Kinderängste im Grundschulalter


Bachelorarbeit, 2008

66 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Angst

3 Kinderängste
3.1 Grundlegendes zur Thematik
3.2 Verschiebung der Kinderängste
3.3 Auswirkungen von Ängsten
3.4 Arten von Kinderängsten im Grundschulalter
3.5 Umgang mit Angst
3.6 Risikofaktoren für die Entstehung von Angststörungen .

4 Schulangst
4.1 Angstentstehung
4.2 Versagensangst bei Überforderung
4.3 Weitere Schulängste

5 Angstreduktion
5.1 Allgemeine Angstreduktion
5.2 Schulangstreduktion

6 Empirische Untersuchungen
6.1 Lehrerbefragung
6.2 Kinderangsttest
6.3 Persönliche Stellungnahme zu den Untersuchungen

7 Schlusswort

8 Bibliographie

1 Einleitung

Warum setzt man sich mit einem Thema auseinander, welches man im täglichen Leben versucht zu umgehen? Gerade des­halb.

„Angst ist für die Seele ebenso gesund wie ein Bad für den Körper.“ (Maxim Gorki; russischer Schriftsteller; 1868–1936)

Doch was ist Angst eigentlich, vor allem für Kinder, und ab wann ist Angst nicht mehr gesund? Diese Fragen werde ich im Rahmen dieser Arbeit beantworten und auf spezielle Ängste im Ein­zelnen genauer eingehen.

Eine Auseinandersetzung mit der Thematik Angst sollte für Leh­rende einen Anspruch an sich selbst darstellen. Es ist wichtig die Bedeutung, die Komplexität und die Tragweite dieser Prob­lematik zu hinterfragen und zu verstehen. Eine Studie[1] aus dem Jahr 2001 zeigte auf, dass 23% der acht- bis dreizehnjährigen Kinder in ihrem Alltag durch Angst beeinträchtigt werden. 10% bis 15% der Grundschulkinder weisen sogar Angststörungen auf. Diese Kinder haben wir in unseren Klassen und arbeiten täglich mit ihnen zusammen. Um bestimmte Reaktionen und ihr Verhalten besser verstehen zu können, muss eine Ausei­nandersetzung mit Angst, Kinderangst im Speziellen und natür­lich mit Ängsten, welche unseren Schulalltag stark beein­flus­sen, erfolgen.

Ziel meiner Arbeit ist es nicht psychologischen Erklärungen, Auseinandersetzungen und Therapien zu behandeln, sondern auf die Kinderangst aus pädagogischer Sicht einzugehen. Mei­nen Ausführungen lege ich aus diesem Grund eine allgemeingültige Sinndeutung des Begriffes der Angst zugrunde. Auch der Umgang mit „Angstkranken“ wird nicht aus der medizin-psychologischen Wahrnehmung heraus betrachtet.

Ich habe zwei empirische Untersuchungen in diese Arbeit mit einfließen lassen, die ich im kleinen Rahmen an zwei Schulen durchgeführt habe. Um ein Gefühl zu bekommen, inwiefern Lehrer die Ängste ihrer Schüler richtig einschätzen können, habe ich einen Fragebogen eingesetzt. Des Weiteren führte ich einen Teil des Kinderangsttests von Thurner und Tewes an der Schule für Erziehungshilfe „Hans-Fallada“ in Weißwasser (Sachsen) und der Mittelschule „Dr.-Marja-Grollmuß“ in Schleife (Sachsen) durch.

2 Angst

Angst gehört zu den natürlich-emotionalen Phänomen und begleitet uns von der Geburt bis zum Tod in immer neuen Abwandlungen und in der jeweiligen individuellen Ausprägung. Man sagt auch Angst ist ein Urphänomen. Dies erschließt sich aus den Funktionen der Angst[2]:

- Die Schutzfunktion: Angst warnt immer vor Gefahren. Sie will schützen und retten. Dies äußert sich in den verschiedenen Reaktionen; man hat den Drang zu fliehen oder auf Distanz zu gehen.
- Die Impulsfunktion: Die Angst fordert auf, mit der Situation umzugehen, entweder die Situation durchzustehen oder zu durchkämpfen.

