Ist die BAUSTEINE-Fibel für DaZ-Kinder geeignet? Eine Analyse


Hausarbeit, 2020

29 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. BEDEUTUNG VOM LESEN- UND SCHREIBENLERNEN

2. ANALYSE DES FIBELLEHRWERKS „BAUSTEI
2.1 AspektlnhaltundGliederu
2.1.1 Bezug zur Erfahrungswelt der Kinder
2.1.2 Identifikationsfiguren
2.1.3 Heterogenität und Inklusion
2.1.4 Rahmenlehrplan
2.1.5 Möglichkeiten des fächerübergreifenden Lernens
2.1.6 Aufbau und Kapitelstruktur
2.2 AspektSprache
2.2.1 Unterstützung der Verständlichkeit durch Scaffolding
2.2.2 Angemessenheit von Wortwahl und Syntax
2.2.3 Förderung derAlltags- und Bildungssprache und sukzessive Einführung fachsprachlicher Begriffe
2.2.4 Differenzierende Aufgabenstellungen und Anregungen für Schreib- und Sprechanlässe
2.2.5 Grammatikalische Schwierigkeiten und spezielle Lemangebote für DaZ-Kinder
2.3 Aspekt Methodisches Konzep
2.3.1 LesemethodischerZugang
2.3.2 Lehrgangsorientierung der Fibel
2.3.3 Aufgabenstellungen zur Förderung der phonologischen Bewusstheit
2.3.4 Möglichkeiten zum multisensorischen Lernen
2.3.5 Integration neuer Medien
2.4 Aspekt graphische Gestaltung und Handhabbarkeit der Fi
2.5 Aspekt Materialkranz zur Begleitun

3. FA

4. ABBILDUNGSVERZEICH

5. LITERATURVERZEICHNI

1. Bedeutung vom Lesen- und Schreibenlernen

Lesen- und Schreiblernen steht für viele Kinder im Mittelpunkt des Besuchs der ersten Jahrgangsstufe. Bis dahin müssen sie in der Regel ihre Eltern bitten, dass sie ihnen etwas vorlesen. Kaum ein Kind freut sich nicht auf die Schule und auf das Lernen von Lesen und Schreiben. Diese Erfahrungen im Schriftspracherwerb können dabei bedeutend für die Ein­stellung zum weiteren Lernen in der Schule sein. Ein schlechter Leser wird nicht selten zum schlechten Schüler, weil bei fehlender Förderung sich bereits im ersten Schuljahr Misserfolge einstellen und die Motivation darunter leidet.

Dabei ist dieser so wichtige Erstleseunterricht oft vom Einsatz einer Fibel geprägt. „Die Fibel ist das Leselernbuch, das schrittweise die Schriftsprache vermitteln und die Motivati­on zum Lesen sowie eine positive Einstellung zum Buch fundieren und festigen soll“ (Schenk, 2019, S 177). Dabei stellt sich die Frage, um ein „genormtes Buch“ wie die Fibel der heterogenen Schülerschaft einer Klasse gleichermaßen die Schriftsprache vermitteln und sie damit motivieren kann. Jedes Kind ist individuell und bringt unterschiedliche Vo­raussetzungen für den Schriftspracherwerb in den Erstleseunterricht mit. Manche können bereits gut lesen, andere nur ihren Namen lesen und schreiben und wieder andere erlernen die deutsche Sprache als Zweitsprache und bedürfen deshalb einer besonderen Förderung. Oftmals werden zwar in der Fibel Informationen über das Leben in anderen Kulturkreisen thematisch aufgegriffen, allerdings bleiben die Lembedürfnisse der Zielgruppe der DaZ- Kinder oft im Fibellehrgang vollkommen unberücksichtigt und sorgen damit dafür, dass viele von Anfang nicht über die gleichen Chancen für schulischen Erfolg verfügen .

Vor diesem Hintergrund soll in dieser Arbeit die „BAUSTEINE“ Fibel im Hinblick auf die Eignung für den Schriftspracherwerb bei DaZ-Kindern analysiert werden. Um diese The­menstellung umfassend zu erläutern, wird nach der Einleitung im zweiten Kapitel eine umfassende Analyse des Fibellehrwerks vorgenommen. Diese Analyse unterteilt sich in die Aspekte Inhalt und Aufbau, Sprache, methodisches Konzept, graphische Gestaltung, Handhabbarkeit und Begleitmaterialien der Fibel. Besonderes Augenmerk liegt in diesem Kapitel auf der Sprache, da hier konkret die Potentiale und Schwierigkeiten beim Einsatz der Fibel für den DaZ-Unterricht herausgearbeitet werden. Im abschließen Fazit erfolgt eine Gesamtbetrachtung der Eignung der „BAUSTEINE“ Fibel.

