Bei der ethnologischen Tourismusforschung handelt es sich um ein sehr weites, facettenreiches Forschungsfeld. Arbeiten thematisieren beispielsweise die Interaktion von Reisenden und Bereisten oder auch Konsequenzen des (Massen-)Tourismus für die lokale Bevölkerung und deren Lebensweise. Andere Forschungen hingegen beschäftigen sich mit modernen Formen von Mobilität oder der Analyse von Freizeit- und Themenparks.
Um sich mit Thematiken wie diesen auseinanderzusetzen ist es jedoch, auch wenn dies zweifellos sehr reizvoll wäre, nicht unbedingt notwendig ein Forschungsgebiet am anderen Ende der Welt auszuwählen. Touristische Räume befinden sich auch hier, praktisch direkt vor unsrer Haustür. Österreich ist eines der Länder mit der höchsten Tourismusintensität weltweit und demnach als Forschungsgebiet bestens geeignet.
Es erschien mir daher interessant „anthropology at home“ zu betreiben und Wien, die Stadt, in der ich geboren und aufgewachsen bin, einmal aus einem ganz anderen Blickwinkel zu betrachten und unter dem Motto: „Zuhause und trotzdem weit weg“ die Welt zu erkunden. Es war spannend, Gewohntes zu hinterfragen und aus einer ganz anderen Sichtweise zu erfahren.
Bei der Wahl eines für die Durchführung dieser Forschung geeigneten Raums stieß ich auf die Homepage des „WienTourismus“. Hier findet man unter der Rubrik „72 Stunden in Wien“ einige Vorschläge zur Gestaltung eines Kurzurlaubs in der österreichischen Hauptstadt. Bereits am ersten Abend in Wien wird den Reisenden ein Besuch beim Heurigen vorgeschlagen. Beschreibungen wie: „ein urwienerisches Abendvergnügen“, „nothing more authentic than an evening at a Heurigen“ oder ein „plaisir viennois par exellence“ suggerieren ein „typisches“ Wienerlebnis. Doch was hat es mit dieser „typischen, authentischen, urwienerischen“ Attraktion auf sich? Wenn ich an den Heurigen denke, denke ich an Sonntagsausflüge, Zitronenkracherl, weißen Spritzer und laue Sommernächte, an ungezwungenes Beisammensein. Doch wie wird der Heurige von anderen wahrgenommen? Welche Motivationen haben Touristen den Heurigen zu besuchen?
Inhaltsverzeichnis
- THEORETISCHER TEIL
- 1. Einleitung
- 1.1. Aufbau der Arbeit
- 1.2. Forschungsfragen
- 1.3. Methoden
- 2. Tourismus und Ethnologie
- 2.1. Mögliche Definitionen
- 2.2. Ethnologische Tourismusforschung
- 3. Konstruktion touristischer Räume
- 3.1. Modelle zur Konstruktion touristischer Räume
- 3.1.1. Modell nach Arjun Appadurai
- 3.1.2. Marc Augé - Das Konzept der Nicht-Orte
- 3.1.3. Modell nach Tim Edensor – „enclavic“ und „heterogenous tourist spaces“
- 3.1.3.1. Enclavic tourist space
- 3.1.3.2. „Heterogenous tourist space“
- 3.1.4. Modell nach Christoph Hennig – Das Konzept der Phantasieräume
- 3.2. Kritische Zusammenfassung
- 4. Imagination, Inszenierung und Performance
- 4.1. Imagination und touristische Wahrnehmung
- 4.2. Der touristische Blick
- 4.3. Inszenierung
- 4.3.1. Pseudo-Events
- 4.3.2. Staged Authenticity
- 4.4. Touristische Räume und Performance
- 4.5. Post-Tourismus
- 4.6. Erlebniswelten versus „authentische Erfahrungen“
- 5. Tourismus in Wien
- 5.1. Zu Gast in Wien
- 5.2. Wiener Tourismusverband - WienTourismus und Destinationsmarketing
- 5.3. Mögliche zukünftige Entwicklungen im Wien Tourismus
- 6. Der Heurige als touristischer Raum
- 6.1. Kurze Geschichte des Wiener Heurigen
- 6.2. Der Verein „Der Wiener Heurige“
- 6.3. Der Heurige als Tourismusinstitution
- EMPIRISCHER TEIL
- 7. Ethnographische Forschung
- 7.1. Methoden
- 7.2. Inszenierungen und Performances rund um den Heurigen
- 7.2.1. Vienna Heurigen Show
- 7.2.2. Der Vienna Heurigenexpress
- 7.2.3. Das muss ein Stück vom Himmel sein: Wien und der Wein
- 7.3. Sichtweisen der touristischen Akteure - Experteninterviews
- 7.3.1. Imagination - touristische Wahrnehmung
- 7.3.2. Inszenierung und Performance
- 7.3.3. Bedeutung des Heurigen als Touristenattraktion
- 7.3.4. Zukunft des Wientourismus
- 7.4. Touristische Sichtweisen
- 7.4.1. Erwartungen
- 7.4.2. Touristische Wahrnehmung – Erlebnis Heurigen
- 7.4.3. Performance und Inszenierung
- 7.4.4. Vorschläge und spontane Ideen zum Thema
- 7.5. Word-Rap
- 8. Zusammenfassung der Ergebnisse
- 9. Conclusio
- Die Konstruktion touristischer Räume
- Die Rolle der Imagination und Wahrnehmung im Tourismus
- Die Inszenierung und Performance im touristischen Kontext
- Die Bedeutung des Heurigen als touristische Institution
- Die Sichtweisen der touristischen Akteure und deren Erfahrungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit untersucht die Konstruktion, Imagination und Inszenierung im touristischen Raum, am Beispiel des Heurigen in Wien. Sie verfolgt das Ziel, die Bedeutung des Heurigen für den Tourismus in Wien aus sozial- und kulturanthropologischer Perspektive zu beleuchten. Dabei werden die theoretischen Konzepte der touristischen Raumbildung, der Inszenierung und der Performance in den Fokus gerückt.
Zusammenfassung der Kapitel
Der theoretische Teil der Arbeit beschäftigt sich zunächst mit dem Konzept des Tourismus und dessen Bedeutung für die Ethnologie. Anschließend werden verschiedene Modelle zur Konstruktion touristischer Räume vorgestellt und kritisch analysiert. Im weiteren Verlauf wird der Fokus auf die Rolle der Imagination und Inszenierung im Tourismus gelegt, wobei Themen wie der touristische Blick, Pseudo-Events und Staged Authenticity beleuchtet werden. Abschließend wird der Wiener Tourismus im Allgemeinen und der Heurige als touristischer Raum im Speziellen betrachtet. Der empirische Teil der Arbeit basiert auf ethnografischen Methoden, einschließlich Experteninterviews und Befragungen. Die Ergebnisse werden in Bezug auf die Themen Inszenierung und Performance im Zusammenhang mit dem Heurigen, die touristischen Sichtweisen und Erwartungen analysiert.
Schlüsselwörter
Tourismus, Ethnologie, Konstruktion touristischer Räume, Imagination, Inszenierung, Performance, Heurige, Wien, Österreich, Tourismusmarketing, ethnografische Forschung, Experteninterviews, touristische Sichtweisen, Erwartungen
- Arbeit zitieren
- Katharina Kopsitsch (Autor:in), 2008, Konstruktion, Imagination und Inszenierung im touristischen Raum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93150