Beurteilungsprozesse und Attributionsfehler. Die Kovariationstheorie nach Harold H. Kelley


Hausarbeit, 2020

27 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Attribution und Attributionstheorie
2.1 DerBegriffAttribution
2.2 Der Ursprung derAttributionstheorie
2.3 Das Kovariationsprinzip von Kelley
2.3.1 Die Veranschaulichung des Kovariationsprinzips am Beispiel einer Schulorchesterprobe
2.3.2 Kritik an der Kovariationstheorie von Kelley

3. Beurteilungsprozesse und Attributionsfehler
3.1 Gründe und Ziele von Beurteilungsprozessen
3.2 Unterschiedliche Beurteilungen von Leistung - Begriffsdifferenzierung
3.3 UerschiedeneArtenvonBeurteilungsverfahren
3.4 Fehler bei Beurteilungsprozessen
3.4.1 DerfundamentaleAttributionsfehlerunddieKorrespondenzverzerrung
3.4.2 DerHALO-Effekt
3.4.3 Verzerrung aufgrund eines fehlerhaften Konsenses
3.4.4 Akteur-Beobachter-Divergenz
3.4.5 Blickwinkel eines Beobachters
3.4.6 Die Diagnostizität
3.5 Die selbstwertdienlicheAttribution und ihre Verzerrung

4. Anstöße zum Vermeiden von Attributionsfehlem

5. Kritische Reflexion und Ausblick

6. Literaturverzeichnis

7. Onlinequellen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Es gibt Szenen im Leben, bei denen man sich fragt, ob das, was man sieht oder beobachtet, gerade wirklich passiert. Das kann sowohl bei tragischen Vorfällen als auch großen Momenten des Glücks der Fall sein. Dort, wo Menschen in Interaktion miteinander sind, kommt es zu Fehlinterpretationen ihres Verhaltens. Selbst im Ge­spräch mit guten Freunden und Familienmitgliedern kann es zu Missverständnissen kommen. Seit jeher versuchen Menschen das Verhalten anderer nachzuvollziehen und zu verstehen, also Kausalzusammenhänge zu bilden.

Das erste Kapitel dieser Arbeit beschäftigt sich damit, was eine Attribution ist, und versucht, die unterschiedlichen Begriffsdefinitionen zu differenzieren. Sodann folgt ein knapper Überblick darüber, wie Fritz Heider den Weg für die in den 60er Jahren populär gewordene Kovariationstheorie von Harold H. Kelley vorbereitete. Der Amerikaner Kelley beschäftigte sich vor allen Dingen damit, wann Personen eine von innen heraus (internale) motivierte Begründung erschließen und wann sie eine von außen gesteuerte (externale) Ursache für Verhalten festlegen. Zu Gunsten einer besseren Veranschaulichung wird die Kovariationstheorie Kelleys an einem kon­kreten Beispiel veranschaulicht.

Nach dem Theorieabschnitt folgt im zweiten großen Teil der Arbeit die Auseinan­dersetzung mit Beurteilungsprozessen und Attributionsfehlern. Für eine ganzheitli­che Betrachtung der Materie erschien es der Autorin wichtig, zu klären, weshalb und mit welcher Zielführung zahlreiche Unternehmen heutzutage regelmäßig Be­urteilungsverfahren durchführen und wie sich diese unterscheiden können. Im An­schluss an dieses Basiswissen werden Attributionsfehler erläutert, die dabei auftre­ten können, bevor das vierte Kapitel Anstöße geben will, wie solche Fehler vermie­den werden können.

Die vorliegende Arbeit schließt mit einer zusammenfassenden und kritischen Re­flexion, die die Bedeutungsschwere des humanistischen Menschenbildes nach Erich Fromm miteinbezieht und hervorhebt.

2. Attribution und Attributionstheorie

2.1 Der BegriffAttribution

Definitionen des Attributionsbegriffs fallen unterschiedlich aus. So schreibt Jonas (2007, S. 75), dass eine Attributionstheorie die Annahme darüber sei, wie Laien zu Erklärungen für ihr eigenes Verhalten und das anderer Personen gelangen (Jonas, 2007, S. 75).