2. ANALYSE DES FIBELLEHRWERKS „BAUSTEINE“

Dieses Kapitel stellt den zentralen Bestandteil der Ausarbeitung dar, in dem die „BAU­STEINE“ Fibel (Ausgabe Bayern) umfassend analysiert wird. Die ausgewählte Fibel „BAUSTEINE“ wurde von Herzog, Kobl, Schedl und Wolff erarbeitet und 2014 von Karin Kobl im Diesterweg Verlag, einem Verlag der Westermann Gruppe, herausgegeben. Die Fibel ist nur für die erste Jahrgangsstufe geeignet und kann in allen Bundesländern (eigene Ausgabe für das Bundesland Bayern - Grundlage dieser Arbeit) verwendet werden. Neben dem Aspekt des Inhalts und Aufbaus, der Sprache und des methodischen Konzepts werden die graphische Gestaltung und Handhabbarkeit für die Schülerinnen und Schüler sowie die Begleitmaterialien des Lehrwerks näher betrachtet. Diese Analysekriterien sind in Auszü­gen vom Buch Schriftspracherwerb von Schründer-Lenzen (2013) entnommen.

2.1 Aspekt Inhalt und Gliederung

Unter dem Aspekt Inhalt und Gliederung wird der Inhalt der Fibel „BAUSTEINE“ mit Fokus auf der Erfahrungswelt der Kinder, vorhandenen Identifikationsfiguren., der Hetero­genität der Gesellschaft und Inklusion, in den Blick genommen. Ferner werden die Einord­nung in den Rahmenlehrplan und die Möglichkeiten des fächerübergreifenden Lernens analysiert. Abschließend werden der Aufbau und die Kapitelstruktur der Fibellehrwerks erfasst.

2.1.1 Bezug zur Erfahrungswelt der Kinder

In dieser aktuellen Ausgabe nimmt die Fibel in zahlreichen Beispielen auf die kindliche Lebenswirklichkeit und Erfahrungswelt der Schülerinnen und Schüler der ersten Klassen Bezug. Kinder in diesem Alter wissen genau, wie man im Internet eine Homepage aufruft und damit auf bestimmte Inhalte zugreifen kann. Dies wird durch einen aktuellen Screens­hot (Fibel S. 83) der Homepage der Augsburger Puppenkiste aufgegriffen, ebenfalls ent­spricht die Abbildung des Bildschirms inklusive Tastatur auf S. 84 dem aktuellen Standard. Durch den Screenshot der Augsburger Puppenkiste mit „Der Räuber Hotzenplotz“ und weiteren Geschichten wie „Die kleine Hexe und ihr Rabe“ wird auf Kinderbuchklassiker von Otfried Preußler verwiesen. Neben diesen Textausschnitten werden in der vorliegen­den Fibelausgabe neuere Kinderbuchreihen wie die der „Olchis“ (S. 106f.) berücksichtigt. Die Fibel bezieht ferner Freizeitaktivitäten der Kinder wie Spielen auf dem Spielplatz, Fußballspielen oder Tanzen und das Leben in der Schule und Familie mit ein. Beispiels­weise werden die beliebten Beschäftigungen der Kinder „Schule spielen“ und „Verkleiden spielen“ aufgegriffen. Immer wieder wird Bezug genommen auf Themen aus Natur und Umwelt, ein ganzes Kapitel widmet sich beispielsweise den Tieren aus aller Welt (Fibel S. 70-79). Die Begegnung mit fremden Ländern, Kulturen, Sprachen und Behinderungen wird in der Fibel ebenfalls nicht vernachlässigt. Für Kinder sehr spannende Themen wie Räuber, Gespenster oder Rätsel finden sich ferner in der Fibel wieder. Durch die vielfälti­gen aus der Erfahrungswelt der Kinder stammenden Themen sollen die Erstklässler moti­viert werden, ihr Erstlesebuch gerne zur Hand zu nehmen und Freude beim Lesen entwi­ckeln.

