Unsere Gesellschaft lebt etwa seit einem halben Jahrhundert ein Leitbild, das geprägt ist von dem Ziel des schnellen Gewinns, der unmittelbaren Befriedigung. Diese Entscheidung für das Heute gegenüber dem Morgen hat zur Folge, dass der globale Klimawandel und seine Symptome wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der Weltbevölkerung schwebt. Nicht einmal die Regierung der USA kann diese Bedrohung weiterhin als nicht existent abtun.
Trotz der Offensichtlichkeit und unseres Wissens über die Auswirkungen, ist unser Handeln nicht geprägt von dieser Einsicht. Es scheint, als seien unsere Ideale und unser Wissen nicht mit unserer Lebensweise vereinbar. Doch wie können wir Wissen und Tun zusammen bringen?
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) S
2.1 Grundsätze der Bildung für nachhaltige Entwicklung
2.2 Bildung für nachhaltige Entwicklung
2.3 Handlungsfelder der Dekade 2005 bis
2.4 Das International Implementation Scheme (IIS) als internationaler Rahmenplan
2.4.1 Die Ziele für die Dekade (BNE) bis
2.4.2 Sieben Strategien
2.5 Die UN-Dekade in Europa
2.5.1 Die europäische Strategie, Lernziele und Themen
2.5.2 Die wichtigsten strategischen Aktivitäten
2.5.3 Die Implementierung der UN Strategie
2.6 Hintergrund, Wurzeln S
2.6.1 Brundtland Bericht
2.6.2 Die Umweltkonferenz in Rio de Janeiro
2.6.2.1 Rio fünf „Dokumente“
2.6.3 Agenda
2.6.3.1 Die Agenda 21 ist thematisch in vier Bereiche unterteilt
2.6.4 Weltgipfel in Johannesburg
2.6.5 Milleniumsziele
2.6.6 Umweltbildung als Wurzel der BNE
2.6.7 Was ist Globales Lernen?
2.6.8 Verflechtung von Ökologie, Ökonomie und Sozialem
2.6.9 Wechselnde Paradigmen und wirksame Methoden
2.7 Organisation, Institutionen Schlagworte S
2.7.1 Was ist Nachhaltigkeit?
2.7.2 Indikatoren - Wie kann man Nachhaltigkeit messen?
2.7.2.1 Beispiel: Europäische Indikatoren für eine nachhaltige lokale Entwicklung
2.7.2.2 Aspekte der Nachhaltigkeit als Grundlage für die Auswahl der Indikatoren
2.7.3 Akteure
2.7.3.1 Die Vereinten Nationen
2.7.3.2 Warum die UNESCO?
2.7.3.3 Der nationale Aktionsplan
2.7.3.4 Bericht der Bundesregierung zur Bildung für nachhaltige Entwicklung
2.7.3.5 Regional Centers of Expertise (RCE)
2.7.3.6 BLK Aktivitäten
2.7.3.6.1 Transfair 21 und BLK
2.7.3.6.2 Die drei Module des Programms
2.7.3.6.3 Reichweite und quantitative Transferziele
3. Lehren und Lernen in der Bildung für Nachhaltigkeit S
3.1 Lernumgebung und Kompetenzentwicklung
3.2 Leitvorstellungen und Bedingungen erfolgreichen Lernens
3.2.1 Veränderung der Gesellschaft
3.2.2 Gesellschaft, Risikogesellschaft
3.2.3 Motivation zum nachhaltigen Handeln
3.2.4 Schädliches Verhalten ändern
3.3 Grundsätze erfolgreichen Lernens S
3.3.1 Lerntheorien lassen sich in zwei Hauptgruppen einteilen:
3.3.1.1 Behaviorismus
3.3.1.2 Kognitivismus
3.3.2 Motivation
3.3.3 Einstellungen
3.4 Vom Wissen zum Handeln
3.5 Vorstellung und Diskussion relevanter Lehr- und Lernformen S
3.5.1 Projektlernen
3.5.2 Erfahrungslernen
3.5.3 Ganzheitliches Lernen
3.5.4 Lebenslanges Lernen & BNE
3.5.5 Informelles Lernen
3.5.6 E-Learning, Web 2.0 und neue Medien
4. Soziale Arbeit und BNE S
4.1 Pädagogik und Mündigkeit
4.1.1 Bildungs- und Erziehungsfelder
4.1.2 Pädagogische Grundvorgänge
4.2 Soziale Arbeit/ Sozialpädagogik
4.2.1 Internationalisierung der sozialen Arbeit
4.2.2 Sozialpädagogik und Bürgergesellschaft
5. Projekte/ Akteure S
5.1 Vielfalt der Aktivitäten
5.2 Arbeitsgruppen
5.3 Vernetzung und Nachhaltigkeit, RCE
5.3.1 BenE München
5.4 BNE-Schulen
5.5 Multiplikatorenausbildung
5.6 Social Entrepreneurship
5.7 Informationsbroschüre Fair Einkaufen 4KID
6. Schlussbetrachtung
Dank
Literaturverzeichnis
Der Mensch hat dreierlei Wege klug zu handeln:
Erstens durch nachdenken, das ist der edelste, zweitens durch nachahmen, das ist der leichteste, und drittens durch Erfahrung, das ist der bitterste.
(Konfuzius)
1. Einleitung
Unsere Gesellschaft lebt etwa seit einem halben Jahrhundert ein Leitbild, das geprägt ist von dem Ziel des schnellen Gewinns, der unmittelbaren Befriedigung. Diese Entscheidung für das Heute gegenüber dem Morgen hat zur Folge, dass der globale Klimawandel und seine Symptome wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der Weltbevölkerung schwebt. Nicht einmal die Regierung der USA kann diese Bedrohung weiterhin als nicht existent abtun. Selbst dort scheint ein Wandel in der Gesinnung einiger statt zu finden, wie sich z.B. durch den Dokumentationsfilm “Eine unbequeme Wahrheit“ des ehemaligen Prä- sidentschaftskandidaten der USA und Friedensnobelpreisträgers Al Gore, zeigt.
Doch die Globalisierung bringt nicht nur das Klimaproblem und wirtschaftliche Vorteile, sondern auch soziale Aspekte, wie eine immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich und die ungleiche Verteilung von Ressourcen, sowie deren verschwenderischen Ver- brauch mit sich.
