Angesichts des Fortschritts der Erziehungswissenschaften ist es sehr erstaunlich, dass eine Methode, die vor 2500 Jahren aufgezeichnet wurde und seitdem Unmengen an Versuchen, Nachahmungen oder Weiterentwicklungen vorzuweisen hat, bis zur heutigen Zeit immer noch nicht tiefgründig genug erforscht worden ist. Doch was ist eigentlich die sokratische Methode? Ist sie die Kunst der Philosophie oder eher die Kunst, Philosophieren zu lehren und aus Schülern Philosophen zu machen? Philosophie ist hier in erster Linie der Inbegriff jener allgemeinen Vernunftwahrheiten, die nur durch Denken klar werden. Philosophieren ist somit nichts anderes, als mit Hilfe des Verstandes solche abstrakten Vernunftwahrheiten zu isolieren und in allgemeinen Urteilen auszusprechen. Doch wie können die philosophischen Prinzipien vermittelt werden? Vielleicht als Tatsachenberichte?
Inhaltsübersicht
I. Einleitung
II. Wer war Sokrates?
III. Sokrates - Begründer der Psychotherapie?
IV. Die Lehre des Sokrates
V. Der Weg zur inneren Verwirrung
VI. Mäeutik
VII. Didaktische Hilfsmittel und Argumentationsweise
VIII. Phasenmodell der antiken sokratischen Dialoge
IX. Beispiel eines Dialoges
X. Fehler und Paradoxien
XI. Schlusswort
XII. Literaturverzeichnis
I. Einleitung
Angesichts des Fortschritts der Erziehungswissenschaften ist es sehr erstaunlich, dass eine Methode, die vor 2500 Jahren aufgezeichnet wurde und seitdem Unmengen an Versuchen, Nachahmungen oder Weiterentwicklungen vorzuweisen hat, bis zur heutigen Zeit immer noch nicht tiefgründig genug erforscht worden ist.
Doch was ist eigentlich die sokratische Methode? Ist sie die Kunst der Philosophie oder eher die Kunst, Philosophieren zu lehren und aus Schülern Philosophen zu machen? Philosophie ist hier in erster Linie der Inbegriff jener allgemeinen Vernunftwahrheiten, die nur durch Denken klar werden. Philosophieren ist somit nichts anderes, als mit Hilfe des Verstandes solche abstrakten Vernunftwahrheiten zu isolieren und in allgemeinen Urteilen auszusprechen.
Doch wie können die philosophischen Prinzipien vermittelt werden?
Vielleicht als Tatsachenberichte? Wohl kaum, denn Tatsachenberichte können nur zur Kenntnis genommen werden und dienen bestenfalls der Geschichte der Philosophie. Das, was hier übermittelt werden würde, wäre nicht die philosophische Wahrheit selbst, sondern lediglich die Tatsache, dass der Lehrende oder jemand anderes dieses oder jenes für eine philosophische Wahrheit hält.
Mit Hilfe vieler Bücher wird versucht, die praktische Umsetzung und Anwendung der sokratischen Gesprächsführung zu vermitteln. Doch es ist wahrlich nicht leicht, sich diese Methode anzueignen. Deshalb ist es ratsam, sich mehr vom Wesen der sokratischen Technik und ihrer Methode der regressiven Abstraktion anzueignen, um sie selbst besser zu verstehen, wenn man versucht, in sokratischer Weise zu argumentieren und zu disputieren.
Das ist der Grund, warum ich zunächst mit den geschichtlichen Wurzeln beginne, um dann zum eigentlichen vorzudringen.
II. Wer war Sokrates?
SOKRATES (griech. Philosoph) wird als Sohn des Steinmetzen SOPHRONISKOS und der Hebamme PHAINRETE um 470 v. Chr. in Athen geboren. Ob er das Handwerk seines Vaters selbst in erheblichem Umfang ausübte ist nicht bekannt.
Neben der Tätigkeit als phil. Aufklärer soll er sich im Kriegsdienst durch Tapferkeit ausgezeichnet haben und ver waltete polit. Ämter. Sokrates wurde 399 v. Chr. von drei Männern wegen angeblicher Einführung neuer Götter und Verführung der Jugend angeklagt und vom Gericht zum Tode verurteilt.
Er selbst hat keine phil. Schriften verfasst, deshalb geben lediglich sekundäre Quellen Auskunft über sein Leben und seine Lehre (u.a. PLATON, ARISTOPHANES, ..).
