Gütertausch im 12. Jahrhundert

Motive und Handlungsspielräume von König und Fürst


Hausarbeit, 2005

13 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Entstehungskontext
2. 1. Ausgangssituation Barbarossas
2. 2. Ausgangssituation des Löwen

3. Die rechtlichen Bestimmungen der Urkunde

4. 1. Konsequenzen für Kaiser Friedrich I
4. 2. Konsequenzen für Heinrich den Löwen
4. 3. Konsequenzen für das Reich

5. Zusammenfassung

6. Literaturverzeichnis
6. 1. Quellenverzeichnis
6. 2. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In der Mediävistik stand die Betrachtung des Verhältnisses zwischen Kaiser Friedrich I. Barbarossa und Heinrich dem Löwen lange unter dem Einfluss der Vorstellung eines staufisch-welfischen Gegensatzes. Demnach hätten Hohenstaufer und Welfen als jeweils einheitliche Gruppen agiert und dieselben Ziele verfolgt. Da die Theorie des Gegensatzes der beiden Häuser in der mittelalterlichen Forschung so omnipräsent zu sein schien, haben viele Historiker wie beispielsweise Odilo Engels oder Alfred Haverkamp[1] bis in die 80er und 90er Jahre des letzten Jahrhunderts die Ergebnisse ihrer Quellenarbeit an dieser Theorie ausgerichtet, obwohl die Befunde in den Quellen durchaus auch den gegenteiligen Schluss zugelassen hätten.

Denn wie neuere Untersuchungen zeigen[2], gab es weder einen staufischen noch einen welfischen Block. Weder Welf VI. und Heinrich der Löwe noch Barbarossa und beispielsweise Pfalzgraf Konrad agierten stets gemeinsam und verfolgten immer die gleichen Ziele. So erkannte schon Bradler 1973, dass Ravensburg „seine Stadtentstehung internen welfischen Spannungen zwischen Welf VI. und Heinrich dem Löwen“ verdankt[3]. Ebenso lässt sich als Gegenbeweis zur Theorie eines staufischen Blockes die Tübinger Fehde in den sechziger Jahren des 12. Jahrhunderts anführen, bei der es um die Vorherrschaft in Schwaben ging und Barbarossa nicht Friedrich IV. von Schwaben unterstützte, sondern sich auf die Seite der süddeutschen Welfen stellte[4]. Wenn man sich also lossagt von der vorgefertigten Theorie des Gegensatzes, was ja nicht heißen muss, dass einzelne Staufer mit einzelnen Welfen keine Probleme hatten, und die Quellen davon befreit untersucht, ergeben sich häufig völlig andere Schlüsse über Handlungsspielräume und Motive der Protagonisten.

Im Folgenden soll ein Gütertausch zwischen Kaiser Friedrich I. und Heinrich dem Löwen betrachtet werden, der durch eine am 1. Januar 1158 in Goslar angefertigte Urkunde überliefert worden ist[5]. Ob deren Inhalt auf einen Konflikt zwischen den beiden Vettern hindeutet oder ob ganz andere Interessen eine Rolle spielten, soll erst nach getaner Quellenarbeit festgestellt werden, damit die Ergebnisse nicht von einer vorher bestehenden Theorie beeinflusst werden.

Da mittelalterliche Urkunden allerdings nicht daraufhin konzipiert wurden, Ordnungsgefüge und Rechtsvorstellungen als Ganzes zu übermitteln, sondern immer nur auf den Einzelfall bezogene Normen widerspiegeln, ist es natürlich notwendig Bezug auf bestimmte Erklärungsmodelle zu nehmen[6].

Im Rahmen dieser Arbeit wird der recht komplizierte Vorgang des Gütertausches untersucht und in einen historischen Kontext gebunden werden. Es wird der Frage nachgegangen, wie man sich solch einen Tausch vorstellen muss und was für Erfordernisse es gab. Außerdem soll versucht werden zu erklären, welche Folgen sich aus dem Tausch für die Protagonisten ergaben und aus welchen Motiven heraus sie handelten.

2. Entstehungskontext

Im Folgendem soll erläutert werden, in welcher Ausgangsposition sich die beiden Hauptprotagonisten dieser Urkunde zum Zeitpunkt ihrer Ausstellung befunden haben, in welche (Macht-)Kämpfe sie verwickelt waren, ob sie gerade einen Sieg für sich verbuchen konnten und welche Aufgaben als nächstes auf sie warteten. Das ganze soll dem besseren Verständnis für ihre Handlungsweise dienen, daher wird es teilweise recht ausführlich erscheinen.

2. 1. Ausgangssituation Barbarossas

Nachdem Barbarossa 1155 zum Kaiser gekrönt worden war, heiratete er in zweiter Ehe Beatrix, die Tochter des Grafen Rainald von Hochburgund[7]. Durch diese Heirat brachte er die Grafschaft Burgund und die Provence in sein staufisches Hausgut[8], was seine schwache territoriale Machtbasis am Beginn seiner Herrschaft – das Herzogtum Schwaben hatte er 1152 seinem Vetter Friedrich IV. überlassen und nur solange dieser unmündig war verwaltet – kompensierte[9].

