Wie daraus schon ersichtlich, wird keine umfassende Interpretation des Schauspiels angestrebt, sondern das Interesse liegt schwerpunktmäßig auf der literatursoziologischen Seite des Goethschen Dramas. So kann beispielsweise auf ein Hauptthema des Werks, Tassos hoffnungsloses Werben um die Liebe der Prinzessin Leonore von Este nicht eingegangen werden. Vielmehr soll das literarische Leben im 18. Jh., der Übergang vom Mäzenat zum freien Schriftstellertum mit seinen Auswirkungen auf Dichter und Dichtung im Vordergrund stehen. Es wird sich zeigen, ob Torquato Tasso, neben vielen weiteren Interpretationsmöglichkeiten, auch unter literaturhistorisch-soziologischen Gesichtspunkten gelesen werden kann.
Beginnen werden die Ausführungen, indem kurz die Charakteristika eines Künstlerdramas angesprochen werden. Der Blick wird so auf den grundlegenden Konflikt zwischen Künstler-Genie und Gesellschaft gelenkt, der einem roten Faden gleich durch sämtliche Kapitel führt. Anschließend soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit persönliche Erfahrungen Goethes in Weimar Eingang in Torquato Tasso gefunden haben. An Goethes Stellung am Weimarer Hof anlehnend, wird in Kapitel 3 das Mäzenatentum in Ferrara näher betrachtet und interpretiert. Einen Schwerpunkt bildet dabei Tassos Stellung am Hof, sein Selbstverständnis als Hofdichter und sein Verhältnis zu seinem Mäzen Alfons. In den zwei folgenden Unterkapiteln 3.2 und 3.3 liegt das Augenmerk auf der politischen Situation Ferraras und sich daraus ableitend auf dem Problem des Besitzes von Kunst. Den nächsten Schwerpunkt stellt Tasso selbst wieder stärker in den Mittelpunkt der Betrachtung, hier soll sein Bedürfnis nach ‚Freiheit‘ näher bestimmt werden. Nach einer kurzen Zusammenfassung beschäftigt sich Kapitel 4 mit der Situation des literarischen Markts im 18. Jh. Zur weiteren Erläuterung ist ein kurzer Exkurs zum Thema Kunst und Ökonomie eingeschoben, aus dem sich dann das nächste Unterkapitel „Kommerzialisierung der Literatur“ und ihre Folgen für den Künstler erschließt. Es folgt wieder ein Zwischenfazit, bevor die Ausarbeitung sich in Kapitel 5 dem „Widersacher“ Tassos, Antonio, und dessen besonderer Rolle zum Dichter und zum Herzog widmet. Dazu soll näher auf das Gesetz des ‚Dekorum‘, sowie Antonios Einstellung zur Dichtkunst eingegangen werden. Abschließen wird die Hausarbeit mit einer Bündelung der Ergebnisse in Kapitel 6.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Dichterdrama: Konflikt zwischen Genie und Gesellschaft