Der griech. Philosophie soll Sokrates erstmals das vernünftige Begreifen des menschlichen Lebens und der Tugend als wesentliche Aufgabe gesetzt haben. Diese Zielsetzung brachte ihn in einen grundlegenden Konflikt mit den SOPHISTEN. Er selbst ist teils den ursprünglich aufklärerischen Intentionen der Sophisten verpflichtet, aber kritisiert v.a., dass ihre Lehren inzwischen weniger auf ein begründetes Wissen und Handeln gerichtet sind als auf die Kunst rethorischer, trickreicher Überredung.
Da es nach Ansicht des Philosophen auf ein wahrhaft gutes und gerechtes Leben ankommt, muss das freiwillige faktische Verständnis des Lebens als vernünftig ausweisbar sein oder aber durch vernünftiges Denken in Richtung auf ein Wissen über uns selbst und damit darüber, wie wir handeln sollen, überwunden werden.2
Denn das begründete Wissen des Guten ziehe das rechte Handeln nach sich. Dieses Wissen wiederum bedarf des philosophischen Gesprächs, um einer Selbsttäuschung zu entgehen.
Im Gespräch über ethische und andere Themen deckt Sokrates vermeintliches Wissen als unbegründete Meinung auf und führt dabei zu der zentralen Einsicht, dass wir über uns selbst nicht Genaues wissen. Im Sinne des Delphischen Orakelspruchs, dass niemand weiser sei als Sokrates selbst, beansprucht der Philosoph insofern weiser zu sein als die selbstsicheren anderen Menschen, dass er wenigstens klar erkenne, nichts zu wissen.
Die Grundlagen eines wahren Selbstverständnisses und Wissens liegen nach Sokrates bereits unter der Oberfläche der jeweils vorherrschenden Orientierungen verborgen und können mit Hilfe konsequenter Fragen ans Licht gezogen werden - Mäeutik
Dementsprechend soll das sokratische Fragen nicht nur mit den Mitteln der Ironie und durch den Nachweis von Widersprüchen - Elenktik = Kunst des Beweisens, Widerlegens und Überführens) die Selbstverständlichkeit vermeintlichen Wissens erschüttern, sondern zu der schon immer vorhandenen Basis vernünftigen Denkens und sittlicher Einsicht führen.
Für die eigenen Lebensentscheidungen, die einer argumentativen Klärung nicht oder nicht unmittelbar zugänglich sind, nimmt Sokrates die warnende Stimme einer ethischen Intuition, des „Daimonion“, in Anspruch, die er als „Zeichen Gottes“ versteht3.
Wohl deshalb, weil vernünftige Praxis nicht über eine vom Leben abgelöste monologe Rede vermittelbar ist, verfasste Sokrates keine philosophischen Schriften.
Den Überlieferungen nach trat der Philosoph nicht nur für die Übereinstimmung von Reden, Denken und Handeln in einem vernünftigen Leben ein, sondern stellte sie auch in seiner Person dar. Mit dem Ruf eines Weisen und als Symbol „des Philosophen“ hat er die spätere Philosophiegeschichte und auch Literatur zu vielfältigen Darstellungen und Interpretationen angeregt. Hierbei haben sich Idee und Wirklichkeit häufig nicht klar voneinander unterscheiden lassen.
III. Sokrates - Begründer der Psychotherapie?
Es ist leider erheblich schwer zu beschreiben, wer Sokrates wirklich war, wie er lebte und was genau er lehrte, da er, wie schon erwähnt, keine eigenen Schriften hinterließ. Erst nach seinem Tode haben einige seiner Schüler etliche Schriften hervorgebracht, die das Leben und die Lehre ihres Lehrmeisters beschreiben. Doch selbst in diesen Schriften sind inhaltliche Widersprüche zu erkennen. Somit dienen uns als einzige zeitgenössische Quellen die Dialoge des PLATON, die sokratischen Schriften XENOPHONS und ARISTOPHANES4. Doch getreu der sokratischen Überzeugung, dass schriftlich Festgehaltenes leicht die Illusion des Geistes „nähre“, stützt der Mensch ohne eigenes Nachdenken und ohne eigene Anstrengung sowie ohne eigene praktische Umsetzung auf das im Buch geschriebene - die angelesene Wahrheit - und könne nicht aus sich selbst heraus „arbeiten“. So warnt er beispielsweise in Platons „Phaidros, dass die Erfindung der Schrift den Menschen am Nachdenken hindere.“5
In der Philosophie und Psychologie ging es stets um den Selbstwert eines Menschen, darum, was es heißt „gut“ oder „schlecht“, „wertvoll“ oder „wertlos“ zu sein, wie man ein gottgefälliges Leben führen müsse... Doch die meisten Menschen mussten und müssen unter solchen Moralvorstellungen und Normierungen anderer angesehener und damit die Gesellschaft beeinflussender Leute leiden, die dermaßen engstirnig und damit „oberflächlich“ in ihrem Wissensgebiet forschen, um Probleme anderer zu bekämpfen. Diese sind in ihre Arbeit so vertieft, dass sie vergessen, ihren menschlichen Tiefblick zu schärfen und von ihm Gebrauch zu nehmen.