2.1.2 Identifikationsfiguren

In der „BAUSTEINE“ Fibel existieren mehrere Identifikationsfiguren. Zu den menschli­chen Identifikationsfiguren gehören das Mädchen Lea und der Junge Leo, welche bereits zu Beginn (Fibel S. 7) vorgestellt werden und die Leseanfängerinnen und Leseanfänger auf vielen Fibelseiten und in den Arbeitsheften begleiten. Hierbei ist positiv anzumerken, dass beide Geschlechter als Identifikationsfiguren verwendet worden sind, so dass sich sowohl Schülerinnen als auch Schüler mit einer der beiden Figuren identifizieren können. Beide tauchen über die Fibel verteilt immer wieder auf, sind aber trotzdem nicht überall zu sehen. Es wird kein traditionelles Familienleben der beiden gezeigt, trotzdem sind Lea und Leo nie alleine unterwegs, da sie von vielen anderen Fibelkindem in unterschiedlichen Lebens­bereichen begleitet werden. Als weitere Begleitfigur kann der Elefant Eie angesehen wer­den, welcher bei den Erstklässlern für Vertrautheit sorgt. Er wird zusammen mit Lea und Leo zu Beginn vorgestellt. Ein Elefant eignet sich eher weniger als Identifikationsfigur, kann aber im Sinne eines Kuscheltiers für Vertrautheit und Unterstützung für die Kinder sorgen. Eie erklärt beispielsweise auf den „Aha“ Seiten, worauf beim Lesen und Schreiben besonders geachtet werden muss (Fibel S. 22f.). Außerdem wird die Anlauttabelle als „Ele- Plan“ bezeichnet, übertragen hilft also der Elefant Eie den Kindern beim Lesenlernen. Zu­dem gibt es Eie als Handpuppe für den Einsatz im Unterricht, was zu einer zusätzlichen Motivation der Kinder beitragen kann.

2.1.3 Heterogenität und Inklusion

Bereits zu Beginn der Weimarer Republik war die Grundschule als die Schulform ange­dacht, welche eine Schule für alle Kinder darstellen soll. Allerdings ist gerade dieser An­spruch bis heute nur eingeschränkt erfüllt worden, obwohl mit der Ratifizierung der UN­Behindertenrechtskonvention im Jahr 2008 die Inklusionsdebatte und Heterogenität an Schulen neu in den Fokus genommen wurde (Naugk et al., 2016). Inklusiver Unterricht ist weit mehr als die Integration von Kindern mit Behinderung in den Schulalltag. „Inklusion (...) berücksichtigt weitere Dimensionen von Vielfalt, z.B. Migration, Geschlecht, sozialen Status, und wertschätzt die individuellen Bedürfnisse, Zugänge, Umgangsweisen unter­schiedlicher Kinder beim gemeinsamen Lernen“ (Naugk, et al., 2016, S.9). Nach Wocken (Vortrag im Rahmen der SSE Vorlesung, 19.06.2018) trägt die inklusive Schule der Viel­falt der Kinder Rechnung. Jedes Kind ist individuell und besonders und soll dementspre­chend wahrgenommen werden. Neben der Vielfalt der Kinder tragen die Vielfalt des Un­terrichts und die Vielfalt der Pädagogen zum Bestehen einer inklusiven Schule bei.

In der vorliegenden Fibel „BAUSTEINE“ wird versucht, die Heterogenität in einer Klasse durch die unterschiedlichen Charaktere der Kinder widerzuspiegeln, da jedes Kind mit verschiedenen Voraussetzungen, nicht nur im sprachlichen Bereich, in die erste Klasse kommt. In der Fibelklasse gibt es beispielsweise das im Rollstuhl sitzende Mädchen Lola (Fibel S. 9), welches immer wieder in unterschiedlichen Situationen auftaucht. Dabei ist positiv hervorzuheben, dass das Mädchen nicht nur im Schulalltag abgebildet wird, son­dern die anderen Fibelkinder bei unterschiedlichen Freizeitaktivitäten wie beim Spielen auf dem Kinderspielplatz begleitet. Obwohl in der Fibel nie explizit auf das Thema Behinde­rung eingegangen wird, kann es durch diese Art der Darstellung gut aufgegriffen werden. Ferner wird die breite Vielfalt von Haut- und Haarfarben auf der Welt in der Fibel sehr gut nachgebildet. Es wird exemplarisch auf Kinder aus anderen Ländern eingegangen (Fibel S. 103). Anzumerken bleibt, dass in dieser Fibel nicht im Vorhinein integrierte Sprachleman- gebote für Erstleserinnen und Erstleser mit Migrationshintergrund zur Verfügung stehen, wie es beispielsweise in anderen Fibellehrwerken der Fall ist.

