Der Einsatz von Kindersoldaten in Konflikten unserer Zeit rückt seit einigen Jahren mehr und mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. Sie spielen in zahlreichen Konflikten in Afrika und anderen Teilen der Welt eine entscheidende Rolle nicht nur als Opfer von Gewaltakten, sondern auch als Akteure des Krieges.
In der vorliegenden Arbeit wird untersucht, weshalb Kinder rekrutiert werden und welche Rolle sie in bewaffneten Konflikten spielen. Eingebettet wird dies in die von Kaldor und Münkler angestoßene politikwissenschaftliche Debatte um Neue Kriege. Sie vertreten die These, Konflikte hätten sich grundlegend gewandelt und heutige Kriege seien gekennzeichnet durch Ökonomisierung, Entstaatlichung und Asymmetrisierung. Ein Großteil der heutigen afrikanischen Kriege erfüllt genau diese Attribute.
Die Bedeutung des Einsatzes von Kindersoldaten wird Vertretern der These der Neuen Kriege meines Erachtens jedoch unterschätzt. Gerade Kindersoldaten sind essenziell für diese neue entstaatlichte Kriegsführung, die sich im Besonderen gegen die Zivilbevölkerungen richtet. In dieser Arbeit soll die These überprüft werden, dass diese Kriege ohne den Einsatz von Kindern überhaupt nicht durchführbar seien. Kindersoldaten sind billig, leicht rekrutierbar und einsetzbar, leichter zu indoktrinieren und sind offensichtlich zu größeren Grausamkeiten fähig – genau dies sind die Gründe, weshalb diese Art der Kriegsführung nur mit und durch Kinder möglich ist.
Diese These soll anhand einer Fallstudie überprüft werden. Hierzu wurde der seit 1986 andauernde Bürgerkrieg in Norduganda gewählt, ein aktueller Konflikt, der die Attribute der Neuen Kriege aufweist. Die Lord’s Resistance Army (LRA) kämpft im Norden des Landes für einen unabhängigen Gottesstaat, als Hauptgegner stellt sich ihr die Ugandische Armee entgegen. Kindersoldaten werden in der Regierungsarmee zwar offiziell nicht rekrutiert, die Bataillone der LRA jedoch werden zu entscheidenden Teilen aus Minderjährigen gebildet, weshalb dieser Konflikt prädestiniert scheint für die Erforschung der Rolle von Kindersoldaten. Etwa 50% der LRA-„Kämpfer“ sind unter 16 Jahren.
Anhand dieses Konfliktes lässt sich induktiv bestätigen, dass diese Art der Kriegsführung nur mit dem Einsatz von Kindersoldaten möglich ist. Der ugandische Bürgerkrieg wäre ohne die Rekrutierung von Kindern (eben auch als Element der Kriegsführung gegen die Zivilbevölkerung) und deren Einsatz nicht durchführbar.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- 1. Vorgehensweise und Gliederung der Arbeit
- B. Neue Kriege
- 1. Darstellung der Theorie Münklers: Ökonomisierung, Asymmetrisierung, Entstaatlichung/Privatisierung
- 1.1 Ökonomisierung
- 1.2 Asymmetrisierung
- 1.3 Entstaatlichung/Privatisierung
- 2. Die Kritik an der Theorie Münklers: Eine kurze Darstellung der politikwissenschaftlichen Debatte
- 3. Die Rolle von Kindersoldaten in der Theorie der Neuen Kriege
- C. Neue Krieger – Kindersoldaten
- 1. Definitionen, Zahlen und Fakten
- 1.1 Waffentechnische Entwicklungen als eine zentrale Voraussetzung für den Einsatz von Kindersoldaten
- 2. Rekrutierung: Zwangsrekrutierung vs. ,,freiwillig“
- 3. Rolle in Konflikten (Gender-Betrachtung)
- 4. Wer sind die Kindersoldaten?
- 5. Demobilisierung/Resozialisierung
- D. Fallstudie Norduganda
- 1. Der Konflikt in Norduganda als Fallbeispiel
- 1.1 Ist Ugandas Bürgerkrieg ein Neuer Krieg?
