Wissen und Wollen - Das Zusammenspiel von Lernen, Motivationen und Emotionen

Der Versuch einer Bestandsaufnahme


Seminararbeit, 2002

28 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Definitionsversuche
2.1. Emotion und Kognition
2.2. Emotion und Motivation
2.3. Triebtheoretische Auffassung von Motivation
2.4. Die Hierarchie der Bedürfnisse nach Maslow
2.5. Neugiermotivation
2.6. Anreiztheoretisches Modell der Motivation
2.7. Entscheidung und Handlungsregulation
2.8. Leistungsmotivation
2.9. Zum Unterschied von Leistungsmotivation und Machtmotivation

3. Motivation und Kommunikation
3.1. Kommunikation als Bestandteil motivationaler Vorgänge und die Medien
3.2. Medialer Wissenserwerb

4. Schlussbetrachtung

Literatur

1. Einleitung

Was ist Motivation? Eine Frage, die leicht auch ins Philosophische abdriften kann und die die Menschen zu jeder Zeit beschäftigt hat. Was bewegt den Mensch, was treibt ihn an? Dies sind die Fragen, die die Philosophen immer wieder in den Raum warfen, wenn Neuerungen das Leben der Menschen herausforderten.

Die Geschichtsschreibung kennt und unterscheidet die Phasen der Gesellschaftsformen und des Arbeitens.

Von der Agrargesellschaft zur Industrie- und nun zur Informationsgesellschaft führt der Weg der Neuerungen auf den diversen Gebieten menschlichen Zusammenlebens. Die Anforderungen sind andere als vor hundert Jahren, man fordert die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen und die Zukunft den sich ständig neuen Aufgaben anpassenden Wissensarbeiter.

Was ist nun aber Motivation im engeren Sinne und wie wird mit dem Begriff in den Wissenschaften umgegangen? Welche Begriffe sind damit unabdingbar verknüpft und wie lässt sich das Beziehungsgeflecht zwischen der Motivation und den anderen Faktoren veranschaulichen und möglicherweise zu einem Modell des medialen Wissenserwerbs zusammenfügen? Diese Fragen und ein Blick auf weitere sich ergebende Themenfelder sollen im abschliessenden Kapitel nochmals aufgegriffen werden.

Wie wirkt Kommunikation? Und was hat das mit Motivation zu tun?

Kommunikation wirkt, d. h. sie hinterlässt Spuren beim Rezipienten. Der Eindruck „gegen eine Wand zu reden“ ist nicht idealtypisch. Kommunikation ist eine kognitive Erfahrung; in der Erinnerung wird die Erfahrung mit dem zeitgleich erfahrenen Gefühl verknüpft und es entsteht ein Bild dieser Erfahrung. Dieses Bild beinflusst späteres Handeln. Dem Handeln liegt die Motivation zugrunde. Dementsprechend müsste Kommunikation zur Motivierung von Menschen zu bestimmtem Handeln beitragen können.

Diese Vorstellung ist nicht neu: mit dem Einsatz von Lob und Tadel wird in den Schulen gearbeitet, das Lob, aber auch die gemäßigte Kritik dienen dem Ansporn des Lernenden. Wir benutzen Kommunikation um Wirkungen zu erzielen, um zu motivieren.

Welche Wirkungen Kommunikation hat und insbesondere die Massenkommunikation wird weitgehend in der Werbung verarbeitet und angewendet und beschäftigt als Medienwirkungsforschung implizit auch die Kommunikationswissenschaft. Aufgrund der Komplexität der Fragestellung wird am Ende dieser Seminararbeit kein elaboriertes Modell zum Wissenserwerb stehen, allerdings kann und soll die Bandbreite des Bezugsspektrums aufgezeigt werden.

Wie diese Seminararbeit zeigen soll, gehört der Motivation eine Schlüsselrolle in kommunikationspsychologischen und pädagogischen Betrachtungen zugedacht. Die Rolle der Medien in unserer Gesellschaft wächst, man spricht vom „Informationszeitalter“. Für den „Brainworker von morgen“ wird die Forderung nach der lebenslangen Lernbereitschaft zum existentiellen Kriterium der Überlebensfähigkeit. Auf dieser Ebene findet ein „fast ständiges“ Lernen statt und so kann man fragen, inwieweit für den Menschen im Informationszeitalter Lernen, und vorgelagert die Kommunikation, zum existenziellen Grundbedürfnis avanciert ist.

