Repräsentativität von Online-Befragungen in der Marktforschung


Seminararbeit, 2006

24 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Grundlagen
2.1 Repräsentativität und Verzerrungsquellen
2.2 Online-Befragung

3 WWW-Befragung
3.1 Online-Stichprobenziehung
3.1.1 Problem der Selbstselektion
3.1.2 Besonderheiten und weitere Probleme
3.1.3 Nth-Viz-Methode
3.2 Medienbruch zur Stichprobenziehung
3.2.1 Internetnutzer als Grundgesamtheit
3.2.2 Gesamtbevölkerung als Grundgesamtheit

4 Kritische Zusammenfassung und Ausblick

1 Einleitung

In unserer Gesellschaft ist das Internet inzwischen als günstige und schnelle Informa- tions- und Kommunikationsplattform kaum mehr zu missen. Mit einer rasanten Ge- schwindigkeit hat es viele Bereiche des alltäglichen Lebens durchdrungen. Auch die Marktforschung nutzt die sich hier bietenden Potentiale einer schnellen, günstigen, sowie weltweit möglichen Datenerhebung. Besonders verbreitet ist dabei, wie auch in der klassischen Marktforschung, die Erhebungsmethode der Befragung (Bati- nic/Bosnjak 1997, S.288). Beschäftigt man sich mit Literatur zum Thema Online- Befragung, so sticht hervor, dass diesbezüglich ein Aspekt besonders kritisch und stark diskutiert wird: Die Repräsentativität von Online-Befragungen (Göritz/Moser 2000). Die Frage nach der Verallgemeinerungsfähigkeit von gewonnenen Daten stellt sich allerdings nur, wenn quantitative Aussagen über eine bestimmte Gruppe von Personen angestrebt werden (Grossnickle/ Raskin, S.49ff.). Eine Diskussion über die Grenzen und Möglichkeiten von Online-Befragungen zu repräsentativen Daten zu führen, basiert also implizit auf diesem Ziel. Die vorliegende Arbeit soll diesbezüglich einen kritischen Überblick zur Repräsentativität von Online- Befragungen im Rahmen der Marktforschung liefern.

Dazu wird zunächst ein grundlegendes Verständnis des Begriffes der Repräsentativi- tät, ihrer Relevanz sowie potentieller Gefahren bei ihrer Gewährleistung vermittelt. Nachfolgend wird die Erhebungsmethode Online-Befragung anhand konkreter Er- scheinungsformen genauer betrachtet. Im Zentrum der anschließenden Ausführungen steht dann die zentrale Online-Befragungsform, die WWW-Befragung. Darauf auf- bauend lassen sich zwei grundsätzliche Wege aufzeigen, Teilnehmer für Online- Befragungen zu gewinnen. Diese werden differenziert betrachtet, und zwar in Hin- blick auf ihre Möglichkeiten und Grenzen zu repräsentativen Daten zu führen.

2 Grundlagen

Im folgenden Teil werden wichtige Grundlagen zum besseren Verständnis der vor- liegenden Arbeit dargestellt. Zunächst wird das hier zugrunde gelegte Verständnis von Repräsentativität wiedergegeben und der Blick für besonders problematische Bereiche und Grenzen bei der Gewährleistung dieses Gütekriteriums geschärft. An- schließend wird der Begriff „Online-Befragung“ definiert und einführend einige re- levante Formen, sowie deren generelle Charakteristika dargestellt. Davon ausgehend wird die Fokussierung auf eine besonders verbreitete Form, die WWW-Befragung abgeleitet, welche die Darstellung methodisch besonders kritischer, online- spezifischer Aspekte bezüglich der Repräsentativität ermöglicht.

