„Cum autem Ecclesia sit in Christo veluti sacramentum...“ – Grundzüge der katholischen Ekklesiologie


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

A Überblick zum katholischen Kirchenverständnis in der Zeit bis zum II. Vatikanischen Konzil
1 Die Ursprünge: Erscheinungsweisen der Kirche im Neuen Testament und in der alten Kirche
2 Der grundsätzliche Wandel des Kirchenverständnisses im Mittelalter

B Grundzüge katholischer Ekklesiologie nach dem II.Vatikanischen Konzil
1 Grundsätzliches zum Wesen der Kirche
2 Der sakramentale Charakter der Kirche
2.1 Die Kirche als Stiftung Christi
2.2 Die Kirche als Sakrament Christi
2.3 Die Kirche als Sakrament des Geistes
2.4 Die Kirche als Sakrament des Heils
2.4.1 Das Schon und Noch-nicht des Reich Gottes in der Kirche
2.4.2 Sendung zum Heil als Aufgabe der Kirche
2.5 Kirche als Mysterium
3 Kirche als Communio
3.1 „Mystische“ Communio
3.1.1 Kirche als Leib Christi
3.1.2 Kirche als Teilhabe an der trinitarischen Gemeinschaft
3.1.3 Kirche als Volk Gottes
3.2 Das Wesen der Kirche als gesellschaftliche Größe
3.2.1 Die charismatische Struktur der Kirche
3.2.2 Die amtliche Struktur der Kirche
3.2.3 Das Verhältnis von charismatischer und amtlicher Struktur
3.3 Die Untrennbarkeit von mystischer und konkret erfahrbarer Gemeinschaft
4 Wie wir Kirche glauben: Notae ecclesiae
4.1 Einheit
4.1.1 Einheit der Liebe
4.1.2 Einheit in Vielfalt
4.2 Heiligkeit
4.3 Katholizität
4.4 Apostolizität
Versuch einer Kritik

Literaturverzeichnis

Einleitung

„Ich glaube [...] die heilige katholische Kirche, “ – dieser Satz des Credos war es, den ich bis vor kurzem ganz bewusst im Gottesdienst nicht mitbekannte. Für mich war die katholische Kirche nicht heilig, nicht nach machtpolitischen Auseinandersetzungen und Kreuzzügen im Mittelalter, nicht nach einem schweigenden Papst im Nationalsozialismus und nicht nach Kindesmissbrauch durch Priester in unserer heutigen Zeit.

Diese Vergehen sind schlimm und niemals würde ein Christ solche Taten für heilig erklären. Allerdings hatte ich bei meinem bewussten Auslassen der genannten Passage des Glaubensbekenntnisses immer nur die Kirche als Institution im Hinterkopf, die als solche natürlich nicht primär heilig ist. Setzt man sich mit dem katholischen Kirchenverständnis aber intensiver auseinander, so wird schnell bewusst, dass Kirche wesentlich mehr ist als ihre nach außen sichtbare organisatorische Struktur, die mit Menschen verknüpft ist und damit auch sündhaft sein kann.

Um dieses Mehr an Kirche soll es in dieser Arbeit gehen. Sie will aufzeigen, in welchen Grunddimensionen katholische Kirche gedacht werden kann und wie wir als Katholiken unsere Kirche verstehen. Diese Abhandlung will der Frage nachgehen, was die Kirche aus welchen Gründen für uns ist und was sie warum gerade nicht ist.

Bei der genaueren Beschäftigung mit diesem Thema wird klar, dass die katholische Ekklesilogie ein komplexes Feld darstellt. Die Komplexität ergibt sich, weil Kirche eben nicht nur unter der Perspektive der Institution betrachtet werden kann und darf: Sie besitzt eine mystisch-geistige Dimension. Und gerade diese drückt sich wiederum in verschiedenen Aspekten aus. Wenn man allein das Neue Testament auf die Bilder hin untersucht, die es für die Kirche findet, trifft man auf eine große Anzahl. Diese Bilder sind im Laufe der Geschichte von vielen Theologen wiederum gedeutet und ausgefaltet worden, so dass man sich, will man heute dem katholischen Kirchenverständnis auf die Spur kommen, inmitten eines großen und komplexen Wissensfeldes wiederfindet.

Weil die katholische Ekklesiologie so vielschichtig ist, bedarf eine Seminararbeit, die sich mit ihr beschäftigen will, notwendig einer sehr großen Einschränkung. Eine Abhandlung wie diese kann nicht mehr als ein Überblick sein – und auch dies nur in sehr begrenzter Form. Diese Arbeit will also einen Einblick in die wichtigsten Grundzüge des katholischen Kirchenverständnisses geben. Dafür mussten auch die herangezogenen Quellen eingeschränkt werden: Es wurden nur Auszüge aus der Kirchenkonstitution „Lumen Gentium“ ausgewertet, insbesondere LG 1-8.[1]

Bei einer genaueren Auseinandersetzung mit dem Thema ergibt sich neben seinem immensen Umfang noch ein zweites Problem: Die einzelnen Aspekte der Kirche sind untrennbar miteinander verknüpft. Will man also ein Thema herausgreifen, trifft man bei seiner Entfaltung oft auf andere. So wird sich z. B. herausstellen, dass Kirche als Sakrament immer schon Gemeinschaft, also Communio, voraussetzt und beide Aspekte nur schwer unabhängig voneinander betrachtet werden können. Genau dies war aber für eine Systematisierung und Gliederung der Arbeit notwendig.