Trotz der Offensichtlichkeit und unseres Wissens über diese Auswirkungen, ist unser Han- deln nicht geprägt von dieser Einsicht. Es scheint, als seien unsere Ideale und unser Wissen nicht mit unserer Lebensweise vereinbar. Doch wie können wir Wissen und Tun zusam- men bringen?
Hier stellt sich die Frage nach den Bedingungen und dem Entstehen unserer Einstellungen, welche wiederum die Grundlage unseres Handelns bilden. Im Fokus steht dabei, wie Nach- haltigkeit und menschliches Verhalten miteinander in Einklang gebracht werden können.
Im Sinne der Agenda21: „Global denken lokal handeln“ möchte ich im Folgenden einen Ansatz entwickeln, der aufzeigen soll, was die Soziale Arbeit als Handlungswissenschaft zum Nachhaltigkeitsgedanken im Rahmen der Weltdekade „Bildung für nachhaltige Ent- wicklung“ für einen Beitrag leisten kann. Nachhaltige Lebensweise beschränkt sich nicht nur auf Ökologie, sie hat vielmehr auch Einfluss auf soziale, technologische und ökonomi- sche Aspekte. Themenübergreifend soll durch die Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) auf der ganzen Welt ein Veränderungsprozess in der Gesellschaft hin zur Nachhaltigkeit initiiert und begleitet werden.
Zuerst möchte ich versuchen, die zum Teil komplexen Strukturen und Hintergründe der BNE zu erfassen, um im folgenden auf gesellschaftliche und lerntheoretische Aspekte, sowie die Erschließung der Thematik für die soziale Arbeit einzugehen, um mit der Vorstellung einiger Projekte und einer Broschüre „Fair Trade 4Kids“, die im Rahmen der Diplomarbeit für die Agenda21 München entstanden ist, abzuschließen.
2. Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)
Auf nationaler sowie internationaler Ebene stellt Bildung für nachhaltige Entwicklung ein essenzielles Bildungsziel von erheblichem Belang dar.
Kern dieses Bildungszieles ist es, allen Menschen neue Wege und Chancen zugänglich zu machen, die diese befähigen, sich Wissen und Werte zu ei-gen zu machen bzw. Umgangsformen und Lebensweisen zu erlernen, die eine notwendige Grundlage dafür darstellen, optimistisch in eine lebens-werte Zukunft blicken zu können und positive Veränderungen der Gesell-schaft herbeizuführen.
Mit den Diskussionen um weltweite ökologische Probleme, stagnierende zukunftsträchtige Entwicklungschancen und dem Mangel an Generationengerechtigkeit in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts, wurde auch eine Diskussion um die Unumgänglich- keit einer Reaktion auf die bestehenden Defizite angeheizt. Die Idee war, dass die richtige Reaktion im Bildungsbereich anzusetzen war. Dieser Umstand legte einen Grundstein da- für, dass Bildung für nachhaltige Entwicklung zu einem legitimen, anerkannten sozialen Leitziel wurde. Obwohl nachhaltige Entwicklungsprozesse anspruchsvolle Kompetenzen verlangen, ist die Aneignung eben dieser in z.B der Schulpraxis leider nach wie vor nur un- genügend in die Tat umgesetzt worden.
2.1 Grundsätze der Bildung für nachhaltige Entwicklung
Die prekäre Aufgabe von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) liegt im Besonderen in der Konkretisierung der Merkmale nachhaltiger Entwicklung selbst und definiert sich durch einen multidimensionalen, werteorientierten und dynamischen1 Leitgedanken. Der internationale Dekaden-Rahmenplan spezifiziert Inhalt und Bedeutung der BNE und verdeutlicht somit auch deren Herausforderungen.
2.2 Die Bildung für nachhaltige Entwicklung
- hat Prinzipien und Werte nachhaltiger Entwicklung zur Basis
- befasst sich mit allen drei Säulen von Nachhaltigkeit, d.h. der ökologische, ökono- mische sowie soziale Aspekt finden gleichermaßen Beachtung
- fördert Lebenslanges Lernen, ein Konzept, das die Informationskompetenz des Ein- zelnen in den Fokus rückt und somit den Menschen befähigen soll, ein selbstverant- wortliches Lernen wahrzunehmen und zwar das ganze Leben hindurch
- ist von regionaler Bedeutung und kulturell passend
- liegt regionalen Bedürfnissen und Bedingungen zu Grunde, berücksichtigt aber, dass die Entsprechung dieser Bedingungen oftmals Folgen auf internationaler Ebe- ne nach sich zieht
- umfasst formales, non-formales und informelles Lernen
- adaptiert sich an die kontinuierlichen Entwicklung des Konzeptes von Nachhaltig- keit
- beachtet den Stellenwert, sowohl globaler als auch lokaler Herausforderungen legt die Teilnahme an Entscheidungsprozessen nahe
- setzt auf Interdisziplinarität
- greift auf eine Vielzahl pädagogischer Techniken zurück, die Partizipation und eine grenzüberschreitende Denkweise fördern
2.3 Handlungsfelder der Dekade 2005 bis 2014
Das Augenmerk der Weltdekade Bildung für nachhaltige Entwicklung richtet sich auf zehn Handlungsfelder:
- Die Überwindung von Armut
- Die Gleichstellung der Geschlechter
- Medizinische Grundversorgung für alle Menschen
- Den Schutz der Umwelt
- Ländliche Entwicklung
- Menschenrechte
- Interkulturelles Verständnis und Frieden
- Nachhaltige Produktion und nachhaltiger Konsum
- Kulturelle und sprachliche Diversität
- Alphabetisierung; Informations- und Kommunikationstechnologien
2.4 Das International Implementation Scheme (IIS) als internationaler Rahmenplan
Der "International Implementation Scheme (IIS)", der von der UNESCO vorgelegt wurde, formuliert den Rahmenplan zur Umsetzung der UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung2005 bis 2014und liefert Anstöße für eine internationale Koordinierung.
Ein Konsultationsprozess beachtlichen Ausmaßes, an dem UNO-Agenturen, Staatsregierungen, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Organisationen der Zivilgesellschaft beteiligt waren, schaffte diesen Rahmenplan, der nunmehr die Ziele der Dekade, die sieben Strategien und die Meilensteine genauer definiert. Die UNESCO fungiert hierbei als Leadagentur, die die Koordination, Harmonisierung und Evaluation zur Aufgabe hat und weiterhin sowohl das Monitoring betreibt sowie für die Sicherstellung der Qualität und die Förderung des Austauschs zuständig ist.
