10). Die Bundesregierung (2014, S. 13) gibt ihr Ziel bekannt, KMU sowohl als IKT-Anbieter als auch als IKT-Nachfrager beim Umbruch in eine digitale Wirtschaft stärken zu wollen. Zudem beabsichtigt sie die Innovationsfähigkeit von KMU durch digitale Technologien sowohl in Bezug auf Güter und Dienstleistungen als auch auf die Optimierung ihrer Geschäftsprozesse zu fördern (Die Bundesregierung, 2014, S. 13). Der weitere Verlauf des Kapitels stellt konkrete Teilelemente der Strategien der Bundesregierung zur Innovationsförderung durch die Entwicklung und den Einsatz digitaler Technologien in KMU vor.
Die Initiative „Innovationsforen Mittelstand“ baut interdisziplinäre, regionale und überregionale Netzwerke auf und aus. Sie entwickelt nachhaltige Innovationspartnerschaften sowie bessere Bedingungen für Innovationsaktivitäten und schafft die Entstehung neuer Geschäftsmodelle für KMU (Buhr et al., 2018, S. 10-11).
Das Programm „Innovativer Mittelstand“ umfasst Fördermaßnahmen, die sich ebenfalls ausschließlich auf KMU beziehen. Hierzu zählen die Programme „KMU-NetC“, welches strategische F&E-Bündnisse in Clustern und regionalen Netzwerken fördert (Buhr et al., 2018, S. 11). Die Förderinitiative „KMU-innovativ“ zielt darauf ab, KMU in zehn Technologiefeldern zu unterstützen und ihre Innovationsfähigkeit auszubauen (BMBF, 2018, S. 1). Die Schwerpunkte der Technologiefelder liegen u.a. in der Biotechnologie, der Elektromobilität, den IKT, der Fahrzeug- und der Medizintechnik (BMBF, 2018, S. 4).
Das „Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand“ (ZIM) ist ein bundesweites Technologieprogramm, welches KMU in Deutschland mit nicht rückzahlbaren Subventionen fördert. Durch marktorientierte F&E-Projekte unterstützt es die nationale und internationale Zusammenarbeit und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft deutscher KMU (Buhr et al., 2018, S. 11; Dimler und Karcher, 2018, S. 292). Mit einem aktuellen Förderbudget von 548 Mio. Euro pro Jahr und bereits über 3.000 geförderten, technologischen und innovativen F&E-Pro- jekten stellt es laut Dimler und Karcher (2018, S. 292) Deutschlands größtes Förderprogramm für KMU dar. Bei der Zuteilung von Fördermitteln existieren hinsichtlich der Technologiefelder und der Themenauswahl keine Einschränkungen. Ausschlaggebend für die Bewilligung einer Förderung ist u.a. der Innovationsgehalt des jeweiligen F&E-Projekts.
Das Programm „Entwicklung digitaler Technologien“ beschäftigt sich laut der Bundesregierung (2017, S. 18) gezielt mit digitalen Zukunftstrends und bietet konkrete Anwendungsfälle durch prototypische Entwicklungen. Es konzentriert sich auf die Förderung von F&E-Projekten und versucht Themen der IKT frühzeitig zu erfassen sowie wissenschaftliche Erkenntnisse in die Praxis marktorientierter Spitzentechnologien zu transferieren (BMWi, 2014, S. 2). Zu den Förderschwerpunkten gehören u.a. die Programme „Trusted Cloud“, „IKT für Elektromobilität II“, „Autonomik für Industrie 4.0“ und „Smart Data“ (BMWi, 2014, S. 3).
Zur innovativen Digitalisierung der Wirtschaft hat die Bundesregierung (2017, S. 18) weiterhin die Informationstechnologie (IT)-Gipfel-Plattform „Innovative Digitalisierung der Wirtschaft“ errichtet. Die Plattform soll Schlüsseltechnologien und -kompetenzen für gelingende Wertschöpfungsprozesse identifizieren und innovative Veranstaltungsformate zur Digitalisierung des Mittelstandes entwickeln.
Das Programm „Selbstbestimmt und sicher in der digitalen Welt“ fördert digitale Technologien in Bezug auf IT-Sicherheit und Datenschutz (Buhr et al., 2018, S. 9). Überdies beziehen sich zahlreiche Förderprogramme auf den Bereich „Digitales und Wirtschaft“. Hierbei bilden die Förderung digitaler Innovationen, die Digitalisierung von Produktions- und Arbeitsprozessen in KMU sowie die IT-Sicherheit in der Wirtschaft weitere Förderbereiche (Buhr et al., 2018, S. 10).
Das folgende Kapitel stellt das methodische Vorgehen und die Ergebnisse der empirischen Studie von Falck et al. (2019) zum Förderprogramm „Innovative Regionale Wachstumskerne“ dar und stellt eine Verbindung zu den Teilelementen der Digitalstrategien der Bundesregierung her.