Aronson fasst etwas es einfacher zusammen: Dass die Attributionstheorie be­schreibt, wie sich Menschen die Gründe für ihr eigenes Verhalten und das anderer erklären (Aronson, 2004, S. 115).

Eine differenziertere Darstellung liefert hingegen Bierhoff (2006, S 300-301), der zwischen den Begriffen „Attribution“ und „Attributionstheorie“ unterscheidet. Un­ter Attribution versteht Kelleys die Frage nach der Ursache für eine Wahrnehmung oder Schlussfolgerung zu verstehen. Die Attributionstheorie bezieht sich jedoch auf die wahrgenommene Kausalität. Die Zweiteilung bringt eine weitere Gliederung mit sich: Zum einen den Teilbereich der „Attributionstheorien“ und den Teilbereich der „Attributionalen Theorien“. Unter dem ersten Begriff versteht Bierhoff den Zu­sammenhang zwischen verursachenden Bedingungen (bspw. Welche Information liegt vor?). Der zweite Teilbereich meint die Auswirkungen von Attributionen auf das Verhalten, Gefühle und Erwartungen (Bierhoff, 2006, S. 300-301).

Essentiell an allen Attributionsvorgängen ist das Ziel, das Verhalten anderer zu ver­stehen und vorhersagen zu können (Aronson, 2014, S. 134).

2.2 Der Ursprung der Attributionstheorie

Als Begründer der Attributionstheorie gilt der in Wien geborene Psychologe Fritz Heider (1896-1988). Heider erforschte, wie Menschen sich das Verhalten ihrer Mit­menschen erklären (Myers, 2008, S. 637). Er bezeichnete den Menschen als „wis­senschaftlichen Laien“ (Aronson, 2004, S. 115), der versucht, das Verhalten ande­rer „mit gesundem Menschenverstand“ (Orth, 2017, S. 77) nachzuvollziehen und Kausalzusammenhänge zu bilden. Dazu setzt jede Person die Informationsteilchen, die sie erhält, zu einem Gesamtbild zusammen, bis schließlich eine sinnvolle Erklä­rung für das Verhalten einer Person vorliegt (Aronson, 2004, S. 115).

Heider stellte fest, dass die Zuschreibung dieses Kausalzusammenhangs entweder über eine internale oder eine externale Attribution vonstatten geht.

Eine internale oder auch dispositionale Attribution (Myers, 2008, S. 637) liegt vor, wenn die Ursache für das Verhalten in der Person selbst liegt. Folglich sind Eigen­schaften wie Charakter oder innere Einstellungen für das Handeln und Verhalten der Person kausal (Aronson, 2004, S. 116).

Bei der externalen oder situationalen Attribution (Myers, 2008, S. 637) liegt die Begründung für das Verhalten einer Person in der Situation (Aronson, 2004, S. 115­116). Das Verhalten eines Individuums resultiert aus dem Moment heraus, in dem es sich gerade befindet. Menschen gehen davon aus, dass andere sich in der gleichen Situation ähnlich verhalten würden (Aronson, 2004, S. 116). Dabei handelt es sich allerdings häufig um einen Attributionsfehler, wie später noch ersichtlich wird.

Eine aufschlussreiche Erkenntnis Heiders (1958) ist, dass Menschen i. d. R. das Verhalten anderer eher internal attribuieren, weil Wahrnehmung mehr menschen­orientiert als bspw. situativ orientiert passiert. Situationen sind grundsätzlich diffi­ziler in der Erfassung und Verarbeitung (Aronson, 2004, S. 116), was einen höheren kognitiven Aufwand erfordert.