2.1 Repräsentativität und Verzerrungsquellen

Vollerhebungen zur Gewinnung von statistischen Daten sind sehr kosten- und zeitin- tensiv, sowie strukturell oft gar nicht möglich. Daten werden daher meist nur bei einer bestimmten Teilgruppe, einer Stichprobe der interessierenden Grundgesamtheit erhoben. Dafür muss zuerst diese Grundgesamtheit sachlich, zeitlich und räumlich abgegrenzt werden. Besteht bei Teilerhebungen der Anspruch, die gewonnenen Da- ten über den Kreis der tatsächlich Befragten hinaus auf die Grundgesamtheit zu ver- allgemeinern (z.B. bei quantitativen Untersuchungen), kommt die Frage nach der Repräsentativität der Stichprobe auf (Schell et al. 1988, S.249ff.). Denn nur wenn die Stichprobe repräsentativ für die definierte Grundgesamtheit ist, sind die Daten gültig verallgemeinerbar. Die Stichprobe muss also bezüglich der relevanten unabhängigen Variablen ein verkleinertes, unverzerrtes Abbild der Grundgesamtheit darstellen.

Die Gewährleistung von Repräsentativität ist aufgrund der Vielfalt der zu berück- sichtigenden Einflussfaktoren nur schwer möglich. Alleine die Uneinheitlichkeit bei der praktischen Auslegung des Repräsentativitätsbegriffes verdeutlicht dies (Schnell et al. 1988, S.280f.; Deutsche Forschungsgemeinschaft 1999, S.16f.). So erscheint es nahe liegend, eher die potentiellen Verzerrungen zu minimieren und somit statt nach einer absoluten nach einer möglichst hohen Repräsentativität zu streben. Allgemein werden zwei Quellen potentieller Verzerrungen der Stichprobe unterschieden: das Auswahlverfahren und die Ausschöpfungsquote (Göritz/Moser 2000; Schnell et al. 1988, S.280ff.).

Bezüglich des Auswahlverfahrens besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass nur Zufallsauswahlen zu repräsentativen Daten führen können (Schnell et al. 1988, S.280ff.; Deutsche Forschungsgemeinschaft 1999, S.13f). Bei Zufallsstichproben basiert die Auswahl der Stichprobenelemente auf einem Zufallsprinzip, wodurch jedes Element der Grundgesamtheit eine berechenbare, von Null verschiedene Wahr- scheinlichkeit besitzt Element der Stichprobe zu werden und somit der Stichproben- fehler berechenbar ist. Die zufällige Ziehung von Untersuchungseinheiten ist in der Praxis jedoch oft nicht möglich, da sie ein vollständiges Verzeichnis der Grundge- samtheit voraussetzt. Daher wird besonders in der Marktforschung häufig noch auf bewusste Auswahlen zurückgegriffen, wie z.B. die Quotenauswahl. Dabei werden Personen anhand bestimmter Merkmale ausgewählt. Die bewusste wie auch die will- kürliche Auswahl basieren nicht auf einem Zufallsprozess, weshalb folglich der Stichprobenfehler nicht berechenbar ist. Im Gegensatz zu willkürlichen Auswahlen bergen bewusste Auswahlen den Vorteil, dass sie eindeutig festgelegten, intersubjek- tiv nachvollziehbaren Verfahren folgen (Schnell et al 1988, S.271ff.; Deutsche For- schungsgemeinschaft 1999, S.13f.). In der Praxis wurden mit Hilfe der bewussten Verfahren relativ positive Ergebnisse bezüglich der Repräsentativität erzielt. Will- kürliche Auswahlen dagegen gelten in der wissenschaftlichen Forschung gemeinhin als nicht anwendbar (Schnell et al. 1988, S.271f.; Deutsche Forschungsgemeinschaft 1999, S.13f.).

Neben dem Auswahlverfahren kann auch eine geringe Ausschöpfungsquote der je- weiligen Stichprobe verzerrend auf die gewonnenen Daten wirken (Schnell et al. 1988, S.282ff.). Die Ausschöpfungsquote bezeichnet dabei den Anteil der tatsächlich Befragten in Relation zu den Personen, welche zur Teilnahme aufgefordert wurden. Die zur Teilnahme aufgeforderten Personen nehmen freiwillig an einer Befragung teil, haben also grundsätzlich auch die Möglichkeit, die Teilnahme zu verweigern. Es kommt zu sogenannten „Ausfällen“. Unterscheiden sich die Befragungsteilnehmer systematisch in bestimmten, als verhaltensrelevant einzuschätzenden Charakteristika von den Nichtteilnehmern, können die Ergebnisse nicht mehr gültig auf die interes- sierende Grundgesamtheit verallgemeinert werden (Couper 2000, S.473; Schnell et al., S.282ff.).