- 2. Eine kurze Einführung in die Geschichte Ugandas und die aktuelle politische Situation
- 3. Die Geschichte und Ursprünge des Konflikts und aktuelle Entwicklungen
- 3.1 Aktuelle Situation und neuere Entwicklungen des Bürgerkriegs im Norden Ugandas
- 3.2 Geschichte Ugandas und Hintergründe und Ursprünge des Konflikts
- 4. Darstellung der Konfliktparteien und „Ideologie“ der LRA
- 5. Vorgehensweise der Fallstudie
- 5.1 Rekrutierung
- 5.2 Rolle im Konflikt/Wer sind die Kindersoldaten?
- 5.3 (Individuelle) Post-Konflikt Phase
- 6. Empirische Basis
- 6.1 World Vision International
- 6.2 GUSCO I
- 6.3 GUSCO II
- 6.4 GUSCO III
- 6.5 CPA
- 6.6 Caritas
- 6.7 Abductee
- 6.8 War Child Holland
- 7. Auswertung der Fallstudie
- E. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Problematik des Einsatzes von Kindersoldaten im Kontext der politikwissenschaftlichen Diskussion um Neue Kriege. Sie fokussiert sich auf die Frage, warum Kinder rekrutiert werden und welche Rolle sie in bewaffneten Konflikten spielen. Die Arbeit ist in die von Mary Kaldor und Herfried Münkler initiierte Debatte über Neue Kriege eingebettet. Im Mittelpunkt stehen die These von Münkler, dass Konflikte sich grundlegend gewandelt haben und heutige Kriege durch Ökonomisierung, Entstaatlichung und Asymmetrisierung gekennzeichnet sind, sowie die kritische Auseinandersetzung mit dieser These.
- Die Theorie der Neuen Kriege nach Münkler: Ökonomisierung, Asymmetrisierung, Entstaatlichung/Privatisierung
- Die Rolle von Kindersoldaten in der Theorie der Neuen Kriege
- Die Rekrutierung von Kindersoldaten: Zwangsrekrutierung vs. ,,freiwillig“
- Die Rolle von Kindersoldaten in Konflikten (Gender-Betrachtung)
- Der Einsatz von Kindersoldaten als essenzielles Element der entstaatlichten Kriegsführung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Problematik des Einsatzes von Kindersoldaten und die Relevanz der politikwissenschaftlichen Diskussion um Neue Kriege beleuchtet. Es wird erläutert, dass Kindersoldaten in immer mehr Konflikten eine entscheidende Rolle spielen, nicht nur als Opfer, sondern auch als Akteure des Krieges.
Im zweiten Kapitel wird die Theorie der Neuen Kriege nach Herfried Münkler dargestellt. Der Fokus liegt dabei auf den drei zentralen Merkmalen: Ökonomisierung, Asymmetrisierung und Entstaatlichung/Privatisierung. Es wird die These Münklers aufgezeigt, dass Konflikte sich grundlegend gewandelt haben und heutige Kriege durch diese Attribute gekennzeichnet sind. Es wird die Kritik an der Theorie Münklers aus der politikwissenschaftlichen Debatte beleuchtet.
Im dritten Kapitel werden Kindersoldaten im Kontext der Neuen Kriege betrachtet. Es werden Definitionen, Zahlen und Fakten zum Einsatz von Kindersoldaten präsentiert, sowie die Rekrutierung, ihre Rolle in Konflikten und die demobilisierende/resozialisierende Phase. Die Kapitel 4 und 5 widmen sich dem Bürgerkrieg in Norduganda als Fallbeispiel für die Problematik des Einsatzes von Kindersoldaten in Neuen Kriegen.
Schlüsselwörter
Kindersoldaten, Neue Kriege, Ökonomisierung, Asymmetrisierung, Entstaatlichung/Privatisierung, Rekrutierung, Rolle im Konflikt, Gender, Demobilisierung, Resozialisierung, Norduganda, Bürgerkrieg, LRA.
- Arbeit zitieren
- Kristof Krahl (Autor:in), 2007, Kindersoldaten in Konflikten unserer Zeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92626