Weblog-Professionalisierung

Eine sozialsoziologische Betrachtung von Kommerzialisierungsprozessen


Diplomarbeit, 2008

118 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

abstract

Vorwort

1. Hinführung zum Thema
1.1.Social Software
1.1.1.Theorie der neuen Medien
1.1.2.Konzept: Weblogs
1.1.3.Verbreitung und Nutzung von Weblogs
1.2.Werbung
1.3.Stand der Forschung
1.3.1.Computervermittelte Kommunikation
1.3.2.Journalismus
1.3.3.Identitätsmanagement
1.3.4.Corporate Blogging
1.4.Positionierung des Autors
1.5.Forschungsinteresse und Fragestellung

2. Theoretische Bezüge
2.1.Theoretischer Fahrplan
2.2.The Long Tail
2.3.Cultural Citizenship
2.4.Einfache Weblog-Öffentlichkeiten
2.4.1.Ideale Sprechsituation
2.5.Komplexe Weblog-Öffentlichkeiten
2.6.Ökonomische Dimension
2.6.1.Veränderte Lebenswelt
2.6.2.Gegenöffentlichkeit
2.6.3.Werbemarkt
2.7.Forschungsleitende Annahmen

3. Empirische Untersuchung
3.1.Vorüberlegungen
3.1.1.Untersuchungseinheit
3.1.2.Zeitpunkt
3.1.3.Qualitative Inhaltsanalyse
3.1.4.Grounded Theory
3.2.Erhebungsmethode
3.2.1.Methodik
3.2.2.Feststellung der Grundgesamtheit
3.2.3.Randomisierung
3.2.4.Aufbereiten der Textdaten
3.2.5.Kodierung
3.2.6.Kode-Karten
3.2.7.Kategorisierung
3.2.8.Leistungen qualitativer Forschung
3.2.9.Stand der qualitativen Online Forschung

4. Auswertung
4.1.Motive
4.1.1.Ideale
4.1.2.Abhängigkeit
4.1.3.Selbstbestimmung
4.1.4.Persönlich
4.2.Theoriegeleitete Analyse

5. Schlussbetrachtung und Ausblick

6. Literaturverzeichnis

7. Abbildungsverzeichnis

8. Anlageverzeichnis

9. Glossar

Kurzfassung

Die vorliegende Arbeit beschreibt das Phänomen des onlinebasierten Medienformats 'Weblog'. Dabei wird zunächst der Nutzerkreis, die Verbreitung sowie die Konzeption und der Stand der wissenschaftlichen Forschung beschrieben. Anschließend werden Forschungsfragen hinsichtlich einer Professionalisierung des Medienformats gestellt. Ziel ist die Erweiterung des Konzepts Weblog um die ökonomische Dimension der Werbung. Dazu werden theoretische Bezüge beschrieben, die die Konstruktion einer gesamtgesellschaftlichen Vorstellung der 'Blogosphäre' vorstellen, um diese anschließend gegen die verschiedenen Formen von Öffentlichkeit abzugrenzen. Es folgen Ansätze aus den Cultural Studies, Habermas' 'idealer Sprechsituation' sowie eine Beschreibung der veränderten digitalen Lebenswelt oder der 'digitalen Bohème'.

Es wird gezeigt, dass der empirische Zugang zum Forschungsfeld der Weblogs zukunftsweisendes Potenzial besitzt. Die qualitative Inhaltsanalyse beschreibt in der herangezogenen Fallstudie die Reaktion von Bloggern auf den Start des deutschen Werbevermarkters 'adical'. Es werden vier übergeordnete Motivgruppen herausgearbeitet, in die sich befürwortende, neutrale sowie ablehnende Meinungen eingliedern lassen. Sie erfahren in einer theoriegeleiteten Analyse ihre Ausdifferenzierung. Die Arbeit schließt mit Anknüpfungspunkten für weitere wissenschaftliche Erhebungen.

Schlagwörter

adical; Blog; Blogger; Blogosphäre; Cultural Studies; Kommerzialisierung; Long Tail, the; Professionalisierung; Social Software; Öffentlichkeit; Online-Medien; Weblog; Werbung.

abstract

This paper describes the phenomenon of the online media format 'weblog'. It gives an overview about who is using weblogs, how far the influence of weblogs is spreading, what concepts are driving it and it will examine its current state in terms of scientific research. The research questions are focusing on the process of professionalization and try to establish a link between weblogs and the economical dimension of advertising. Theoretical references describe the construction of an overall 'blogosphere' to separate it from various forms of other public spheres. These approaches are supported through Cultural Studies, Habermas' ideal speech situation and a description of the so-called digital Bohème.

It is shown that the empirical approach to the study field of Weblogs has future potential. The qualitative analysis describes the start of a German advertisement company called 'adical' that booked its ads on several blogs. The reactions of bloggers about this case will be analysed and divided into positive, neutral and negative statements. These will then be extracted and analysed with help of the theory. Connecting links to other scientific surveys will be shown in the final results.

keywords:

adical; advertisement; blog; blogger; blogosphere; commercialization; cultural studies; long tail, the; professionalization; public sphere; social software; weblog

Vorwort

Mario Sixtus - Elektrischer Reporter für Handelsblatt.de Interview mit Cory Doctorow (BoingBoing).1

Frage: In Deutschland gibt es hysterische Blog-Fundamentalisten, die "Verrat" kreischen, sobald ein Blogger Werbebanner einbaut?

[...] I think it's focusing on the wrong aspect on what blogs make distinctive. The thing that makes blogging distinctive, isn't it's non-commerciality. But the way that influencences the subject matters of the blog. So that traditional publishing methode is to identifie a subject matter that you think advertisers want to advertise. There are advertisers how likes to buy advertisment in magazines about racecars. And than what you try to do is to write a magazine, that will attract people to read the racecar-magazine so that the racecar-advertisers will buy avertise in it.

And there is nothing wrong with that model. It's brought some great magazines to the field and other great publications. But it's not the only way to do things, and it's not I think how the best blogs do things.

I think how the best blogs work, is you start with somebody who is passionate by some subject or by some variety of subjects and they write about things that are interesting to them and they hope that there are be readers who share there interests and than there are be advertisers who want to reach there readers. And so it kinds of turn's it on it's head instate of writing stuff that you hope to attract readers you write stuff that you hope to express yourself and than you attract readers by expressing yourself.

And, you know, I think provider that you stick to that it doesn't really matter whether or not you have ads. The real metric is, whether you writing stuff that you are passionate about it, not whether or not you get paid for it.

1 Hinführung zum Thema

Das Internet befindet sich im Wandel - in einer Rückführung auf seine ursprüngliche Idee. Das onlinebasierte Medienformat der Weblogs erzeugt tiefgreifende Veränderun- gen für die Medien- und Persönlichkeitsdarstellung in der sozialen Wirklichkeit. Damit einhergehend ändert sich die Medienwahrnehmung und -verarbeitung grundlegend. Ein- schlägige Veröffentlichungen der letzten Jahre künden von einer 'heimlichen Medienre- volution'2, in der 'neue Meinungsmacher'3 die 'soziale Rückeroberung des Netzes'4 vorantreiben.

Durch die hohe Dynamik des Untersuchungsfelds5 sind die Veränderungen für die Wissenschaft kaum zu greifen. Das Weblog-Phänomen ist in Deutschland kaum älter als fünf Jahre und zum Erhebungszeitpunkt zeichnet sich ein Professionalisierungsprozess ab, der in dieser Arbeit eine Situationsbeschreibung erhalten soll. Fallbeispiel ist der Start eines Werbevermarkters des Names 'adical' und die Berichterstattung von Bloggern über dessen Entwicklung.

Im Vorfeld soll eine kurze Strukturbeschreibung den Überblick über die Kapitel veran- schaulichen. Einleitend hierzu wird eine umfangreiche Einführung in die Thematik der Weblogs, deren Konzeption und ihre Bedeutung für das Kommunikationsmanagement (Kapitel 1.1) geleistet werden. Diese ausführliche Darlegung der Begrifflichkeit, der Ab- grenzung zu anderen Online-Formaten und die Bedeutung für die Veränderung im Kom- munikationsraum erscheint durch den jungen Forschungsstand angemessen.