Diese Abhandlung untergliedert sich grundsätzlich in zwei große Teile. Der erste soll einen kurzen Überblick über die Entwicklung des Kirchenverständnisses von den Ursprüngen der Kirche bis zum II. Vatikanischen Konzil geben. Im zweiten, wesentlich ausführlicheren Teil werden Grundzüge heutiger Ekklesiologie, die sich vorwiegend auf die Kirchenkonstitution des II. Vatikanums stützen, dargelegt. Hierbei geht es nach einer kurzen Vorstellung ihres grundsätzlichen Wesens um drei hauptsächliche Perspektiven auf die Kirche: Ihr sakramentaler Charakter wird dargelegt, sie wird als Communio vorgestellt und ihre vier Hauptwesenzüge, die »Notae ecclesiae«, werden erläutert.

A Überblick zum katholischen Kirchenverständnis in der Zeit bis zum II. Vatikanischen Konzil

Um die Grundlagen der Ekklesiologie des II. Vatikanischen Konzils besser einordnen zu können, die zu explizieren diese Arbeit ja zum Ziel hat, bedarf es einer kurzen Betrachtung der historischen Entwicklung des Kirchenbegriffs. Weil es gerade das ursprüngliche Kirchenverständnis ist, auf das sich das Konzil zurückbesinnt, ist es wichtig, einen Einblick in die »Ekklesiologie« des Neuen Testaments und der alten Kirche zu gewinnen. Und weil es gerade der Kirchenbegriff des Mittelalters ist, den das Konzil überwunden hat – also in deutlicher Abgrenzung zu ihm und unter Berufung auf die Ursprünge der Kirche dargelegt hat, was Kirche nicht ist –, ist auch eine kurze Betrachtung des mittelalterlichen Kirchenverständnisses von Bedeutung.

1 Die Ursprünge: Erscheinungsweisen der Kirche im Neuen Testament und in der alten Kirche

Die Gemeinschaft, die sich heute Kirche nennt, hat ihren Ursprung in einer urchristlichen Missionsbewegung, die die Jesu Botschaft vom anbrechenden Reich Gottes im Licht der Ostererfahrung zunächst an Juden, später auch an Heiden weitertrug. Ihre Konstitution verdankt diese Bewegung Jesus selbst: Schon zu Lebzeiten berief er Jünger in seine Nachfolge und wählte aus ihrem Kreis die Zwölf aus, die nach seiner Passion und Auferstehung eben in dieser Verkündigungsgemeinschaft die Basis für die Entwicklung der Kirche schufen. „Der theo logischen Begründung der Kirche entspricht [...] eine christo logische, insofern sich das gründende Handeln Gottes in Jesus Christus vollzieht, näherhin in Tod und Auferstehung Jesu.“[2] Gott schuf seine Kirche also durch Jesus Christus – und zwar insofern, als dessen Botschaft der Liebe nach ihrer Bestätigung durch Gott in Christi Auferstehung durch die von Jesus berufene »Gemeinde« weitergetragen wurde.

Die Kirche steht vom Beginn ihres Werdens an unter dem Wirken des Heiligen Geistes. Dies wird vor allem im Pfingstgeschehen[3] deutlich, das gemeinhin als der »Geburtstag« der Kirche gilt. Durch Gottes Geist wird hier der versammelten Jüngergemeinde Orientierung und Antrieb für ihre Verkündigung gegeben. Für Paulus ist diese Geistaussendung konstitutiv für die junge Kirche: Durch den Geist wird die Gemeinde in Taufe und Glauben zu Gliedern des einen Leibes Christi[4], den die Kirche darstellt, zusammengefügt.[5]

Die Bildung des Leib Christi ist allerdings nicht nur unter dem Blickwinkel der Geistwirkung von Bedeutung. Vielmehr bedeutet Leib-Christi-sein auch Gemeinschaft-sein. Dieser Gemeinschaftscharakter ist prägend für die junge Kirche: Sie versteht sich als die von Christus eingesetzte und in ihm versammelte Communio, „deren Berufung zum Heil in einer signifikanten Lebenspraxis u. im persönl. Zeugnis z. Ausdruck kommt“[6]. Gemeinschaft heißt also nicht nur Gemeinschaft der ersten Christen untereinander, sondern sie definiert sich insbesondere auch von ihrer Bindung an Christus her.

In der alten Kirche ist vor allem ein sakramentales Kirchenverständnis[7] bestimmend. Die Kirche ist der »Ort«, an dem Christus wirksam vergegenwärtigt wird und an dem die rettende Vermittlung des durch Christus erwirkten Heils geschieht.