2.2 Online-Befragung

Die Datenerhebung über das Internet erfolgt, wie in der klassischen Marktforschung, aus kosten- und zeitökonomischen Gründen, sowie aufgrund des großen Anwen- dungsbereiches primär über Befragungen (Batinic/Bosnjak 1997, S.288). Der Online- Befragung kommt somit eine zentrale Stellung innerhalb der Online- Erhebungsmethoden zu (Lütters 2004, S.53). In der vorliegenden Arbeit wird unter einer Online-Befragung eine „ Befragung auf Basis von Internettechnologien ver- standen “ (Lütters 2004, S. 54). Der Arbeitskreis Deutscher Markt- und Forschungs- institute e.V. (2001, S.3) versteht darunter „ Befragungen (...), bei denen die Teilneh- mer den...

- auf einem Server abgelegten Fragebogen im Internet online aus- füllen,
- Fragebogen von einem Server herunterladen und per E-Mail zur ü cksenden,
- Fragebogen per E-Mail zugeschickt bekommen und zurücksen-den.

Es geht mittels der Befragung um die reaktive Erhebung von Primärdaten, bei welcher das Internet als Instrument dient. Ausgeschlossen bleiben somit in dieser Betrachtungsweise nicht-reaktive Formen der Datenerhebung (wie z.B. LogfileAnalysen) sowie experimentelle Designs. Zusätzlich werden Verfahren ohne Repräsentativitäts- und Verallgemeinerungsanspruch ausgeblendet, da sich hierbei die Frage nach diesem erübrigt. Dazu zählen Verfahren der qualitativen Forschung mit rein explorativem Charakter oder Methodentests.

Als besonders verbreitete Online-Befragungsformen lassen sich - nach den dabei eingesetzten Diensten - Befragungen per E-Mail, Newsgroup-Befragungen im Use- net[1] sowie WWW-Befragungen unterscheiden (Batinic/Bosnjak 1997, S.289ff.).

Bei E-Mail-Befragungen erfolgt eine Befragung analog zu einer schriftlichen Befra- gung per Post. Der Fragebogen wird an ausgewählte E-Mail-Adressen verschickt, ausgefüllt und dann per E-Mail zurückgeschickt. Eine Alternative besteht darin, zu- erst eine Teilnahmeaufforderung und nur bei Erhalt einer Bestätigungsmail den Fra- gebogen zu versenden.

Der E-Mail- Befragung kommt aufgrund starker multimedialer Begrenzungen bei der Darstellung (Janetzko 1999, S.161f.) eine zunehmend sinkende Relevanz im Bereich allgemeiner Online-Befragungen zu (Grossnickle/Raskin 2001, S.140; Starsetzki 2001; vgl. Lütters 2004, S.55ff.).

Befragungen in Newsgroups können wiederum entweder so ausgestaltet sein, dass Fragebögen direkt in den Newsgroups veröffentlicht und per E-Mail zurückgesendet werden, oder zuerst eine Veröffentlichung der Teilnahmeaufforderung in den Newsgroups stattfindet (Bandilla/Hauptmanns 1999). Sie richten sich an bestimmte Zielgruppen, die sich im Internet aktiv oder passiv zu bestimmten Themen austau- schen. Newsgroup-Befragungen sind also sehr speziell und besitzen ebenfalls eine relativ geringe Verbreitung, da sie meist auf ein Themengebiet beschränkt sind (Hauptmanns/Lander 2001, S.28).