Hierbei wird auch die Ambivalenz dieser Emotion deutlich. Ei­nerseits ist Angst erschreckend und quält uns, auf der anderen Seite ist sie aber auch anregend, aktivierend und natürlich le­bensnotwendig. Warum begeben wir uns sonst in ängstigende Situationen wie Achterbahn fahren? Was würde passieren, wenn wir keine Angst hätten, und wir eine stark befahrene Straße überqueren müssten? Wir wären der Situation hilflos ausgeliefert!

Die vielfältige Interpretation von Angst lässt sich an der Übersetzung des Wortes Angst (lat. angustia, engl. anxiety, frz. anxieté) erkennen. Sie wird definiert als Enge, Beengung, Be­drängung, Beklemmung, Entsetzen, Atemnot und Würgen. Hierbei erscheint bereits die Komponente der physischen Aus­wirkungen, denn wie bei jeder anderen Emotion auch, stel­len sich Reaktionen im Bereich des Körpers ein. Es existieren zwei Grundängste der Menschen: die Todesangst und die Tren­nungsangst. Die Auswirkungen auf diese und die vielfältigen anderen realen und diffusen irrealen Ängste sind sehr individu­ell.

Angst nimmt immer den gesamten Menschen ein, den Körper und die Seele.

„Alle Emotionen, wie auch die Angst, beeinflussen unser Denken, Fühlen und Handeln. Darüber hinaus strahlen sie auf die Menschen unserer Umgebung ab, die sie wahrnehmen und darauf reagieren. So haben alle Emotionen eine soziale Wirkung […].“[3]

Normalerweise verfügt jeder Mensch über die Bereitschaft, Angst zu erleben bzw. zu durchleben. Ab welchem Punkt diese Bereitschaft jedoch zur Angststörung wird, also nicht mehr „ge­sund“ ist und wie mit ihr umgegangen wird, ist von Individuum zu Individuum sehr verschieden.

Doch wann erlebt man eigentlich Angst? Es müssen die drei folgenden Bedingungen erfüllt sein:[4]

- der Mensch muss sich bedroht fühlen,
- die bedrohliche Situation muss mehrdeutig eingeschätzt und unüberschaubar wirken,
- das Individuum verfügt über keine geeigneten Strategien mit dieser Situation umzugehen.

Eine aktive Auseinandersetzung mit der Angst ist unumgäng­lich. Zeitweise lässt sich das Gefühl der Angst verdrängen oder die Angst machende Situation lässt sich vermeiden. Dies ändert aber nichts an den Ursachen der Angst und der Mensch wird in seinem täglichen Leben zunehmend eingeschränkt.

Unterscheidung zwischen Angst, Angstbereitschaft und Ängst­lichkeit

Angst tritt in ganz bestimmten Situationen auf und ist zeitlich begrenzt. Betrachtet man beispielsweise die Angst vor Spinnen, die Angst tritt erst im Kontakt mit dem angstbelegten Objekt - der Spinne - auf, wenn dieses Objekt nicht mehr vorhanden ist, endet die Angst. Dies kann man nicht als zeitlich genau abgestimmten Zeitpunkt betrachten, da die körperlichen Auswirkungen meist noch einen Moment andauern. Dennoch ist die Angst relativ schnell wieder verschwunden.

Ängstlichkeit hingegen ist ein überdauerndes Persönlichkeits­merkmal. Der ängstliche Mensch scheut nicht nur spezifische Situationen, sondern ihn ängstigen viele Zustände. Die Wissen­schaft hat noch nicht herausgefunden, ob Ängstlichkeit mit Ver­erbung oder mit dem Lernen in der Kindheit in Verbindung ge­bracht werden kann.

