Vor gut 30 Jahren hatten Neugeborene „keine Großhirnrinde, verfügten nur über die simpelsten automatischen Reaktionen“ und waren „praktisch nicht mehr als ansatzweise lebendiges Gemüse – Karotten, die schreien können“ (Gopnik et al. 2000, S. 172). Die Rede ist natürlich vom anerkannten Säuglingsbild der damaligen Forschung. Zur gleichen Zeit schrieb EKKEHARD VON BRAUNMÜHL das Werk „Antipädagogik – Studien zur Abschaffung von Erziehung“, in welchem der Säugling eine anthropologisch hergeleitete Fähigkeit zur Eigenständigkeit zugeschrieben bekam, die jegliche pädagogisch gewollte Einflussnahme überflüssig, ja schädlich werden ließ. 1993 veröffentlichte MARTIN DORNES sein Buch „Der kompetente Säugling“, in dem dieser plötzlich aktiv mit erstaunlichen von Geburt an vorhandenen Wahrnehmungs- und Verarbeitungskompetenzen präsentiert wurde. In der vorliegenden Arbeit wird nun versucht, diese Erkenntnisse den Vorstellungen der Antipädagogen gegenüber zu stellen und darauf hin eine Antwort auf die Frage zu finden, ob Erziehung denn tatsächlich abschaffungswürdig ist – im Sinne der Überlegung, dass der Säugling am Besten für sich selbst verantwortlich zeichnet.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Antipädagogik - eine Erziehungskritik
- Eine kurze Genese der Antipädagogik
- Der kritisierte Erziehungsbegriff
- Folgen von Erziehung
- Der dominante Säugling - eine anthropologische Annahme
- Der kompetente Säugling - eine entwicklungspsychologische Erkenntnis
- Homo educandus? - eine Betrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Antipädagogik im Kontext des Säuglingsbildes, indem sie den Wandel des Verständnisses des Säuglings von einem „lebendigen Gemüse“ zu einem „kompetenten Säugling“ beleuchtet. Dabei werden die zentralen Thesen der Antipädagogik vorgestellt und mit den Erkenntnissen der Entwicklungspsychologie konfrontiert. Ziel ist es, die Frage zu beantworten, ob Erziehung in Anbetracht der Fähigkeiten des Säuglings tatsächlich abschaffungswürdig ist.
- Die Entstehung und Entwicklung der Antipädagogik
- Der antipädagogische Kritik an der Erziehung
- Das traditionelle Säuglingsbild und seine Kritik
- Die Entdeckung des kompetenten Säuglings in der Entwicklungspsychologie
- Die Relevanz des Säuglingsbildes für die Frage der Erziehung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema ein und stellt den Wandel des Säuglingsbildes in der Forschung dar. Kapitel 2 präsentiert die Antipädagogik als Erziehungskritik und beleuchtet ihre Entstehung, zentrale Kritikpunkte und Folgerungen für die Erziehung. Kapitel 3 beschäftigt sich mit dem traditionellen Säuglingsbild, das den Säugling als passiv und abhängig darstellt. Kapitel 4 beleuchtet die entwicklungspsychologische Erkenntnis vom kompetenten Säugling und stellt seine Fähigkeiten in den Mittelpunkt.
Schlüsselwörter
Antipädagogik, Erziehungskritik, Säugling, Entwicklungspsychologie, Kompetenzen, Homo educandus, Bildung, Anthropologie.
- Arbeit zitieren
- Christian Pönsch (Autor:in), 2008, Erziehungsbedürftig? - Der Säugling in antipädagogischer Ideologie und entwicklungspsychologischer Forschung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93813