Christlicher Sufi, Arabicus christianus, Procurator infidelium oder Doctor illuminatus: Alle diese Namensgebungen bezeichnen nur eine einzelne Person, nämlich die des katalanischen Theologen Raimundus Lullus und vermitteln so einen ersten Eindruck von jenem Mann und der Vielschichtigkeit der Spuren, welche er durch sein Wirken und sein Werk hinterlassen hat.
Gerade die beiden erstgenannten Pseudonyme deuten mittels ihrer religiös bzw. kulturell eigentlich konträr erscheinenden Begrifflichkeiten schon den bipolaren Charakter des Feldes an, auf dem Ramon Lull agiert hat und lassen zugleich bereits durchscheinen, auf welchem interkulturellen Terrain er sich somit bewegt hat. Ob er sich dieser Titel durch sein Werk würdig erweist wird sich zeigen.
Das interkulturelle bzw. interreligiöse Gebiet, welches durch die Interaktion zwischen den muslimischen Arabern des Orients und Nordafrikas einerseits und den christlichen Bewohnern des Okzidents im Mittelalter andererseits charakterisiert ist soll im Folgenden auch Thema dieser Arbeit sein, wobei der Fokus, ausgehendend von dem ersten großen Werk Ramon Lulls, dem Libre del gentil e los tres savis, eindeutig auf die arabische Kultur gerichtet sein wird.
Um die Sichtweise der arabischen Kultur in dem Buch eines abendländischen Denkers jedoch überhaupt einordnen und verstehen zu können, gilt es im ersten Teil der Arbeit zunächst das Leben und Wirken, speziell den sozialen und kulturellen Hintergrund des Autors genauer zu beleuchten. Ebenso bedarf es einer kurzen Skizzierung und Analysierung des Buches sowie seiner Rezeption und dem zeitlichen Kontext in dem es steht, ehe dann davon ausgehend, der Blick auf die eigentliche Thematik gerichtet werden kann.
Hier soll unter der Prämisse, abendländisch-arabische Transversalen zu untersuchen zuerst eine inhaltliche Betrachtung bezüglich möglicher arabischer Einflüsse auf den Libre del gentil erfolgen. Weiterhin gilt es dann in eine intensive Auseinandersetzung mit dem Kommunikationszusammenhang, der Methode kultureller und religiöser Beschreibung und der unter Umständen kulturspezifischen Position des Autors einzusteigen, um daraus letztendlich ein facettenreiches Gesamtbild zusammensetzen zu können, das Aufschluss über die Beziehung zwischen Lull und der arabischen Kultur seiner Zeit geben soll.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Christlicher Sufi oder Arabicus christianus?
- 2. Ramon Lull: Das Buch vom Heiden und den drei Weisen
- 2.1 Zum Leben und Wirken des Ramon Lull
- 2.2 Eine Kurzzusammenfassung von Lulls erstem Werk
- 3. Der Hintergrund des Werks
- 3.1 Zur Textart
- 3.2 Einflüsse und Bezugnahmen
- 3.3 Rezeptionsgeschichte
- 3.4 Historischer und kultureller Kontext
- 4. Ramon Lull und die arabische Kultur
- 4.1 Bezugnahme auf arabische Quellen
- 4.2 Die Wahrnehmung der arabischen Kultur
- 4.3 Toleranz und Dialogbereitschaft
- 4.4 Das Scheitern in der Praxis
- 5. Neue Wege im Religionsdialog: Eine Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert das Buch "Das Buch vom Heiden und den drei Weisen" von Ramon Lull, einem katalanischen Theologen, im Kontext des europäisch-arabischen Dialogs im Mittelalter. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Lulls Wahrnehmung der arabischen Kultur und seinem Einsatz für den interreligiösen Dialog.
- Lulls Leben und Werk, insbesondere die Entstehung seines ersten großen Werks "Das Buch vom Heiden und den drei Weisen"
- Die Rezeption des Werks und der historische Kontext seiner Entstehung
- Lulls Bezugnahme auf arabische Quellen und seine Sicht auf die arabische Kultur
- Lulls Engagement für Toleranz und Dialogbereitschaft im interreligiösen Kontext
- Das Scheitern des Dialogs in der Praxis und die Suche nach neuen Wegen im Religionsdialog
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Person Ramon Lulls und seinen bipolaren Charakter als "Christlicher Sufi" oder "Arabicus christianus". Die folgenden Abschnitte untersuchen Lulls Leben und Werk, insbesondere das Buch "Das Buch vom Heiden und den drei Weisen". Das dritte Kapitel befasst sich mit dem Hintergrund des Werks, darunter die Textart, Einflüsse, Rezeption und der historische Kontext. Im vierten Kapitel wird Lulls Bezugnahme auf arabische Quellen und seine Wahrnehmung der arabischen Kultur beleuchtet. Dabei werden auch seine Bemühungen um Toleranz und Dialogbereitschaft im interreligiösen Kontext betrachtet. Abschließend wird das Scheitern des Dialogs in der Praxis und die Suche nach neuen Wegen im Religionsdialog diskutiert.
Schlüsselwörter
Ramon Lull, interreligiöser Dialog, arabische Kultur, Toleranz, Dialogbereitschaft, "Das Buch vom Heiden und den drei Weisen", europäisch-arabischer Dialog, Mittelalter, Christlicher Sufi, Arabicus christianus.
- Quote paper
- Martin Walter (Author), 2007, Zu Ramon Lulls "Das Buch vom Heiden und den drei Weisen" und seine Rolle im europäisch-arabischen Dialogs des Mittelalters, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92935