Insgesamt zeichnen das Neue Testament und die alte Kirche ein sehr mystisches Kirchenbild. Kirche wird als geistige, sakramentale Größe bestimmt, die von Christus eingesetzt wurde und in der er fortlebt und so erfahrbar wird. Konkret historisch greifbar wird Kirche in der Gemeinschaft der Glaubenden, die durch den Heiligen Geist geeint ist und Jesu Botschaft und Leben weiterträgt.

2 Der grundsätzliche Wandel des Kirchenverständnisses im Mittelalter

Im Zuge der im 9. Jh. einsetzenden politisch-religiösen Auseinandersetzungen zwischen Kirche und Kaiserreich vollzog sich im Westen eine grundsätzliche Änderung des Kirchenverständnisses. Den entscheidenden Einschnitt bildete die Gregorianische Reform, die die Kirche aus ihrer weltlichen Abhängigkeit befreien wollte. „Für die Durchführung seiner Reform setzt Gregor auf jurid. Prinzipien. Gehorsam gg. Gott u. seine Ordnung wird konkret im Gehorsam gg. den Papst, v. dem alle kirchl. [...] Gewalt ausgeht.“[8] Die Kirche nahm also stark juridische Züge an. Hinzu kam, dass die von Thomas von Aquin ausgefaltete Lehre, dass der Kirche als von Gott gestiftete Gemeinschaft die bestmögliche Verfassungsform, also die Monarchie, grundgelegt sein müsse, immer mehr an Einfluss gewann. Das Papsttum wurde so zum monarchischen Prinzip erhoben.

Weil die Kirche als solche nun anders verstanden wird als zur Zeit der Urkirche, nämlich juridisch und monarchisch, konzentriert sich auch die theologische Reflexion des Kirchenbegriffes auf die juridisch-organisatorische Gestalt von Kirche, was eine Engführung bedeutet: Kirche wird nicht mehr als mystisch-geistige Größe systematisch ausgefaltet, sondern als „historisch und soziologisch abgegrenzte Körperschaft“[9] betrachtet und reflektiert.

B Grundzüge katholischer Ekklesiologie nach dem II. Vatikanischen Konzil

Ausgangslage heutiger Ekklesiologie ist das Kirchenverständnis des II. Vatikanischen Konzils. Hier wurde in der Kirchenkonstitution „Lumen Gentium“ die erste gesamthafte, konziliare, d. h. Verbindlichkeit beanspruchende, Aussage zur Kirche in der ganzen Kirchengeschichte gemacht.

Im Kontext des Konzils stand, dass sich die Zeiten geändert hatten, dass der monarchisch-juridische Kirchenbegriff, der dem Mittelalter entsprungen war und eine neuerliche Blüte in der Neuscholastik erlebt hatte, auf Überwindung drängte. Bibelbewegung, Liturgische Bewegung und erste ökumenische Gespräche waren Zeichen der Sehnsucht der Kirche nach ihrem Ursprung. Das II. Vatikanische Konzil erkannte diese »Zeichen der Zeit« und entfaltete in „Lumen Gentium“ einen Kirchenbegriff, der sich eng an den des Neuen Testaments und den der alten Kirche anlehnte. Dieser Kirchenbegriff soll nun im Folgenden in seinen Grundzügen dargelegt und genauer expliziert werden.

[...]


[1] Natürlich geschah diese Auswertung mithilfe von Sekundärliteratur.

[2] Kertelge, Karl: Kirche : I. Neues Testament. In: 3LThK V, Sp. 1455.

[3] Vgl. Apg 2.

[4] Vgl. 3.1.1 Kirche als Leib Christi.

[5] Vgl. 1Kor 12.

[6] Drumm, Joachim, Kasper, Walter: Kirche : II. Theologie- und dogmengeschichtlich. In: 3LThK V, Sp. 1459.

[7] Vgl. 2 Der sakramentale Charakter der Kirche.

[8] Drumm, Joachim, Kasper, Walter: Kirche, Sp. 1460.

[9] Hünermann, Peter: Theologischer Kommentar zur Dogmatischen Konstitution über die Kirche „Lumen Gentium“. In: Herders Theologischer Kommentar zum Zweiten Vatikanischen Konzil, Band 2, Freiburg u. a., 2004, 274.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
„Cum autem Ecclesia sit in Christo veluti sacramentum...“ – Grundzüge der katholischen Ekklesiologie
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Veranstaltung
Hauptseminar
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
20
Katalognummer
V92982
ISBN (eBook)
9783638071284
ISBN (Buch)
9783638956116
Dateigröße
464 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
guter Überblick über das katholische Kirchenverständnis
Schlagworte
Ecclesia, Christo, Grundzüge, Ekklesiologie, Hauptseminar
Arbeit zitieren
Monika Ringleb (Autor:in), 2007, „Cum autem Ecclesia sit in Christo veluti sacramentum...“ – Grundzüge der katholischen Ekklesiologie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92982

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