Bei WWW-Befragungen erfolgt die Befragung über einen direkt im Internet stehenden Fragebogen, der online bearbeitet wird. Meist findet dies in Form einer HTMLSeite statt, welche ein großes Spektrum bezüglich der multimedialen Darstellung bietet (Janetzko, S.162f.).

Ebenso wie die genannte Form der Einmalbefragung lassen sich auch wiederholte WWW-Befragungen mit Hilfe von Panels online durchführen (Buttler/Christian 2000). Im Gegensatz zur klassischen Sozialforschung, bei der mit einem Panel eine Längsschnittuntersuchung bezeichnet wird, ist der Begriff des Online-Panels meist lediglich mit einem Pool von befragungsbereiten Personen gleichgesetzt. Aus diesem sogenannten Online-Access-Panel können bei Bedarf jeweils neue, verschiedene Zufallsstichproben für Befragungen ganz unterschiedlicher Art gezogen werden (Gö- ritz 2001).

Da sowohl E-Mail- als auch Newsgroup-Befragungen im Rahmen der Online- Marktforschung nur eine geringe Relevanz besitzen (Hauptmanns/Lander 2001), werden sich die folgenden Betrachtungen auf WWW-Befragungen fokussieren. Diese werden oft als zentrale Online-Befragungsform bezeichnet (Lütters 2004, S.67; Bandilla/Hauptmanns 1999, S.201). Sowohl E-Mail- als auch NewsgroupBefragungen werden im Weiteren nur als mögliche Methoden zur Ansprache potentieller Teilnehmer für WWW-Befragungen betrachtet.

3 WWW-Befragungen

Bevor die eigentliche WWW-Befragung mit Hilfe des Internets durchgeführt werden kann, müssen die Teilnehmer ausgewählt werden. Zunächst muss also eine Stichpro- be gezogen werden, da sich die Frage der Verallgemeinerungsfähigkeit der Ergebnis- se nur bei Befragungen stellt, die auf Stichproben basieren. Diese Ziehung kann grundsätzlich auf zwei Wegen erfolgen: online oder offline (Arbeitskreis Deutscher markt- und Sozialforschungsinstitute e.V. 2001, S.2). Die Online-Rekrutierung[2] ist in der Praxis geläufiger (Gadeib 2005, S.88), da durch das Verlassen des Medienraums Internet Kosten- und Zeitaufwand steigen. Im Folgenden wird deshalb zunächst auf die Besonderheiten und Probleme bei der Online-Rekrutierung potentieller Teilneh- mer eingegangen. Darauf aufbauend wird ein kritischer Überblick zu einem mögli- chen Lösungsansatz gegeben, der Nth-Viz-Methode.

Im Anschluss werden, basierend auf den dargestellten Problemen, die Einsatzmöglichkeiten der offline erfolgenden Teilnahmeaufforderung dargestellt. Im diesem Zusammenhang wird auf die darauf folgende übliche Online-Befragungsform, die Online-Panels eingegangen. Eine ausführliche Beschäftigung mit der Sonderform der Online-Panels erfolgt jedoch in dieser Arbeit aufgrund des umfangreichen Themengebiets nicht (vgl. hierzu Göritz 2001; Göritz et al. 2002).

[...]


[1] Die verschiedenen Newsgroups sind im Usenet zusammengefasst (Bandilla/Hauptmanns 1999).

[2] Bei Online-Untersuchungen wird anstelle des Begriffes der Stichprobenziehung meist der Ausdruck Rekrutierung von Teilnehmern verwendet. Rekrutierung ist dabei eher zu begreifen in Bezug auf das praktische Vorgehen, als in Anlehnung an die Stichprobentheorie (Lütters 2004, S.133).

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Repräsentativität von Online-Befragungen in der Marktforschung
Hochschule
Freie Universität Berlin
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
24
Katalognummer
V93745
ISBN (eBook)
9783638069687
Dateigröße
541 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Repräsentativität, Online-Befragungen, Marktforschung
Arbeit zitieren
Julia Püschel (Autor:in), 2006, Repräsentativität von Online-Befragungen in der Marktforschung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93745

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