Menschliches Erleben und Verhalten, wie es uns tagtäglich begegnet, kann man recht gut mit
Theorien der Sozialpsychologie beschreiben, erklären und vorhersagen. Dies gilt besonders
für das Erleben und Verhalten in besonderen Kontexten wie Glaube und Religion, da hier
oftmals extremer Druck auf den Betroffenen lastet. So kann man psychische Vorgänge bei der
Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas gut mit den im Folgenden beschriebenen
sozialpsychologischen Theorien verdeutlichen.
Kritiker der Zeugen Jehovas sind der Ansicht, dass der einzelne Zeuge in einem unsichtbaren
Käfig lebt. Falls dies so ist, kann dem entgegnet werden, dass es dennoch sehr viele unter
ihnen schaffen, ein zufriedenstellendes Leben zu führen. Genau dazu dienen Verhaltens- und
Erlebnisweisen, die in den fünf sozialpsychologischen Theorien beschrieben und erklärt
werden können. Von der Wachturmgesellschaft (WTG), dem weltweiten Führungsgremium
der Zeugen Jehovas in New York wird außerdem versucht, die menschlichen
Grundbedürfnisse der Zeugen Jehovas in der Weise zu lenken , dass psychische Probleme
jeglicher Art oder bestimmte für die eigene Lehre unangenehme Kognitionen erst gar nicht
entstehen oder zumindest schnell wieder beseitigt werden können.
Anhand der Lektüre der meisten deutschsprachigen Bücher über die Zeugen Jehovas, darunter
auch Bücher von ZJ-Aussteigern, sowie durch jahrelange Besuche von Versammlungen der
Zeugen Jehovas und Gespräche mit vielen ihrer Mitglieder konnte ich mir ein ausreichend
klares Bild über diese Glaubensgemeinschaft verschaffen und im Folgenden Wertungen nicht
immer vermeiden. Laut Leon Festinger (1957) streben Menschen ein Gleichgewicht (Konsonanz) sowohl
zwischen relevanten Kognitionen (Meinungen, Einstellungen, Wissenseinheiten) , als auch
zwischen Kognitionen und Verhaltensweisen an. Es entstehen unangenehme Dissonanzen,
wenn aus dem einen das Gegenteil des anderen erfolgt (Beispiel: Rauchen und das Wissen
um die Schädlichkeit des Rauchens). Zugleich entsteht ein Bestreben, diese Dissonanzen zu
beseitigen. Dies kann geschehen, indem man mit dem Verhalten konsonante Kognitionen
hinzufügt („ich kenne jemand, der wurde trotz Rauchens 100 Jahre alt“), dissonanten
Kognitionen verdrängt, vergisst oder abwertet oder das Verhalten (das Rauchen) einstellt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Theorie der kognitiven Dissonanz (Festinger)
- Beschreibung der Theorie
- Kognitive Dissonanz und Zeugen Jehovas:
- Die Theorie der psychologischen Reaktanz (Brehm, 1966)
- Beschreibung der Theorie:
- Psychologische Reaktanz bei den Zeugen Jehovas:
- Die Theorie der sozialen Vergleichsprozesse (Festinger)
- Beschreibung der Theorie
- Soziale Vergleichsprozesse bei den Zeugen Jehovas
- Die Theorie der Selbstwerterhaltung und Selbstwerterhöhung:
- Beschreibung der Theorie.
- Selbstwerterhaltung und Selbstwerterhöhung bei den Zeugen Jehovas
- Hypothesentheorie der Wahrnehmung
- Beschreibung der Theorie
- Hypothesentheorie der Wahrnehmung bei den Zeugen Jehovas
- Fazit.........
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit beschäftigt sich mit der Anwendung sozialpsychologischer Theorien auf die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas. Ziel ist es, das Erleben und Verhalten von Zeugen Jehovas im Kontext ihrer Glaubensgemeinschaft mithilfe verschiedener sozialpsychologischer Theorien zu beschreiben, zu erklären und gegebenenfalls vorherzusagen.
- Kognitive Dissonanz
- Psychologische Reaktanz
- Soziale Vergleichsprozesse
- Selbstwerterhaltung und Selbstwerterhöhung
- Hypothesentheorie der Wahrnehmung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Relevanz der sozialpsychologischen Theorien zur Beschreibung und Erklärung von religiösem Erleben und Verhalten dar und fokussiert auf die Anwendung der Theorien auf die Zeugen Jehovas. Sie bietet einen Überblick über die kritischen Perspektiven auf diese Glaubensgemeinschaft und die Bedeutung von Verhaltens- und Erlebnisweisen für die Bewältigung von Druck und Konflikten.
Das zweite Kapitel behandelt die Theorie der kognitiven Dissonanz nach Festinger. Es erläutert das Streben nach Gleichgewicht und die Entstehung von Dissonanzen zwischen Kognitionen und Verhaltensweisen. Die Reduktion von Dissonanzen durch Hinzufügen konsonanter Kognitionen, Verdrängung und Abwertung dissonanter Kognitionen sowie durch Verhaltensänderung wird beschrieben. Die Anwendung dieser Theorie auf die Zeugen Jehovas erfolgt durch die Analyse der Prozesse der kognitiven Dissonanz, die durch die Wahrnehmung der Welt und die Lehren der Wachtturmgesellschaft entstehen. Die Überzeugung des Einzelnen durch die Wiederholung der Lehren und das Subtile Hinzufügen konsonanter Kognitionen werden erörtert.
Das dritte Kapitel befasst sich mit der Theorie der psychologischen Reaktanz nach Brehm. Es beschreibt den aversiven motivationalen Zustand, der durch die Bedrohung oder Einschränkung des eigenen Handlungsspielraums entsteht. Die Reaktionen auf diese Bedrohung werden aufgezeigt.
Schlüsselwörter
Die Hausarbeit befasst sich mit den Theorien der kognitiven Dissonanz, psychologischen Reaktanz, sozialen Vergleichsprozesse, Selbstwerterhaltung und Selbstwerterhöhung sowie der Hypothesentheorie der Wahrnehmung. Im Kontext der Zeugen Jehovas stehen insbesondere die Wachtturmgesellschaft, Lehren, Prophezeiungen, Verhaltensweisen, Erlebnisweisen, Erleben, Religion und Glauben im Fokus.
- Arbeit zitieren
- Alfred Seif (Autor:in), 2008, Theorien der Sozialpsychologie und ihre Anwendung auf die Zeugen Jehovas, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93321