Im September 1156 konnte Barbarossa den schon lange schwellenden Konflikt um das

Herzogtum Bayern zwischen Heinrich Jasomirgott und Heinrich dem Löwen friedlich durch ein für alle Seiten befriedigendes Ergebnis lösen[10].

Als es dann im Oktober 1157 auf dem Hoftag zu Besançon aufgrund der Übersetzung eines Papstbriefes durch Rainald von Dassel zum Streit mit dem Papst kam, konnte sich Barbarossa der Unterstützung der deutschen Fürsten und des deutschen Episkopats sicher sein. Der Papst sah sich gezwungen, da Barbarossa den Beistand der weltlichen und geistlichen Großen des Reiches genoss, einen Ausgleich mit dem Kaiser zu suchen[11].

Um die militärisch und wirtschaftlich aufsteigenden, sich politisch verselbst-ständigenden lombardischen Städte wieder in seinen direkten Herrschaftseinfluss zurückzuführen, plante der Kaiser für den Sommer 1158 seinen zweiten Italienzug und die Belagerung und Unterwerfung Mailands. Für dieses Unternehmen, das erhebliche Kräfte des Reiches zu bündeln verlangte, musste sich Barbarossa der Unterstützung der deutschen Fürsten sicher sein. Er schaffte es sogar Ungarn und Böhmen zur Stellung von Kontingenten zu bewegen[12].

Man kann sagen, dass Barbarossa zu Beginn des Jahres 1158 nahezu alle großen innenpolitischen Probleme gelöst hat und seinen ersten „außenpolitischen“ Streit mit dem Papst unbeschadet, wenn nicht sogar gestärkt überstanden hat. Hechberger kommt zu dem Schluss, dass Barbarossa sich „am Beginn der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre … zweifellos auf einem ersten Höhepunkt seiner Regierungszeit“ befand[13].

Nachdem der Kaiser das Weihnachtsfest 1157 in Magdeburg verbracht hatte, begab er sich zu Beginn des neuen Jahres nach Goslar, um besagtes Tauschgeschäft mit Heinrich dem Löwen vorzunehmen[14].

2. 2. Ausgangssituation des Löwen

Auch wenn die ältere Forschung von einem Konflikt zwischen Heinrich dem Löwen und Friedrich Barbarossa als einen durch Familienbande natürlich motivierten Gegensatz ausgeht, zeigt sich doch, dass der Löwe bis zu seiner Abweisung der Forderung Barbarossas in Chiavenna 1176, Truppen für einen erneuten Heerzug in Italien zu stellen[15], einer der treuesten und wohl auch fähigsten Waffengefährten des Kaisers war. So bewährte er sich auf dem ersten Italienzug seines Königs bei der Belagerung von Tortona und vor allem bei Kämpfen mit den Stadtrömern[16].

Heinrich, der seit 1147 Anspruch auf das Herzogtum Bayern erhob, bekam dieses 1156 unter Wegnahme der Mark Österreich zugesprochen, war damit „Doppel-Herzog“ und nahm folglich eine Sonderstellung unter den principes im Reich ein, wie sie nur sehr wenige Fürsten vor ihm innehatten. Besonders die Unterstützung des Kaisers in den Auseinandersetzungen mit dem sächsischen Adel sicherten und stärkten die Stellung des Löwen in Norddeutschland[17], der 1154 sogar das weltliche Investiturrecht über die „Slawenbistümer“ von Barbarossa erhielt[18].

[...]


[1] So beispielsweise Engels in: Staufer oder Haverkamp in: Herrschaftsformen.

[2] Der folgende Abschnitt bezieht sich, soweit nicht anders angegeben, auf die ausführlich recherchierte Arbeit von Hechberger: Staufer und Welfen.

[3] Zit. Bradler: Entstehung, S. 77.

[4] Hechberger: Staufer und Welfen, S. 294f.

[5] MGH D F I. 199.

[6] Vgl. Vollrath: Fürstenurteile, S. 39.

[7] Seine erste Ehe mit Adela von Vohburg wurde 1153 wegen angeblich zu naher Verwandtschaft in

Konstanz annulliert.

[8] Rahewin: Gesta II, 50, S. 380ff.

[9] Hechberger: Staufer und Welfen, S. 257.

[10] Rahewin: Gesta II, 57, S. 388ff und MGH D F I. 151.

[11] Rahewin: Gesta III, 10 – 20, S. 408ff.

[12] Ehlers: Friedrich, S. 238f.

[13] Zit. Hechberger: Staufer und Welfen, S. 269.

[14] Opll: Itenerar, S. 22f.

[15] Weinfurter: Erzbischof, S. 345.

[16] Ehlers: Friedrich, S. 235.

[17] Hechberger: Staufer und Welfen, S. 303.

[18] Jordan: Heinrich, S. 406.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Gütertausch im 12. Jahrhundert
Untertitel
Motive und Handlungsspielräume von König und Fürst
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Die Herrschaft Friedrichs I. Barbarossa
Note
2,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
13
Katalognummer
V93301
ISBN (eBook)
9783640097906
ISBN (Buch)
9783640119820
Dateigröße
411 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gütertausch, Jahrhundert, Herrschaft, Friedrichs, Barbarossa
Arbeit zitieren
Toni Börner (Autor:in), 2005, Gütertausch im 12. Jahrhundert, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93301

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