Erscheinungsformen sozialer Ungleichheit in der Bundesrepublik Deutschland seit dem Jahr 2000


Hausarbeit, 2006

20 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Allgemeine Informationen

3. Bestandsaufnahme unserer Gesellschaft
3.1 Dienstleistungsgesellschaft
3.2 Globalisierung
3.3 Zuwanderung

4. Ausgewählte Erscheinungsformen
4.1 Bildung
4.2 Einkommen und Vermögen
4.3 Armut
4.4 Auswirkungen

5. Schluss

Literaturverzeichnis

Linkverzeichnis

1. Einleitung

Menschen einer Gesellschaft stehen in Beziehungen zueinander und nehmen darin unterschiedliche soziale Positionen ein. Diese lassen die Mitglieder nicht nur unterschiedlich oder gleich erscheinen, sondern auch höher- oder tiefergestellt, besser oder schlechter gestellt. Diese Art von Unterschieden wird soziale Ungleichheit genannt.

Soziale Ungleichheit ist in Deutschland ein aktuelles und stark diskutiertes Thema. Die Medien sprechen von einer wiederkehrenden Klassengesellschaft. Der 2. Armuts- und Reichtumsbericht proklamiert eine immer größer werdende Schere zwischen Armen und Reichen in unserer Gesellschaft. In der Forschung wird seit dem frühen 20. Jahrhundert versucht, die Ursachen der sozialen Ungleichheit in Deutschland zu erklären. Die Politik setzt sich in stetigen Debatten mit dem Thema auseinander und versucht Lösungsansätze für das Problem zu finden.

In dieser Hausarbeit sollen die Erscheinungsformen sozialer Ungleichheit in der Bundesrepublik nach 2000 dargestellt werden. Dazu ist es notwendig, den sozialen Wandel in der Gesellschaft aufzuzeigen. Die Globalisierung, die Entwicklung zur Dienstleistungs-, Informations- und Wissensgesellschaft sowie die Effekte der Zuwanderung werden im Einzelnen näher untersucht. Mit ihnen ist die Ungleichheit wieder deutlicher geworden. Anhand der unterschiedlichen Voraussetzungen zur Erlangung eines qualifizierten Bildungsabschlusses, der unterschiedlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse und der daraus resultierenden Armut werden die Erscheinungsformen sozialer Ungleichheit in der Bundesrepublik nach 2000 dargestellt. Diese Tatbestände bewirken weitere Unterschiede in den einzelnen Lebensbedingungen der Gesellschaftsmitglieder, die näher aufgezeigt werden. Aufgrund der Komplexität des Themas werden letztere jedoch nicht so ausführlich dargestellt. Es soll vielmehr ein Überblick vermittelt werden, der dem Lesenden einen Einblick in das Ausmaß von Erscheinungsformen sozialer Ungleichheit in Deutschland ermöglicht.

2. Allgemeine Informationen

Soziale Ungleichheit in der heutigen Gesellschaft ist teilweise gewollt und toleriert, denn wir leben in einer Leistungsgesellschaft, in der nach Leistung entlohnt wird und der berufliche Auf- oder Abstieg durch erbrachte Leistung erfolgen soll. Besonders sichtbar wird diese Tatsache durch die steigende leistungsbezogene Vergütung der Arbeitnehmer in den Unternehmen.

Soziale Ungleichheit besteht nach Stefan Hradil (2001, 28), wenn die „wertvollen“ Güter einer Gesellschaft nicht „absolut gleich verteilt“ sind. Wenn also Personen aufgrund ihres sozialen Beziehungsgefüges „regelmäßig“ mehr als andere erhalten und somit eine Besser- oder Schlechterstellung gegeben ist.

Da es eine Fülle von Phänomenen sozialer Ungleichheit gibt, hat die Soziologie sie in Kategorien zusammengefasst und sie als „Dimensionen“ bezeichnet. Die heutigen Basisdimensionen sind lt. Hradil (2001, 31) materieller Wohlstand, Macht und Prestige. In der „postindustriellen Wissens- und Informationsgesellschaft“ ist die Bildung als weitere Dimension hinzugekommen und hat Auswirkungen auf alle angestrebten Zielvorstellungen. Ohne eine qualifizierte Bildung kann meist keine gut angesehene berufliche Position erreicht und somit nur ein geringeres Einkommen erzielt werden, was wiederum mit weniger Ansehen einhergeht. Es ist dann auch nicht möglich, zu weiterem materiellem Wohlstand zu gelangen.

