Leseprobe
Inhalt
1. Einleitung
2. Regionalismus
2.1 Der „neue“ Regionalismus
2.2 Interdependenzen
3. Der situationsstrukturelle Ansatz
3.1 Grundannahmen
3.2 Die vier problematischen Situationstypen
3.3 Sekundäre Einflussfaktoren und externer Einfluss
4. Chinas wirtschaftliche Aktivität in der East African Community
4.1 Die Situation der East African Community (EAC)
4.2 Chinas wirtschaftliche Aktivitäten
4.2.1 Chinas Handel mit der EAC
4.2.2 Chinas Investitionen in die EAC
4.2.3 Chinas Entwicklungshilfe und sonstige Mittel für die EAC
4.3 Beurteilung der chinesischen Aktivitäten
5. Fazit
Quellen
1. Einleitung
Handelsbeziehungen zwischen China und den afrikanischen Staaten bestehen bereits seit den 1950er Jahren. Doch erst seit 2002 bemüht sich China, vor dem Hintergrund seiner „Going Global“-Strategie, um intensive Handels- und Wirtschaftsbeziehungen mit Afrika (Cheung et al. 2012: 201). In Folge dessen ist das Handelsvolumen zwischen Afrika und China in den letzten Jahren rapide angestiegen. Während sich Exporte und Importe 2002 zu einem Gesamtwert von 12,14 Mrd. US$ beliefen, lag der gesamte Handel 2017 inzwischen bei 149,25 Mrd. US$ und hat sich damit innerhalb von nur fünfzehn Jahren mehr als verzehnfacht (China-Africa Research Initiative 2018). Damit ist China neben der EU und vor den USA einer der wichtigsten Handelspartner Afrikas. Ähnliche Entwicklungen lassen sich auch bei Investitionen in Afrika, insbesondere in Sub-Sahara-Afrika, und bei der Entwicklungshilfe feststellen (Cheung et al. 2012: 202; Dreher et al. 2018).
Knapp ein Jahrzehnt zuvor hat unter anderem das Ende des Kalten Krieges bewirkt, dass sich in den Neunzigerjahren immer mehr Staaten zu einer Vielzahl an regionalen Kooperationen, insbesondere zum Zweck der regionalen ökonomischen Integration, zusammengeschlossen haben. Diese „neue Welle von Regionalismus“ (Mansfield / Milner 1999) fand vor allem in Afrika, aber auch in Südamerika und Asien statt. Angetrieben von dem Ziel, starken wirtschaftlichen Aufschwung zu erreichen, setzten sich die afrikanischen Zusammenschlüsse hohe Ziele, die bisher jedoch nur teilweise erreicht wurden. In manchen Regionalkooperationen ist die Integration insgesamt ins Stocken geraten.
Wie also wirkt sich die chinesische wirtschaftliche Aktivität in Afrika auf die Marktintegration der Regionalorganisationen in Afrika aus? Dies wird Gegenstand dieser Arbeit sein und anhand der Situation in der ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) untersucht werden.
Im ersten Teil wird zu klären sein, wie Regionalismus überhaupt zu verstehen ist und was den „neuen Regionalismus“ in Afrika von den bereits gefestigten Regionalkooperationen der westlichen Welt wie beispielweise der EU unterscheidet. Daraufhin wird die Bedeutung sowohl von intraregionalen als auch interregionalen Interdependenzen betrachtet und wie sich diese auf regionale Zusammenschlüsse und die Integration innerhalb von diesen auswirkt.
Im Anschluss daran soll der situationsstrukturelle Ansatz dargelegt werden. Zuerst wird aufgezeigt, was diesen grundsätzlich ausmacht und ihn von den gängigen Integrationstheorien unterscheidet. Die vier zentralen Spielsituationen, die Integration erleichtern oder erschweren, werden anschließend erläutert, um daraufhin auf die sekundären Einflussfaktoren und im Speziellen den externen Einfluss innerhalb dieser Spiele einzugehen.
Danach soll im dritten Teil zuerst die Situation der EAC erläutert werden. Infolgedessen wird Chinas wirtschaftliches Engagement in der EAC beleuchtet, um dieses abschließend auf die Forschungsfrage der Arbeit hin zu beurteilen. Am Ende wird ein Fazit der Untersuchung gezogen.
2. Regionalismus
In Subsahara-Afrika gibt es derzeit sechszehn verschiedene Regionalorganisationen. Von diesen sechszehn werden von der Afrikanischen Union (AU) sieben als regionale Wirtschaftsorganisationen anerkannt (German Institute of Global and Area Studies). Häufig sind Staaten Mitglieder in mehreren dieser Kooperationen, weshalb ein entsprechendes Schaubild dessen als „Spaghetti Bowl“ bezeichnet wird.