Weiter kann gefragt werden, welche Rolle die Medien bei der Verschiebung der Bedürfnisse hatten oder haben und welche Rolle sie in Zukunft im Hinblick auf Wissensvermittlung haben können. Da Lernen als informationsverarbeitender Vorgang zunehmend in das Leben der Menschen integriert wird, möchte ich bereits an dieser Stelle als Beispiel für die weitreichenden interdisziplinären Bezugsmöglichkeiten der Motivationsforschung den Hinweis auf zwei jüngere Arbeiten vorweg nehmen: Zum einen aus 2001 die in Giessen von Marc-Andre Reinhard vorgelegte Dissertation zur Glaubwürdigkeitsbeurteilung im Alltag. Er untersucht die Wirkung von Motivation und subjektiver Kompetenzerwartung. Reinhard stellt darin die Motivation der Urteiler in den Vordergrund der Betrachtungen und verweist auf ihre Relevanz u. a. in der „Geschworenenforschung“[1]. Zum anderen die aus 2000 von Vera Döring in Mainz vorgelegte Arbeit, in der sie Verbesserungsmöglichkeiten zur Motivation und Wissens-vermittlung zu Gunsten von Selbstständigkeit, unternehmerischem Interesses und Handeln bei Jugendlichen untersucht.[2]

Insbesondere im Zusammenhang mit Lernvorgängen taucht der Begriff „Motivation“ immer wieder auf und bereitet doch große Schwierigkeiten. Der Begriff des Willens verschwand zeitweise aus der Forschung, obwohl er sehr eng mit motivationalen Vorgängen verknüpft ist. Die Frage, auf die am Ende der Arbeit zurückgekommen werden soll ist, inwieweit Medien, die Wissen befördern und Wissenserwerb fördern können, motivierend auf informationsverarbeitende Vorgänge wirken können.

Diese Frage ist nach den Ergebnissen der PISA-Studie aktueller denn je und kann durchaus eigene Relevanz in sozial- und entwicklungspolitischen Diskussionen entfalten.

2. Defintionsversuche

Aufgrund der Vielfalt von alltäglichen Beschreibungen zu den Begriffen Denken, Fühlen und auch Motivation, werden im folgenden unterschiedliche Ansätze aufgezeigt. Es handelt sich dabei eben um Defintions versuche.

2.1. Emotionen und Kognitionen

Kognitionen definiert Edelmann als „jene Vorgänge, durch die ein Organismus Kenntnis von seiner Umwelt erlangt. Im menschlichen Bereich sind dies besonders: Wahrnehmung, Vorstellung, Denken, Urteilen, Sprache. Man könnte auch sagen: durch Kognitionen wird Wissen erworben. Kognitive Prozesse lassen sich von emotionalen (gefühlsmäßigen) und motivationalen (aktivierenden) unterscheiden. Diese Trennung ist jedoch weitgehend eine analytische. In der Regel sind auf Erkenntnis bezogene (= kognitive) Prozesse eng mit emotionalen und motivationalen verbunden.“[3]

Edelmann zitiert Ulichs zehn Bestimmungsmerkmale von Emotionen bzw. Gefühlen.[4] Ihnen sind demnach folgende Merkmale eigen:

- Zustandsbewusstsein, die Erfahrung eines Gefühls stelle „die leib-seelische Zuständlichkeit“[5] in den Mittelpunkt der Wahrnehmung; mit anderen Worten, Gefühle werden subjektiv erfahren.
- Selbstbetroffenheit, Emotionen seien das Gegenteil von Gleichgültigkeit. Sie entstehen nur bei Betroffenheit der eigenen Ziele, Interessen und Bedürfnisse. Man spricht von „emotionaler Beteiligung“ oder auch „Ich-Bezug“.
- Spontanität, Gefühle entstehen „wie von selbst“. Nach Freud gebe es „verdrängte Gefühle“, deren wiederholte bewusste Erfahrung nicht wiederholt werden könne.
- Passivität, das Erleben positiver wie negativer Emotionen sei vom Menschen nicht steuerbar, er ist in einer „Opferrolle“, da etwas mit ihm geschieht. Emotionen mögen ihre Ursachen in aktiven Handlungen haben, die jeweils subjektive Erfahrung des Gefühls jedoch ist keine Handlung. Das „Ausgeliefertsein“ wie Edelmann es nennt, kann aus zweierlei resultieren: einem „Ausgeliefertwerden“ und „Sichausliefern“.
- Erregung, eine „Gefühlsregung“ wird von in erster Linie innerlich, aber auch äußerlich und physiologisch wahrnehmbaren Erregungs- und Aufregungszuständen begleitet. Ein Beispiel ist das Lampenfieber eines Schauspielers vor einer großen Aufführung.
- Einzigartigkeit, „ein aktuell erlebtes Gefühl ist immer einmalig und unverwechselbar.“ Man spricht von „einzigartigen Erscheinungen und Bewusstseinsinhalten“, die weder vorgeprägt noch gesellschaftlich vorgeformt sind.
- Kontinuität und Identität, Ulich zufolge sind „Emotionen die grundlegendste Bezogenheit der Person auf die Wirklichkeit“ und liefern damit mehr als andere psychische Erscheinungen dem Bewusstsein Kontinuität. Im Erleben von Gefühlen erlebt der Mensch sich „als mit sich selbst identisch“. Diese Erfahrung tritt zwar auch im Wissen, Wollen und Handeln auf, allerdings weniger stark ausgeprägt.
- Selbstzweck, „die Funktion von Gefühlen besteht im Erleben ihrerselbst“. Daher ist die Frage nach ihrem Zweck unzulässig.
- Sie werden mittels nicht-verbaler Kommunikation vermittelt, Gefühle sind nur schwer in Worte zu fassen. Das Ausdrücken und Verstehen von Gefühlen laufe daher meist auf nonverbalen Kommunikationskanälen, wie Gestik, Habitus und Mimik. Diese werden meist pankulturell verstanden.

Die verbale Beschreibung von Gefühlen und den damit verknüpften Bewusstseinszuständen bedient sich daher oftmals einer beschreibenden, bildlichen Sprache, die einen gemeinsamen Erfahrungshintergrund der Kommunizierenden voraussetzt: Entsprechende Beschreibungen beginnen oft mit Formulierungen wie „Stell dir vor,... .“ Oder man sagt, man fühle sich „wie neugeboren“. Das meint in der Regel einen positiven, latent glücklichen, energiearmen oder -reichen Zustand. Dennoch weiß man wenig darüber, wie es sich anfühlt, wenn man just zur Welt gekommen ist.

- Interpersonale Beziehungen spielen eine große Rolle; vergleicht man Emotionen mit anderen psychischen Zuständen, so sind diese bzw. deren Entwicklung, stark mit zwischenmenschlichen Beziehungen verknüpft. Dies setzt die Anteilnahme an den Werten einer Gruppe, einer Gesellschaft voraus.[6]

Somit lässt sich festhalten, dass Gefühle nicht nur als Komponenten von informationsverarbeitenden (kognitiven) oder motivationalen Prozessen zu sehen sind, sondern darüber hinaus ein eigenständiges Ordnungssystem darstellen können. Liebe und Trauer, aber auch Scham, Angst und Glück sind unmittelbare, individuelle und subjektive Bewertungen eines wesentlichen Person-Umwelt-Bezuges, die Auseinandersetzung Ich-und-Welt.[7] Als Beispiel hierfür mag die Schmerzerfahrung eines Kindes gelten, das von einer Biene gestochen wird; dieses verknüpft das negative Empfinden des Schmerzreizes mit dem Erscheinen des Insekts. Im nächsten Sommer wird es vermutlich beim Erscheinen einer Biene Anzeichen von Furcht zeigen.