2.1.4 Rahmenlehrplan

Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Analyse eines Fibellehrwerks ist, ob das Fibellehr­werk alle Bereiche des Deutschunterrichts abbildet, welche im Rahmenlehrplan vorgese­hen sind. Das Kompetenzstrukturmodell des Faches Deutsch für den LehrplanPLUS Grundschule, sozusagen der gültige Rahmenlehrplan für das Fach Deutsch an Grundschu­len in Bayern, weist folgende vier Kompetenzbereiche aus: Sprechen und Zuhören, Lesen - mit Texten und weiteren Medien umgehen, Schreiben und Sprachgebrauch und Sprache untersuchen und reflektieren. Die Schülerinnen und Schüler sollen im Deutschunterricht der Grundschule durch Untersuchen der Sprache ihr Sprachbewusstsein erweitern. Der Schriftspracherwerb, worin als Möglichkeit die Fibelarbeit aufzuführen ist, bildet dabei keinen separaten Kompetenzbereich. Die Prozesse des Lese- und Schreibenlernens sind im Anfangsunterricht der ersten Klasse eng miteinander verbunden. Die entsprechenden Kompetenzerwartungen sind in unterschiedlichen Bereichen enthalten (Schreiben, Lesen - mit Texten und weiteren Medien umgehen und im Bereich Sprachgebrauch und Sprache untersuchen und reflektieren) (ISB, 2020).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die einzelnen Kompetenzerwartungen in den jeweiligen Kompetenzbereichen finden sich alle in der „BAUSTEINE“ Fibel wieder. Die Kompetenzerwartungen in den beiden Kom­petenzbereichen Lesen - mit Texten und weiteren Medien umgehen und Sprachgebrach und Sprache untersuchen und reflektieren werden überwiegend in der Gestaltung des Fi­bellehrwerks „BAUSTEINE“ und den Arbeitsheften „Teil A“ und „Teil B“ aufgegriffen, wohingegen der Bereich Schreiben hauptsächlich in den Arbeitsheften Schreiblehrgang „Schulausgangsschrift“ und Schreiblehrgang „Vereinfachte Ausgangsschrift“ zu finden ist. Seit dem LehrplanPLUS ist es in Bayern möglich, die Schulausgangsschrift anstelle der Vereinfachten Ausgangsschrift zu verwenden. Allerdings wird in den Arbeitsheften „Teil A“ und „Teil B“ das Schreiben in Druckschrift gefordert und gefördert. Als Orientierungs­hilfe für die Lehrkraft sind sowohl in der Fibel als auch in den Arbeitsheften in der Fußzei­le die Bezüge zu konkreten Lehrplankompetenzen angegeben.

Sprache - Wortschatz und Strukturen entwickeln und untersuchen

- Wortschatz situationsgemäß verwenden
- sich in der deutschen Sprache bewusst ausdrücken
- sprachliche Verständigung untersuchen
- Mehrsprachigkeit nutzen - Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Sprachen entdecken
- Wortschatz richtig schreiben und Rechtschreibstrategien anwenden

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Kompetenzstrukturmodell des Faches Deutsch als Zweitsprache der Grundschule in Bayern (ISB, 2020)

Grundschule, allerdings sind die Kompetenzbereiche im Detail anders benannt, um die besonderen Aspekte beim Zweitspracherwerb zu betonen (ISB, 2020). Auf die Eignung des Fibellehrwerks im Hinblick auf die spezifischen Kompetenzerwartungen im DaZ- Unterricht wird im Punkt 2.2 näher eingegangen.

