Dass Politik nicht von Mentalität und Alltag der Akteure zu trennen ist, ist die Grundlage dieser prosopographisch ausgerichteten kulturhistorischen Arbeit über das Bamberger Domkapitel am Ausgang der Vormoderne (1780-1804). Beim Domkapitel handelte es sich um ein aristokratisches, mit zahlreichen Mitregierungsrechten ausgestattetes weltklerikales Herrschaftsgremium. Die Arbeit dringt über die Zusammenführung verschiedener kulturhistorischer Erkenntnisse über die Mentalität der Domherren ins politisch-kulturelle Zentrum der deutschen geistlichen Wahlstaaten vor: In die Praxis einer sich im Spannungsfeld von Adel und Kirche manifestierenden Politik. Die Entgegenstellung zu der zeitgenössischen aufklärerischen Bewegung führt zu einer geschärften Akzentuierung eben jener Herrschafts- und Lebensformen.
Über die Einbindung kulturwissenschaftlicher Paradigmen in seine historische Untersuchung gelingt es dem Autor, aus den vorhandenen Quellen ein bisher einmaliges lebendiges, hintergründiges und differenziertes Bild einer spezifischen vormodernen Herrschaftspraxis nachzuzeichnen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG
- 2. STRUKTURIERUNG DES LEBENSVERLAUFS
- 2.1 Methode und Überblick
- 2.2 Vor der Aufschwörung
- 2.3 Die Aufschwörung
- 2.3.1 Modalitäten der Aufschwörung
- 2.3.2 Ritual und Konsequenz der Aufschwörung
- 2.4 Erwerb von kulturellem Kapital im Bildungswesen
- 2.4.1 Schule
- 2.4.2 Universität
- 2.4.2.1 Alter und Lehrinhalte
- 2.4.2.2 Die Ausbildung der Domkapitulare und die Aufklärung
- 2.5 Emanzipation und erste Residenz
- 2.5.1 Emanzipation
- 2.5.2 Die erste Residenz
- 2.6 Zwischen erster Residenz und Eintritt ins Domkapitel
- 2.6.1 Vorzeitige Resignation
- 2.6.2 Dauer bis zur Aufnahme und höhere Weihen
- 2.6.3 Betätigungen vor der Aufnahme
- 2.7 Die Aufschwörung ins Domkapitel
- 3. DIE MATERIELLE STELLUNG DER DOMHERREN
- 3.1 Das Einkommen der Domherren: Ein Überblick
- 3.2 Herkunft der Gelder
- 3.3 Varianten des Einkommens
- 3.3.1 Die Pfründen und Residenzgelder
- 3.3.2 Die Obleien und Fragmente
- 3.3.3 Die Benefizien
- 3.4 Arme oder reiche Domkapitulare?
- 4. STRUKTURIERUNG DES ALLTAGS DURCH DAS DOMKAPITEL
- 4.1 Methoden
- 4.2 Geistliche Pflichten
- 4.2.1 Die Residenzpflicht: Normative Vorschriften
- 4.2.2 Die Residenzpflicht: soziologische Konsequenzen
- 4.2.3 Die Einhaltung der Residenzpflicht
- 4.2.4 Der Jahresverlauf der Domkapitulare
- 4.2.5 Pfründenkumulation und jahreszeitlich bedingte Kopräsenz
- 4.3 Politische Pflichten: Die Sessionen
- 4.3.1 Die Sitzungen
- 4.3.2 Behandelte Themen 1: Politische Mitbestimmungsrechte
- 4.3.3 Behandelte Themen 2: Das Eingangswesen
- 4.3.3.1 Ein Überblick über die Eingänge 1795
- 4.3.3.2 Die Verwaltung des Staates im Staat
- 4.3.3.3 Die Mitgestaltung des Bistums
- 5. SOZIALES KAPITAL ODER DIE VERNETZUNG IM DOMKAPITEL
- 5.1 Methode
- 5.2 Chancen zur Vernetzung
- 5.2.1 Verwandtschaft
- 5.2.2 Landsmannschaft
- 5.2.3 Freundschaft
- 5.2.4 Pfründenkumulation
- 5.2.5 Das Studium als Chance soziales Kapital zu erwerben
- 5.3 Als empirisches Beispiel: Parteiungen zur Bischofswahl von 1795
- 5.4 Zusammenfassung: Soziales Kapital und Vernetzung
- 6. INDIVIDUELLE LEBENSCHANCEN IM DOMKAPITEL
- 6.1 Methode
- 6.2 Geistliche Ämter
- 6.2.1 Begrifflichkeiten: Personate, Prälaturen oder Dignitäten?