Zudem ist die Ängstlichkeit relativ konstant, dabei wird in zahlreichen Situationen mit einem durch Angst charakterisierten Erleben reagiert. Ängstlichkeit ist eine Eigenschaft, wobei Eigenschaften nicht direkt diagnostizierbar sind. Sie werden durch das Verhalten in verschiedenen Situationen erschlossen. Selbst wenn Ängstlichkeit zum Teil genetisch vorprogrammiert ist, heißt es noch lange nicht, dass diese Eigenschaft resistent gegenüber erzieherischen Maßnahmen ist. Bemühungen zur Hilfe bei Ängstlichkeit sollten trotzdem stattfinden. Menschen mit einer großen Ängstlichkeit kann diese nicht abgenommen werden, ihnen können aber Hilfsmittel in die Hand gegeben werden, wie sie mit ihrer Ängstlichkeit besser umgehen können. Die Bereitschaft Angst zu erleben, bezieht sich auf die Art und Weise, wie ein Mensch auf neue, ihm unbekannte Reize reagiert. Hierbei reicht die Bandbreite von einer ausgelösten Alarmreaktion im Sinne von Angst bei einer neuen Situation bis hin zu neugierigem Untersuchen. Vermutlich wird diese Angst­bereitschaft teilweise schon bei der Geburt durch das Tempe­rament festgelegt. Die Entwicklung der Angstbereitschaft, ob sie also gleich bleibt, zu- oder abnimmt, hängt im Wesentlichen von der Angsttradition ab. Unter Angsttradition versteht man, wie die wichtigen Bezugspersonen mit ihren eigenen und frem­den Ängsten umgehen. Ängstliche Eltern haben meist auch ängstliche Kinder.

3 Kinderängste

Die Veranlagung, Angst zu empfinden, ist von Mensch zu Mensch sehr verschieden, ob dies nun mit Vererbung oder mit dem Lernen im Kleinkindalter zu tun hat, kann man in den seltensten Fällen klären. Doch jedes Kind hat Angst und es muss lernen, damit umzugehen. Zu versuchen, Kindern Angst zu ersparen, was meiner Meinung nach nicht möglich ist, hilft den Kindern nicht in ihrer Entwicklung, sondern hemmt sie. Denn Kinder, die das Gefühl der Angst nicht kennen, tendieren dazu Gefahren schlechter abzuschätzen und können Grenzen verhältnismäßig schwer einhalten.

Die Kinder bringen ihre Angst mit in die Schule, dies geschieht in der Regel im Verborgenen, doch sie ist anwesend. Eine der grundlegenden Aufgaben der Grundschule besteht darin, sich der Befindlichkeit der Kinder zu widmen, denn nur wenn Kinder „frei“ sind von Problemen, können sie auch „befreit“ lernen. Demzufolge muss mit der Angst der Kinder gearbeitet und diese in kindgemäßer Form thematisiert werden.

3.1 Grundlegendes zur Thematik

Kinder mit großen Ängsten sind nicht immer diejenigen, denen man es ansieht, die schüchtern und zurückhaltend sind, viel­mehr sind es auch Kinder mit tyrannischem und forderndem Verhalten. Angst und Aggressionen sind der Ausdruck dersel­ben inneren Erregung und somit sehr eng miteinander verbunden.

Angst im Kindesalter dient vor allem der Entwicklung des Indi­viduums und man muss diese Angst grundsätzlich von Angststörungen unterscheiden. Angststörungen sind stark be­handlungsbedürftig und Mediziner sprechen von einer Störung, wenn Intensität und Dauer der Angst im groben Missverhältnis zum Auslöser stehen und somit das Kind in seinem Alltag stark und anhaltend einschränken. Vom altersabhängigen Durch­gangsphänomen sprechen wir hingegen bei der Trennungs- und Verlustangst sowie der Angst vor körperlichen und seelischen Verletzungen. Diese zeigen sich besonders bei Grundschulkindern. Die Trennungsangst dient der Bindung zu den Eltern und die Angst vor Verletzungen entsteht im Zusam­menhang mit dem Bewusstwerden des eigenen Körpers.