2.4.1 Die Ziele für die Dekade (BNE) bis 2014
Die Zielsetzung der Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ bis zum Jahre 2014 lässt sich in folgenden vier Punkten zusammenfassen:
1. Etablierung und Aufrechterhaltung von Netzwerken sowie Kommunikation und In- teraktion zwischen den Stakeholdern
2. Qualitätssteigerung in Lehre und Lernen
3. Den Milleniumszielen näher zukommen
4. Neue Mittel und Wege zu finden, BNE in Bildungsreformen aufzunehmen
Für die Umsetzung der Dekade bedarf es einer regen und breiten Beteiligung aller Partner auf lokaler, regionaler, nationaler und internationaler Ebene sowie aller Beteiligten aus den verschiedensten Bereichen der Gesellschaft (privater Sektor, NGOs, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik).Um dies zu ermöglichen, empfiehlt der Rahmenplan, Allianzen mit Vertretern aller Bereiche zu bilden in denen sich Bildung vollzieht. Alle relevanten Lernor- te, an denen jung und alt von dieser Möglichkeit der Bildung Gebrauch machen, sollen in- tegriert werden. Formale, non-formale und informelle Bildung, Forschung und Entwick- lung und im Besonderen auch Hochschulen haben großen Anteil daran.
2.4.2 Sieben Strategien
Von der Erarbeitung bis zur Realisation sind aus dem weltweiten Konsultationsprozess folgende sieben Strategien, die als unumgänglich für eine gelungene Durchführung zu betrachten sind, zur Entfaltung gelangt:
1. Mediengestützte Bewusstseinsbildung und Information des Bürgers
2. Heranziehen der Möglichkeit, die Öffentlichkeit an Entscheidungsprozessen teilha- ben zu lassen
3. Einrichtung von bestehenden Institutionen ausgehender Partnerschaften und inter- disziplinärer Netzwerke
4. Einrichtung und Förderung von Kapazitäten sowie Training aller Beteiligten
5. Stärkung und Nutzung des wissenschaftlichen und technologischen Sektors
6. Nutzung der Neuen Medien
7. Kontrolle und Beurteilung der Resultate
2.5 Die UN-Dekade in Europa
Ihren Anfang nahm die UN-Dekade für Europa im März des Jahres 2005 in Vilnius, Litau- en, als beim High Level Meeting der United Nations Economic Comission for Europe (UN ECE), Umwelt- und Bildungsminister die europäische Strategie verabschiedet und ein Steuerungskommitee eingerichtet haben, zu deren Verabschiedung bereits im Jahre 2003 in Kiew, während der fünften Ministerkonferenz „Environment for Europe“, Vorarbeit geleis- tet wurde. Die Vertreter der einzelnen Regierungen pflichteten damals der Idee bei, dass es notwendig sei, eine Strategie zu entwickeln, die der Komplexität von nachhaltiger Ent- wicklung und Bildung Rechnung trägt, und ebneten somit den Weg für deren Umsetzung, welche sich anhand eines parizipativen Prozesses unter der Teilnahme der Regierungen, UNESCO, NGOs sowie Bildungs- und Umweltministerien vollzog.
2.5.1 Die europäische Strategie, Lernziele und Themen
Aufgabe der UN ECE ist es, sich der, der gesamten Region übergreifenden Förderung nachhaltiger Entwicklung zu widmen, und steht im Konsens mit dem IIS der UN-Dekade. Die Einleitung dieses Dokuments beinhaltet die Aussage des Gremiums, Bildungssysteme vervollkommnen zu wollen, um den Anforderungen, die die interdisziplinäre Natur von BNE abverlangt, auf adäquate Weise erfüllen zu können. Weiterhin sollen die Zivilgesell- schaft intensiver eingebunden und angemessene institutionelle und materielle Vorkehrun- gen bereitgestellt werden.
Das Bestreben liegt darin, UN ECE-Mitglieder anhand dieser Strategie zu motivieren, BNE in alle relevanten Fächer der formalen Bildung sowie in non-formale und informelle Bildungssysteme zu integrieren. Diese Strategie definiert sich durch Themen nachhaltiger Entwicklung von großer Diversität: Armutsbekämpfung, Bürgerschaft, Frieden, Ethik, Demokratie und Governance, Gerechtigkeit, Menschenrechte, lokales und globales Verantwortungsgefühl, Sicherheit, Gesundheit, soziale Gerechtigkeit, Corporate Responsibility, kulturelle Diversität, Wirtschaft, Umweltschutz und Ressourcenmanagement, Produktionsund Konsummuster, biologische und Landschaftsvielfalt Zu beachten ist hierbei, dass selbst der Weg zu einer nachhaltigen Gesellschaft an sich be- reits einen fortwährenden Lernprozess darstellt, der von den Lernzielen für BNE gestützt wird. Diese Lernziele beinhalten Wissen, Verständnis, Fertigkeiten, innere Haltung und Werte. Bildung für nachhaltige Entwicklung ist ein Prozess, der die gesamte Lebenszeit ei- nes Menschen über wirksam ist. Beginnend bei der Kindheit, über die Schule, das Studium an Hochschulen sowie der Ausbildung, bis hin ins hohe Erwachsenenalter und folglich auch über das Lernen und Lehren in Klassenzimmern hinaus spielt BNE eine Rolle. Darin eingeschlossen sind auch Erwachsenen- und Weiterbildung, aber natürlich auch die Aus- bildung von Lehrern. Regierungen und lokale Behörden des Bildungs- und Wissenschafts- sektors stellen neben dem Gesundheitssektor, dem privaten Sektor, der Industrie, dem Transportwesen, der Landwirtschaft, dem Handel und den Gewerkschaften, den Massen- medien, den NGOs, den internationalen Organisationen, Indigenen und verschiedenen Communities, nur einen Teil der Akteure dar.
2.5.2 Die wichtigsten strategischen Aktivitäten
- der Sicherstellung der Unterstützung von Seiten der Politik
- der Förderung nachhaltiger Entwicklung durch formales, non-formales und infor- melles Lernen
- der Entwicklung von Kompetenzen im Bereich der Bildung
- der Sicherstellung des Zugriffs auf entsprechende Tools und Materialen für BNE ● der Förderung und Weiterentwicklung von BNE
2.5.3 Die Implementierung der UN Strategie
- Phase 1: Zu verwirklichen bis zum Jahre 2007. Ziel ist es, eine gute Basis für die Umsetzung innerhalb der Rahmenbedingungen zu schaffen, angemessene Program- me und Aktivitäten sowie Evaluationsmethoden und Indikatoren zu entwickeln und einen Review über die derzeitige Politik zu bieten.