- 6.2.2 Der Turnar
- 6.2.3 Der Kellner
- 6.2.4 Der Kustos
- 6.2.5 Der Kantor bzw. Sänger
- 6.2.6 Der Scholaster
- 6.2.7 Der Dechant
- 6.2.8 Der Probst
- 6.2.9 Weitere geistliche Ämter
- 6.3 Weltliche Ämter
- 6.4 Vergleich und Karrierewege
- 7. TUGENDEN UND SÜNDEN IM DOMKAPITEL
- 7.1 Exkurs: Herrschaftslegitimation und angemessenes Rollenverhalten
- 7.2 Sünden, Tugenden und Lebensweisen
- 8. DAS DOMKAPITEL UND DIE POLITISCH-KULTURELLE UMWELT
- 8.1 Politik: Säkularisationsgsängste
- 8.2 Die Aufklärung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das Bamberger Domkapitel im ausgehenden 18. Jahrhundert, fokussiert auf seine Struktur, den Alltag seiner Mitglieder und dessen Einbettung in die politischen und kulturellen Veränderungen der Aufklärung. Ziel ist es, die Lebenswirklichkeit der Domherren zu rekonstruieren und deren Rolle im Kontext der beginnenden Säkularisierung zu analysieren.
- Die Struktur und Organisation des Bamberger Domkapitels
- Der Lebenslauf der Domherren: Bildung, Karriere und soziale Netzwerke
- Die materielle und soziale Stellung der Domherren
- Der Einfluss der Aufklärung auf das Domkapitel
- Das Domkapitel als politisches und kulturelles Akteur im Spätbarock
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Arbeit untersucht das Bamberger Domkapitel als ein anachronistisches Element im späten 18. Jahrhundert, das sich durch seine mittelalterliche Struktur und seine Mitregierungsbefugnisse auszeichnete. Die Studie beleuchtet die Stellung des Domkapitels im Spannungsfeld zwischen absolutistischer Machtzentralisierung, aufstrebendem Bürgertum und den Herausforderungen der Aufklärung, die sowohl die Personalunion von geistlicher und weltlicher Herrschaft kritisierte als auch ein neues katholisches Frömmigkeitsverständnis propagierte.
2. Strukturierung des Lebenslaufs: Dieses Kapitel analysiert den typischen Lebensweg eines Domherrn, beginnend vor der Aufschwörung, über den Erwerb von kulturellem Kapital durch Bildung an Schule und Universität bis zum Eintritt ins Domkapitel. Es werden die Rituale der Aufschwörung, die soziokulturellen Konsequenzen der Aufnahme und die verschiedenen Tätigkeiten vor dem tatsächlichen Eintritt detailliert beschrieben. Besonderes Augenmerk liegt auf der Rolle der Aufklärung in der Ausbildung der Domkapitulare und deren Einfluss auf die Emanzipation der Domherren.
3. Die materielle Stellung der Domherren: Dieses Kapitel beleuchtet die wirtschaftliche Situation der Domherren. Es untersucht die Einkommensquellen, die Herkunft der Gelder (Pfründen, Residenzgelder, Obleien, Benefizien) und die Unterschiede im Vermögen zwischen den einzelnen Domherren. Die Analyse liefert Einblicke in die finanzielle Ausstattung und die wirtschaftliche Grundlage des Domkapitels.
4. Strukturierung des Alltags durch das Domkapitel: Dieser Abschnitt beschreibt den Alltag der Domherren, inklusive ihrer geistlichen und politischen Pflichten. Die Residenzpflicht, ihre normative Grundlage und soziologische Konsequenzen, der Jahresverlauf der Domkapitulare, die Pfründenkumulation und die politischen Aktivitäten in den Sessionen werden ausführlich dargestellt. Die Untersuchung der Sitzungen und der behandelten Themen (politische Mitbestimmungsrechte, Verwaltung und Mitgestaltung des Bistums) bietet wertvolle Einblicke in die politische Rolle des Domkapitels.
5. Soziales Kapital oder die Vernetzung im Domkapitel: Dieses Kapitel untersucht die sozialen Netzwerke der Domherren, basierend auf Verwandtschaft, Landsmannschaft, Freundschaft und Pfründenkumulation. Es wird analysiert, wie diese Vernetzungen das soziale Kapital der Domherren stärkten und ihren Einfluss erhöhten. Die Bischofswahl von 1795 dient als empirisches Beispiel für die Bedeutung von Parteiungen und sozialen Beziehungen innerhalb des Domkapitels.