Wichtig ist, dass man als Erwachsener begreift, dass Kinder nicht die reiche Auswahl an Erklärungsmöglichkeiten und Gegenkräften haben. Erwachsene können sich eher wehren, eine Situation durchdenken und die Angstauslöser erkennen.

3.2 Verschiebung der Kinderängste

Wie sich die gesamte Umwelt und Gesellschaft im Laufe der Zeit veränderte, wechseln auch die Ängste der Kinder. In den 70er Jahren standen die schulischen Ängste im Mittelpunkt. Heute hat sich eine starke Verschiebung eingestellt. Kinder ha­ben Angst vor gesellschaftlichen Problemen, sei es neue Krankheiten, gewaltsame Übergriffe oder Ähnliches. Die Me­dien spielen dabei eine große Rolle. Kinder beziehen die Ereig­nisse aus dem Fernsehen oder anderen Medien direkt auf ihre eigene Existenz, diese Angst ist meiner Meinung nach sehr verständlich. Früher wurde versucht, Kindern angstfreie Räume zu schaffen. Die heutige Pädagogik bezieht die Angst aus der Lebenswirklichkeit der Kinder mit ein, um sie verstehbar zu ma­chen. Das Motto „Du darfst Angst haben“ steht nun im Mittel­punkt. Kinder sollen in ihrer emotionalen, sozialen und religiösen Kompetenz geschult werden und diese soll ihnen helfen, mit Angst umzugehen. Die Aussage „Du brauchst keine Angst zu haben“ hingegen, ist sehr unpassend und unsinnig, da man den Kindern somit vermittelt, dass sie ihren eigenen Gefühlen nicht mehr vertrauen können. Sie fühlen jedoch die Angst.

„Wohl vorbereitete, pädagogisch gut gestaltete Umgebungsräume sind für Kinder wichtig. Doch dürfen sie nicht zum Paradies werden, aus dem Angsterfahrungen ausgesperrt sind. Jedes ge­sunde Kind packt nach kurzem Aufenthalt im Schla­raffenland seinen Rucksack und steigt auf den nächsten Baum, will das Bauchkribbeln spüren, die Gänsehaut auf dem Rücken. Seine natürliche Ent­wicklung treibt es dazu. Konstruktive Auseinandersetzung mit Angst macht Kinder stark. Nicht verarbeitete Ängste hingegen führen häufig zu aggressivem oder aber zu depressivem Verhalten.“[5]

3.3 Auswirkungen von Ängsten

Angstreaktionen können bei Kindern folgende Äußerungsformen entwickeln.

Physische Formen[6]

- Der Körper ist verändert

- die Schultern sind nach oben gezogen,
- der Kopf ist nach vorn geneigt,
- die Haut kann sich röten,
- es kann sich Gänsehaut bilden,
- die Pupillen sind geweitet,
- die Mimik zeigt Verschlossenheit.

- Die Bewegungen können steif und gehemmt wirken oder aber erfolgen überschießend schnell und unbeherrscht.

- Die Atmung ist gestört, der natürliche Rhythmus des Ein- und Ausatmens ist nicht mehr gegeben.

- Angstschweiß ist vorhanden.

Psychische Formen

- Kinder empfinden ein Gefühl von Enge in der Brustge­gend.
- Kinder empfinden ihr Leben plötzlich als bedrohlich.
- Kinder empfinden ein Gefühl der Ausweglosigkeit.

Zudem tendieren Kinder zu einem ausweichenden und vermei­denden Verhalten, da sie mit der Situation oder dem Angst be­setzten Objekt nicht umgehen können. Auch qualvolle Zwangshandlungen und Zwangsgedanken, Einschlafstörungen, Bettnässen und Stottern können Auswirkungen darstellen. Viele Kinder weinen, die meisten Kinder lutschen am Daumen, frieren oder klammern sich an Personen oder ersatzweise an Kuscheltiere.