In der modernen Gesellschaft reichen diese vier Dimensionen jedoch nicht mehr aus. Aufgrund ausgeweiteter Zielsetzungen wie z.B. Gesundheit und Sicherheit sowie vermehrte Ressourcen und Handlungsmöglichkeiten wie wohlfahrtstaatliche Leistungen muss auch auf die soziale Ungleichheit innerhalb der Dimensionen Arbeits-, Wohn-, Umwelt- und Freizeitbedingungen eingegangen werden.

Unter den genannten Dimensionen ist eine Unterscheidung nach „objektiver“ bzw. „subjektiver“ sozialer Ungleichheit vorzunehmen. Objektive Ungleichheit ist beispielsweise ein formaler Bildungsabschluss, der Vor- und Nachteile erkennen lässt, ob den Beteiligten das bewusst ist oder nicht. Unter „subjektiver“ Ungleichheit werden beispielsweise Integration, Prestige und teilweise auch Macht verstanden. Sie sind nicht ohne das Denken oder Handeln der einzelnen möglich (Hradil, 2001, 32).

Soziale Ungleichheiten werden jedoch erst dann wahrgenommen, wenn deren Implikationen im öffentlichen und privaten Leben mit bewertet werden. So drückt sich der Vorteil eines in Wohlstand Lebenden nicht nur durch sein Geldvermögen auf dem Konto aus, sondern auch in seinen Kontakten, seinem Selbstbewusstsein, seinen Freizeitmöglichkeiten und seinen Gesundheitschancen.

In modernen Industriegesellschaften kommt es jedoch vor, dass der Status einer Person in verschiedenen Dimensionen auseinander klafft. Man spricht hier von Statusinkonsistenz. Ein Beispiel hierfür ist der viel arbeitende Jungunternehmer mit wenig Freizeit und der als Taxifahrer jobbende Akademiker (Hradil, 2001, 33).

Es gibt zahlreiche Theorien zur wissenschaftlichen Analyse sozialer Ungleichheiten (Korte, 2004). Eine der „Älteren“ Ansätze ist die Ständetheorie von Max Weber zur Charakterisierung der vorindustriellen Gesellschaft. Karl Marx hat für die Sozialstrukturanalyse der frühindustriellen Gesellschaften die Klassentheorie herangezogen. Die Schichtungstheorien von Max Weber kamen vorwiegend zu Beschreibung der Sozialstruktur ab dem 20. Jahrhundert zum Einsatz, ebenso wie die Lagentheorien z.B. von Theodor Geiger. Das Gut „Ökonomie“ wird in all diesen Ansätzen als zentrale Stellgröße betrachtet. Man könnte also hier sagen, „Das (objektive) Sein bestimmt das „subjektive“ Bewusstsein“.

Neuere Ansätze prägen die Sozialstrukturanalyse u.a. seit den 1980er Jahren. Hier gibt es die Lebensstiltheorien und die Milieutheorien, die vor allem durch das subjektive Bewusstsein geprägt sind. Die Milieutheorie von Pierre Bourdieu z.B. beinhaltet die drei Dimensionen ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital und soziales Kapital, die über die Platzierung der Akteure im „sozialen Raum“ entscheiden (Korte, 2004, 135).

Eine aktuelle Erfassung der Milieus in Deutschland erfolgte beispielsweise in den Sinusmilieus, die die Gesellschaft in unterschiedliche Schichten in Bezug auf ihre Grundhaltung und ihrer sozialen Lage einteilt.

3. Bestandsaufnahme unserer Gesellschaft

3.1 Dienstleistungsgesellschaft

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

* bis 1991 frühere Bundesrepublik, ab 1991 Deutschland gesamt eigene Grafik, Daten aus http://www.bmas.bund.de/BMAS/Navigation/root,did=98354.html