Was genau Regionalismus ist und was diesen in Afrika vom Regionalismus in der westlichen Welt unterscheidet, gilt es nun zu klären.
2.1 Der „neue Regionalismus“
Oftmals kommt es in der Regionalismusforschung zu begrifflichen Unstimmigkeiten, da nicht scharf genug zwischen den Begriffen Region, insbesondere jedoch Regionalisierung und Regionalismus getrennt wird.
Eine Region zeichnet sich nicht nur durch geographische Nähe der sie konstituierenden Staaten aus. Vielmehr weisen die Staaten auch kulturelle, sprachliche, wirtschaftliche oder politische Verbindungen auf (Mansfield / Milner 1999: 591).
Von Regionalisierung wird hingegen gesprochen, wenn man sich auf die regionale Konzentration wirtschaftlicher Strömungen bezieht (Mansfield / Milner 1999: 591).
Dagegen herrscht im wissenschaftlichen Diskurs keine Einigkeit darüber, was genau Regionalismus auszeichnet. Manche Forscher sehen ihn als rein wirtschaftlichen Prozess an, andere wiederum charakterisieren ihn als politischen Prozess auf Grundlage von wirtschaftlicher Zusammenarbeit und Koordination zwischen Staaten (Mans- field/Milner 1999: 591). Hettne definiert Regionalismus als „die von geographischer Nähe geprägte Form des Plurilateralismus“ (Hette 2005: 272, zitiert nach Sbragia 2008: 32). Er beschränkt sich also nicht nur auf die ökonomische Seite von Regiona- lismus, auch wenn diese für die Integration von entscheidender Bedeutung ist.
Da die Analyse der EAC und von China auf staatlich-struktureller Ebene stattfindet, bietet sich die Definition nach Bach an. Demnach kann Regionalismus „als geplante, multilaterale und staatlich gelenkte Kooperation und Integration innerhalb eines geographisch begrenzten Raumes verstanden werden, die im Rahmen von Regionalorganisationen organisiert und institutionalisiert wird.“ (Bach 2003: 22, zitiert nach Muntschick 2013: 688) Außerdem deckt diese Definition alle Aspekte des wissenschaftlichen Diskurses ab, da soziale und wirtschaftliche Verflechtungen, wie auch politische und organisatorische Zusammenarbeit berücksichtigt werden können (Hur- rell 1995: 333).
Der „neue“ Regionalismus bezieht sich insbesondere auf die regionale wirtschaftliche Integration, die seit den Neunzigerjahren in Europa und den Amerikas stattfand. Vor allem aber konzentriert er sich auf Integrationsprojekte außerhalb der westlichen Welt, hierbei speziell auf Afrika. (Robson 1993: 330). Zuvorderst waren Handelsabkommen, bi- und multilateral, für diese verantwortlich. Hierbei gilt es jedoch die großen Unterschiede im strukturellen Kontext zwischen wirtschaftlicher Integration in der westlichen Welt und solcher in Afrika zu beachten. In den regionalen Kooperationen Subsahara-Afrikas variiert die Staatlichkeit der einzelnen Länder sehr. Außerdem ist die Integration in den Regionalorganisationen unterschiedlich weit vorangeschritten (Robson 1993: 334).
Der intraregionale Handel ist nur schwach ausgeprägt und die Abhängigkeit von extraregionalem Handel dementsprechend groß. Hinzu kommt, dass Haushaltseinkommen und Entwicklungsniveau innerhalb der Regionalkooperationen sich teils stark unterscheiden (Robson 1993: 334).
Daher profitieren die beteiligten Staaten auch nicht gleichmäßig von den Mitgliedschaften. Wirtschaftliches Wachstum konzentriert sich vor allem in Wachstumszentren, also in Ländern die ökonomisch weiterentwickelt sind als ihre Kooperationspartner (Axline 1977: 86). Dies ist von entscheidender Bedeutung für die Integration innerhalb der regionalen Zusammenschlüsse, da so die Verteilung von Vorteilen und Nachteilen innerhalb eines Zusammenschlusses die Ungleichgewichte zwischen den Mitgliedstaaten ausweitet, was wiederum die Interdependenzen verstärkt (Axline 1977: 86ff.)