- Phase 2: Zu verwirklichen bis zum Jahre 2010. Die Implementierung und regelmä- ßige Fortschrittsmessung und Anpassung der Strategie finden bereits statt.
- Phase 3: Zu verwirklichen bis zum Jahre 2015 und darüber hinaus. Es wurden in der Zwischenzeit deutliche Fortschritte in der Implementierung von BNE erzielt.
2.6 Hintergrund, Wurzeln 12
Im folgenden sollen Hintergrund und Wurzeln der Bildung für nachhaltige Entwicklung beleuchtet werden.
2.6.1 Der Brundtland Bericht
In ihrer Funktion als unabhängige Sachverständigenkommission, bestehend aus 19 Bevoll- mächtigten aus 18 Staaten, darunter auch Deutschland, gründeten die Vereinten Nationen im Jahre 1983 die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung [World Commission on Environment and Development (WCED)] mit Hauptsitz in Genf. Die Aufgabe dieser Kom- mission war es, einen Perspektivbericht zu ökologisch sinnvoller und über einen langen Zeitraum tragfähiger Entwicklung auf globaler Ebene bis zum Jahre 2000 und darüber hin- aus zu erstellen. Die damalige Vorsitzende war Dr. Gro Harlem Brundtland, die damalige Ministerpräsidentin von Norwegen und frühere Umweltministerin, und hatte dieses Amt bis 1988 inne, bis schließlich fortan jährlich der Vorsitz wechselte. Seit dem Jahre 1998 fungiert sie als Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation WHO. 1987 veröffentlichte die Kommission ihren als Brundtland-Report bekannt gewordenen Zukunftsbericht „Unsere gemeinsame Zukunft“ („Our Commom Future“), der die Diskussion über Entwicklungs- und Umweltpolitik auf internationaler Ebene maßgeblich beeinflusste. Dieser Bericht gilt als Initialzündung für weitere Debatten, so zum Beispiel auf zwei internationalen Konferenzen in London (1987) und Mailand (1988), und war Grund für die Umweltkonferenz in Rio de Janeiro im Jahre 1992.
Am 31. 12. 1987 wurde die Kommission zwar offiziell aufgelöst, jedoch ab dem April des Jahres 1988 unter dem Namen Centre for Our Common Future fortgeführt und im Jahre 1992 schließlich, im Rahmen der Rio-Konferenz wieder ins Leben gerufen.
Bedeutung für die internationale Debatte über Entwicklungs- und Umweltpolitik erlangte der Abschlussbericht der Brundtland-Kommission „Unsere gemeinsame Zukunft“ deshalb, weil es in diesem Zuge erstmals zu einer Erarbeitung des Leitbildes einer „[…] nachhalti- gen Entwicklung“ kam. Darunter gab die Kommission eine Entwicklung, „die den Bedürf- nissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen“, zu verstehen. Dieses Konzept gilt als erstmalige Grundlage einer integrativen, globalen Poli- tikstrategie und vereinte zuvor als separate Problembereiche betrachtete Themen wie z.B. Schuldenkrise, globale Hochrüstung, Umweltverschmutzung in Industrieländern, Bevölke- rungsentwicklung und Wüstenausbreitung in der Dritten Welt zu einem Wirkungsgeflecht, zu dessen Lösung einzelne Maßnahmen nicht genügen würden.
Während dem Hunger und Elend in Entwicklungsländern ein Ende bereitet werden muss, hat in den Industrieländern, nach Ansicht der Kommission, das Bestreben, den materiellen Wohlstand mit dem Schutz und der Erhaltung der Natur in Einklang zu bringen, höchste Priorität. Es ist weiterhin davon auszugehen, dass sich weder das Konsumverhalten, noch die Art der Lebensführung der Westlichen Welt, würden jemals auf die gesamte, sowohl heutige, als auch zukünftige, Weltbevölkerung transferieren lassen.
Weiter heißt es, dass die Weltwirtschaft einerseits die Bedürfnisse und Belange der Men- schen befriedigen müsse, andererseits aber das Weltwirtschaftswachstum die ökologischen Grenzen der Erde nicht sprengen dürfe. Daraus resultiert die Feststellung, dass die Menschheit zahlreiche Aktivitäten und Lebensweisen andern müsse, wenn man vermeiden wolle vor desaströse menschliche Übel und schier unlösbare ökologische Probleme gestellt zu werden. Die Kommission forderte also „eine neue Ära einer umweltgerechten wirt- schaftlichen Entwicklung“ und stellte fest: „Die Menschheit ist zu einer nachhaltigen Ent- wicklung fähig - sie kann gewährleisten, dass die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt werden, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zur Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse zu beeinträchtigen.“2
2.6.2 Die Umweltkonferenz in Rio de Janeiro 1992
1992 haben 178 Staaten während der Rio-Konferenz die Agenda 21 ins Leben gerufen, die das Grundlagenprogramm für eine global wirksame nachhaltige Entwicklung bildet. Man vertrat die Ansicht, das gerechte soziale Verhältnisse, nachhaltige Formen im Umgang mit der Natur und des Wirtschaftens und das Teilhaben an Enscheidungsprozessen von Seiten Minderjähriger und Frauen nicht in die Tat umgesetzt werden können, wenn nicht ein Umdenken stattfinden und neue Kompetenzen erschlossen würden. Diese Auffassung wurde in der Folgekonferenz in Johannesburg im Jahre 2002 nochmals bestätigt.
Doch um den im Bericht der Brundtland-Kommission geforderten, dringenden Handlungs- bedarf der Völkergemeinschaft umzusetzen, mussten erst verbindliche Verträge und Kon- ventionen wirksam werden, weshalb genau 20 Jahre nach der ersten weltweiten Umwelt- konferenz, eine weitere von der UNO einberufen und, bereits vorab, über mehrere Jahre vorbereitet wurde. Ein eigens dafür in London eingerichtetes Sekretariat, Berichte, die aus über 120 Ländern zusammengetragen wurden, Expertengruppen aus den verschiedensten UN-Gremien, so z.B. der UN-Wirtschaftskommission UNCTAD d , den UN-Entwick- lungsprogramm UNDP d und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO d sowie der Weltorganisation für Meteorologie WMO d, waren an der Vorarbeit beteiligt und lieferten die Informationen, die zu einer vielversprechenden Durchführung der Konferenz von Nöten waren. Schließlich nahmen rund 10.000 Delegierte an der Konferenz in Rio de Janeiro, die vom 3. bis 14. Juni 1992 stattfand, teil.