2.1.5 Möglichkeiten des fächerübergreifenden Lernens

Folgender Abschnitt gibt einen Überblick über die Möglichkeiten des (fächerübergreifen­den Lernens anhand dieser Fibelausgabe. Das vorliegende Lehrwerk bietet Vemetzungsan- gebote des schriftsprachlichen Lernens mit Fächern wie Kunst, Musik, Sport und Heimat- und Sachunterricht. Die Fibel bietet zahleiche thematische Anknüpfungspunkte an den Anfangsunterricht in Heimat- und Sachkunde. Im Kapitel „Tiere in aller Welt“ (Fibel S. 70 - 79) lernen die Erstleserinnen und Erstleser sowohl heimische Tiere wie die Kohlmeise (Fibel S. 73) als auch fremde Arten wie das Yak oder die Hyäne (Fibel S. 75) kennen. Dar­über hinaus erhalten die Kinder einen Einblick in die Themen Schulweg (Fibel S. 18f.), Rund um die Welt (S. 43), Beim Zahnarzt (S. 62f.), das Bundesland Bayern (Fibel S. 108f.) und die Jahreszeiten (S. Ulf), welche eine Verbindung zum Heimat- und Sach­unterricht bilden. Außerdem finden sich einige Anknüpfungspunkte an verschiedene Feste, womit die Schülerinnen und Schüler entweder in ihren Familien bereits in Berührung ge­kommen sind oder im Schulleben in Berührung kommen. Besonders auffällig sind in der Gestaltung der „BAUSTEINE“ Fibel die Bezüge zu den musischen Fächern Sport, Musik und vor allem Kunst. AufFibel S. 12 wird beispielsweise „Silben hüpfen“ gespielt oder auf Fibel S. 17 ein Staffelspiel mit Anlautkarten ausgetragen, welche unter dem großen Schlagwort Bewegung im Klassenzimmer verortet werden können. Diese können konkret im Sportunterricht wieder aufgegriffen werden und möglicherweise um zusätzliche Ele­mente ergänzt werden. Desweiterem finden die Sportarten Fußball (S. 64f., 105) und Tanz (S. 66f.) im Fibellehrwerk Platz. AufFibel S. 20 gestalten die Fibelkinder je ein eigenes Plakat von sich selbst in Lebensgröße. Dies kann im Kunstunterricht nachgebastelt werden, zusätzlich sind hier die Kinder gefordert, zusammenzuarbeiten, denn kein Kind kann sei­nen eigenen Körperumriss alleine gestalten. Es gibt zahlreiche Abbildungen von Kunst­werken von berühmten Künstlern wie Paul Klee (S. 24, 48), James Rizzi (S. 37), Joan Miro (S. 58), Franz Marc (S. 70), Wassily Kandinsky (S. 80) und Robert Delaunay (S. 110). Zu den einzelnen Bildern gibt es jeweils verschiedene Aufgabenstellungen und Impulse, bei­spielsweise konkrete Suchaufträge für Bildausschnitte, Fragen zur Entstehung des Bildes oder Fragen an ein Tier im Bild. Durch diese wird sichergestellt, dass die Schülerinnen und Schüler in Interaktion mit dem Kunstwerk treten können. Möglichkeiten zum Musizieren werden geboten. So finden sich das Lied „Auf da Mauer, auf da Lauer sitzt a kloane Wanzn“ (S. 104) und ein Nussrondo als rhythmischer Sprechgesang (S. 114) in der Fibel. Anknüpfungspunkte existieren über die musischen Fächer hinaus an die Religionslehre in den Bereichen Gefühle oder Feste der Kirche wie St. Martin (S. 113) und Nikolaus (S. 114). Vereinzelt verfügt die „BAUSTEINE“ Fibel über minimale Querverweise auf das Fach Englisch wie einen Zungenbrecher (S. 97) oder ein einzelnes Wort (S. 93). Dies sollte kritisch betrachtet werden. Englisch zählt zwar nicht zu den Fächern, welche in einer ers­ten Klasse in Bayern nach dem LehrplanPLUS unterrichtet werden, allerdings könnte durch mehrere Bezüge die Heterogenität im Klassenzimmer eher berücksichtigt werden. Im Lehrerhandbuch finden sich zusätzlich als Unterstützung noch konkrete Vorschläge für bestimmte Themen für den fachübergreifenden Unterricht, beispielsweise auch für den Mathematikunterricht.