Im Anschluss erfolgt ein kurzer Überblick der Online-Werbeformate, die in differenzier- ter Weise bereits eine Anwendung im Internet gefunden haben. Dies soll das hier ange- sprochene Konzept abgrenzen und eine grundlegende Begriffsdefinition veranschauli- chen. Vorangegangene wissenschaftliche Arbeiten, die sich bereits mit dem Phänomen 'Werbung in Weblogs' beschäftigt haben, finden in Kapitel 1.3 eine Beschreibung. Von Wichtigkeit ist die thematische Abgrenzung zu 'Computervermittelter Kommunikation', dem 'Journalismus', dem 'Identitätsmanagement' und dem 'Corporate Blogging', dessen Forschungsansätze vorgestellt und eingeordnet werden. Die interdisziplinäre Herange- hensweise wird durch die Verweise aus den Kommunikationswissenschaften, der Markt- und Werbe-Psychologie sowie Pädagogik sichtbar. An den 'Stand der Forschung' (Kapi- tel 1.3) anschließend folgt eine 'Positionierung des Autors' (Kapitel 1.4) und dessen Ein- bindung ins Forschungsfeld. In diesem Zusammenhang werden anschließend die for- schungsrelevanten Fragen und Interessen (Kapitel 1.5) beleuchtet, die das Bindeglied zwischen persönlichen Erwartungen und theoretischen Grundlagen darstellen.

Für deren Beantwortung werden in Kapitel 2 die theoretischen Bezüge dargestellt, die sich mit Weblog-Öffentlichkeit beschäftigen und wie eine Aushandlung von Relevanz geschieht. Dabei wird zwischen 'einfachen', 'mittleren' und 'komplexen' Öffentlichkeiten unterschieden und deren Verteilung für die Blogosphäre dargestellt. Habermas liefert hierzu mit seinem Konzept der idealen Sprechsituation eine praktische Anwendungs- möglichkeit. Die Cultural Studies leisten einen Beitrag hinsichtlich einer Beschreibung der alltäglichen Kommunikationsprozesse und Deutungsangebote zur Identifizierung ge- sellschaftlicher Fragen in den persönlichen Lebenswelten. Diese Einbettung erfolgt im Anschluss durch einen veränderten Konsum der Medienkultur nach Holm/Friebe als 'di- gitale Bohème' und leitet zu einer Diskussion um Gegenöffentlichkeit und ökonomische Dimensionen über. Darin wird sich mit der Funktionsweise der Massenmedien auseinan- dergesetzt und die alternative Wirklichkeitsdeutung von Weblogs transparent veranschaulicht.

Forschungsleitende Annahmen und Hypothesen werden mit dem Theoriebezug in Kapitel 2.7 entwickelt und in die Empirie mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse überführt. Darin wird das Material zuerst Vorüberlegungen unterzogen (Kapitel 3.1), die den Untersuchungszeitpunkt und der Grundgesamtheit des Feldes gewidmet sind. Methodische Ausführungen werden hinsichtlich der Qualitativen Inhaltsanalyse und Grounded Theory geleistet.

Die Erhebung (Kapitel 3.2) erfolgt durch Randomisierung (Kapitel 3.2.3), Aufbereitung der Textdateien (Kapitel 3.2.4) bis zur Kodierung (Kapitel 3.2.5) und Kategorisierung (Kapitel 3.2.7) der 70 zu untersuchenden Blog-Artikel. Nachdem die Leistungen der qualitativen Forschung (Kapitel 3.2.8) und der aktuelle methodische Stand (Kapitel 3.2.9) abgeklopft wurden, werden die Ergebnisse in die Auswertung (Kapitel 4) überführt. Hier sollen aus den Kategorien Motive extrahiert werden, die zuerst kausalen Zusammenhangsbeschreibungen unterstehen, um danach eine theoriegeleitete Bewertung (Kapitel 4.2) zu erfahren. Schließlich erfolgt eine Schlussbetrachtung (Kapitel 5), gefolgt von einer Literaturübersicht (Kapitel 6), dem Abbildungsverzeichnis (Kapitel 7), dem Anlageverzeichnis (Kapitel) und dem Glossar (Kapitel 9).

Einführend zur Thematik der Weblogs soll es im Folgenden um die gesellschaftlichen Auswirkungen der veränderten Kommunikationsstrukturen durch Weblogs gehen.

1.1 Social Software

1.1.1 Theorie der neuen Medien

Die Frage, ob der Computer eine Rechenmaschine oder ein kommunikatives Medium darstellt, ist tatsächlich erst in den letzten zehn Jahren medientheoretisch reflektiert worden,6 so dass zunächst eine breiter gefächerte Differenzierung stattfinden muss:

"Der Begriff der 'Neuen Medien', so wie er in den 1920er Jahren das Kino und das Ra- dio meinte und in den 1960er Jahren das Fernsehen, wird historisch lediglich als plaka- tives Label für noch unverstandene Veränderungen der Verständigungs- und Repräsen- tationsverhältnisse aktualisiert, als begrifflich unspezifischer Ausdruck einer Belastungsreaktion, die einem Ü berschuss utopischer Projektionen bei gleichzeitigem Mangel an Erfahrungen und Wissen entsteht und sich als kollektive Irritation, als kollek- tive Verunsicherung artikuliert." 7

Zum Verständnis des kommunikativen Feldes, indem Weblogs eingenistet sind, soll eine ausführliche Darstellung der spezifischen, und für diese Arbeit relevanten, Merkmale vorgenommen werden. Im Folgenden werden Weblogs als so genannten 'Social Software' bezeichnet. Kommunikation (als Handlungszusammenhang beziehungsweise Prozess) ist die Grundlage und Voraussetzung von Information mit kommunikativem Gehalt, als Inhalt oder Gegenstand,8 die auch für Weblogs im Informationszeitalter des 21.Jahrhunderts von größter Bedeutung sind. Das wirklich neue an dieser Technologie ist ihr non-elitärer Charakter, der beim Zugang zur Information genauso offen ist, wie bei deren Verbreitung:

"In gewisser Weise repräsentieren Blogs das Web, wie es von Anfang an gedacht war: ein Massenmedium, kontrolliert durch die Massen, in dem jeder gehört wird, der etwas zu sagen hat und den Schneid, es zu sagen." 9

1.1.2 Konzept: Weblogs

Bei Weblogs handelt es sich um regelmäßig aktualisierte Webseiten, die für gewöhnlich Text-, Video- und Bildinhalte in chronologisch umgekehrter Reihenfolge darstellen. Die letzten Einträge werden dabei auf der Hauptseite angezeigt, alle anderen ins Archiv verschoben, das nach Monaten oder Jahren sortierbar ist - die Beiträge bleiben einseh- und schnell auffindbar. Durch die Möglichkeit der Suchfunktion, einer eindeutigen URL10, die readressierbar auf die einzelnen Beiträge ist, sowie der Möglichkeit einer Verschlagwortung, bleiben alle veröffentlichten Informationen seit Erstellung des Blogs zugänglich, sofern der Autor des Blogs keine Beiträge editiert, löscht oder den gesamten Blog vom Netz nimmt.

Es bildet sich so eine Art Journal oder Tagebuch. 'Das Blog' ist eine Abkürzung des Begriffs Weblog, aus dem Englischen zusammengesetzt aus 'web' und 'log', umgangssprachlich auch als thematisches Tagebuch zu bezeichnen. Die gemeinsamen Merkmale definieren dabei das Blog. Mit dem Überbegriff 'Blogosphäre'11 wird versucht, eine Abgrenzbarkeit und Definition von 'Webjournalen', die einem gleichen Aufbau und äußerlich ähnlichen Merkmalen folgen, zu schaffen, die jedoch "inhaltlich auf kein besonderes Thema festgelegt sind, weshalb sich eine Vielzahl unterschiedlicher Verwendungsweisen finden lassen." 12

Weblogs platzieren sich zwischen Foren- und Nachrichtengruppen (Newsgroups) und statischen Webangeboten. Eine Differenzierung zwischen Blogs und Foren wurde einmal etwas blumig so zusammengefasst:

"Blogs sind keine Gemeinschaftswohnungen. Es gibt einen Hausbewohner, den Gäste je nach Bedarf besuchen, weil er möglicherweise leckeren Kaffee und Kuchen anzubieten hat. Auf Foren und Newsgroups machen die Hausbewohner gemeinsam die Musik, jeder kann dazu seinen Kuchen mitbringen. Party! Auf einem Blog macht nur einer die Musik, er bestimmt die Lautstärke, er backt den Kuchen." 13

Der bedeutende Aspekt ist jedoch, dass das klassische 'Sender-Empfänger-Modell'14 - bekannt aus der Kommunikationswissenschaft in Bezug auf Massenkommunikation - eine Wandlung erfährt. Es bildet sich durch eine immer spezifiziertere Zusammenstellung der zu konsumierenden Inhalte eine neue Medienstruktur, die in den sozialen Systemen eine Eigenständigkeit verlangt.