2. 1 Das deutsche Künstlerdrama
2.2 Torquato Tasso: Aufarbeitung der Goethschen Krise?
3 Das Mäzenatentum in Ferrara
3.1 Tasso als Dichter am Hof des Herzogs
3.2 Die politische Situation Ferraras
3.3 Das Problem des Besitzes von Kunst
3.4 Tassos Streben nach „Freiheit“
3.5 Zwischenfazit
4 Der literarische Markt im 18. Jahrhundert
4.1 Exkurs: Kunst und Ökonomie
4.2 Kommerzialisierung der Literatur
4.3 Zwischenfazit
5 Der „Widersacher“ Tassos: Antonio
5.1 Das Gesetz des ‚Dekorum‘
5.2 Antonio und die Dichtkunst
5.3 Antonio: Nobilitierter Beamter bürgerlicher Herkunft?!
5.4 Zwischenfazit
6 Fazit
7 Quellen
1 Einleitung
Zu Entstehung des Torquato Tasso schreibt Goethe am 30. März 1780 in sein Tagebuch: „hatt ich den erfindenden Tag...Zu Mittag nach Tiefurt zu Fuss Gute Erfindung Tasso.“ Gegen Ende November 1780 ist wiederum im Tagebuch zu lesen: „Tasso angefangen zu schreiben.“[1]
Erste Passagen können schon wenig später vorgetragen werden, doch erst am 2. August 1789 kann Goethe Herder gegenüber bekanntgeben: „Seit zwei Tagen darf ich erst sagen, er (Tasso) sei fertig, denn ich habe noch immer an den letzten zwei Akten zu tun gehabt.“[2]
Hauptfigur des Werkes ist keine fiktive Künstlergestalt, sondern der italienische Renaissance-Dichter Torquato Tasso (1544-1595), ein bedeutender Vertreter des ernsten Heldenepos. Als sein berühmtestes Werk dürfte das im April 1574 fertiggestellte Gerusalemme Liberata (Das Befreite Jerusalem) gelten, an dem er 15 Jahre lang arbeitete und das auch im hier zu interpretierenden Schauspiel eine Rolle spielt. Der historische Tasso galt schon zu Lebzeiten als Genie, aber auch als Hypochonder und Melancholiker, während den letzten 20 Jahren seines Lebens litt er verstärkt an Verfolgungswahn.[3]
„Torquato Tasso. Vom Hofpoeten zum freien Schriftsteller. Ein Spiegel des literarischen Lebens im Deutschland des 18. Jh.“, so lautet der Titel dieser Hausarbeit.
Wie daraus schon ersichtlich, wird keine umfassende Interpretation des Schauspiels angestrebt, sondern das Interesse liegt schwerpunktmäßig auf der literatursoziologischen Seite des Goethschen Dramas. So kann beispielsweise auf ein Hauptthema des Werks, Tassos hoffnungsloses Werben um die Liebe der Prinzessin Leonore von Este nicht eingegangen werden. Vielmehr soll das literarische Leben im 18. Jh., der Übergang vom Mäzenat zum freien Schriftstellertum mit seinen Auswirkungen auf Dichter und Dichtung im Vordergrund stehen. Es wird sich zeigen, ob Torquato Tasso, neben vielen weiteren Interpretationsmöglichkeiten, auch unter literaturhistorisch-soziologischen Gesichtspunkten gelesen werden kann.
Beginnen werden die Ausführungen, indem kurz die Charakteristika eines Künstlerdramas angesprochen werden. Der Blick wird so auf den grundlegenden Konflikt zwischen Künstler-Genie und Gesellschaft gelenkt, der einem roten Faden gleich durch sämtliche Kapitel führt. Anschließend soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit persönliche Erfahrungen Goethes in Weimar Eingang in Torquato Tasso gefunden haben. An Goethes Stellung am Weimarer Hof anlehnend, wird in Kapitel 3 das Mäzenatentum in Ferrara näher betrachtet und interpretiert. Einen Schwerpunkt bildet dabei Tassos Stellung am Hof, sein Selbstverständnis als Hofdichter und sein Verhältnis zu seinem Mäzen Alfons. In den zwei folgenden Unterkapiteln 3.2 und 3.3 liegt das Augenmerk auf der politischen Situation Ferraras und sich daraus ableitend auf dem Problem des Besitzes von Kunst. Den nächsten Schwerpunkt stellt Tasso selbst wieder stärker in den Mittelpunkt der Betrachtung, hier soll sein Bedürfnis nach ‚Freiheit‘ näher bestimmt werden. Nach einer kurzen Zusammenfassung beschäftigt sich Kapitel 4 mit der Situation des literarischen Markts im 18. Jh. Zur weiteren Erläuterung ist ein kurzer Exkurs zum Thema Kunst und Ökonomie eingeschoben, aus dem sich dann das nächste Unterkapitel „Kommerzialisierung der Literatur“ und ihre Folgen für den Künstler erschließt. Es folgt wieder ein Zwischenfazit, bevor die Ausarbeitung sich in Kapitel 5 dem „Widersacher“ Tassos, Antonio, und dessen besonderer Rolle zum Dichter und zum Herzog widmet. Dazu soll näher auf das Gesetz des ‚Dekorum‘, sowie Antonios Einstellung zur Dichtkunst eingegangen werden. Abschließen wird die Hausarbeit mit einer Bündelung der Ergebnisse in Kapitel 6.