2.3 Das Kovariationsprinzip1 von Kelley

Die Überlegungen Harold H. Kelleys (1921 bis 2003) bauen auf denen Fritz Heiders auf. Die Basis der internalen und externalen Attribution erweitert der amerikanische Sozialpsychologe (1967) insofern, als dass bei der Ursachenerschließung von Ver­halten mehrere Beobachtungen und mehrere Informationen kovariieren (Aronson, 2004, S. 117 & SRH, 2017, S. 78). Kelley interessierten die Gründe, weshalb eine internale oder eine externale Attribution vorgenommen wird. Hierfür formulierte er die Kovariationstheorie (covariation theory), deren Grundfrage lautet, warum ein Handelnder in einer Situation auf eine bestimmte Weise reagiert hat (Jonas, 2007, S. 79). Es soll herausgefunden werden, ob das Individuum selbst, das Objekt (En­tität) oder die Situation ursächlich, also kausal, für das Verhalten sind. Nach der Kovariationstheorie lässt sich Kausalität dann herstellen, wenn ein oder mehrere Faktoren das Auftreten des Effekts bedingen (Jonas, 2007, S. 80). Kelley unter­scheidet hierfür drei Informationstypen: Die Konsensusinformation ermittelt, ob sich andere Handelnde in der gleichen Situation oder gegenüber dem gleichen Sti­mulus ebenso verhalten. Die Konsistenzinformation erfragt, ob sich die handelnde 1 auch Kovariationstheorie oder Kovariationsmodell Person in anderen Situationen oder zu anderen Zeitpunkten gleich verhält oder nicht. Die Distinktheitsinformation beschäftigt sich damit, ob der Handelnde sich gegenüber anderen Objekten genauso verhält.

2.3.1 Die Veranschaulichung des Kovariationsprinzips am Beispiel einer Schulor­chesterprobe

Bei Proben eines Schülerorchesters gelingt es der 15-jährigen Julia einfach nicht, den Rhythmus einer bestimmten Taktfolge fehlerfrei zu spielen.

Die Frage nach der Konsensusinformation bezieht sich nun darauf, ob nur Julia diese Rhythmik nicht fehlerfrei zu spielen vermag oder ob es anderen Schülern viel­leicht genauso ergeht. Der Konsensus wäre hoch, wenn Mitschüler den Rhythmus ebenfalls nicht mit ihrem Instrument umsetzen können. Der Konsensus wäre nied­rig, wenn nur Julia an dieser Stelle ein Problem hätte. Dann läge eine Kovariation vor. Informationen zum Konsensus werden mit Stichproben über Handelnde hin­weg gesammelt (Jonas, 2007, S. 80).

Die Konsistenzinformation beantwortet die Frage, ob Julia nur heute an dieser Stelle den Rhythmus nicht richtig spielen kann oder ob sie ihn bspw. an den Tagen davor auch nicht spielen konnte. Eine hohe Konsistenz läge vor, wenn Julia zu an­deren Zeitpunkten den Rhythmus nicht umsetzen konnte. Eine niedrige Konsistenz und folglich eine Kovariation läge dann vor, wenn Julia nur zu diesem einen Zeit­punkt nicht in der Lage gewesen wäre, den Rhythmus richtig umzusetzen. Informa­tionen zur Konsistenz werden in Stichproben über Situationen hinweg gesammelt (Jonas, 2007, S. 80).

Die Distinktheitsinformation liefert eine Antwort auf die Frage, ob Julia nur bei diesem einen Stück rhythmische Probleme hat oder ob sie möglicherweise auch bei anderen Stücken ähnliche Schwierigkeiten hat. Im letzteren Fall wäre die Distinkt- heit niedrig. Hingegen im ersten Fall, wenn sich die Schwierigkeit nur auf dieses eine spezielle Stück begrenzen würde, wäre die Distinktheit hoch und es läge Kova- riation vor. Informationen zur Distinktheit werden durch Stichprobenziehung über Objekte hinweg gesammelt (Jonas, 2007, S. 80).

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Details

Titel
Beurteilungsprozesse und Attributionsfehler. Die Kovariationstheorie nach Harold H. Kelley
Note
1,7
Autor
Jahr
2020
Seiten
27
Katalognummer
V937645
ISBN (eBook)
9783346266613
ISBN (Buch)
9783346266620
Sprache
Deutsch
Schlagworte
beurteilungsprozesse, attributionsfehler, kovariationstheorie, harold, kelley
Arbeit zitieren
Katharina Gross (Autor:in), 2020, Beurteilungsprozesse und Attributionsfehler. Die Kovariationstheorie nach Harold H. Kelley, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/937645

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