"We have been moving away from 'news that are relevant to the world' to 'news that are entertaining for the world', but more recently there has been a pronounced shift to 'news that are relevant to me'." 15

Die Verlagerung beginnt mit der Dezentralisierung von Nachrichten und hört mit geteilten Regeln, Weltsichten und Werten auf, die einen geteilten Sinn stiften, der nach Luhmann in Systemen (Gemeinschaften) Grenzen zu anderen Systemen (Gemeinschaften) zieht.16 Der Konsum von 'Nachrichten' schließt auch die Reflexion über diese Inhalte ein. Die Eröffnung eines Weblogs ist ohne technische Kenntnisse zu realisieren (oftmals in weniger als fünf Minuten) und ermöglicht einem oder mehreren Betreibern die Publikation von subjektiv bestimmten Themen, die für alle Interessenten im Allgemeinen kostenfrei zugänglich sind. In der Regel bietet jeder Beitrag die Möglichkeit, Kommentare zu hinterlassen, wodurch das Blog in die (Über-)Kategorie 'Online Community'17 fällt. Dadurch tritt der Publizierende mit den Konsumenten in Kommunikation. Die analytische Trennung von Vermittlungs- und Kommunikationsprozessen ist für die weitere Ausführung von Bedeutung. Während Kommunikationsprozesse in Massenmedien fast ausschließlich fremdvermittelt sind, prägt die Blogosphäre sinkende Publikationsbarrieren und führt zu einer rasanten Steigerung an selbstvermittelter medialer Öffentlichkeit.18 Diese fortschreitende Kommunikation bildet 'stark austauschende' Strukturen aus, die eine Konfiguration aus Regeln, Normen und Denkfiguren umfasst und sowohl von ihren Entstehungssituationen als auch von ihren Handlungsträgern abgelöst werden.19 Was sich daraus ergibt, ist ein quasi-objektiver Charakter, der zukünftigen Handlungen Stütze gibt. Unter diesen Gesichtspunkten müssen Weblogs als ein Versuch der Community-Bildung angesehen werden, der aus bestehenden Institutionen auszubrechen versucht, welche noch nicht einem "schwer veränderbaren regulativen, normativen und kognitiven Korsett vordefiniert sind." 20

Gleichzeitig bringt dieses 'Korsett' jedoch Regeln mit sich, von expliziten, sichtbaren und rechtlich verankerten bis hin zu impliziten, unsichtbaren und in Routinen und Erwartungshaltungen der Beteiligten eingebetteten Regeln,21 die einen normativen Konsens und einige kognitive Vorraussetzungen bedürfen. Und so führt diese Herausbildung und letztendlich das Zustandekommen von Kommunikation in Weblogs zu "technikvermittelter Interaktion von Menschen, die sich durch Vermutungähnlicher Ziele gegenseitig anziehen, geteilter Sinn und eine gemeinsame soziale Praxis" 22 stiften. Die Grundlage für themenspezifische Öffentlichkeiten, in denen bestimmte Informationen publiziert und verbreitet werden, lassen große Unterschiede in der Reichweite feststellen. Eine kleine Anzahl von Weblogs erreicht eine große Anzahl von Personen, während die überwiegende Mehrheit der Angebote nur wenige Leser hat und im so genannten 'The Long Tail' (Kapitel 2.2) liegt.

Nun strebt eine 'Professionalisierung' dieser informellen 'Unabhängigkeit' in Weblogs entgegen. Sobald "Weblogs [...] als Instrument der Organisations- oder der politischen Kommunikation eingesetzt werden, unterliegen sie der Logik dieser gesellschaftlichen Subsysteme." 23 Im Folgenden wird sich zeigen, dass dieses Verhältnis zwischen Selbstverständnis- und Abgrenzungsdiskursen spannungsgeladen ist.24 Kollektive Erwartungen und Bedenken, die an das Informationsmanagement von Weblogs und deren Betreibern gerichtet ist, stehen im Diskurs zu 'legitimer oder richtiger' Verwendungsweisen.

"Vor allem die vielbesuchten Weblogs, die gelegentlich auch als 'A-List' bezeichnet wer den, können zur Verbreitung von Neuigkeiten und Meinungen beitragen, die aufgrund der vernetzten Struktur der Blogosphäre häufig virale Züge annimmt." 25

1.1.3 Verbreitung und Nutzung von Weblogs

"Die genaue Anzahl aktiv geführter Weblogs ist nur schwer zu bestimmen: Die speziali sierte Suchmaschine Technorati 26 erfasste Ende Juli 2007 mehr als 93 Millionen Weblogs weltweit, worunter allerdings auch solche Angebote fallen, die inzwischen nicht mehr aktualisiert werden." 27

Für den deutschsprachigen Raum "ermittelte der Dienst 'Blogcensus' 28 etwa 100.000 Weblogs, die im Zeitraum zwischen Mai und Juli 2007 zumindest einen neuen Eintrag aufwiesen." 29 Eine repräsentativ angelegte Studie mit dem Namen 'Mediascope Europe 2006' der European Interactive Advertising Association (EIAA 2007)30 ermittelte, das lediglich acht Prozent der Internetnutzer in Deutschland Weblogs verwenden, der europäische Durchschnitt liegt bei 15 Prozent. Die im März 2006 durchgeführte ARD/ ZDF Online-Studie kam auf sieben Prozent, was einer Weblog-Benutzerzahl von 2,7 Millionen31 entspräche. Hier wird angegeben, dass bislang etwa 950.000 deutschsprachige Personen einen Weblogeintrag geschrieben haben.

In vielen Studien zur Weblogforschung, wird das ausgewogene Geschlechterverhältnis32 in den Vordergrund gestellt. Explizite Studien dazu zeigen auf Basis von zufälligen Stichproben sogar ein deutlich erhöhtes Autorinnen-Verhältnis. Zwei Drittel der Weblogs konnten hier Frauen33 zugeordnet werden. Am stärksten verbreitet sind Weblogs einer Studie des 'Pew Internet & American Life Project'34 zufolge bei Mädchen zwischen 15 und 17. Auch die Umfrage von Schmidt/Wilbers35 (2006) bestätigt die starke Weblog-Nutzung von Mädchen und allgemein von Teenagern und jungen Erwachsenen.

Diese Zahlen seien aufgezeigt, um das Weblog-Phänomen einer quantitativen Einord- nung zu unterziehen, bevor im nächsten Kapitel der Bezug zur Werbung hergestellt wird.

Anhand einiger Werbekonzepte, die bereits in Weblogs unternommen wurden, macht eine Zielgruppenbestimmung dieses Feld zugänglicher.

1.2 Werbung

James Twitchell bezeichnete "Werbung als Grundpfeiler der Gegenwartskultur: It's precisely the recognition of jingles and brand names (...) that links us as a culture." 36 Eine Definition von Werbung in Rückbezug auf eine wissenschaftliche Perspektive ist abhängig vom Untersuchungszweck, der Fragestellung, dem Gegenstand der Forschung und der Art der Kommunikation. Insgesamt handelt es sich um zu viele mikroperspektivische Elemente dieser Kommunikationsform, die nicht alle im hier gegebenen Rahmen erläutert werden können, die jedoch spezifisch herausgegriffen werden und in die Analyse einfließen.

Angelehnt an Thomas Schnierer37 soll daher zunächst der kleinste gemeinsame Nenner verwendet werden, der nach Kroeber-Riel & Weinberg "Werbung als versuchte Meinungsbeeinflussung mittels besonderer Kommuniktionsmittel definiert" 38 und von Schweiger & Schrattenecker um die Komponente "Bezahlung"39 erweitert wird. Aus Perspektive der Werbetreibenden wird Weblogs eine erhöhte 'Authentizität'40 und eine 'homogene Konsumentengruppe'41 zugesprochen, zwei wichtige Aspekte für Werbepartner, die eine Wahrscheinlichkeit für eine Kommerzialisierung nicht zwangsläufig in Gang setzt, aber durchaus erhöht. Es muss jedoch zwischen Öffentlichkeitsarbeit (Public Relation), Product Placement und Direktwerbung unterschieden werden, wie schon in den klassischen Medien. Alle drei unterschiedlichen Formen sind bereits - mit unterschiedlichem Erfolg in Weblogs - ausprobiert worden. Im Bereich Öffentlichkeitsarbeit für den deutschsprachigen Raum sei exemplarisch 'trigami'42 angeführt:

"trigami bietet kosteneffizientes Marketing im Internet, indem Blogs als Marketing- und Marktforschungskanal genutzt werden. Kunden beauftragen Blogger mit dem Schreiben von Blog-Einträgenüber Produkte und Dienstleistungen, die jeweils in redaktioneller Freiheit und klar gekennzeichnet veröffentlicht werden. Die Blog-Einträge versorgen Unternehmen mit glaubhafter und langfristiger Aufmerksamkeit und wertvollem Feed back, denn Blogger gelten als Early Adopters und Influencers." 43

Mit getarntem Product Placement trat die Modefirma Calvin Klein im April 2007 ungewollt kritisch in die Medien,44 als aufgedeckt wurde, dass in den Kommentaren von Weblogs massiv Werbung eingespeist wurde. Als Direktwerbung versteht man Google AdSense als einen der größten Anbieter:

"AdSense für Content-Seiten durchsucht den Content Ihrer Seiten automatisch und stellt Anzeigen bereit, die für die Zielgruppe und den Content Ihrer Website relevant sind. Da- bei können Sie zwischen Text- und Image-Anzeigen wählen. Die Anzeigen sind so gut auf den Content Ihrer Website abgestimmt, dass die Besucher sie als nützlich empfinden." 45

In dieser Arbeit soll als Fallstudie für das deutschsprachige Werbekonzept für Weblogs 'adical'46 betrachtet werden. Gegründet vom Spreeblick Verlag aus Berlin, sorgte es Anfang 2007 für (Medien-)Interesse, da auch hier Direktwerbung eingesetzt wird, jedoch die Werbeflächen 'klassisch' vermarktet werden. Für einen ersten ausgewählten Kreis von besucherstarken, deutschsprachigen Weblogs werden Platzierungen von Werbebannern ausgewählt und als Werbefläche verkauft. 'adical' distanziert sich von automatisierten Prozessen, wie sie beispielsweise von Google AdSense angeboten werden und wählt individuell Werbepartner aus, die sich dann im Verbund auf allen teilnehmenden Weblogs abbilden. So soll sichergestellt werden, dass es keine Beeinflussung von Werbekunden auf die teilnehmenden Weblogs gibt. Im Weiteren wird die Kennzeichnung von Werbung von den Betreibern herausgestellt. Werbung soll auch als Werbung verkauft werden: "[...] solange sie [adical] diese Werbung nicht als redaktionelle und unabhängige Artikel in ihrem Blog tarnen. (Anderenfalls) würde ich mich als Leser hintergangen fühlen." 47

Inwieweit sich diese Komponente in der Auswertung widerspiegelt und eine Relevanz darstellt, bleibt herauszuarbeiten. Zunächst sei der Blick auf den aktuellen Forschungsstand zur Thematik 'Weblogs' geworfen. Das folgende Kapitel liefert dazu Abgrenzungen zu thematischen Forschungsfelder und zeigt Anknüpfungspunkte und interdisziplinäre Überlappungen auf.

1.3 Stand der Forschung

Bei den wissenschaftlichen Zugängen zum Thema erscheint eine Abgrenzung zu den bereits durchgeführten Forschungsfeldern notwendig. So wie auch der Begriff 'Theorie der neuen Medien' ausführlich gegenüber 'Social Software' abgegrenzt wurde, soll im Folgenden der Stand der Weblogforschung dargestellt werden.

1.3.1 Computervermittelte Kommunikation

Das Genre der computervermittelten Kommunikation erfuhr in den letzten Jahren ein enormes Wachstum,48 erlaubt für den hier betrachteten Forschungsschwerpunkt jedoch - durch seine Formatform - lediglich Anschlussmöglichkeiten. Weblogs positionieren sich zwischen "Standard-Webseiten und Asynchron-interpersonaler Kommunikation," 49 deren Merkmale aus dem Kontext der Forschung aus E-Mail, Diskussionsforen oder News- groups anhand von sozial-psychologischer beziehngsweise kommunikationswissen- schaftlicher Perspektive geschlossen werden können, wie Abbildung 01 verdeutlicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten50

Abbildung 01: Merkmale von Weblogs im Vergleich zu anderen Online-Formaten

Grundlegend existieren bereits einschlägige Sammelbände51 und Journal-Schwerpunkte52 genauso wie innovative Veranstaltungsformen53 spezifisch für das Theme 'Weblogs'. Im Folgenden sollen drei Bereiche herausgegriffen werden, die explizite Überschneidungen mit der Weblogforschung gemein haben und losgelöst vom Überbegriff des 'elektronischen Kommunikationsmediums' sind. Die Schwerpunkte der 'computervermittelten Kommunikation' werden dabei vorausgesetzt und erfahren keine weiteren Ausführungen.

1.3.2 Journalismus

Wenn von dezentralisierter Informationsverteilung gesprochen wird, tritt im wissenschaftlichen Kontext beinahe automatisiert der Vergleich mit dem 'klassischen Journalismus' in den Vordergrund. Der gesellschaftliche Diskurs beschränkt sich dann vornehmlich darauf, herauszufinden, ob die existierenden Massenmedien dem so betitelten "participatory journalism" 54, "grassroots journalism" 55 oder "mass amateurization of publishing" 56 entgegenlaufen. Während 2003 noch beschrieben wurde, dass "die große Mehrheit der Weblogs keine eigene Berichterstattung lieferte" 57, werden heute differenziertere Überschneidungen festgestellt, die zu "einer wechselseitigen Ergänzung journalistischer und weblogbasierter Ö ffentlichkeit [führen]." 58 Gerade in Bezug auf die Kriterien 'Glaubwürdigkeit' und 'Qualitätskontrolle' werden Unterschiede sichtbar, die zu einer Diskussion um "Veränderung von Ö ffentlichkeiten durch Weblogs und Gatekeeper-Positionen" 59 führen.

Jan Schmidt drückt es etwas überspitzt so aus:

"Je nach Perspektive [wird] entweder ein Abgesang auf etablierte Informationsmonopole angestimmt, da sich im Web nun kritisch-emanzipatorische Gegenöffentlichkeiten als Al- ternative zum Mainstream-Journalismus bilden könnten. Oder aber es wird vor einer Ba- nalisierung und Amateurisierungöffentlicher Kommunikation gewarnt, die vor allem das Private und Subjektive feiere, aber die nötige kritische Objektivität auf gesellschaftliche Prozesse vermissen lasse." 60

Die in der Wissenschaft "strikt eingenommene Gegenüberstellung" 61 aus professionellem Journalismus und der Welt der Weblogs wird der onlinebasierten Öffentlichkeit nicht wirklich gerecht. "Für viele Nutzer geht es [...] gar nicht vorrangig darum, sich an ein möglichst großes und disperses Publikum zu wenden, sondern vielmehr eine eigene persönliche Ö ffentlichkeit zu schaffen [...]." 62 Dieser Schwerpunkt wird im theoretischen Teil einer differenzierten Analyse unterworfen.

Was durch die vorhandenen und vernetzten (Rück-)Kanäle des Informationsmanagements in Kombination mit Suchmaschinenindizierungen geschaffen wird, beruht auf dem Konzept der "Weisheit der Masse" 63 beziehungsweise der "Weisheit des eigenen Netzwerks." 64 Dazu Christoph Schultheis vom Bildblog65:

"[Im]Internet [zu] publizieren fördert eine Art von Demut auch dem Leser oder Nutzer gegenüber [...]. Der klassische Journalist geht von einer hierarchischen Position aus, die das 'Herrenwissen' hat und es weiterleiten kann. Im Zweifelsfall hat man aber, wenn man das glaubt und im Internet publiziert, nicht nur 5 Minuten später eine Mail von einem Besserwisser, sondern auch wirklich jemanden, der es tatsächlich besser weiß[...]." 66

"Eine strikte Gegenüberstellung von Journalismus und Blogosphäre macht daher wenig Sinn" 67, was in den neueren Forschungsansätzen Beachtung findet. Darin wird eine Form der Arbeitsteilung in den bereits existierenden Öffentlichkeiten68 untersucht. "Zugespitzt formuliert sind massenmediale Ö ffentlichkeiten weiterhin dafür zuständig, Themen zu setzen, während persönliche Ö ffentlichkeiten diese verbreiten, kommentieren und bewerten." 69

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 02: Auf welche Seiten verweisen Weblogs?

Abbildung 02 zeigt, auf welche Internetseiten Weblogs verweisen. Zu sehen ist, dass dies nicht ausschließlich untereinander in der Blogosphäre geschieht, sondern auch eine Aus- einandersetzung mit massenmedialen Publikationen geschieht. Die damit einhergehende Steigerung der Aufmerksamkeit für journalistische Inhalte kann auch der vorgebrachte Banalisierungsvorwurf "99 Prozent der Weblogs sind Müll" 71 nicht verkennen, sondern zeigt einmal mehr, dass 'Öffentlichkeit' im Internet nicht mehr zwangsläufig 'gesell- schaftsweit relevant', sondern oft einfach nur „ für alle zugänglich, die es interessiert “ 72 ist.

Inwieweit hier ausgeführt werden muss, dass die 'Ökonomie den Aufmerksamkeitsströmen' folgt und Weblogs mit einer großen Leserzahl gesellschaftliche Relevanzaspekte ausdrücken können, ist in Kapitel 2.6.3 beschrieben.

1.3.3 Identitätsmanagement

Ein weiterer Anknüpfungspunkt, der bereits angeklungen ist, wird in der interpersonallen Kommunikation von sozialen Netzwerken und Beziehungsmanagement herausgebildet. Die soziale Identität tritt auch bei der hier betrachteten 'Social Software' für (Teil-)Identitäten der Psychologie in den Vordergrund.