Abb.1

Deutschland war bis Ende der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts eine Agrargesellschaft, in der mehr als die Hälfte aller Erwerbstätigen im primären Sektor beschäftigt waren und sich die Sozialstruktur in Klassen und Schichten aufteilen lies. Ab Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts hinein durchlief Deutschland die Phase der Industriealisierung. Wie aus Abb. 1 ersichtlich wird, nahm der primäre Sektor stetig ab, aber auch die Erwerbstätigenzahlen in der Produktionsverarbeitung verringerten sich im Zeitverlauf. Durch die stetige Produktivitätssteigerung und durch Rationalisierungsmaßnahmen wurden hier Arbeitskräfte freigesetzt und dann im Dienstleistungsbereich „aufgefangen“, was die stetige Zunahme der Erwerbstätigen in diesem Bereich in der Abb. 1 darstellt. So trennten sich z.B. viele Unternehmen im Rahmen des Outsourcing von Aktivitäten, die nicht zu ihren Kernkompetenzen gehörten und kauften diese bei externen Dienstleistern ein, wie z.B. IT-Betreuung, Instandhaltung, Bewachung. In letzter Zeit hat der technische Fortschritt sowie die Herausbildung des Informationssektors zu einer erheblichen Produktivitätssteigerung und hiermit verbundener Personalfreisetzung im Dienstleistungsbereich geführt. Die Anforderungen an die Arbeitnehmer steigen somit kontinuierlich im Bereich der fachlichen und inhaltlichen Qualifikation sowie der sozialen Kompetenzen. Die Informations- und Wissensgesellschaft verlangt nach innovativen Tätigkeiten wie Forschung, Entwicklung, Information, Kommunikation und Marketing. Eine fundierte Ausbildung, lebenslanges Lernen, Risikobereitschaft und individuelle Entscheidungsfähigkeit sind von jedem Mitglied der Gesellschaft gefordert, um dem Anforderungsprofil der heutigen Zeit gerecht zu werden. Es gibt und es wird auch in Zukunft nicht mehr das „normale“ Berufsleben geben, in dem man sich auf die einmal erworbenen Qualifikationen ein Leben lang verlassen kann. Flexibilität, ständige Verfügbarkeit sowie Anpassungsbereitschaft und Individualisierung, das Hervorbringen herausragender Leistungen und die Besonderheit der Person werden mit einem guten Einkommen, hohem Ansehen und daraus resultierendem Prestige und Wohlstand honoriert. Können die Mitglieder einer Gesellschaft aufgrund mangelnder Bildung nicht den Anforderungen gerecht werden, so werden sie an diesem Wohlstand nicht teilhaben können. In Deutschland bleibt der Weg zu Wohlstand und Prestige aufgrund schlechterer Bildungsmöglichkeiten bzw. mangelnder finanzieller oder persönlicher Fähigkeiten vielen Gesellschaftsmitglieder versperrt, so dass sich eine zunehmende Spaltung in der Gesellschaft und auf dem Arbeitsmarkt abzeichnet. Es besteht eine Konzentration von besseren Erwerbschancen für die Elite, da sie, wie später noch aufgezeigt wird, die besseren Voraussetzungen aufgrund ihrer Herkunft mitbringen. Des Weiteren bildet sich eine immer größer werdende Schicht mit Geringverdienern heraus, die nicht über die erforderlichen Qualifikationen und Voraussetzungen verfügen. Ein Beispiel für diesen Wandel und die damit entstehende Ungleichheit ist der hoch bezahlte Jurist in einer angesehenen Kanzlei, die für international agierende Konzerne tätig ist, und das wenig qualifizierte und gering entlohnte häusliche Dienstpersonal.

Die damit einhergehenden Möglichkeiten zur Erzielung eines höheren bzw. geringeren Einkommens führen zur Herausbildung von Klassen und Schichten in unserer Gesellschaft. Diese haben Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen, sowie auf die Wohnverhältnisse, die Gesundheitsvorsorge und die Freizeitgestaltung und somit auf das gesamte Umfeld, das soziale Milieu, in dem sich die Menschen der Gesellschaft bewegen.

3.2 Globalisierung

Globalisierung bedeutet, dass die ganze Welt zu einem möglichen Produktionsstandort geworden ist. Als wesentliche Ursachen sind der technische Fortschritt, insbesondere in der Kommunikations- und Transporttechnik und die politische Entscheidung zur Liberalisierung des Welthandels zu nennen. Diese Öffnung ermöglicht es den tätigen Unternehmen, globale Absatzmärkte zu bedienen. Sie bedroht jedoch auch die Existenz der Unternehmen aufgrund internationaler Konkurrenz, denn die Produkte und Dienstleistungen müssen so effizient und qualitativ hochwertig wie nur möglich produziert und die Kosten müssen ständig gesenkt werden, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Deutschland hat zwar den Vorteil, von hohen Qualitätsstandards zu profitieren, doch die anderen Länder haben darin aufgeholt und stehen dem mit niedrigeren Lohn- und Lohnnebenkosten gegenüber. Um die Wettbewerbsfähigkeit der unternehmerischen Tätigkeit gewährleisten zu können, sind die Unternehmen gezwungen, ihre Produktionsstandorte und mittlerweile auch Dienstleistungen der Informationstechnologie in Niedrig-Lohn-Länder zu verlegen. Mit Hilfe von Internet und E-mail vernetzen Büros können die Hürden der Entfernung problemlos überwunden werden. Es vollzieht sich somit eine Verringerung des Arbeitsangebotes in Deutschland.