Die Verabschiedung wichtiger Dokumente erwies sich dennoch nicht als leichtes Unterfan- gen und die beteiligten Regierungen diskutierten teilweise heiß, bis sie zu einvernehmli- chen Ergebnissen gelangten, die nunmehr nicht nur als reine Vorschläge und Forderungen einer unabhängigen Kommission galten, sondern letztlich konkrete Handlungsvorgaben zum Erreichen einer nachhaltigen Entwicklung als politisches und rechtlich bindendes Ziel formulierten. Aber nicht allein umweltpolitische Probleme sollten thematisiert werden, sondern, darüber hinaus, auch zum Handeln drängende Missstände der globalen Entwick- lung, die wiederum selbst im Zusammenhang mit der Umweltpolitik zu betrachten sind. Somit wurde eine nachhaltige Entwicklung im globalen Kontext angestrebt und hierfür im Besonderen die Wechselwirkung zwischen der Abhängigkeit des Menschen von seiner Umwelt einerseits und den weltweiten Veränderungen dieser, durch das Handlungspotenti- al und Verhalten des Menschen andererseits, in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt.
2.6.2.1 Rio: fünf Dokumente
Schließlich wurden in Rio fünf Dokumente verabschiedet, die trotz einer Bandbreite an In- teressensgegensätzen, wie z.B. bei den Themen Wald oder Klimaschutz, von der Mehrheit der Beteiligten als ein äußerst wert- und verheißungsvoller Schritt für die Umsetzung einer aussichtsreichen globalen Umwelt- und Entwicklungspartnerschaft erachtet wurde. Diese fünf Dokumente lauten:
1. Die Deklaration von Rio über Umwelt und Entwicklung
2. Die Klimaschutz-Konvention
3. Die Artenschutz-Konvention
4. Die Walddeklaration
5. Die Agenda 21
Außerdem sprach man auf der Rio-Konferenz die Empfehlung aus, man solle ein regierungsübergreifendes Verhandlungskomitee [Intergovernmental Negotiating Commitee (INCD)] gründen, dessen Aufgabe darin bestehen solle, eine Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung in Ländern vorzubereiten, in denen schwere Dürren und die voranschreitende Ausdehnung der Wüstengebiete, also insbesondere Länder auf dem afrikanischen Kontinent, ein bedrohliches Problem darstellen.
Bereits 1993 wurde dieses Komitee ins Leben gerufen und beschloss nur ein Jahr später, am 17. Juni 1994 in Paris, nach fünf Sitzungen die Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung [U.N. Convention to Combat Desertification (UNCCD)].
2.6.3 Agenda21
Wie auf der Umweltkonferenz in Rio deutlich wurde, vertrat man nun die Ansicht, dass eine nachhaltige Entwicklung ausschließlich durch ein weltweites Aktionsprogramm er- reicht werden kann. Mit der Verabschiedung der Agenda 21 wurden nun Handlungsaufträ- ge en dètail formuliert, die einer Verschlechterung der Gesamtlage der Umwelt und des Menschen entgegenwirken und eine nachhaltige Nutzung der Umweltressourcen garantie- ren sollten.
Laut der Agenda 21 obliegt es in erster Linie den einzelnen Staatsregierungen, Strategien, Umweltpläne sowie Umweltaktionspläne zur Umsetzung der nachhaltigen Entwicklung auf nationaler Ebene zu planen und regierungsunabhängige Organisationen sowie andere Insti- tutionen an der Realisierung bei diesem Vorhaben partizipieren zu lassen. Um diese Pro- jekte und Maßnahmen erfolgreich umsetzen zu können, ist es auch besonders wichtig, dass man der breiten Öffentlichkeit die Möglichkeit zugesteht, an diesem Prozess teilhaben zu lassen, da es unumgänglich ist, den einzelnen Bürger über die Notwendigkeit einer nach- haltigen Entwicklung gewahr werden zu lassen. Hier kommen die Kommunalverwaltungen ins Spiel, denen die besondere Verantwortung zukommt, einen Konsens mit ihren Bürgern auf kommunaler Ebene zu schaffen und eine „Lokale Agenda 21“ etablieren.
Auf internationaler Ebene ist es nun Aufgabe bestimmter Organisationen wie den Verein- ten Nationen, die Anstrengungen der einzelnen Staaten eine nachhaltige Entwicklung zu schaffen, zu koordinieren. Ein spezielles Augenmerk bedarf es hierbei gerade auf Staaten und Entwicklungsländer zu richten, deren Wirtschaft sich gerade in einem Prozess des Umbruchs befindet. Beispiele hierfür sind verschiedene osteuropäische Staaten, die ehemalige Sowjetunion sowie, aus heutiger Sicht, die Staaten des ehemaligen Jugoslawiens.
2.6.3.1 Die Agenda 21 ist thematisch in vier Bereiche unterteilt
Die Agenda 21 setzt sich aus 40 Kapiteln zusammen, die alle relevanten Sektoren der Politik und die entsprechenden Handlungsmaßnahmen umfassen und gliedert sich in folgende vier thematische Bereiche:
- Soziale und wirtschaftliche Dimension: Armutsbekämpfung, Bevölkerungsdyna- mik, Gesundheitsschutz und nachhaltige Siedlungsentwicklung.
- Ökologieorientierte Themen: Schutz der Erdatmosphäre, Bekämpfung der Entwal- dung, Erhalt der biologischen Vielfalt, umweltverträglichen Entsorgung von Abfäl- len
-Konsolidierung der Partizipation verschiedener gesellschaftlicher Gruppen, die für eine Umsetzung der Agenda von besonderer Wichtigkeit sind
-Finanzielle und organisatorische Instrumente zur erfolgreichen Umsetzung: Tech- nologietransfer, Bildung, internationale Zusammenarbeit etc.
2.6.4 Weltgipfel in Johannesburg
Der Weltgipfel in Johannesburg bot 2002, zehn Jahre nach der ersten UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro die große Chance, die globalen Herausforderungen Armut und Umweltzerstörung wieder ganz oben auf die politische Agenda und ins öffentliche Bewusstsein zu bringen.