6. Individuelle Lebenschancen im Domkapitel: Hier werden die individuellen Karrierewege und die verschiedenen geistlichen (Personate, Prälaturen, Dignitäten, Turnar, Kellner, Kustos, Kantor, Scholaster, Dechant, Probst usw.) und weltlichen Ämter der Domherren untersucht. Der Abschnitt vergleicht die verschiedenen Karrierewege und zeigt die Möglichkeiten und Grenzen des Aufstiegs innerhalb des Domkapitels auf.
7. Tugenden und Sünden im Domkapitel: Dieser Teil der Arbeit befasst sich mit der Moral und den Lebensweisen der Domherren. Es wird der Frage nachgegegangen, wie die Herrschaftslegitimation des Domkapitels mit dem tatsächlichen Verhalten der Domherren zusammenhing und welche Rolle Tugenden und Sünden im Domkapitel spielten.
8. Das Domkapitel und die politisch-kulturelle Umwelt: Der letzte analysierte Abschnitt beschreibt die Einbettung des Domkapitels in seine politisch-kulturelle Umwelt. Die Säkularisationsängste und der Einfluss der Aufklärung auf das Domkapitel werden in diesem Zusammenhang untersucht.
Schlüsselwörter
Bamberger Domkapitel, Aufklärung, Säkularisation, Lebenslauf, soziale Netzwerke, materielle Stellung, geistliche und weltliche Ämter, politische Partizipation, kultureller Wandel, Spätbarock.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Bamberger Domkapitel im ausgehenden 18. Jahrhundert
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht das Bamberger Domkapitel im ausgehenden 18. Jahrhundert. Der Fokus liegt auf dessen Struktur, dem Alltag der Domherren und der Einbettung in die politischen und kulturellen Veränderungen der Aufklärung. Ziel ist die Rekonstruktion der Lebenswirklichkeit der Domherren und die Analyse ihrer Rolle im Kontext der beginnenden Säkularisierung.
Welche Themen werden im Detail behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themenschwerpunkte: die Struktur und Organisation des Domkapitels, den Lebenslauf der Domherren (inkl. Bildung, Karriere und soziale Netzwerke), die materielle und soziale Stellung der Domherren, den Einfluss der Aufklärung auf das Domkapitel, und das Domkapitel als politisches und kulturelles Akteur im Spätbarock.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit ist in acht Kapitel gegliedert. Kapitel 1 bietet eine Einleitung. Kapitel 2 analysiert den typischen Lebenslauf eines Domherrn von vor der Aufschwörung bis zum Eintritt ins Domkapitel. Kapitel 3 beleuchtet die wirtschaftliche Situation der Domherren. Kapitel 4 beschreibt den Alltag der Domherren, inklusive geistlicher und politischer Pflichten. Kapitel 5 untersucht die sozialen Netzwerke der Domherren. Kapitel 6 analysiert individuelle Karrierewege und Ämter. Kapitel 7 befasst sich mit Moral und Lebensweisen der Domherren. Kapitel 8 beschreibt die Einbettung des Domkapitels in seine politisch-kulturelle Umwelt.
Welche Methoden werden angewendet?
Die Arbeit verwendet verschiedene Methoden, die je nach Kapitel variieren. Es werden u.a. Lebensläufe von Domherren analysiert, Einkommensquellen untersucht, soziale Netzwerke rekonstruiert und die Protokolle der Domkapitel-Sitzungen ausgewertet. Die genaue Methodik wird in den einzelnen Kapiteln detailliert beschrieben.
Welche Quellen wurden verwendet?
Die Arbeit basiert auf verschiedenen Quellen, darunter wahrscheinlich Protokolle des Domkapitels, Kirchenbücher, Nachlässe von Domherren und zeitgenössische Schriften. Die genauen Quellenangaben sind in der vollständigen Arbeit aufgeführt (in der vorliegenden Vorschau fehlen diese Angaben).
Welche Ergebnisse liefert die Arbeit?
Die Arbeit liefert detaillierte Einblicke in die Lebenswirklichkeit der Domherren im Bamberger Domkapitel. Sie zeigt die soziale, wirtschaftliche und politische Bedeutung des Domkapitels im ausgehenden 18. Jahrhundert und analysiert dessen Reaktion auf die Herausforderungen der Aufklärung und der beginnenden Säkularisierung. Die Ergebnisse tragen zum Verständnis der Geschichte des Domkapitels und des gesellschaftlichen Wandels in dieser Zeit bei.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit am besten?
Bamberger Domkapitel, Aufklärung, Säkularisation, Lebenslauf, soziale Netzwerke, materielle Stellung, geistliche und weltliche Ämter, politische Partizipation, kultureller Wandel, Spätbarock.
Wo finde ich die vollständige Arbeit?
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- Christoph Mann (Author), 2007, "Unsere Macht ist nichts; denn wir sind geblieben die wir waren" - Das Domkapitel zu Bamberg, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92537