Das Erleben von Angst ist sehr von seinen Auswirkungen abhängig, man kann diese in drei Ebenen unterteilen[7]:

1. Die physiologische Ebene: 75% der Angstsymptome sind körperlicher Natur. Diese Erscheinungen sind harmlos und gehen schnell wieder vorüber. Leider sind diese nicht willentlich beeinflussbar, was die Angst meist noch stei­gert.
2. Die motorische Ebene: wie bereits oben erwähnt, setzt meist ein Stillstand der Motorik oder ein erhöhter Bewegungsdrang ein.
3. Die kognitive Ebene: In negativ verzerrter Weise kreisen Gedanken und Vorstellungen stets um das Thema Angst.

Zwangshandlungen

Die Thematik der Zwangshandlungen möchte ich an dieser Stelle gesondert aufgreifen, da Zwänge teilweise normal im Kindesalter sind und der Übergang zu „ungesunden“ Zwangshandlungen im Zusammenhang mit Angst fließend ist. Hierbei soll eine Sensibilisierung hinsichtlich dieser Problematik stattfinden.

Zwang ist ein Grundmuster kindlichen Verhaltens, aber auch menschlichen Verhaltens überhaupt. Bei Kindern kann man dieses Verhalten vor allem im Spiel erkennen, bestimmte Spiel­züge werden immer wiederholt. Zwangshandlungen können aber auch der Abwehr von Angst dienen, dies sieht man meist sehr deutlich beim Gute-Nacht-Sagen. Kinder verschaffen sich durch bestimmte zwanghafte Rituale Sicherheit. Psychologen und Therapeuten geben an, dass ängstliche Kinder meist auch zwanghafte Kinder sind und diese in ihrer Zwanghaftigkeit sehr willenstark, sogar bockig, sein können. Im Grundschulalter wird das zwanghafte Verhalten meist deutlicher und ausgeprägter. Im Alter von zehn bis elf Jahren spricht man davon, dass sich erste seelische Schwierigkeiten herausbilden, wenn der Zwang nicht eigenständig eingeschränkt wird. Anders als bei den übrigen Angststörungen leiden Jungen häufiger unter diesen Zwängen als Mädchen.

Die meisten Zwänge beginnen mit sehr vernünftigen Begründungen, wie beispielsweise „Ich muss mir die Hände vor dem Essen waschen.“. Meistens entwickeln sich die Zwänge aber so extrem, dass kein Gedanke mehr vollzogen werden kann, der außerhalb dieser Begründungen liegt. Die Kinder steigern sich mit wachsender Anspannung und Verzweiflung in ihre Aufgaben (etwas zählen, etwas prüfen) hinein. Diese Zwangsgedanken sind sich wiederholende, anhaltende Ideen und Impulse, die meist sehr unangenehm und lästig sind. Sie sollen mutmaßliche Gefahren, wie Erkrankungen, durch Hän­dewaschen abwenden. Aber auch unangenehme Gefühle, wie Unruhe, Angst und Aggressionen sollen durch diese Zwangs­handlungen gedämpft werden.

3.4 Arten von Kinderängsten im Grundschulalter

Im Folgenden möchte ich die sozialen Ängste der Kinder im Grundschulalter auflisten[8], wobei die Angst vor der Schule hier­bei ausgeklammert wird.

1. Angst vor dem Verlassenwerden (vor dem Liebesverlust)
2. Angst vor dem „bösen“ Fremden oder dem „lieben“ Nach­barn
3. Angst vor endgültiger Trennung und Scheidung der Eltern
4. Angst vor dem Verlust von Freundschaften
5. Angst vor dem Prestigeverlust

Die Angst vor einer endgültigen Trennung ist im Grundschulal­ter sehr stark ausgeprägt. Jedes Kind hat den Urwunsch, dass die Bezugspersonen über alle kurzen oder längeren Trennungen hinweg erhalten bleiben. Bei einer Trennung und somit dem „Verlust“ eines Elternteils entwickeln die Kinder große Ängste, da sie die Situation als Angriff auf ihre eigene Identität verstehen. Angst hat sehr stark mit dem eigenen Selbstwertgefühl zu tun, dies begründet auch die Angst vor dem Prestigeverlust, der Angst ausgelacht zu werden. All diese Ängste stehen im Kontext von Verlust- und Trennungsängsten.