In der letzten Nacht des Gipfels einigten sich die Delegierten über den letzten noch offenen Punkt zur Frage der Beschneidung von Frauen und Abtreibungen. Gesundheitsvorsorge und Heilung sollen demnach an Menschenrechten, nationalen Gesetzen, kulturellen wie re- ligiösen Werten und UN-Vereinbarungen ausgerichtet werden. Hintergrund der Menschen- rechtsdiskussion war der Schutz von Frauen vor Genitalverstümmlung. Einige islamische Staaten hatten sich gegen ein solches Recht ausgesprochen, weil es in ihre kulturellen Tra- ditionen eingreife. Die USA und der Vatikan waren gegen die dazu vorgeschlagene For- mulierung, weil sie gleichzeitig ein Recht auf Abtreibung beinhalte. In den nächtlichen Verhandlungen konnten sich schliesslich die EU mit Kanada und Norwegen durchsetzen.
Insgesamt ist es der EU und ihren Partnern in Europa aber gelungen, Rückschritt gegen- über den Ergebnissen von Rio zu verhindern. Dies war vor einigen Monaten noch befürch- tet worden. In einigen Feldern konnten wichtige Fortschritte erzielt werden, die nicht mehr erwartet worden waren und zum Teil gegen den Widerstand der USA durchgesetzt wurden. So wurden klare Ziele für die Verbesserung der Trinkwasserversorgung für 1,2 Mrd. Men- schen bestätigt und ein erstmaliger Beschluss für die Verbesserung der Abwasserversor- gung von 2,4 Mrd. Menschen gefasst. Weiterhin wurden Zielsetzungen für den Schutz der Fischbestände, den Umgang mit Chemikalien sowie die faire Verteilung des Nutzens aus der Biodiversität festgelegt. Auch sollen die Fragen nicht nachhaltiger Konsum- und Pro- duktionsmuster ebenso wie die Thematik globaler öffentlicher Güter (auf US-Intervention abgeschwächt auf "global public interests") im UN-Rahmen verhandelt werden. Aus NGO- Sicht besonders positiv zu bewerten ist, dass auch die Frage der Transparenz von unterneh- merischer Tätigkeit und die Entwicklung von sozialen und ökologischen Rahmenbedin- gungen in den Aktionsplan aufgenommen wurden.
Der im Rahmen dieser diplomatischen Verhandlungen bedauerlichste Punkt ist, dass es der EU und dafür aufgeschlossenen Nicht-OPEC-Ländern in den G 77 nicht gelungen ist, für den Ausbau der klimafreundlichen nichterneuerbaren Energien quantifizierte Anteils- und Zeitziele durchzusetzen. Statt dessen soll zwar ein besonderes Gewicht auf die Entwicklung erneuerbarer Energien gelegt werden. Gleichzeitig sollen zukünftig auch "cost-effecti- ve energies" gefördert werden. Zu diesen zählen viele UN-Mitglieder jedoch auch die Kernenergie. Grund für die sehr schwache Position, die die EU zeitweise im Konferenzverlauf gezeigt hat, war „vor allem ihre Unfähigkeit, sich beim Subventionsabbau in der Landwirtschaft zu bewegen“(Germanwatch) - dies trotz des Engagements der deutschen Delegation und des Bundeskanzlers für diesen Abbau.
Gemessen an den globalen Herausforderungen, aber auch gemessen an dem Aufwand des mehrjährigen Vorbereitungsprozesses „sind diese Ergebnisse völlig unzureichend.“(Germanwatch). Das machte auch die Mehrzahl der Beiträge der Regierungschefs im Plenum in diesen Tagen deutlich.. Das multilaterale Verhandlungssystem ist hier an Grenzen gestoßen, ohne dass es eine Alternative gäbe. Die Möglichkeiten, gegen den Widerstand des größten Industrielandes der Welt, den USA, zu verbindlichen Zeitzielen und Aktionsprogrammen zu kommen, sind einfach sehr begrenzt.
Von weiten Teilen der interessierten Öffentlichkeit war erwartet worden, dass die UN-Or- ganisation für Umwelt und Entwicklung (UNEP) in Johannesburg aufgewertet werden könnte im Rahmen des UN-Systems. Gleichzeitig sollte die Organisation dadurch gegen- über der WTO gestärkt werden. Auch dazu hat der politische Wille der Beteiligten nicht ausgereicht. Ebenso wenig wie für eine unabhängige Kommission (Vorschlag des Bundes- tags "Weltkommission für Nachhaltigkeit und Entwicklung"), die in Johannesburg be- schlossen werden sollte. Ohne die Absichtserklärungen, die Russland und Kanada in Jo- hannesburg zu einer Ratifizierung des Kioto-Protokolls noch in diesem Jahr gegeben ha- ben, wäre das multilaterale Verhandlungssystem in eine tiefe Vertrauenskrise geraten. Im- merhin wird bereits seit über 10 Jahren über einen globalen Klimavertrag verhandelt, ein Thema, das in fast jeder Rede der über 100 anwesenden Staatschefs als dringlich bezeich- net wurde.3
2.6.5 Milleniumsziele
Im September 2000 haben sich alle Mitgliedsstaaten der UNO auf acht Entwicklungsziele - die Millenniums-Entwicklungsziele (Millennium Development Goals, MDGs) geeinigt, um eine zukunftsfähige und nachhaltige Weltentwicklung zu gewährleisten. Reiche und arme Länder verpflichteten sich darin, alles daran zu setzen, die Armut radikal zu reduzie- ren, die menschliche Würde und Gleichberechtigung zu fördern und Frieden, Demokratie und ökologische Zusammenarbeit zu verwirklichen. Die Staats- und Regierungschefs ha- ben sich erstmals auf genau definierte Ziele und einen Zeitplan bis 2015 festgelegt.
Folgende Ziele wurden von der UNO im Jahr 2000 beschlossen4:
Beseitigung der extremen Armut und des Hungers: Die Zahl der Menschen, die von weniger als einem US-Dollar pro Tag leben, soll um die Hälfte gesenkt werden. Der Anteil der Menschen, die unter Hunger leiden, soll um die Hälfte gesenkt werden.
Verwirklichung der allgemeinen Primärschulbildung: Alle Jungen und Mädchen sollen eine vollständige Grundschulausbildung erhalten.
Förderung der Gleichheit der Geschlechter und Ermächtigung der Frauen: In der Grund- / Mittelschulausbildung soll bis 2005 und auf allen Ausbildungsstufen bis 2015 jede unterschiedliche Behandlung der Geschlechter beseitigt werden.