4. Förderprogramm „Innovative Regionale Wachstumskerne“ - eine empirische Studie
Die Ergebnisse der empirischen Studie zum Förderprogramm „Innovative Regionale Wachstumskerne“ von Falck et al. (2019) ermöglichen für die Strategien der Bundesregierung zur Förderung von Innovation in Unternehmen durch die Entwicklung und den Einsatz digitaler Technologien sowohl Chancen als auch Risiken herauszustellen. Der weitere Verlauf dieses Kapitels erläutert zunächst das Förderprogramm und erörtert anschließend anhand des methodischen Vorgehens und der Ergebnisse der empirischen Studie mögliche Chancen und Risiken der Digitalstrategien der Bundesregierung.
Auch 30 Jahre nach der Wiedervereinigung bestehen noch strukturelle Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland. Diese strukturellen Unterschiede haben Auswirkungen auf die Innovationstätigkeiten von Unternehmen (EFI, 2020, S. 13). Für strukturschwache Regionen Ostdeutschlands hat die Bundesregierung daher vielfältige Förderprogramme entwickelt. Vor allem in der Wissenschafts- und Innovationspolitik sollen östliche Bundesländer besondere Unterstützung erhalten (CDU et al., 2018, S. 37).
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat im Jahr 2001 das Förderprogramm „Innovative regionale Wachstumskerne“ gestartet. Das Programm ist Teil der BMBF- Initiative „Unternehmen Regionen“ (BMBF, 2007, S. 5). Für die Förderung der Maßnahmen dieser Initiative investierte das BMBF zwischen den Jahren 1999 und 2007 über 500 Millionen Euro (Dohse, 2005, S. 41).
Das Programm „Innovative Regionale Wachstumskerne“ unterstützt regionale Bündnisse aus Wissenschaft und Wirtschaft in Ostdeutschland mit besonderem Fokus auf KMU (BMBF, 2016a, S. 2). Diese regionalen Bündnisse bilden die Basis für die Entwicklung der Region zu einem Cluster, welches unternehmerische und wissenschaftliche Kompetenzen verbindet (BMBF, 2007, S. 16; BMBF, 2016b, S. 1). Das Programm zielt darauf ab, bestehendes, technologisches Innovationspotenzial in ostdeutschen Regionen systematisch auszuweiten und die regionale Wertschöpfung nachhaltig zu steigern. Zahlreiche Unternehmen können ihre technologischen Kompetenzen mit eigenen finanziellen Mitteln nicht fortentwickelt und in ihre Produkte übertragen (BMBF, 2007, S. 5-7). Durch das Programm sollen laut dem BMBF (2007, S. 5) regionale Bündnisse, die einer gemeinsamen, marktorientierten Innovationsstrategie nachgehen, langfristig erfolgreiche Produkte entwickeln und einen Beitrag zum nachhaltigen Wirtschaftswachstum ihrer Region leisten.
Die empirische und theoretische Forschung setzt sich vermehrt mit der Frage auseinander, inwieweit sich ortsbasierte Maßnahmen der Politik auf regionales Wachstum auswirken. Falck et al. (2019, S. 1, 9-10) werten die Effekte des Förderprogramms „Innovative Regionale Wachstumskerne“ sowohl auf Unternehmensebene als auch auf regionaler Ebene mittels statistischer Methoden aus. Für die vorliegende Arbeit dienen die statistischen Methoden und die Ergebnisse der empirischen Studie als Grundlage der Herleitung möglicher Chancen und Risiken der Digitalstrategien der Bundesregierung.
Die empirische Studie fokussiert sich auf die folgenden drei Forschungsfragen. Zum einen auf die Frage, ob die direkten Subventionen des Programms „Innovative Regionale Wachstumskerne“ zu gesteigertem Umsatz und F&E-Ausgaben in Unternehmen führen. Die zweite Forschungsfrage analysiert geographische Ausstrahlungseffekte auf Unternehmensebene innerhalb geförderter Regionen. Hierbei untersuchen Falck et al. (2019, S. 2), ob sich für nicht subventionierte Unternehmen mit Sitz in subventionierten Regionen, d.h. für indirekt behandelte Unternehmen, positive oder negative Effekte ergeben. Einerseits kann sich für diese Unternehmen ein Nachteil ergeben, indem ihre Produkte oder Dienste durch Innovationen subventionierter Unternehmen ersetzt werden. Andererseits kann es bspw. durch erhöhte Wissensflüsse zu positiven Ausstrahlungseffekten innerhalb geförderter Region kommen (Fons-Rosen et al., 2017, S. 3-5). Ein weiterer positiver Ausstrahlungseffekt kann darin bestehen, dass Unternehmen von der steigenden Produktivität durch die getätigten Investitionen subventionierter Unternehmen profitieren (Falck et al., 2019, S. 2).
Die ersten beiden Forschungsfragen beziehen sich auf Daten zu den F&E-Ausgaben, dem F&E- Personalbestand und dem Umsatz. Die zweite Forschungsfrage vergleicht die Daten indirekt subventionierter Unternehmen mit den Daten von Unternehmen aus nicht subventionierten Regionen (Falck et al., 2019, S. 2).
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