Die vorliegende Masterarbeit beschäftigt sich mit dem Phänomen der Feindseligkeit in der Internet-Gruppenkommunikation. Schon in den 1980er Jahren wurde die Frage, ob das Internet als Mittler sozialer Kommunikation nützt oder ob es schadet, ob es Beziehungen fördert oder diese zerstört, ausführlich und kritisch diskutiert. Zahlreiche Forschungsarbeiten der 90er Jahre beschäftigen sich mit den „netten“ Seiten des Internet und untersuchen Freundschaften, Hilfsbereitschaft, soziale und emotionale Unterstützung (zum Beispiel bei Parks und Floyd 1996, Rheingold 1994, Turkle 1998, Döring 1999).
Andere Ansätze kritisieren gegenläufige Phänomene wie die befürchtete Zerstörung zwischenmenschlicher Beziehungen, Anonymität und Entfremdung oder das hohe Konfliktpotential von rein textbasierter Kommunikation (zum Beispiel bei Kraut et al. 1998, Müllert 1984, Mettler-Meibom 1990). Online-Gemeinschaften können ihren Mitgliedern materielle und emotionale Gratifikationen bieten (Matzat 2000: 11ff); sie bewegen sich zwischen Extremen von Netz-Anonymität und gesteigerter Intimität. Zugleich führen sie einen ständigen Kampf gegen „Spammer“, „Trolle“, streitlustige Verfasser von so genannten „Flames“ und andere virtuelle Unruhestifter.
Dass Feindseligkeit im Internet eine ernstzunehmende Bedrohung für virtuelle Gemeinschaften und soziale Prozesse sein kann, zeigen die Beispiele von einzelnen feindseligen Konflikten, die zum Ende einer ganzen virtuellen Gruppe führten (vgl. hierzu Kapitel 3.2.4). In welchem Zusammenhang und unter welchen Umständen feindseliges Verhalten in Online-Communities auftritt, wurde bisher noch nicht erschöpfend diskutiert.
Diese Arbeit konzentriert sich in ihrem empirischen Teil in Anlehnung an eine Studie zum Thema Empathie und Feindseligkeit von Jennifer Preece und Kambiz Ghozati (2001) auf vier Fragen:
- Wirkt sich eine Einbettung von Online-Gemeinschaften in Offline-Strukturen positiv gegen das Auftreten von Feindseligkeit aus?
- Spielt es eine Rolle, ob den Mitgliedern einer Online-Gruppe die Möglichkeit zum Ausdruck ihrer virtuellen Identität gegeben ist?
- Kann eine moderierende Struktur mit mehreren Hierarchie-Ebenen Feindseligkeit wirkungsvoller verhindern als ein einziges moderierendes Amt in einer Online-Gruppe?
- Kann ein expliziter Hinweis auf die Netiquette oder ähnliche Regeln innerhalb eines Internet-Diskussionsforums feindseliges Verhalten verhindern helfen?
Inhaltsverzeichnis
- 0. Einleitung
- 0.1 Einleitung und Fragestellung
- 0.2 Aufbau der Arbeit
- 1. Einführung in das Thema Feindseligkeit
- 1.1 Definition von Feindseligkeit
- 1.2 Emotionen in der Soziologie
- 1.3 Feindseligkeit als soziologisches Phänomen
- 2. Theorie der Online-Gruppenkommunikation
- 2.1 Formen der Online-Kommunikation
- 2.2 Exkurs: Diskussionsforen - Die Schwarzen Bretter des WWW
- 2.3 Konzepte virtueller Gruppen und Gemeinschaften
- 2.4 Spezielle Eigenschaften des Mediums Internet und ihre Auswirkungen auf Kommunikationsprozesse
- 2.4.1 Anonymität
- 2.4.2 Reduzierung von Sinneseindrücken und Statusmerkmalen
- 2.4.3 Enthemmung
- 3. Feindseligkeit in der computervermittelten Kommunikation
- 3.1 Was ist Feindseligkeit im Netz?