2 Das Dichterdrama: Konflikt zwischen Genie und Gesellschaft
2.1 Das deutsche Künstlerdrama
In Wilperts Sachwörterbuch der Literatur kann unter dem Stichwort „Künstlerdrama“ gelesen werden: „Bühnendrama um einen Maler, Bildhauer, Musiker, Sänger, Dichter, Schauspieler usw.“ Der dramatische Konflikt wird verstanden als „Spannung zwischen Innerlichkeit, Gedankenflug des Genies und amusisch-philiströser Umwelt, zwischen leidenschaftlichem Gefühlsüberschwang und maßgebietender Vernunft, innerer Widerstreit [...].“[4] Japp (2004) sieht in Künstlerdramen „literarische Werke, die einen Konflikt um einen schöpferischen Protagonisten auf bühnenwirksame Weise zur Darstellung bringen.“[5] Voraussetzung zur Entstehung der Künstlerdramen im 18. Jh. ist, dass der Künstler, schließlich Gegenstand des Dramas, zu einem Gegenstand der poetologischen und poetischen Anteilnahme wird. Dieses Interesse an der Figur und der charakterlichen Disposition des Künstlers wird in der Genie-Epoche, dem Sturm und Drang, geschaffen, wobei die Entwicklung des Künstlerbegriffs parallel mit der Wertung der künstlerischen Persönlichkeit vonstatten geht. Der Begriff „Genie“ bezeichnet hierbei einmal die herausragende Begabung zu eigenschöpferischer Gestaltung, zum anderen den Träger dieser Fähigkeit, der durch Intuition, Originalität und Spontaneität gekennzeichnet ist.[6]
Dabei wird das Genie im Sturm und Drang nicht nur verehrt, sondern es werden auch die spezifischen Grenzen und Gefährdungen, beispielsweise in der Konfrontation zwischen Genie und der an es Ansprüche stellenden Gesellschaft, dargestellt. Hier gewinnt der Stoff um eine Künstlerpersönlichkeit, sei sie historisch oder imaginär, sein dramatisches Konfliktpotential. Der Konflikt im Künstlerdrama stellt sich als aus dem Künstlertum des Helden erwachsen dar und unterscheidet sich so von anderen Dramen. Es sind gerade die Eigenschaften und Besonderheiten, die den Betreffenden zum Künstler machen und die von den Mitmenschen zumeist bewundert werden, die ihn zur Bewältigung des Lebens als ungeeignet erscheinen lassen.
Grillparzer spricht von dem „malheur d’être poète“, dem Unglück Dichter, Künstler, zu sein.[7] Dieses kann eher äußerlicher Natur sein: Chronischer Geldmangel oder ausbleibende Anerkennung wie in Goethes Künstlers Erdwallen. Die Tragik des Dichtertums kann sich aber auch in der seelischen Tiefendimension des Dichters entfalten, in einem inneren Konflikt. Grillparzers Sappho ist ein solches „Seelendrama“, das weitgehend auf äußere Handlung verzichtet und sich ganz der „einseitigen Innerlichkeit“ der Künstler-Figur zuwendet.[8] Aber auch die Handlung in Goethes Torquato Tasso ist zum großen Teil geistiger Art, was das Stück für die Aufführung auf der Bühne nicht unbedingt prädestiniert. Es stellt den Künstler in seiner (seelischen) Besonderheit dar, die ihn zu seinem Künstlertum befähigt, aber eben auch zur Auseinandersetzung mit der sittlichen Gesellschaftsordnung am Hof von Ferrara führt.