Aus sozialpsychologischer Perspektive wurde beispielsweise die 'private Homepage' und deren Rolle zur Selbstdarstellung und Identitätskonstruktion73 ihrer Autoren untersucht, angeknüpft daran ist auch die Identitätsfindung beziehungsweise -exploration von Ju- gendlichen bei Huffaker und Calvert74 sowie der Umgang und die Reflexion zwischen Öffentlichkeit und Privatsphäre75 dargestellt worden. Berührungspunkte bestehen zu or- gansationstheoretischen Perspektiven in der Rolle von Weblogs als persönliche Lernjour- nale oder allgemeiner als Werkzeuge des 'Personal Knowledge Management'76.

"Inzwischen liegen eine Vielzahl von empirischen Untersuchungen zu Nutzung und Kon- sequenzen von Weblogs vor. Ihnen zufolge dominieren in Weblogs die Praktik, Erlebnis- se und Anekdoten aus dem persönlichen Alltag für ein relativ kleines Publikum zu publizieren." 77

Die Möglichkeit eines "niedrigschwelligen Identitäts- und Beziehungsmanagement" 78 scheint im praktischen Umgang mit diesem Kommunikationskanal kein reiner Selbstzweck, sondern dient dazu, soziale Beziehungen auch online abzubilden.

"Die so geknüpften sozialen Netzwerke stellen dem Einzelnen wiederum Sozialkapital zur Verfügung, das beispielsweise den Zugang zu Informationen erleichtert, aber auch ein Gefühl der Zugehörigkeit vermitteln und in manchen Situationen Solidarität und sozioe motionale Unterstützung bieten kann." 79

1.3.4 Corporate Blogging

Kommunikationsprozesse durch Weblogs in Organisationen werden unter dem Stichwort 'Corporate Blogging'80 zusammengefasst. "If you miss the trend on business blogging, you will regret it." 81

Die externe Kommunikation steht hier vornehmlich als Instrument im Mittelpunkt, das gerade in Bezug auf Werbemaßnahmen interessant erscheint. Es ist vermehrt beobachtet worden, dass "Kommunikationsprozesse [...] als Prozesse der Bedeutungsgenerierung - nicht der Bedeutungsübertragung - verstanden werden." 82 Diese Ansichten sind von Interesse, da Werbung oft als zentralisiert-verteilte Information angesehen und ausgeführt wird. Durch die kommunikativere Plattform 'Weblog' kommt es zu einer kritischen Auseinandersetzung, indem spezifische Interessenkonflikte im Informationstransfer83 auftreten können. Weblogs treten jedoch auch im Zusammenhang mit Wissensarbeit auf und filtern den rasanten Anstieg der verfügbaren Informationen.84 Anscheinend gibt es einen Bedarf an "einer solchen Aushandlung von Bedeutungen und geteilten Wissensbeständen in einer kommunikativen Umwelt," 85 da auch Teile der deutschsprachigen Blogosphäre eine Professionalisierung erfahren. Sascha Lobo und Holm Friebe titelten es treffend in ihrem Buch "Wir nennen es Arbeit: Etwas Besseres als die Festanstellung finden wir allemal." 86 Wie in anderen Ländern schon zu beobachten war,87 kann mit der Professionalisierung eine Form der Kommerzialisierung für große Weblogs einhergehen, deren wissenschaftlicher Forschungsstand relativ neu ist. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen den in dieser Studie betrachteten Weblogs, die privat gestartet sind und dann eine Ähnlichkeit einer massenmediale Öffentlichkeit ausbilden sowie den 'Corporate Blogs', die von Anfang an Kommunikationsstrategien von Unternehmen forcieren. Während Letztere in der Wissenschaft bereits Anwendung in den letzten Jahren gefunden hat,88 ist der Wandel von "gelegentlich auch als A-List bezeichneten" 89 Weblogs zu einer Kommerzialisierung relativ neu.

Als Beispiel sei die Studie: 'Praktiken des Bloggens' angeführt. Diese, von Jan Schmidt unter dem Titel 'Wie ich blogge' 90 im Jahre 2005 und 2006 durchgeführte empirische Erhebung rekrutierte im 'Schneeballverfahren'91 deutsche Blogger. Diese wurden nach Ihren Motiven, Blog-Stilen, Themengebieten, Absichten und Zielgruppen befragt. Die Ergebnisse sind in "Weblogs - Eine kommunikationssoziologische Studie" 92 veröffentlicht. Interessant erscheint dabei, dass bei Fragen wie 'Ziel des Bloggens?' oder 'Warum bloggst du?' nicht mit einer Antwortmöglichkeit innerhalb des gesamten Fragebogens der Gesichtspunkt beziehungsweise die Antwortoption einer 'Möglichkeit des Geldverdienens' oder 'Finanzierung des Lebensunterhalts' angegeben werden kann. Dieses Phänomen erscheint mir aus soziologischer Perspektive derzeit als blinder Fleck beziehungsweise als eine hochaktuelle Forschungsfrage.

Einen signifikanten Unterschied hat Andreas Reckwitz in seinem Buch 'Das hybride Subjekt'93 herausgestellt, indem er ein differenziertes Verständnis von Arbeit und Konsum zwischen Weblogs und der klassisch ausgerichteten Form von Online-Medien anlegt. Er beschreibt eine Veränderung im Verständnis von der Tätigkeit, die als Arbeit zu bezeichnen wäre, und die des Kommerzes, der für eine Realisierung des Projektes angenommen wird. Ohne dem theoretischen Teil vorzugreifen, bleibt ein Verweis, dass der Zugang zur Weblogforschung bislang netzwerkzentriert und/oder handlungszentriert94 vorgenommen wurde. Die im Weiteren ausgeführte Untersuchung setzt vornehmlich auf "soziales Handeln als Ausgangspunkt, um seine Merkmale und darauf aufbauende soziale Strukturen zu untersuchen." 95

1.4 Positionierung des Autors

"Fast alle sozialen Aktivitäten und Eigenschaften werden Bewertungen unterzogen." 96 Hier ist von qualitativen Bewertungen die Rede, denen auch der Autor dieser Arbeit ausgesetzt ist und sich zu einem kurzen Statement zum Punkte 'Befangenheit' aufgefordert sieht.

Seit drei Jahren bin ich persönlich in die 'Blogosphäre' involviert. Zuerst als Leser, seit Dezember 2006 jedoch auch als Autor und Betreiber des Weblogs www.iPhoneBlog.de.97 Durch die aufstrebende Tendenz des Sub-Systems 'Weblog' und dessen - auch aktiver - Partizipation sind im Laufe der Zeit soziale Bindungen unterschiedlichster Qualität entstanden, die meine Distanz zum Forschungsobjekt beeinflussen.

"Mit der Soziometrie, der Analyse sozialer Beziehungen zwischen Gruppenmitgliedern, und allgemein der Analyse sozialer Netzwerke wird explizit die Einbettung von Personen oder anderen Merkmalsträgern (Firmen, Organisationen) in ein Geflecht sozialer Beziehungen zum zentralen Forschungsgegenstand gemacht." 98

Um eine unabhängige Analyse der Blogtexte zu gewährleisten, fand eine Anonymisierung der personenbezogenen Daten statt, da dem Autor dieser Arbeit die Standpunkte und Meinungen der verschiedener Weblogs, die sich über das Thema 'Werbung in Blogs' geäußert haben, bekannt sind. Konkret wurde die Möglichkeit der Zuordnung wie in Kapitel 3.2.4 'Aufbereiten der Textdaten' beschrieben, ausgeschlossen. Den randomisiert-ausgewählten Textbeiträgen werden dabei Nummern zugeordnet. Durch die reine Textdarstellung während der qualitativen Inhaltsanalyse und durch die Vergabe von Kodes ist eine Zuordnung des dazugehörigen Blognamens während der Kodierung nicht möglich. Es kann somit - zumindest nicht mit Wissen des Autors - zu einer Interpretation gelangen, die über den reinen Textbestand hinausgeht. Inwieweit die Erhebungsmethode doch reaktive Muster aufzeigt, ist von anderer Stelle zu klären.99

Die Methodik nicht reaktiv durchzuführen ist jedoch nur ein Schritt - die persönliche Meinung des Autors ein anderer. Meine Sichtweise in Bezug auf Werbung hat sich innerhalb des letzten Jahres stark gewandelt. Während ich im Februar Werbung (für meinen Blog selbst) ausschließen wollte, jedoch auch nicht vollständig abgelehnt habe,100 ist Anfang November erstmals gezielte Werbung geschaltet worden.101 Das Wachstum und die investierte Zeit haben mich dazu bewogen, erste vorsichtige Schritte für eine Re-Finan- zierung der investierten Zeit zu unternehmen.

Grundsätzlich bin ich für angemessene Werbung als Ausgleich für die kostenfreien Inhalte, denen die von mir gelesenen Blogs liefern. Unkoordinierte, unpassende oder unverhältnismäßige Werbemaßnahmen sehe ich persönlich jedoch als kritisch an.