Der Vorgang der Verknüpfung von „fliegendem Insekt“ und „Schmerz“ verdeutlicht die Bedeutung der Emotion für die kognitive Weiterverarbeitung des Erfahrenen: Emotionen sind ein Wertsystem, das uns ermöglicht Erfahrungen zu bewerten. Anders ausgedrückt, das Erfahrene oder auch Beobachtete wird den Kategorien „positiv“ und „negativ“ zugeordnet. Die Erinnerung ist dank der Emotion in der Lage die Erfahrung als gut - förderlich oder negativ - hemmend abzuspeichern.

Nach Soklowski sind Emotionen sowohl Resultate aus, als auch beeinflussende Komponenten bei Informationsvorgängen und deren Verarbeitung. Kurzzeitige Gefühle oder Gefühlsregungen sind in der Regel Stellungnahmen zu Inhalten der Wahrnehmung, Vorstellung oder Gedanken. Länger andauernde Stimmungen und Zustände der inneren Landschaft eines Menschen, wie Heiterkeit oder Missmut und Trübsal, werden als „Repräsentationen endogener Aktivierungs- bzw. Deaktivierungszustände“ interpretiert.[8] Gefühlsregungen werden von Lersch als „Anmutungserlebnisse“ bezeichnet, von Lewin als „Valenzen“.[9]

Emotionen werden somit dem Wissen um Gegenstände, Vorgänge und Zusammenhänge beigeordnet. Sie stellen die „persönliche Bewertung“ des Wissens dar. Edelmann formuliert an dieser Stelle, „dass die Emotion der sachlichen Information eine subjektive Bedeutung hinzufügt.“[10]

Somit wirken während der Informationsverarbeitung kognitive und emotionale Prozesse zusammen. Selbst bei abstrakten intellektuellen Leistungen spielen emotionale und motivationale Faktoren eine Rolle.[11]

Bower zufolge wirken die Gefühle eines Menschen bei der Informationsverarbeitung als „selektiver Filter“.[12] Dieser Filter sei durchlässig für Inhalte, die zu der Stimmung oder auch Einstellung der Person passen, nicht aber für „inkongruentes Material“. Festinger spricht 1957 erstmals von „kognitiver Dissonanz“. Das heißt, dass die Auswirkungen von Gefühlen auf kognitive Leistungen fördernd oder beeinträchtigend sein können: Eine entspannte Lernatmosphäre trägt im positiven Sinne zur Lösung intellektueller Problemstellungen bei, während andersrum Panik oder auch das vorgenannte Lampenfieber zur „Desintegration planvollen Handelns“[13] führen können.

[...]


[1] Reinhard, Marc-Andre: Der Prozeß der Glaubwürdigkeitsbeurteilung im Alltag: Zur Wirkung von Motivation und subjektiver Kompetenzerwartung. Giessen: Dissertation, 2001. S. 173. (elektron. Ressource: http://bibd.uni-giessen.de/ghtm/2002/uni/d020010.htm )

[2] Döring, Vera: Verbesserung der Motivation und Wissensvermittlung zur Selbstständigkeit. Möglichkeiten der Förderung von unternehmerischem Interesses und unternehmerischem Handeln bei Jugendlichen. Frankfurt: Europäischer Verlag der Wissenschaften, 2001.

[3] Edelmann, Walter: Lernpsychologie. 6. vollst. überarb. Aufl. Weinheim: Beltz, 2000. S. 114.

[4] Ebd. S. 241

[5] Ebd.

[6] Vgl. ebd.

[7] Vgl. ebd.

[8] Ebd, S. 242.

[9] Ebd.

[10] Ebd.

[11] Ebd.

[12] Ebd.

[13] Ebd.

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Wissen und Wollen - Das Zusammenspiel von Lernen, Motivationen und Emotionen
Untertitel
Der Versuch einer Bestandsaufnahme
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Institut für Publizistik)
Veranstaltung
Medien und Weltwissen
Note
2,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
28
Katalognummer
V93319
ISBN (eBook)
9783640105540
Dateigröße
473 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wissen, Wollen, Zusammenspiel, Lernen, Motivationen, Emotionen, Medien, Weltwissen
Arbeit zitieren
Alf-Christian Obermaier (Autor:in), 2002, Wissen und Wollen - Das Zusammenspiel von Lernen, Motivationen und Emotionen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93319

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