2.1.6 Aufbau und Kapitelstruktur

Bevor im nächsten Punkt der Fokus auf der Sprache liegt, wird zum Abschluss dieses Ka­pitels der Aufbau und die Kapitelstruktur der vorliegenden Fibel analysiert. Die Fibel be­ginnt mit einer Abbildung der Schreibtabelle (S. 2f.), dem sogenannten Ele-Plan - nament­lich angelehnt an die Begleitfigur Eie. Eie taucht auf zahlreichen Seiten auf. Nach der Schreibtabelle folgt das bunte Inhaltsverzeichnis mit einer kleinen Symbolerklärung (S. 5). Diese Symbole sind immer wieder in den einzelnen Kapiteln abgedruckt. Die Fibel besteht aus neun verschiedenen Kapiteln mit unterschiedlichen thematischen und sprachlichen Schwerpunkten. Diese neun Kapitel sind schon rein äußerlich durch unterschiedliche Far­ben und Symbole deutlich voneinander abgegrenzt, was zur Übersichtlichkeit beiträgt. Im ersten Kapitel ist die Arbeit mit der Anlauttabelle noch von großer Bedeutung, beinahe auf jeder Seite ist hier oberhalb von jedem Buchstaben das entsprechende Anlautbild abge­druckt, um die Erstleserinnen und Erstleser mit der Arbeit mit dem Ele-Plan vertraut zu machen. Ab dem zweiten Kapitel werden allerdings nur noch die Anlautbilder aus der Ta­belle für neue Buchstaben abgedruckt. Werden neue Buchstaben auf einer Seite eingeführt, sind diese immer oben groß mit Anlautbild dargestellt. Die Geschichten in den einzelnen Kapiteln sind meist recht kurz und beschäftigen sich mit den jeweiligen neu eingeführten Buchstaben, so dass diese Struktur für die Kinder gut nachzuvollziehen ist. Jedes Kapitel endet mit den sogenannten „Aha“-Seiten, auf denen Eie den Kindern nochmals erklärt, worauf beim Lesen und Schreiben geachtet werden muss und mit welchen Tipps und Tricks das Lesen und Schreiben leichter fällt. Die „Aha“-Seiten sind dabei farblich von den anderen Seiten in einem knalligen Gelb abgesetzt, damit das Nachschlagen vereinfacht wird. Die „Aha“-Seiten haben dabei immer einen anderen Fokus, beispielsweise Nomen und bestimmte/ unbestimmte Artikel (S. 46f.). Für Kinder, welche bereits bei Schulbeginn lesen können oder sehr schnell lernen, finden sich beinahe auf jeder Seite Differenzie­rungstexte - versehen mit einem Rahmen und Sternchen. Hier sind noch nicht explizit ein­geführte Buchstaben in den Wörtern enthalten. Ab dem dritten Kapitel verfügen die Texte der Fibel über sogenannte Erweiterungstexte, diese sind innerhalb des Textes grau abge­druckt. Dabei handelt es sich um Ergänzungen, welche für das grundlegende Textver­ständnis nicht von Nöten sind, aber als zusätzliches Lesefutter Verwendung finden können. Die letzten beiden Kapitel beinhalten insbesondere zahlreiche Lesetexte und ein Potpourri zum Jahreskreis. Das Lesekapitel enthält mitunter Passagen aus Kinderbüchern und ver­schiedene Textsorten wie Abzählreime oder Lieder. Die Texte sind anspruchsvoller und können sowohl zum Vorlesen oder im Laufe des Schuljahres bei fortgeschrittenem Können zum eigenen Lesen verwendet werden. Durch die verschiedenen Ausschnitte aus Kinder­büchern soll das Medium Buch für die Kinder von Beginn an attraktiv gemacht werden. Das Interesse an Büchern und die Lesemotivation soll angeregt beziehungsweise gefördert werden. Die Lehrkräfte finden am unteren Rand der jeweiligen Seite immer Hinweise zu den konkreten Lernzielen und Verweise zu den Seiten im Arbeitsheft, welche das Arbeiten mit dieser Fibel zusätzlich erleichtern. Die Fibel schließt mit einer zweiten Schreibtabelle ab, auf der sowohl Groß- als auch Kleinbuchstaben zu finden sind. Die Schreibtabelle zu Beginn des Lehrwerks enthält hingegen nur die Großbuchstaben. Insgesamt bietet die „BAUSTEINE“ Fibel eine klare Struktur, die den Kindern beim Schriftspracherwerb zu Gute kommt und die sich in den Zusatzmaterialien zur Fibel wiederfinden lässt. Ob die sprachliche Gestaltung für Kinder und insbesondere DaZ-Kinder vorteilhaft ist, wird im folgenden Kapitel untersucht.

2.2 Aspekt Sprache

Hier wird die Sprache der „BAUSTEINE“ Fibel unter Berücksichtigung von DaZ- spezifischen Besonderheiten analysiert. Dabei wird insbesondere auf Scaffolding zur Un­terstützung der Verständlichkeit, die Angemessenheit von Wortwahl und Syntax für DaZ- Kinder und die Förderung der Alltags- und Bildungssprache eingegangen. Ferner liegt der Fokus auf der sukzessiven Einführung fachsprachlicher Begriffe. Besonders von Interesse ist in diesem Kapitel, welche grammatikalischen Schwierigkeiten bei DaZ-Kindern auftre­ten können und ob differenzierende Aufgabenstellungen zur Förderung angeboten werden.