2.2 Interdependenzen
Die fortschreitende wirtschaftliche Verflechtung zwischen einzelnen Staaten in Folge der Globalisierung veranlasst also Entwicklungsländer dazu, ihren Stand im internationalen Wettbewerb zu verbessern, indem man sich einer regionalen Organisation anschließt. Denn so wird es für Investoren attraktiver, in einem Land tätig zu werden und der Zugriff auf Entwicklungshilfe wird erleichtert (Krapohl/Fink 2009: 1)
Je entwickelter und spezialisierter die Volkswirtschaften der Mitgliedsländer sind, desto stärker profitieren sie dabei von intraregionalem Handel. Umgekehrt bleibt der intraregionale Handel auf niedrigem Niveau, wenn die Volkswirtschaften weniger entwickelt sind (Krapohl/Fink 2009: 8). Denn die Gruppe der sogenannten „least developed countries“ (LDC) ist stark abhängig vom Export natürlicher Ressourcen in stärker entwickelte Länder. Die Industriestaaten ihrerseits sind für konstantes Wachstum auf immer größere Mengen an natürlichen Ressourcen angewiesen.
Eine wechselseitige Abhängigkeit, beziehungsweise Interdependenz ist dabei so zu verstehen: Je größer der Effekt eines Ereignisses in einem Teil eines Systems auf alle anderen Teile desselben Systems ist, desto größer ist die Interdependenz innerhalb des Systems (Young 1969: 726). Umso größer das Verhältnis der Interdependenzen der Organisationseinheiten des weltweiten Systems zu den Interdependenzen innerhalb dieser Einheiten sind, desto größer ist der Anteil der Ressourcen einer Einheit, der für externe Angelegenheiten aufgewendet wird (Young 1969: 741). Demnach ist der relative Grad der Abhängigkeit von entscheidender Bedeutung für die Ressourcenallokation in der Welt (Young 1969: 741).
Als Konsequenz dessen wird die wirtschaftliche Abhängigkeit der LDC von den Industriestaaten zunehmend wichtiger für eine erfolgreiche Integration innerhalb der Regionalkooperationen Subsahara-Afrikas. Denn der intraregionale Handel, also die intraregionale Interdependenz, ist derart schwach, dass ein erfolgreiches Gelingen der Integration mehrheitlich vom extraregionalen Handel, sowie extraregionalen Investitionen und Entwicklungshilfe, also von der interregionalen Interdependenz abhängt (Krapohl/Fink 2009: 9, 20ff.). Dies wird sich auch am Beispiel der EAC bestätigen.
3. Der situationsstrukturelle Ansatz
Als direkte Folge der Interdependenzen zwischen Staaten, die die Struktur des internationalen Systems prägen, entstehen unterschiedlich problematische Situationen. Diese sind dem situationsstrukturellen Ansatz zufolge zentral für die Erklärung der Entstehung regionaler Kooperation und den Erfolg der Integration (Muntschick 2013: 689).
Im Gegensatz zu den systemischen Integrationstheorien des Neorealismus (Hurrell 1995: 339ff.) und den auf (unterschiedlich geartete) Interdependenz fokussierten Theorien des Neofunktionalismus, Institutionalismus und Konstruktivismus (Hurrell 1995: 348ff.) nimmt der situationsstrukturelle Ansatz eine Art von Zwischenstellung ein. Während die klassischen Theorien die Analysen der EU und ihren Vorgängerorganisationen dominiert haben, eignen sie sich nur bedingt für die Untersuchung des neuen Regionalismus (Hurrell 1995: 357). Welche Aspekte den situationsstrukturellen Ansatz ausmachen und weshalb er sich besser für die Untersuchung der Fragestellung eignet, ist Gegenstand des nächsten Abschnitts.
3.1 Grundannahmen
„Der situationsstrukturelle Ansatz beruht auf dem einfachen Gedanken, dass sich reale Situationen der internationalen Politik anhand einer spieltheoretischen Matrix modellieren lassen.“ (Zürn 1992: 137) Ein „Spiel“ besteht aus mindestens zwei Akteuren, von denen jeder eine begrenzte Anzahl an Verhaltensalternativen hat. Die Beteiligten verfügen dabei über „transitive“ Präferenzordnungen hinsichtlich der möglichen Ergebnisse des Spiels. Die Kombination der Präferenzordnungen konstituiert die Auszahlungsmatrix (Zürn 1992: 137).
Dieser Ansatz untersucht demnach die Verhaltensweisen der Akteure, die ihnen im Falle eines sogenannten Konflikts zur Verfügung stehen (Zürn 1992: 138f). Ein Konflikt ist eine „Situation, in der zwei oder mehrere Akteure unvereinbare Ziele anstreben oder aber unterschiedliche Mittel wählen wollen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen.“ (Zürn 1992: 139). Er ist demzufolge von einer unvereinbaren Positionsdifferenz der Konfliktparteien geprägt.