Den Hochqualifizierten eröffnen sich jedoch durch diese Entwicklung neue Perspektiven, sie profitieren sogar davon. Arbeitnehmer mit einer guten Ausbildung und weit reichenden Sprachkenntnissen, die flexibel und mobil sind, steht die Welt meist offen. Andere Gesellschaftsmitglieder, die über eine nicht so umfangreiche Bildung verfügen oder aufgrund eines Handicaps z.B. einer Behinderung nicht über entsprechende Qualifikationen verfügen, können den Konkurrenzkampf nicht bestehen und somit nicht hoch qualifizierte und gut entlohnte Arbeitsplätze in Deutschland bekommen.

Die soziale Ungleichheit in Deutschland, aufgrund der Globalisierung, lässt sich jedoch auch durch die damit einhergehende Ballung und Konzentration von Macht und Vermögen ausdrücken. In Deutschland ist durch den Konsolidierungskurs der Unternehmen eine zunehmende Konzentration wirtschaftlicher Macht zu beobachten. Der Einfluss der Unternehmen reicht sogar so weit, dass sie die Politik teilweise mitbestimmen, denn bei politisch gewollten Steigerungen der Abgaben und Steuern können sie mit Abzug des Kapitals aus Deutschland drohen. Aus diesem Grund wird in Deutschland die stetige Entlastung der Unternehmen angestrebt.

Der Staat hat durch Senkung der Steuersätze bereits zu einer enormen Entlastung der Unternehmen beigetragen. Die Steuereinnahmen aus veranlagter Einkommenssteuer, nicht veranlagter Steuer vom Ertrag, Zinsabschlag und Körperschaftssteuer (einschließlich Rückerstattungen) in Anteilen an den Unternehmens- und Vermögenseinkommen sind drastisch von 13.3 % auf nur noch 6.7 % abgesenkt worden (www.jahnke.de). Es entstand jedoch kein erhoffter Investitionsschub und Beschäftigungsaufbau, sondern weiterer Stellenabbau und eine kontinuierliche Erhöhung der Ausschüttung an die Anteilseigner sowie eine Erhöhung der betrieblichen Geldvermögensbildung wie z.B. der Vorstandsgehälter. Durchschnittlich erhöhten sich die Vorstands- und Aufsichtsratsgehälter in den vergangenen zwei Jahren um 30 % (www.wsws.org). Diese Steuerentlastungen gehen jedoch zu Lasten des normalen Arbeitnehmers, der z.B. durch Eigenvorsorge für die Rente, Zuzahlungen bei Arzneimitteln, Praxisgebühr, höhere Bahnpreise (durch Streichung von Subventionen) u.a. keine Möglichkeit hat, aus eigenem Einkommen Vermögen aufzubauen und am Wohlstand teilzuhaben.

Während die Wohlhabenden ihre Einkommen und Vermögen steigern, wächst auf der anderen Seite die Armut in der Gesellschaft und somit die soziale Ungleichheit in Deutschland, so dass schon von einer „Rückkehr der Klassengesellschaft“ (Böcklerimpuls, 3/2006) gesprochen wird.

3.3 Zuwanderung

Deutschland ist seit den 60er Jahren zu einem Einwanderungsland geworden. Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Datenreport, 2004, 49

Abb.2

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Erscheinungsformen sozialer Ungleichheit in der Bundesrepublik Deutschland seit dem Jahr 2000
Hochschule
Universität Hamburg
Veranstaltung
Sozialstrukturanalyse
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
20
Katalognummer
V92703
ISBN (eBook)
9783638062541
ISBN (Buch)
9783638951043
Dateigröße
536 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Erscheinungsformen, Ungleichheit, Bundesrepublik, Sozialstrukturanalyse
Arbeit zitieren
Anke Dorow (Autor:in), 2006, Erscheinungsformen sozialer Ungleichheit in der Bundesrepublik Deutschland seit dem Jahr 2000, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92703

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