2.2.1 Unterstützung der Verständlichkeit durch Scaffolding

Der Begriff „Scaffolding“ kann aus dem Englischen als „Gerüst“ übersetzt werden. Scaf­folding kann als Unterstützungsmedium bei der Förderung und Bildung von Sprache die­nen. „Mit dem Scaffolding haben Lehrkräfte eine lerntheoretisch fundierte und wirksame Methode an der Hand, welche die Möglichkeit bietet, Kinder fächerübergreifend zu unter­stützen“ (Skerra, 2018, S. 1). Nach Gibbons (2002) sind drei Aspekte des Scaffoldings besonders bedeutend: Zukunftsorientierung, Befähigung zum Aufbau von neuem Wissen und vorübergehende Hilfe. Das bedeutet, dass das Gerüst nach dem Kompetenzaufbau wieder weggenommen werden kann.

Formal bedeutet das für den Unterrichtseinsatz, dass jeder möglichen Diskursfunktion entweder eine oder mehrere Visualisierungsmöglichkeit(en) zugeordnet werden. Die Kom­bination von visuellen und verbalen Aspekten der Unterstützung führt zu einer verbesser­ten Kognitivierung der Diskursfunktionen (Rienecker, 2010). „Im Sinne einer offenen Her­angehensweise sollten die Lernenden langfristig dazu befähigt werden, selbstständig die jeweiligen Sprachhandlungen zu identifizieren, die von bestimmten Aufgaben eingefordert werden“ (Böing, Grannemann & Lange-Weber, 2017). Als Möglichkeiten zur Unterstüt­zung der Verständlichkeit können textstrukturierende Aspekte wie Markierungen oder Textabsätze dienen (Gattermeier & Siebauer, 2018).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Beispielsweise finden sich so wohl in den Arauch im Fibellehrwerk Piktogramme, welche kurzen Arbeitsanwei­sungen zugeordnet sind. Diese tragen zur schnellen Verständlichkeit und zum selbstständigen Arbeiten bei und können so für DaZ- Kinder bei der Bearbeitung der einzelnen Aufgaben eine große Un­terstützung sein. Viele von diesen Piktogrammen wie „einkreisen“ oder „ankreuzen“ sind selbsterklärend, so dass die kurzen Arbeits­anweisungen meist nicht einmal von Nöten wären. Ferner wird die Arbeit mit dem Ele- Plan klar strukturiert und visualisiert, so dass die Verwendung der Silbenbögen und Laut­steinen ohne verbale Anweisungen verständlich wird. Dies ist für DaZ-Kinder sicherlich von Vorteil.