1.5 Forschungsinteresse und Fragestellung

Nach den umfangreichen Ausführungen der Einleitung zu den Grundlagen von Social Software und deren Forschungsansätzen, welche als fundierte Basis zur Veranschaulichung des Themenschwerpunktes dieser Arbeit dienen sollte, wird nun das Forschungsinteresse und mögliche Fragestellungen in den Blickpunkt gerückt.

Dieses Kapitel möchte explizit die fokussierte Intention für das wissenschaftliche Interesse beleuchten, da qualitative Forschung dies, gerade im Zusammenhang mit den theoretischen Vorüberlegungen, oft vernachlässigt.

"Während die Anwendung quantitativer Methoden daran scheitern kann, dass es keine statistisch signifikanten Zusammenhänge gibt, erzeugen qualitative Erhebungsmethoden immer einen Gegenstand, der mit qualitativen Auswertungsmethoden interpretiert wer- den kann." 102

Über deren Qualität und Anwendungsmöglichkeit für die hier durchgeführte Untersuchung gibt es jedoch keine Anhaltspunkte, weshalb diesem Kapitel als Bindeglied zwischen der Hinführung zum Thema und den theoretischen Bezügen eine besondere Bedeutung zukommt. In Kombination mit den methodischen Grundlagen soll(en) die Frage(n) benannt werden, welche der zu schließenden Wissenslücke(n) der empirischen Untersuchung zugrunde liegt/liegen.103 Es gilt zu spezifizieren, welche Teile der Erhebung von Interesse sind und welche keinen Einfluss auf die zu formulierenden Untersuchungsfragen haben.

Ziel der Forschungsfrage ist es, eine theoretische 'Nische' zu finden, die bislang im gemeinsamen Wissensbestand in Form der Theorien noch nicht beschrieben wurde. Ein sozialwissenschaftlicher Forschungsprozess soll in der Regel den Zusammenhang zwischen Bedingungen, Verlauf und Wirkungen sozialer Prozesse aufklären,104 und als Mehrwert, zumindest für einige Aspekte der verallgemeinerte Anknüpfungspunkte, andere Untersuchungsgegenstände schaffen.105

"Forschungsfragen entstehen in der wissenschaftlichen Arbeit, das heißt in der Forschung selbst und in der wissenschaftlichen Kommunikation," 106 was auch in dieser Arbeit der Fall ist. In der relativ jungen Geschichte der wissenschaftlichen Weblog- Literatur ist mit großer Auffälligkeit zu verfolgen, wie bestimmte Aspekte der Psychologie für Fragen zum 'Online-Tagebuch' oder der Kommunikationswissenschaften hinsichtlich der 'Bedrohung des Journalismus' immer wieder aufgeworfen wurden. Jedoch fand dabei das Phänomen 'Geldverdienen' oder 'Werbung' keinerlei Betrachtung. Aus diesem Grund nähert sich die hier angesetzte Vorgehensweise explorativ der Fragestellung und möchte mit neuen Komponenten und Perspektiven an die bisherige Forschung anknüpfen.

Als Fallstudie soll der Start des deutschen Werbevermarkters 'adical' herangezogen werden, um in der Diskussion darüber eine Einstellungsmessung der verwendeten Argumente von Werbebefürwortern sowie -gegnern aufzuzeigen. Im Abgleich mit den verwendeten Theorie (Kapitel 2) wird ein Schwerpunkt auf die veränderte Medien-Welt gelegt. Die barrierefreie, öffentliche Publikationsmöglichkeit und der Verlust der Gatekeeper-Position107 von Journalisten wirft Fragen nach der kompetenten Partizipation an kulturellen Ressourcen auf. Von Interesse ist die gesamtgesellschaftliche Wahrnehmung von Informationsmanagement in verschieden großen Öffentlichkeiten. Inwieweit beeinflusst die Größe des Mediums oder die Positionierung beispielsweise als Gegenöffentlichkeit, die Meinung über Werbung in Weblogs? Über welche Selbstbeschreibungen definieren sich Weblogs und in welchen Verhältnis stehen diese gegenüber Werbepartnern?

In diesem Zusammenhang soll im theoretischen Teil auf eine veränderte Lebenswelt eingegangen werden und darauf, wie der persönlich intendierte Bezug zum eigenen sozialen Netzwerk interpretiert wird. Ein Blick auf den Werbemarkt stellt die Frage welche Entwicklung Kommunikationsmedien und Konsum gehen und welche Abhängigkeiten oder Selbstbestimmungen diese in der sozialen Konsumkultur ausgesetzt sind.

In der Methodik soll explizit die Weblog-Forschung in den Fokus gerückt werden, um eine Abgrenzung zur allgemeinen 'Internet-Forschung' zu gewährleisten. Für die soziologische Betrachtung soll mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse eine andere Perspektive aufgeworfen werden, als dies derzeit vornehmlich der Fall ist. Wie unterscheidet sich die Methodik gegenüber der seit mehreren Jahren beschriebene 'Webseiten-Analyse'?

Die aufgeworfenen Forschungsfragen sind als Ausgangspunkt ohne erschöpfenden Charakter zu interpretieren. Weitere relevante Forschungsfragen für dieses Feld werden sich innerhalb der im Folgenden aufgezeigten Theoriebetrachtung und Empirie ergeben.

"Das ist eine der faszinierendsten Eigenschaften der Forschung: Indem wir Forschungsfragen beantworten, stoßen wir ständig auf neue." 108

2 Theoretische Bezüge

2.1 Theoretischer Fahrplan

"Datennetze weisen schon aufgrund ihrer technologischen Struktur eine Tendenz zur Dissemination auf." 109 Informationen, also Bilder, Texte, Filme und Klänge sind im Internet statt in einer übersichtlichen Baumstruktur in einer nicht zielgerichteten Vernetzung miteinander verknüpft. Diese Hypertextstruktur mit Deep-Links110 oder Trackbacks111, die aufgrund ihrer horizontalen Ordnung keine hierarchische Gliederung impliziert, lässt eine Vielzahl von Weltsichten und Perspektiven als gleichrangig und gleichartig erscheinen, ohne dass sich eine zentrale Strukturierung und eine damit einhergehende spezifische Selektion der Angebote aufdrängen würde.112

Das Maß der Kommunikation wird jedoch durch Weblogs auf ein erhöhtes Verarbeitungsniveau gehoben: "Essentially, the Web is shifting from an international library of interlinked pages to an information ecosystem, where data circulate like nutrients in a rain forest." 113

Der vorgestellte Mechanismus der gegenseitigen Bezugnahme führt anders als auf herkömmlichen Homepages und in Foren zu einer Strukturierung des Kommunikationsraums. Diese Vernetzung von Informationen über unterschiedliche Dienste, Webportale und Nutzer hinweg koordiniert die Vielstimmigkeit von Themen und Meinungen und wurde bereits einer Funktionsbeschreibung in Kapitel 1.1 'Social Software' unterzogen. Dort wurde gezeigt, dass Medien in der Öffentlichkeit zu Orten der "gesellschaftlichen Selbstverständigung" 114 transformieren, in denen gemeinsame "Wirklichkeitskonstruktionen verhandelt, gefestigt, ent- und verworfen, [sowie] die

Regeln und Normen des gesellschaftlichen Zusammenlebens [...] bestätigt oder modifiziert [werden]." 115 Die mediale Aushandlung von Relevanz in Öffentlichkeiten der Gesellschaft ist damit neu zu stellen.

Die öffentlichkeitstheoretische Perspektive greift den in Kapitel 1.3.2 bereits hervorgehobenen "Banalisierungsvorwurf"116 auf und zeigt, dass unpassende Relevanzkriterien in der öffentlicher Kommunikation der Massenmedien an Weblogs angelegt werden, die damit missdeuten, dass alles Öffentliche immer auch gesellschaftliche Relevanz besitzen muss. Die hier ausgeführte theoretische Betrachtung bezieht sich im Folgenden sowohl auf die Mikro- als auch die Makroebene. Einführend wird in Kapitel 2.2 das Konzept des 'The Long Tails' erläutert, das als visuelles Konstrukt den Unterschied zwischen einfachen sowie komplexeren Öffentlichkeiten einführt. Diese gestaffelte Sichtweise setzt bei 'einfachen Öffentlichkeiten' an, die Kommunikation über alltägliche Geschehnisse herausbildet und ihre Beschreibung durch Habermas 'ideale Sprechsituation' erhält.

Bei der darauf folgenden Betrachtung von 'einfachen' und 'komplexen' Öffentlichkeiten im Zusammenhang mit Weblogs sind die auf Mikro-Ebene stattfindenden persönlichen Gespräche und auf Makro-Ebene gesellschaftlichen Aushandlungsprozesse einen detaillierten Blick wert, der durch die Cultural Studies im Vorfeld geschärft werden soll. Er erlaubt, die Rolle der Mediennutzer und ihre Inklusion in mediale Prozesse der Bedeutungskonstruktion zu untersuchen.