Und genau das ist der Punkt, an dem Sokrates seine Methode ansetzt.
„ Er versucht mit seinen Gesprächspartnern Begriffe, Maß stäbe und Zielsetzungen zu klären, sie zu reflektieren und zu konkretisieren. Dadurch führt er seine Gegenüber zu immer tieferer Einsicht und Selbsterkenntnis und befähigt sie so, ein selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Leben in innerer Übereinstimmung und Gelassenheit zu führen. “ 6
Ob man Sokrates nun als Urvater der Psychotherapie bezeichnen kann, sei dahingestellt. Aber unumstritten ist, dass er systematisch und zielgerichtet um die Hilfestellung bei emotionalen Problemen bemüht war.
IV. Die Lehre des Sokrates
Mensch sein und das richtige Leben führen? Diese Frage nach der Tugend ist der zentrale Punkt der sokratischen Philosophie mit dem sich der Vater der Redekunst bis zu seinem Tod beschäftigte. Der Ausgangspunkt seiner philosophischen Betrachtungen ist, dass Menschen nicht wider besseren Wissens schlecht oder ungerecht handeln, sondern nur aus ihrer reinen Unwissenheit heraus. Aus diesem Grund müsste man bestrebt sein, tiefere Einsichten und besseres Wissen jedes Einzelnen zu erlangen, um ihn zur „ARETE“, also zum Guten und Gerechten führen zu können.
Damit meint er, dass der Charakter und das Wesen jedes Menschen direkt durch dessen individuelle Merkmale bestimmt werden und ethische Werte konstant und zeitlos sind - wie die Natur des Menschen.7 Um diese moralischen Normen wiederzuerlangen, muss das feste, unerschütterliche Zentrum der Alltagserfahrung gesucht werden. Doch um an ein solches Ziel zu gelangen, muss der Mensch aufhören, sich auf oberflächliche und vergängliche, wenn nicht dämonische Werte, wie Geld, Macht und überdurchschnittlicher Bedacht auf das eigene Wohl (Luxus,...) zu konzentrieren.
Gewiss fällt das nicht leicht, vor allem, wenn man in eine Zivilisation hineingeboren wurde die den Einzelnen Tag ein, Tag aus, mit ihren übermächtigen Händen umgibt und lenkt, nämlich so, wie sie es für angemessen und normgerecht hält. Das war früher so und erfreut sich auch heute noch großer „Beliebtheit“.
Haben die Menschen nicht den Mut aus dem gesellschaftlichen Zwangssystem auszubrechen und ihre eigene Wahrheit mit der ganzen Kraft ihres Herzens selbst zu entdecken? Ich denke nicht, dass ihnen grundsätzlich der Mut fehlt. Aber ich vertrete die Auffassung, dass die Menschheit viel zu träge und bequem ist, durch eine intensive Innenschau und einen Innendialog zum tiefsten und reinsten Grund ihrer Seele zu finden. Allein die Suche nach der Wahrheit und dem Sinn des Lebens kann von erheblicher Dauer sein und lässt so manchen vor dieser hochwertigen Aufgabe verzweifeln und/ oder resignieren.
Ich teile die Ansicht des Philosophen, dass durch den Prozess der Innenschau und des Innendialogs die wahre Tugend, das Gute, Schöne, Gerechte und Fromme im Menschen gefunden werden kann. Jeder muss es für sich selbst entdecken, da gibt es keinen von Menschenhand vorgegenebenen Maßstab, an dem es heißt, sich zu orientieren. Denn jeder Mensch hat seine Seele, seine Aufgabe und seine Lebensphilosophie. Wir sind alle verschieden, doch im tiefsten Grunde eines jeden Menschen Herzen sind wir alle gleich - wir sind gleich vor Gott.
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2 Brockhaus Enzyklopädie
3 dies.
4 Stavemann, 2002, S. 9
5 ders., S. 9
6 ders., S. 10
7 ders., S. 16
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