Aber wie kommt es dennoch zur Entstehung internationaler Institutionen? Dies ist die abhängige Variable, die erklärt werden soll. Kooperation sei zwar auch ohne Institutionen möglich, dafür bedarf es jedoch eines Ausmaßes an Rationalität der Akteure, welches in der Weltpolitik nicht vorzufinden ist (Zürn 1993: 66). Für Zürn sind Institutionen sowohl „formale Organisationen als auch stabile Verhaltensmuster“, wobei der Schwerpunkt auf letzterem liegt (Zürn 1992: 140). Sie sind seiner Meinung nach zentral für die Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung in den internationalen Beziehungen (Zürn 1993: 67, Zürn 1992: 157).
Die unabhängige Variable, die das Zustandekommen von Regionalkooperationen erklärt, ist hierbei die problematische Situation, die schon vor der Entstehung der Institution existent war und die weiteren Integrationsbemühungen innerhalb der Kooperation bestimmt (Muntschick 2012: 6, Zürn 1993: 67-68). „Situation“ meint hier, in Anlehnung an die Spieltheorie, eine Struktur von nicht kooperativen 2x2-Spielen mit mindestens einem Pareto-optimalen Interaktionsergebnis, welches ungleich dem Nash- Gleichgewicht ist (Zürn 1992: 154). Das Pareto-Optimum ist hier qualifiziert zu verstehen, das heißt, dass politische Akteure eher an gerechten Lösungen interessiert sind (Zürn 1992: 155f). Zürn unterscheidet vier problematische Situationen.
3.2 Die vier problematischen Situationstypen
Die vier problematischen Situationstypen sind von einer unterschiedlichen Anzahl und Verteilung an Nash-Gleichgewichten1 und Pareto-Optima2 gekennzeichnet (Zürn 1992: 163ff.) Alle Spiele haben jedoch gemein, dass die Beteiligten zweckrational agieren (Zürn 1992: 165).
Die erste problematische Situation stellt das Koordinationsspiel ohne Verteilungskonflikt dar. Hier liegen innerhalb des 2x2-Spiels zwei Nash-Gleichgewichte vor, von denen aber nur eines Pareto-optimal ist. Demnach kann es auch nur eine zufriedenstellende Lösung geben, die gleichzeitig beide Akteure zufriedenstellt. (Zürn 1992: 163). Hierbei existiert keinerlei Konflikt, die einzige Schwierigkeit stellen Kommunikationsprobleme dar. Auch die Frage der Machtverteilung ist bedeutungslos, da beide dieselbe Lösung präferieren (Zürn 1992: 174-184).
Koordinationsspiele mit Verteilungskonflikt, die zweite problematische Situation, zeichnen sich ebenfalls durch zwei Nash-Gleichgewichte aus. Allerdings sind beide Pareto-optimal, wobei das eine Gleichgewicht einen Akteur (A) besser stellt als den anderen Akteur (B) und das zweite Gleichgewicht B besser stellt als A (Zürn 1992: 163) . Die Wahrscheinlichkeit eines unkooperativen Interaktionsergebnisses ist damit höher. Die Ressourcenverteilung ist hier mitentscheidend dafür, welches der Nash- Gleichgewichte gewählt wird (Zürn 1992: 184-197).
Wenn Koordinationsspiele vorliegen, kann davon ausgegangen werden, dass die Bildung einer Regionalkooperation - relativ schnell - erfolgt (Zürn 1993: 69, Muntschick 2013: 689.
Bei der dritten problematischen Situation, dem sogenannten Dilemmaspiel, existiert nur noch ein Nash-Gleichgewicht. Dieses stimmt aber nicht mit dem Pareto-Optimum überein, welches alle Akteure besser stellt als das Nash-Gleichgewicht (Zürn 1992: 164) . Es herrscht also ein Zielkonflikt zwischen der Verfolgung des individuell-rationalen Verhaltens(=Nash-Gleichgewicht) und der Erreichung eines gewünschten Er- gebnisses(=Pareto-Optimum). Das Verhalten der anderen Parteien ist demzufolge wichtig für die Entscheidungsfindung. Die Verteilung der Machtressourcen ist ebenfalls bedeutsam (Zürn 1992: 198-209). Da starke Anreize gegeben sind, sich unkooperativ zu verhalten, spielen exogene Faktoren eine entscheidende Rolle, weil Kooperation hier nur gelingen kann, wenn förderliche Zusatzbedingungen gegeben sind (Zürn 1993: 69).