- 3.2 Unterschiedliche Erscheinungsformen von Feindseligkeit im Internet
- 3.2.1 Flaming
- 3.2.2 Hacking
- 3.2.3 Spamming
- 3.2.4 Virtuelle Gewalt
- 3.3 Gegenstrategien des World Wide Web
- 3.3.1 Moderatoren und andere Ämter im Netz
- 3.3.2 Die Netiquette - Verhaltenskodex mit Empfehlungscharakter
- 3.3.3 Sanktionsmöglichkeiten
- 3.4 Exkurs: Warum es Sinn macht, Feindseligkeit im Web zu untersuchen
- 3.4.1 Politik und Partizipation – Virtuelle Gemeinschaften als Partizipationsmöglichkeit
- 3.4.2 Service und Beratung - Gesundheitsplattformen
- 3.4.3 Wirtschaft und Handel – Kommerzielle Plattformen
- 4. Forschungsstand zum Thema Feindseligkeit online
- 4.1 Genereller Überblick
- 4.2 Preece und Ghozati: „Observations and Explorations of Empathy online“
- 4.2.1 Begriffliche Definitionen bei Preece
- 4.2.2 Zusammenfassung der Studie
- 5. Eigene Forschungsfragen und ihre theoretischen Grundlagen
- 5.1 Einbettung in Offline-Strukturen
- 5.2 Ausdruck virtueller Identität
- 5.3 Vielschichtige Hierarchiestrukturen
- 5.4 Verweis auf eine Netiquette
- 6. Empirische Untersuchung
- 6.1 Anspruch und Ziel dieser Untersuchung
- 6.2 Methodisches Vorgehen
- 6.3 Die Anbieter der untersuchten Diskussionsforen
- 6.4 Grundgesamtheit und Stichprobenziehung
- 6.5 Kategorisierung der Beiträge
- 6.6 Durchführung der Erhebung und Auswertung
- 6.6.1 Einbettung
- 6.6.2 Mehrschichtige Moderation
- 6.6.3 Ausdruck virtueller Persönlichkeit
- 6.6.4 Netiquette
- 6.6.5 Gesamt
- 6.7 Probleme im Verlauf der empirischen Untersuchung
- 7. Ergebnisse und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Masterarbeit „Nett im Net? Eine soziologische Analyse von Feindseligkeit in der Online-Gruppenkommunikation" setzt sich zum Ziel, die Erscheinungsformen und Ursachen von Feindseligkeit in der Online-Gruppenkommunikation zu untersuchen.
- Die Arbeit analysiert die spezifischen Eigenschaften des Mediums Internet, die zu einer verstärkten Enthemmung und einem erhöhten Auftreten von Feindseligkeit führen können.
- Sie untersucht verschiedene Formen von Feindseligkeit im Internet, wie z.B. Flaming, Hacking und Spamming.
- Die Arbeit betrachtet die Rolle von Moderatoren und Netiquette als Gegenstrategien zur Eindämmung von Feindseligkeit.
- Die Studie befasst sich mit der Frage, inwieweit die Einbettung von Online-Gemeinschaften in Offline-Strukturen und die Ausprägung virtueller Identität einen Einfluss auf das Auftreten von Feindseligkeit haben.
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 0: Die Einleitung führt in die Thematik ein, stellt die Fragestellung der Arbeit dar und beschreibt den Aufbau der Masterarbeit.
- Kapitel 1: Dieses Kapitel definiert den Begriff "Feindseligkeit" und beleuchtet die Rolle von Emotionen in der Soziologie. Es wird außerdem untersucht, wie sich Feindseligkeit als soziologisches Phänomen manifestiert.
- Kapitel 2: Hier wird die Theorie der Online-Gruppenkommunikation vorgestellt. Es werden verschiedene Formen der Online-Kommunikation betrachtet, insbesondere Diskussionsforen. Die Arbeit beleuchtet auch die Konzepte virtueller Gruppen und Gemeinschaften sowie die spezifischen Eigenschaften des Internets, die sich auf Kommunikationsprozesse auswirken, wie z.B. Anonymität, Reduzierung von Sinneseindrücken und Enthemmung.
- Kapitel 3: Dieses Kapitel befasst sich mit der Frage, wie sich Feindseligkeit im Internet äußert. Es werden verschiedene Erscheinungsformen von Feindseligkeit im Netz wie Flaming, Hacking und Spamming vorgestellt. Außerdem werden Gegenstrategien, wie z.B. Moderatoren, Netiquette und Sanktionsmöglichkeiten, beleuchtet.
- Kapitel 4: Hier wird der Forschungsstand zum Thema Feindseligkeit online zusammengefasst. Der Schwerpunkt liegt auf der Studie von Preece und Ghozati: "Observations and Explorations of Empathy online", welche die begrifflichen Definitionen von Empathie im Netz sowie die Ergebnisse der Untersuchung beleuchtet.
- Kapitel 5: In diesem Kapitel werden die eigenen Forschungsfragen der Masterarbeit und deren theoretische Grundlagen vorgestellt. Die Studie untersucht insbesondere die Einbettung von Online-Gemeinschaften in Offline-Strukturen, den Ausdruck virtueller Identität, die vielschichtigen Hierarchiestrukturen in Online-Gemeinschaften sowie den Einfluss der Netiquette.
- Kapitel 6: Dieses Kapitel erläutert die methodische Vorgehensweise der empirischen Untersuchung. Es werden die untersuchten Diskussionsforen, die Grundgesamtheit und Stichprobenziehung sowie die Kategorisierung der Beiträge und die Durchführung der Erhebung und Auswertung dargestellt.
Schlüsselwörter
Die Masterarbeit beschäftigt sich mit den Themen Feindseligkeit, Online-Gruppenkommunikation, virtuelle Gemeinschaften, Anonymität, Enthemmung, Flaming, Hacking, Spamming, Moderation, Netiquette, Empathie und virtueller Identität.
- Arbeit zitieren
- Christina Liebeck (Autor:in), 2004, Nett im Net? - Eine soziologische Analyse von Feindseligkeit in der Online-Gruppenkommunikation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93367