Senkung der Kindersterblichkeit: Die Sterblichkeit von Kindern unter fünf Jahren soll um zwei Drittel gesenkt werden.
Verbesserung der Gesundheit von Müttern: Die Müttersterblichkeit soll um drei Viertel gesenkt werden.
Bekämpfung von HIV/AIDS, Malaria und anderen Krankheiten: Die Ausbreitung von HIV/Aids soll zum Stillstand gebracht und zum Rückzug gezwungen werden. Der Ausbruch von Malaria und anderer schwerer Krankheiten soll unterbunden und ihr Auftreten zum Rückzug gezwungen werden.
Sicherung der ökologischen Nachhaltigkeit: Die Grundsätze der nachhaltigen Entwicklung sollen in der nationalen Politik übernommen werden; dem Verlust von Umweltressourcen soll Einhalt geboten werden. Die Zahl der Menschen, die über keinen nachhaltigen Zugang zu gesundem Trinkwasser verfügen, soll um die Hälfte gesenkt werden. Bis zum Jahr 2020 sollen wesentliche Verbesserungen in den Lebensbedingungen von zumindest 100 Millionen Slumbewohnern erzielt werden.
Sicherung der ökonomischen Nachhaltigkeit: Ein offenes Handels- und Finanzsystem, das auf festen Regeln beruht, vorhersehbar ist und nicht diskriminierend wirkt, soll weiter ausgebaut werden. Auf die besonderen Bedürfnisse der am wenigsten entwickelten Länder muss entsprechend eingegangen werden. Die Schuldenprobleme der Entwicklungsländer mit niedrigen und mittleren Einkommen müssen durch Maßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene umfassend und wirksam angegangen werden, damit ihre Schulden auf lange Sicht tragbar werden.
2.6.6 Umweltbildung als Wurzel der BNE
Die Umweltpädagogik als Teildisziplin der Pädagogik ist heute auf einem Tiefpunkt ange- langt. Umweltbildung hatte die Blütezeit in den achtziger Jahren, als Umweltprobleme wie das Waldsterben, saurer Regen und andere Themen in der öffentlichen Diskussion an vor- derster Stelle standen. Der Begriff Umweltbildung ist im Zusammenhang mit der Umwelt- politik entstanden. Bis in die 1970er gab es kaum Angebote der Umweltbildung, da ökolo- gische Themen erst in den 1960er Jahren registriert wurden. Den Begriff der Umweltbil- dung zu bestimmen ist nicht einfach. Das beginnt schon bei der Terminologie, wie Um- welterziehung, Umweltpädagogik, Ökopädagogik, Ökologisches Lernen, usw.5 Oft taucht der Begriff Bildung für nachhaltige Entwicklung für die Umweltbildung auf, der aus der Forstwissenschaft stammt und somit auf Umweltbildung zurückgeführt werden kann, je- doch befasst sich, wie bereits dargestellt die BNE mit einem weitschweifenderen Themen- komplex und schließt z.B. entwicklungspolitische Fragen mit ein. Ziel der Umweltbildung ist es einenn verantwortungsbewussten Umgang mit der Umwelt und den natürlichen Res- sourcen zu vermitteln. Kennzeichnend sind dabei freie Träger, die außerschulische Um- weltbildungsmaßnahmen anbieten und sich mit ihrem Angebot niederschwellig an ein all- gemeines Publikum, sowie an spezifische Zielgruppen wenden.6
Das Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz schreibt dazu auf ihrer Webseite7: „Die Umweltbildung will Wissen (Kopf), Einstellungen (Herz) und Erfahrungen (Hand) über die Umwelt des Menschen vermitteln.“ Im Zuge inte- gration der Umweltbildung in die Bildung für nachhaltige Entwicklung veränderten sich auch die Ziele. Die Vermittlung von Wissen, Einstellungen und Erfahrungen über das Leit- bild der nachhaltigen Entwicklung sind heute im Mittelpunkt der Arbeit. Zentrale Bedeu- tung hat dabei das Konzept der Gestaltungskompetenz, das die Kompetenzen umfasst, die für das Erkennen von Umweltproblemen sowie für eine spezifische Problemlösungs- und Handlungsfähigkeit notwendig sind. Der Deutsche Bundestag bezeichnet 2002 die Um- weltbildung als eine Säule der Bildung für nachhaltige Entwicklung und „fordert die Bun- desregierung auf, ihre gesamten Bildungsaktivitäten am Leitbild der Nachhaltigen Ent- wicklung auszurichten und die Umweltbildung ... als erste ... Säule einer Bildung für Nachhaltige Entwicklung auszubauen.“8
Inhaltlich bieten Umweltbildungseinrichtungen eine Vielzahl an Angeboten. Zusammenfassend kann man folgende anführen: Eigenart und Schönheit von Natur- und Kulturlandschaften, Sicherung der Lebensgrundlagen, Nachhaltige Entwicklung und globale Verantwortung, Ethische Herausforderung.9 Beispielhaft erwähnenswert sind zwei in München aktiven bekannten Träger der Umweltbildung, das Ökoprojekt MobilSpiel e.V., die auf Grundlage des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (SGB VIII) arbeiten und Green City e.V., die jährlich in München das Streetlife Festival mitveranstalten.
Man kann sagen, die UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung hat also die Umweltbildung sowie den Ansatz des Globalen Lernens in ihren Wurzeln.
2.6.7 Was ist Globales Lernen?
Globales Lernen ist ein Sammelbegriff für alle pädagogischen Ansätze, die sich auf den Prozess der Globalisierung beziehen. Es geht ebenfalls auf die Agenda 21zurück. Das Kapitel 36 befasst sich mit der Förderung der Schulbildung, des öffentlichen Bewußtseins und der beruflichen Aus- und Fortbildung. Globales Lernen ist jedoch nicht einfach zu definieren, es ist kein festumrissenes pädagogisches Programm, sondern vielmehr ein „offenes, vorläufiges, facettenreiches Konzept zeitgemäßer Allgemeinbildung“.10
Einen eindeutigen Begriff oder gar eine allgemein akzeptierte Definition „Globalen Lernens“ gibt es nicht. Trotzdem lässt sich die Facettenvielfalt einigermaßen, vorsichtig und mit Vorbehalt, unter einen gemeinsamen Nenner bringen:
Ausgangspunkt Globalen Lernens ist die Erkenntnis der Notwendigkeit einer Entwicklung im menschlichen Bewusstsein hinsichtlich globalverträglicher und globalverantwortlicher Denkstrukturen, Wertvorstellungen und Lernformen. Es wird davon ausgegangen, dass die herkömmliche Erziehung und Bildung nicht in der Lage ist, die heranwachsende Generati- on mit den notwendigen Kenntnissen, Fähigkeiten und Einsichten auszustatten, die sie zur Bewältigung ihren Aufgaben in einer globalisierten, vernetzten, komplexen, unübersichtli- chen Weltgesellschaft benötigt. Die Entwicklung zur Weltgesellschaft stellt neue Ansprü- che an die Erziehung. Globales Lernen versteht sich als die pädagogische Antwort auf die Erfordernisse einer nachhaltigen Entwicklung der Weltgesellschaft, als die notwendige Transformation pädagogischen Denkens und Handelns im Kontext einer sich globalisierenden Gesellschaft.
