Obwohl es der vorherrschenden Sichtweise von Organisationen widerspricht, gibt kein Arbeitnehmer seine Emotionen an der Eingangstür seiner Arbeitsstätte ab. Diese Emotionen wechseln mit subtilen Mechanismen von einem Individuum zum anderen und wirken sozialisierend, indem sie es Menschen ermöglichen, in Interaktion eine geteilte Wirklichkeit zu erzeugen.
Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem wechselseitigen Phänomen der emotionalen Ansteckung (emotional contagion). Es beschreibt die Tendenz, den eigenen Gesichtsausdruck, die Bewegung, die Körperhaltung und die Stimmlage, an die eines Interaktionspartners anzupassen, bzw. den Interaktionspartner zu imitieren. Eine wesentliche Folge dieser Imitation ist die emotionale Verschmelzung der Interaktionspartner.
Emotionale Ansteckung ist ein Produkt fast jeder zwischenmenschlichen Interaktion. Es ist ein ganz alltägliches Phänomen und beruht zumeist auf unbewussten physiologischen Vorgängen. Daher ist für Organisationen zunächst nicht die emotionale Ansteckung als solche relevant, sondern die Folgen, die aus ihr erwachsen. Denn in Organisationen wirken nicht nur Emotionen, die dem Organisationszweck dienen. Emotionen erzeugen mitunter eine Dynamik, die schnell außer Kontrolle gerät. Ihre subtile Wirkung und die Latenz ihrer Anwesenheit machen sie als Instrumente der betriebswirtschaftlichen Lenkung anscheinend inakzeptabel. Paradoxerweise ist es zeitgleich die Aufgabe von Heerscharen von Emotionsarbeitern die Emotion als institutionalisiertes Hilfsmittel für den Unternehmenserfolg einzusetzen und in Form von „emotionaler Darbietung“ in den Dienst ihrer Organisation zu stellen.
Nach einer Darstellung der psychologisch-soziologischen Wurzeln und Wirkungsweisen der emotionalen Ansteckung, werden zentrale Zusammenhänge beleuchtet, in denen sie in Organisationen eine Rolle spielt und ihre positiven und negativen Folgen aufgezeigt. Auf Basis der aktuellen wissenschaftlichen Forschungsergebnisse werden schwerpunktmäßig die Bereiche mit direktem Kundenkontakt betrachtet – im wesentlichen Service- und Verkäufertätigkeiten und die sozialen Tätigkeiten von Krankenschwestern, Sozialpädagogen, usw.
Einen weiteren Schwerpunkt der Betrachtung bildet die Wirkung emotionaler Ansteckung in Gruppen und Teams, also dort, wo Menschen nicht als Individuen, sondern als Gruppe Ergebnisse erzielen und erfolgreich sein sollen.
Abschließend werden Implikationen für die Praxis aus den betrachteten Forschungsergebnissen entwickelt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Ursachen, Arten und Wirkung der emotionalen Ansteckung
- Der Begriff der Emotion als Basis zwischenmenschlicher Prozesse
- Begriff, Entwicklung und Erscheinungsformen der emotionalen Ansteckung
- Die Wirkung der emotionalen Ansteckung in der Organisationspraxis
- Wirkungen emotionaler Ansteckung auf Emotionsarbeiter
- Die Wirkung emotionaler Ansteckung auf die Arbeit in Gruppen
- Praktische Implikationen und Anwendungsbezug
- Die Bedeutung der emotionalen Ansteckung aus Sicht der Organisation
- Die Bedeutung der emotionalen Ansteckung aus der Sicht des Individuums und der Gruppe in Organisationen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit befasst sich mit dem Phänomen der emotionalen Ansteckung in Organisationen. Ziel ist es, die Bedeutung, Entwicklung und Wirkung dieses Prozesses zu analysieren und seine kritische Würdigung sowie seinen Anwendungsbezug zu erforschen.
- Begriff und Entwicklung der emotionalen Ansteckung
- Wirkungen emotionaler Ansteckung auf Emotionsarbeiter und Gruppen
- Praktische Implikationen für die Organisationspraxis
- Individuelle und Gruppenstrategien zum Umgang mit emotionaler Ansteckung
- Relevanz für die Gestaltung von Organisationskultur und Führungskultur
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt das Paradox von Emotionen und Rationalität in Organisationen dar und führt den Leser in die Thematik der emotionalen Ansteckung ein.
- Ursachen, Arten und Wirkung der emotionalen Ansteckung: Dieses Kapitel definiert den Begriff der Emotion, erläutert die Entwicklung des Konzepts der emotionalen Ansteckung und beschreibt die verschiedenen Arten und Wirkungsweisen.
- Die Wirkung der emotionalen Ansteckung in der Organisationspraxis: Dieses Kapitel analysiert die Auswirkungen der emotionalen Ansteckung auf Emotionsarbeiter, insbesondere in Service- und Kundenkontaktberufen, sowie die Relevanz für die Teamarbeit.
- Praktische Implikationen und Anwendungsbezug: Dieses Kapitel beleuchtet die Bedeutung der emotionalen Ansteckung für Organisationskultur, Führungskultur und den Umgang mit Emotionen in Organisationen.
Schlüsselwörter
Emotionale Ansteckung, Organisation, Emotionsarbeit, Teamgeist, Organisationskultur, Führungskultur, Service, Kundenkontakt, Burnout, soziale Interaktion, physiologische Prozesse, menschliche Interaktion, soziale Vergleichsprozesse.
- Arbeit zitieren
- Nicole Braun (Autor:in), 2007, Bedeutung, Entwicklung und Wirkungen "emotionaler Ansteckung" in Organisationen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93507