Ein Rambospiel ist die vierte und gleichzeitig problematischste Situation hinsichtlich einer eventuellen Kooperation. Auch hier liegen nur ein Nash-Gleichgewicht und ein Pareto-Optimum vor, die nicht zusammenfallen. In diesem Fall stellt das Pareto-Optimum jedoch nur einen Akteur besser als das Nash-Gleichgewicht (Zürn 1992: 164). Das Zustandekommen von Kooperation scheint nahezu unmöglich, da die allseitige Kooperation hier kein Nash-Gleichgewicht darstellt (Muntschick 2013: 689, Zürn 1993: 69). Daher ist die Bedeutung sekundärer Einflussfaktoren bei Rambospielen am höchsten (Zürn 1992: 209ff.).
Insgesamt lässt sich festhalten, dass mit steigender Schwierigkeit der problematischen Situation Kooperation unwahrscheinlicher wird. Gleichzeitig steigt die Bedeutung sekundärer Einflussfaktoren, da die Anreize innerhalb der Kooperation schwächer werden. Welche sekundären Einflussfaktoren es gibt und welche Bedeutung dem externen Einfluss zukommt, wird nun thematisiert.
3.3 Sekundäre Einflussfaktoren und externer Einfluss
Die sekundären Einflussfaktoren oder auch „Kontextvariablen“ (Zürn 1993: 70) sind also vor allem bei Dilemma- und Rambospielen von Bedeutung und können sowohl negativ als auch positiv wirken. Falls sie positiv genug sind, können sie Dilemmaspiele, in außergewöhnlich starken Fällen auch Rambospiele, hin zu Kooperationsspielen wandeln (Muntschick 2012: 6).
Explizit genannt werden von Zürn fünf verschiedene Kontextvariablen. So spielen die Anzahl der Akteure, die Machtverteilung zwischen den Beteiligten, bereits vorhandene Regime/Regelungsprinzipien in benachbarten Problemfeldern, der sogenannte „Schatten der Zukunft“ (Zürn 1993: 71) und die relative, anstelle von absoluter, Nutzenerhöhung eine Rolle (Zürn 1993:70f, Zürn 1992: 168f).
Der wichtigste Faktor ist dabei jedoch die Machtverteilung. Macht ist hier im Sinne von „Kontrolle über Interaktionsergebnisse und Ereignisse“ zu verstehen und nicht direkt über Ressourcen. Somit resultiert eine stark asymmetrische Machtverteilung in asymmetrischen Einflusschancen der jeweiligen Akteure. (Zürn 1992: 170). Dabei kann eine asymmetrische Machtverteilung in Dilemmaspielen positiv wirken, wohingegen sie negativ auf Rambospiele wirkt (Zürn 1993: 70). Dieses Verständnis von Macht umfasst auch externe Einflüsse. Denn ein Staat, der über starke Interdependenzen zu extraregionalen Akteuren verfügt, ist auch nicht zwingend auf einen Kooperationserfolg angewiesen (Muntschick 2013: 690).
Dadurch eignet sich der situationsstrukturelle Ansatz speziell für die Untersuchung von Regionalismus in Entwicklungsländern, die oftmals „eine starke asymmetrische extra-regionale Interdependenz zu mächtigen globalen Akteuren“ aufweisen (Muntschick 2013: 690). Außerdem zählt die Vernachlässigung des externen Einflusses zu den „Schwachstellen der bestehenden Integrationstheorie“ (Zimmerling 1991: 9).
Zimmerling definiert Einfluss als „Bedingungsfaktoren, die vom Handeln beziehungsweise Verhalten anderer Akteure ausgehen“ (Zimmerling 1991: 55) und externen Einfluss als solchen, „der von externen Akteuren ausgeht“ (Zimmerling 1991: 55). Extern wiederum sind Akteure, die der betroffenen Region nicht angehören oder nicht aktiv im Integrationsprozess involviert sind (Zimmerling 1991: 55). Da Integration Prozesscharakter besitzt, wirkt sich externer Einfluss auf die Integrationsentscheidung, die Integrationskonzeption und die Integrationspraxis aus (Zimmerling 1991: 220ff.).
[...]
1 Wenn jeder Akteur, unter Beachtung der Strategie des anderen, eine individuell-rationale Handlungsweise verfolgt (=dominante Strategie), entsteht ein Nash-Gleichgewicht.
2 Ein Pareto-Optimum liegt vor keiner der Akteure in Situation A schlechter gestellt wird als in Situation B und mindestens ein Akteur in A besser gestellt wird als in B.
- Arbeit zitieren
- Florian Ruppert (Autor:in), 2019, Marktintegration der Regionalorganisationen in Afrika. Die Auswirkung von Chinas wirtschaftlicher Aktivität, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/925933
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