Zusammenfassend lässt sich das offene Konzept Globalen Lernens wie folgt charakterisie- ren:
Den Ausgangspunkt bilden ganz allgemein die Herausforderungen der Globalisierung mit dem Ziel, die Erschließung der globalen Dimension und einer weltumfassenden Sichtweise in der Erziehung sowie die Vermittlung von zukunftsfähigen Kompetenzen zu erreichen.
Das Leitbild ist eine ethische Verantwortung zur nachhaltigen Entwicklung, wobei als Methode ein ganzheitliches, interdisziplinäres, partizipatorisches und handlungsorientiertes Lernen angedacht ist.
Innerhalb dieses Rahmens gliedert sich ein breites Spektrum an pädagogischen Ansätzen, die sich kaum auf gemeinsame didaktische Grundsätze zurückführen lassen.11
Um die Konturen des offenen Konzepts des Globalen Lernens etwas schärfer zu definieren, ist es vielleicht einfacher, sich anzusehen, was Globales Lernen nicht ist:
Globales Lernen ist nicht Friedenserziehung. Es ist nicht Umwelterziehung und auch nicht Menschenrechtserziehung. Globales Lernen ist nicht mit interkultureller Erziehung und auch nicht mit Entwicklungspädagogik zu verwechseln. Vielmehr nimmt es Impulse aus diesen Bereichen auf und stellt deren Zusammenhänge, Überschneidungen und gemeinsa- men Grundsätze unter die inhaltlichen Zielperspektiven Zukunftsfähigkeit und Nachhaltig- keit, ohne damit die Eigenständigkeit und Bedeutung dieser verschiedenen pädagogischen Zugänge zu bestreiten.
Nachfolgend eine tabellarische Zusammenstellung von Kompetenzen und Lernzielen des Globalen Lernens12, meiner Meinung nach direkt anwendbar auch auf die Arbeit innerhalb der Bildung für nachhaltige Entwicklung. Diese drei Kompetenzen bilden auch die Grundlage eines gut ausgebildeten Sozialpädagogen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Kompetenzen bilden neben anderen Dimensionen, etwa der thematischen, einen wesentli- chen Bestandteil des Globalen Lernens auch wenn die Gewichtung zwischen Themenori- entierung und Kompetenzorientierung bei den verschiedenen Ansätzen unterschiedlich ist.
2.6.8 Verflechtung von Ökologie, Ökonomie und Sozialem
Ökologische, ökonomische und soziale Fragestellungen stehen immer in einem engen Kontext zueinander. Eine Entwicklung tritt erst dann ein und wirtschaftliche Erfolge mit sozialen Vorteilen sind erst dann möglich, wenn der ökologische Aspekt dafür eine hinreichende Basis bietet. Ist ein derartiges System intakt, greifen sozusagen die Räder ineinander, so kann man von Nachhaltigkeit sprechen.
Rückwirkend ist es zweifelsohne anzunehmen, dass in einem nachhaltigen System auch ein Nutzen in ökologischer Hinsicht erfolgen kann. So ebnet die Wirtschaftskraft den Weg zu innovativen Lösungen und technischen Errungenschaften, die beispielsweise die Entwicklung alternativer Fahrzeugantriebe oder Erschließung alternativer Energiequellen möglich machen. Nur auf diese Weise ist es langfristig realistisch, einen akzeptablen Lebensstandart für die zunehmende Anzahl an Menschen auf dieser Welt zu erwirken und aufrecht zu erhalten. Dieses Zusammenwirken von bzw. diese Wechselwirkung zwischen sozioökonomischen und ökologischen Faktoren stellt ein unleugbares Faktum dar, das unbedingt in das Denken der Menschen und somit in die Kommunikation und Bildung einfließen muss. Die Traditionelle Umweltbildung wollte, dass Lernende sich für den Erhalt der Natur einsetzen. Bildung für Nachhaltigkeit will, dass Lernende zwischen den vielen berechtigten Interessen und Belangen eine ausgeglichene Lösung finden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Die globale Perspektive im Nachhaltigkeitsdreieck
2.6.9 Wechselnde Paradigmen und wirksame Methoden
Nachhaltige Entwicklung verlangt in einer Reihe von Bereichen nach einem Paradigmen- wechsel, weil der Umstand, dass nachhaltige Entwicklung das Zusammenwirken der ver- schiedensten Bereiche, darunter, wie bereits erwähnt, auch ökologische, ökonomische und soziale Aspekte, umfasst, für alle Ebenen der gegenseitigen gesellschaftlichen Kontrollme- chanismen eine immense Herausforderung beinhaltet. Davon betroffen sind der öffentliche und private Sektor, die Nichtregierungsorganisationen und die Zivilgesellschaft.
[...]
1 http://www.nachhaltigkeit.info
2 Der Brundtland-Bericht "Our Common Future" ist 1987 unter dem Titel "Unsere gemeinsame Zukunft. Der Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung" auf deutsch herausgegeben worden.
3 http://www.germanwatch.org/rio/ws-res.htm 07.04.08
4 http://www.undp.org/07.04.08
5 Vgl. Außerschulische Umweltbildung in Zahlen
6 Ebenda S.9
7 http://www.umweltbildung.bayern.de/idee/basis.htm08.04.08
8 Bundestagsdrucksache 14/3319
9 http://www.umweltbildung.bayern.de/idee/basis.htm08.04.08 10 Vgl. Brilling: Handwörterbuch Umweltbildung. 130ff
11 Neda Forghani Was ist Globales Lernen?
12 ebenda
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