Wie bereits erwähnt ist die zweite grundlegende Angst der Schülerinnen und Schüler der Grundschule, die Angst vor kör­perlich-seelischer Verletzung. Diese spezifischen Ängste lassen sich wie folgt unterteilen:

1. Angst vor Tieren jeglicher Art
2. Angst vor Dunkelheit
3. Angst vor Träumen und nächtlichen Traumgestalten
4. Angst vor Gespenstern und Geistern; Einbrechern und Mördern
5. Angst vor Schlägen und Strafen
6. Angst vor unbekannten Geräuschen, vor auf sich schnell zukommenden Gegenständen
7. Angst vor Schmerzen, Krankheiten und Unfällen
8. Angst vor Feuer, Gewitter, Unwetter, Erdbeben und Naturgewalten
9. Angst vor Tod

Spezifische Ängste sind zumeist konkreter und einfacher zu handhaben als soziale Ängste.

Eine Entwicklungsphase in der Grundschule wird dadurch ge­kennzeichnet, dass Kinder eine panische Reaktion auf die kleinsten Verletzungen zeigen. Dies ist begründet in dem unzu­reichend ausgeprägten Körperbewusstsein der Schüler. Die Schmerzen werden dabei dramatisiert und mit der absoluten Vernichtung ihrer selbst bis zum Tod gleichgesetzt. Zudem sind für Kinder in diesem Alter Träume eine Art zweite Realität und die Trennung zwischen Wirklichkeit und Illusion nur sehr schwer möglich. Dies hat natürlich Auswirkungen auf die gesteigerten Reaktionen bei Alpträumen oder die Angst vor Gespenstern und anderen „Traumfiguren“. Die Angst vor Strafen ist wohl in jedem Alter begründet, für Kinder ist der Hintergrund für die Be­strafung meist jedoch nicht erkennbar.

Der letzte Teilbereich der Ängste bezieht sich auf solche, wel­che im Kontext von aktuell gesellschaftlich bedingten Gegen­warts- und Zukunftsängsten stehen:

1. Angst vor neuen Krankheiten
2. Angst vor zerstörter Natur
3. Angst vor Kriegen aller Art
4. Angst vor Terroranschlägen und anderen Katastrophen
5. Angst vor mangelnder Zukunft
6. Angst vor Entführung

[...]


[1] Schmidt-Traub: Selbsthilfe bei Angst im Kindes- und Jugendalter

[2] Itze: Kinderängste in der Grundschule begegnen (S.22-23)

[3] Itze: Kinderängste in der Grundschule begegnen (Ennulat, 2001) (S. 29)

[4] Strittmatter: Schulangstreduktion (S. 14)

[5] Itze: Kinderängste in der Grundschule begegnen (Ennulat 2001) (S. 10)

[6] Itze: Kinderängste in der Grundschule begegnen (S.28-29)

[7] DuBois: Kinderängste

[8] Itze: Kinderängste in der Grundschule begegnen

Ende der Leseprobe aus 66 Seiten

Details

Titel
Kinderängste im Grundschulalter
Hochschule
Universität Potsdam  (Institut für Grundschulpädagogik)
Note
2,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
66
Katalognummer
V93002
ISBN (eBook)
9783638058209
Dateigröße
691 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kinderängste, Grundschulalter
Arbeit zitieren
Nadine Stelzer (Autor:in), 2008, Kinderängste im Grundschulalter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93002

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Titel: Kinderängste im Grundschulalter



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