2.2.2 Angemessenheit von Wortwahl und Syntax

„Bei der Wortauswahl muss zum einen der aktive Wortschatz des Schulanfängers und die Eignung der Wörter für die Vermittlung der Laut-Buchstaben-Zuordnung berücksichtigt werden, zum anderen ist ein angemessener Steilheitsgrad zu beachten“ (Schenk, 2019, S. 181). All diese Aspekte werden in der Fibel „BAUSTEINE“ berücksichtigt, der Lehr­gang orientiert sich beim Wortschatz am im LehrplanPLUS ausgewiesenen Grundwort­schatz. Speziell stammt die Auswahl aus den 100 häufigsten Wörtern sowie aus Übungs­schwerpunkten des LehrplanPLUS für die ersten beiden Jahrgangsstufen (Kobl, 2019). Ein Verzeichnis mit Erklärungen zu schwierigen Wörtern, welche nicht aus dem Grundwort­schatz stammen, befindet sich im Anhang der Fibel. Für DaZ-Lemer ist es besonders wich­tig, ob die die Themen und somit der Wortschatz aus ihrer Lebenswirklichkeit, ihrem All­tag und ihren Interessen stammen (Hoffmann et al., 2017). Dies ist zwar in der „BAU­STEINE“ Fibel gegeben, allerdings gibt es noch mehrere Aspekte zu bedenken. Es werden den DaZ-Kindem sehr wenige Kombinationsmöglichkeiten für die einzelnen Wörter prä­sentiert. Außerdem wird kein Netzwerk von benachbarten Begriffen desselben Wortfeldes in der Fibel abgebildet, was die Verknüpfung für DaZ-Kinder sehr vereinfachen würde. Generell kritisch zu betrachten ist die inkonsistente Verwendung von Artikeln in der Fibel, so finden sich beispielsweise auf Fibel S. 22 Sätze wie „Lea und Leo suchen Lauch.“ und „Sinan und Lola suchen Schlauch“. Oft kommen nur unbestimmte Artikel vor. Die Arti­kelverwendung im Deutschen ist allerdings unumgänglich, da sich diese von anderen Erst­sprachen deutlich unterscheidet. Auch einzelne (neue) Wörter, welche zu erlesen sind, werden ohne Artikel verwendet. So kann es zu keiner Verknüpfung von Artikel und No­men bei den Kindern kommen. Übrigens ist dies ein Problem, welches nicht zur explizit DaZ-Kinder vor Herausforderungen stellt. Selbst in der Liste mit Wörtern, welche nur in den Arbeitsheften zum Schreiblehrgang und nicht in der Fibel selbst zu finden sind, sind keine Artikel zu den Wörtern abgedruckt. Generell ist die Liste mit Wörtern für DaZ- Kinder und für Kinder mit Erstsprache Deutsch wenig unterstützend. Die Wörter sind we­der nach thematischen Einheiten noch nach Wortarten gegliedert und die Liste ist äußerst unübersichtlich. Im Hinblick auf die Syntax ist noch anzumerken, dass der Fokus in der Fibel auf Aussagesätzen liegt. Je schwieriger die Texte werden, umso mehr Frage- und Ausrufesätze beinhalten diese. In den ersten Kapiteln finden sich Fragesätze überwiegend in den eingerahmten Textpassagen, in denen Wörter mit Buchstaben enthalten sind, welche zu dem Zeitpunkt noch nicht gelernt wurden. Im Hinblick auf DaZ-Kinder kann dies so­wohl positiv als auch negativ gesehen werden. Auf der einen Seite können sie sich zu Be­ginn ausschließlich auf die Syntax eines Aussagesatzes konzentrieren und werden nicht von anderen Wortstellungen im Satz verwirrt. Auf der anderen Seite werden die Schülerin­nen und Schüler im Unterricht mit vielfältigen Fragesätzen konfrontiert. Um einen optima­len Lernerfolg bei DaZ-Kindem im Hinblick auf Wortwahl und Syntax bei der Arbeit mit der „BAUSTEINE“ Fibel zu erreichen, ist es notwendig, dass die Lehrkraft die vorhandene Struktur mit passenden Elementen wie der Wortfeldarbeit ergänzt.

2.2.3 Förderung der Alltags- und Bildungssprache und sukzessive Einführung fach sprachlicher Begriffe

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Von der Alltags- zur Bildungssprache (Schründer-Lenzen, 2013, S. 109)

Zweitsprachförderung darf nicht mehr nur unterrichtsergänzend stattfinden und in den se­parat durchgeführten DaZ-Unterricht verlagert werden, sondern muss fächerübergreifend berücksichtigt werden. Dafür ist es notwendig, dass Alltags- und Bildungssprache in der Fibelarbeit gefördert und sukzessive fachsprachliche Begriffe eingeführt werden. Zum ge­forderten Können zählt, dass die Kinder Alltags- und Bildungsssprache bewusst unter­scheiden lernen (Schründer-Lenzen, 2013). Gogolin und Lange (2010) betonen dabei, dass für DaZ-Kinder nicht die Alltagssprache die große Herausforderung darstellt, sondern in vollen Umfang an der schulischen Bildungssprache teilhaben zu können. Dies beinhaltet neben sprachlichen konkreten Kompetenzen „eine über die le­bensweltbezogene Verständigung hinausgehende Integration von kul­turell verankertem Welt- und Fachwissen“ (Schründer-Lenzen, 2013, S. 108). Das Schaubild ver­deutlicht, wie konkret die Bildungs­sprache ausgehend von der Alltags­sprache gefördert werden kann.

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Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Ist die BAUSTEINE-Fibel für DaZ-Kinder geeignet? Eine Analyse
Hochschule
Universität Passau
Note
1,0
Autor
Jahr
2020
Seiten
29
Katalognummer
V931811
ISBN (eBook)
9783346252715
ISBN (Buch)
9783346252722
Sprache
Deutsch
Schlagworte
bausteine-fibel, analyse, daz-kinder, eine
Arbeit zitieren
Theresa Sammereier (Autor:in), 2020, Ist die BAUSTEINE-Fibel für DaZ-Kinder geeignet? Eine Analyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/931811

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