Anschließend erfolgt eine Untersuchung der individuellen Äußerungen im öffentlichen Raum, die im Folgenden zu einer Vernetzung führen. Diese führt ein großflächiges Ge- webe von Strukturen herbei, welche mit dem Stichwort 'komplexe Öffentlichkeiten' ei- nen Bezugsrahmen findet. Durch ihre Vielzahl von Verweisen und thematischen Be- trachtungen führen diese Strukturen zu einem Angeboten an Relevanz, das in einem 'übergeordneten' Bezugsrahmen an massenmediale Öffentlichkeiten anknüpft. 'Weblogs' sind somit im Mediensystem nicht mehr als isoliert darzustellen, sondern in der Publika- tionsinfrastruktur hinsichtlich des Journalismus von Bedeutung. Es wird gezeigt, dass die bisherigen Publikationen, die überwiegend in den Kommunikationswissenschaften veröf- fentlicht wurden, auch besondere interdisziplinäre Bedeutung für die Soziologie bieten. Die theoretischen Grundlagen der massenmedialen Öffentlichkeit im sozialen Netzwerk, die durch hierarchische Strukturen verschiedener Aushandlungsprozesse einer Bedeutungen und Wirkungen erfahren, werden durch eine notwendige Darstellung von Relevanz und eine Multiperspektive auf differenzierende Wirklichkeits-Fragmente herausgestellt.

Ein Ausblick soll hinsichtlich der ökonomischen Dimension geleistet werden, der Kommerzialisierung von Weblogs im Allgemeinen und der Werbung in Weblogs im Besondern, die in Kapitel 2.6 nach den methodischen Darlegungen ausgeführt wird. Eine soziologische Debatte findet sich in der bislang veröffentlichten Wissenschaftsliteratur nicht. Die Aufarbeitung gestaltet sich derzeit in den Weblogs selbst, weshalb eine Mikroperspektive gewählt wurde. Diese versucht auf der Ebene von Arbeitsroutinen und dem Organisieren des Bloggens praxisnahe Anknüpfungspunkte zu schaffen, die eine analytische Auswertung in Kapitel 4 möglich machen.

Ziel ist ein fundiertes und zielgerichtetes Theoriekonstrukt, dessen markante Merkmale anschließend als forschungsleitende Annahmen für dieses soziale Phänomen formuliert werden. Dazu werden mehrere theoretische Ansätze ins Feld geführt, die teilweise an un- terschiedlichen Ausgangspositionen ansetzen. Diese sollen an passender Stelle reflektiert werden, um von unterschiedlichen Blickpunkten einen möglichst breiten Zugang zum Forschungsfeld zu schaffen, was die Darstellung der Teilhabe im neuen Netzformat greifbar macht, und aus mikrosoziologischer Perspektive Anknüpfungspunkte zu mas- senmedialer Öffentlichkeit mit einer Fokussierung auf die ökonomische Dimensionen und Lebenswelt der Teilnehmer beschreibt.

2.2 The Long Tail

Voraussetzung zum Verständnis von 'komplexen Öffentlichkeiten' und Anknüpfungspunkte für eine ökonomische Diskussion, ist die Darstellung der Struktur sowie Funktionsweise der Blogosphäre auf Makroebene.

Im Folgenden soll 'die Verteilung von eingehenden Links auf Weblogs' mit der graphischen Illustration von Anderson - mit dem Namen 'The Long Tail' - veranschaulicht werden und eine Netzwerkbeschreibung der Kommunikationsprozesse mit Deutungs- und Interpretationsleistungen der Mediennutzer in ihrer Lebenswelt stattfinden.

Aktuelle Studien über die deutschsprachige Blogosphäre haben bei Schmidt117 - vornehmlich intrinsische - Motivation herausgestellt, die zur Eröffnung und Führung eines Weblogs leiten. Die dominant angegebenen Beweggründe wie "zum Spa ß", "weil ich gerne schreibe" oder "um eigene Ideen und Erlebnisse für mich festzuhalten" werden in die dazugehörigen Themenschwerpunkte "Berichte und Episoden aus dem Privatleben", "Eigene Bilder und Fotos" sowie "Links zu 'Fundstücken' im Netz mit Kommentar" umgesetzt.118 Die persönliche Relevanz bildet den Mittelpunkt des Weblogs und damit des jeweiligen Autors. Zum Selbstverständnis von Bloggern liegen umfangreiche Studien vor, die das Format als Informations- und Beziehungsmanagement beschreiben, durch den ein Prozess der Auseinandersetzung mit sich selbst und dem sozialen Umfeld in Weblogs geschieht.

"[...] practitioners often refer to the sociable aspects of blogging and blogs. They talk about the conversational qualities of blogging and the desire to share with others. They talk about community and how blogging helps them engage with a community of people. “ 119

Passend dazu sagte Mead: "Menschen bilden ihr Selbstbild immer in der Auseinandersetzung zwischen dem eigenen Handeln und Denken einerseits und den wahrgenommenen Reaktionen des sozialen Umfelds andererseits [aus]." 120 Wie in den folgenden Kapiteln aufgezeigt werden soll, muss diese persönliche Relevanz aber nicht mit gesellschaftlicher Relevanz und Öffentlichkeit zusammenfallen. Die Konstruktion gesellschaftlicher Relevanz mit deren Banalisierungsvorwürfen - Weblogs seien "die Klowände des Internets" und "zu 99% Müll" 121 - orientieren sich dabei an den klassischen Relevanzkriterien, deren Zielgruppe eine Verlinkung in 'kleinen Weblog- Öffentlichkeiten' darstellt. Während viele Weblog-Autoren irritiert reagieren, wenn sie als "Pseudojournalisten" 122 bezeichnet werden, finden sich gleichwohl Studien, in denen die primären Publikationsmotive der Weblog-Schreiber mit denen vom klassischen Journalismus übereintreffen.

[...]


1. http://www.elektrischer-reporter.de/index.php/site/film/53/; (Abruf geprüft am 20.01.2008).

2. Siehe (Möller, 2006).

3. Siehe (Zerfaß, & Boelter, 2005).

4. Siehe (Eigner, Leitner, Nausner, & Schneider, 2003).

5. Vgl. (Schmidt, 2006) S.173.

6. (Rusch, Schanze, & Schwering, 2007) S.345.

7. (Rusch, Schanze, & Schwering, 2007) S.347.

8. Vgl. (Rusch, Schanze, & Schwering, 2007) S.351.

9. Siehe (Grossman, 2004).

10. Siehe Glossar: Permalink.

11. Siehe Glossar: Blogosphäre.

12. Vgl. (Schmidt, 2008) S.122.

13. (Alby, 2007) S.22.

14. Das klassische Sender-Empfänger-Modell in den Kommunikationswissenschaften für Medien beschreibt den einseitig ausgerichtete Informationsfluss ohne die Möglichkeit eines 'Rückkanals'.

15. Siehe (Perschke, & Lübcke, 2005).

16. Vgl. (Eigner, Leitner, Nausner, & Schneider, 2003) S.102.

17. Siehe Glossar: Online-Community.

18. Vgl. (Schönhagen, 2004)S.130.

19. Vgl. (Eigner, Leitner, Nausner, & Schneider, 2003) S.103.

20. (Eigner, Leitner, Nausner, & Schneider, 2003) S.103.

21. Vgl. (Eigner, Leitner, Nausner, & Schneider, 2003) S.103.

22. (Eigner, Leitner, Nausner, & Schneider, 2003) S.103.

23. (Schmidt, 2006) S.171.

24. Vgl. (Schmidt, 2006) S.172.

25. (Schmidt, 2008) S.123.

26. Vgl. Technorati (2007) About us. http://www.technorati.com/about; (Abruf geprüft am

24.01.2008).

27. (Schmidt, 2008) S.123.

28. Vgl. Blogcensus (2007): Wir vermessen die Blogosphäre. http://www.blogcensus.de; (Abruf geprüft am 12.12.2007).

29. Vgl. (Schmidt, 2008) S.123.

30. Siehe http://www.eiaa.net/; (Abruf geprüft am 24.01.2008).

31. Siehe (Fisch & Gscheidle, 2006).

32. Siehe (Fisch & Gscheidle, 2006) oder (Schmidt, Paetzolt, & Wilbers, 2006).

33. Siehe (Harders & Hesse, 2006).

34. Siehe (Lenhart, & Madden, 2007).

35. Siehe (Schmidt, Paetzolt, & Wilbers, 2006).

36. (Twitchell, 1996) S.7.

37. Vgl. (Schnierer, 1999) S.13.

38. Vgl. (Kroeber-Riel, & Weinberg, 1996) S.580.

39. Vgl. (Schweiger, & Schrattenecker, 1995) S.9.

40. Authentizität ist nach Erving Goffman eine Interaktion von "impression management" das zugleich die soziale Identität konstruiert. Mit Hilfe der Analogie des Theaterspiels wird der Begriff der "Vorder- und Hinterbühne" eingeführt und zeigt das Interaktion ein Wechselspiel zwischen offenen und verborgenen Handlungen ist. Die Darsteller sind bemüht ein Eindruck der allgemein als "Echtheit" beschrieben wird, darzustellen. Umgekehrt wird von den Adressaten versucht die Präsentation auf Echtheit "Authentizität" zu überprüfen. Siehe (Goffmann, 1959).

41. Hiermit sind Personen bezeichnet, die einer ähnlichen Interessenlage unterliegen. Es wird davon ausgegangen, das auch das Kaufverhalten sich entsprechend ähnelt.

42. Siehe Glossar: Trigami.

43. Siehe http://www.trigami.com/; (Abruf geprüft am 24.01.2008).

44. Siehe http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,475822,00.html;(Abruf geprüft am 24.01.2008).

45. Siehe https://www.google.com/adsense; (Abruf geprüft am 24.01.2008).

46. Siehe http://www.adical.de; (Abruf geprüft am 24.01.2008).

47. Vgl. http://adical.de/2007/05/22/zur-aktuellen-casio-kampagne/; (Abruf geprüft am 24.01.2008).

48. Vgl. (Schmidt, 2006) S.22.

49. Vgl. (Schmidt, 2006) S.21.

50. (Schmidt, 2006) S.21.

51. Siehe (Gurak, Antonijevic, Johnson, Ratliff, & Reyman, 2004) und Siehe (Burg, 2005).

52. Siehe (Schmidt, Schönberger, & Stegbauer, 2005, S. gesellschaft Jg. 6, Erkundungen von Weblog-Nutzungen. Anmerkungen zum Stand der Forschung.@gesellschaft Jg. 6, Erkundungen von Weblog-Nutzungen. Anmerkungen zum Stand der Forschung.@gesellschaft Jg. 6, Erkundungen von Weblog-Nutzungen. Anmerkungen zum Stand der Forschung.).

53. Siehe http://re-publica.de/; (Abruf geprüft am 24.01.2008).

54. Siehe (Lassica, 2003).

55. Siehe (Gillmor, 2004).

56. Siehe (Shirky, 2002).

57. Vgl. (Blood, 2003) S.62.

58. Vgl. (Schmidt, 2006) S.120.

59. Vgl. (Schmidt, 2006) S.120.

60. (Schmidt, 2007) S.24.

61. Vgl. (Schmidt, 2007) S.24.

62. (Schmidt, 2007) S.24.

63. (Schmidt, 2007) S.24.

64. (Schmidt, 2007) S.25.

65. Siehe www.bildblog.de; (Abruf geprüft am 24.01.2008).

66. Vgl. http://www.elektrischer-reporter.de/index.php/site/film/54/ Minute 5:30; (Abruf geprüft am 24.01.2008).

67. (Schmidt, 2007) S.25.

68. (Schmidt, 2007) S.25.

69. Siehe http://www.bamberg-gewinnt.de/wordpress/archives/737; (Abruf geprüft am 28.07.2007).

70. (Schmidt, 2007) S.25 und Siehe http://www.bamberg-gewinnt.de/wordpress/wp-content/images/ dbc_blogsundmsm_sw.png; (Abruf geprüft am 28.07.2007).

71. Vgl. (Schmidt, 2007) S.25.

72. Vgl. (Schmidt, 2007) S.25.

73. Siehe (Machilek, Schütz, & Marcus, 2004).

74. Siehe (Huffaker, & Calvert, 2008).

75. Siehe (Wolf, 2002, S. Gesellschaft, Jg. 3, Beitrag 6@Gesellschaft, Jg. 3, Beitrag 6@Gesellschaft, Jg. 3, Beitrag 6).

76. Siehe (Paquet, 2002).

77. (Schmidt, 2008) S.124.

78. (Schmidt, 2007) S.24.

79. (Schmidt, 2007) S.24.

80. Siehe Glossar: Corporate Blog.

81. (21Publish, 2006) S.3.

82. Vgl. (Schmidt, 2006) S.96.

83. Vgl. (Theis-Berglmair, 2003) S.348.

84. Vgl. (Münch, & Schmidt, 2005) S.201.

85. Vgl. (Schmidt, 2006) S.97.

86. Siehe (Friebe, & Lobo, 2006).

87. Vgl. (Schmidt, 2006) S.187.

88. Vgl. (Schmidt, 2006) S.102.

89. Vgl. (Schmidt, 2008) S.123.

90. Vgl. (Schmidt, 2006) S.7.

91. Das 'Schneeballverfahren' ist ein Quoten-Auswahlverfahren, bei dem der Interviewer die erste Zielperson im Rahmen seines Quotenplans willkürlich auswählt und am Schluss des Interviews nach weiteren geeigneten Zielpersonen aus dem Bekanntenkreis fragt. Vgl. (Kromrey, 2002) S.284.

92. Siehe (Schmidt, 2006).

93. Siehe (Rechwitz, 2006).

94. Vgl. (Schmidt, 2006) S.23.

95. Vgl. (Schmidt, 2006) S.23.

96. (Diekmann, 2002) S.382.

97. Unter der Adresse http://www.iPhoneBlog.de betreibe ich ein Weblog zum Thema Apple iPhone. Das Weblogs ist (Stand Januar 2008) das größte, deutschsprachige, unabhängige Weblog zu dieser Thematik; (Abruf geprüft am 25.01.2008).

98. Vgl. (Diekmann, 2002) S.424.

99. Pfungst-Report: 1904 verblüffte die Wissenschaft ein Hengst mit dem Namen "Hans", der (scheinbar) mathematische Aufgaben lösen konnte. In weiteren wissenschaftlichen Studien hat sich gezeigt, das das Pferd auf subtile Beeinflussungen seines Besitzers reagierte, die von diesem jedoch nicht bewusst ausgeübt wurden.

100. Siehe http://www.iphoneblog.de/2007/02/14/differenzierte-sichtweisen/; (Abruf geprüft am 25.01.2008).

101. Siehe http://www.iphoneblog.de/2007/11/06/werbepause/; (Abruf geprüft am 25.01.2008).

102. (Gläser, & Laudel, 2006) S.60.

103. Vgl. (Gläser, & Laudel, 2006) S.60.

104. Vgl. (Gläser, & Laudel, 2006) S.62.

105. Vgl. (Gläser, & Laudel, 2006) S.63.

106. (Gläser, & Laudel, 2006) S.65.

107. Als Schleusenwärter oder auch Gatekeeper bezeichnet man in der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft metaphorisch einen (meist personellen) Einflussfaktor, der darüber entscheiden kann, welche Nachricht in den Medien erscheint oder nicht.

108. (Gläser, & Laudel, 2006) S.65.

109. (Becker, 2001).

110. Siehe Glossar: Deep-Link.

111. Siehe Glossar: Trackback.

112. Vgl. (Becker, 2001).

113. (Johnson, 2005).

114. Vgl. (Schimank, 2001) S.125.

115. Siehe (Klaus, 2001).

116. Vgl. http://www.jensscholz.com/2006_01_01_archive.htm#113762765814900254; (Abruf geprüft am 25.01.2008).

117. Vgl. (Schmidt, 2006) S.43.

118. Vgl. (Schmidt, 2006) S.160.

119. (Boyd, 2006) S.25.

120. Siehe (Mead, 1934).

121. Vgl. http://www.jensscholz.com/2006_01_01_archive.htm#113762765814900254; (Abruf geprüft am 25.01.2008).

122. Vgl. (Schmidt, Schönberger, & Stegbauer, 2005, S. gesellschaft Jg. 6, Erkundungen von Weblog- Nutzungen. Anmerkungen zum Stand der Forschung.@gesellschaft Jg. 6, Erkundungen von Weblog-Nutzungen. Anmerkungen zum Stand der Forschung.) S.5.

Ende der Leseprobe aus 118 Seiten

Details

Titel
Weblog-Professionalisierung
Untertitel
Eine sozialsoziologische Betrachtung von Kommerzialisierungsprozessen
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Institut für Soziologie)
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
118
Katalognummer
V93146
ISBN (eBook)
9783638055970
ISBN (Buch)
9783638947206
Dateigröße
10620 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagwörter: adical, Blog, Blogger, Blogosphäre, Cultural Studies, Kommerzialisierung, Long Tail, the, Professionalisierung, Social Software, Öffentlichkeit, Online-Medien, Weblog, Werbung Kommentar des Dozenten: Visionäre Arbeit mit hochaktueller Forschungsfrage, die die Grundlagen jedoch nicht zu kurz kommen lässt.
Schlagworte
Weblog-Professionalisierung
Arbeit zitieren
Alexander Olma (Autor:in), 2008, Weblog-Professionalisierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93146

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Titel: Weblog-Professionalisierung



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