2.2 Torquato Tasso: Aufarbeitung der Goethschen Krise?
Die Interpretation von Künstlerdramen, speziell von Dichterdramen, birgt häufig die Gefahr, anzunehmen, dass der Verfasser sich im Werk selbst unmittelbar mitteilt. Richtig ist, dass sich das Dichterdrama auf besondere Weise zum Transport der Subjektivität des Künstlers eignen kann: Eckermann gegenüber hat Goethe 1827 rückblickend behauptet, Torquato Tasso sei „Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch“ gewesen, ja, die „weiten Hof-, Lebens- und Liebesverhältnisse waren übrigens in Weimar wie in Ferrara.“[9] In einem Gespräch vom 03. Mai 1827 mit Eckermann heißt es: „Wie richtig hat er (Ampère) bemerkt, daß ich in den ersten zehn Jahren meines Weimarischen Dienst- und Hoflebens so gut wie gar nichts gemacht, daß die Verzweiflung mich nach Italien getrieben und daß ich dort, mit neuer Lust zum Schaffen, die Geschichte des Tasso ergriffen, um mich in Behandlung dieses angemessenen Stoffes von demjenigen frei zu machen, was mir noch aus meinen Weimarischen Eindrücken und Erinnerungen, Schmerzliches und Lästiges anklebte.“[10]
Das Schreiben am Torquato Tasso also als therapeutische Aufarbeitung der eigenen Krise?! Richtig ist, dass Goethe während des ersten Weimarer Jahrzehnts mit seinen politischen und administrativen Aufgaben als Minister und Mitglied des Geheimen Conseils am Weimarer Hof voll ausgelastet war.[11] Über zu wenig politische Beteiligung konnte sich Goethe, im Gegensatz zu Tasso („Hat er [der Herzog] von seinem Staate je ein Wort, / Ein ernstes Wort mit mir gesprochen?“ V. 2367f) wohl kaum beklagen. Wie dem Hofmann Antonio blieben dem Staatsmann Goethe allenfalls die Nebenstunden zum Schreiben. Während der ersten Jahre am Hof gelangten lediglich lyrische Texte zur Vollendung, die Dramen und Romane, darunter Egmont, Faust und Wilhelm Meister blieben zunächst Fragmente. Die Prosafassung des Tasso, die heute nicht mehr greifbar ist, wurde 1780 in Weimar verfasst, ihre Überarbeitung erst während der Italienischen Reise (1786-1788), neben der des Egmont und der Iphigenie auf Tauris begonnen. Beendet wurde das Werk schließlich im Juli 1789, also rund ein Jahr nach der Rückkehr Goethes nach Weimar. Die Schwierigkeiten, die sich bei der Ausarbeitung boten („es wächst wie ein Orangenbaum, sehr langsam.“)[12], können möglicherweise als Indiz dafür gesehen werden, wie nahe der Stoff Goethes eigener Krise kam. Dennoch dürfen die biographischen Bezüge nicht überbewertet werden, denn die Fiktionalität des Tasso verhindert eine umstandslose Übersetzung der Biographie in das Werk.
3 Das Mäzenatentum in Ferrara
Wie im vorangegangen Kapitel deutlich wurde, bietet sich das Künstlerdrama besonders zur Darstellung persönlicher Erfahrungen des Verfassers an. Die folgenden Ausführungen sollen nun zeigen, wie in dem Schauspiel Torquato Tasso die Konzeption des Künstlers in der Auseinandersetzung der literarisch-künstlerischen Wirklichkeit des 18. Jh. (Loslösung vom Mäzenat, Beruf des ‚freien‘ Schriftstellers) mit der Situation des höfischen Dichters der Renaissance entwickelt wird.
Das Mäzenat stellt somit eine sozialgeschichtlich wesentliche Komponente des Schauspiels dar. Ist es doch Auslöser für den Konflikt zwischen Künstler-Genie und dem differierenden Kunstverständnis des Hofes.
3.1 Tasso als Dichter am Hof des Herzogs
Der Herzog zeigt sich in seinem ersten Auftritt (I/2) mitfühlend besorgt um den Charakter und die Dichtung Tassos.[13] Zwar zeigt auch er sich gespannt auf das Werk, auf das die Hofgesellschaft wartet, beklagt sich über Tassos Nichtzuendekommen (V. 265ff), macht aber nicht von seiner Position als Mäzen Gebrauch, indem er ihn beispielsweise zur Eile antreibt. Auch mahnt er die Frauen Tasso nicht bei seiner Arbeit zu stören (V. 378f), was Borchmeyer (1977) als „ein behutsames Zeichen dafür, dass er [Alfons] den Autonomieanspruch der Dichtung toleriert“ deutet.[14] Doch ruft der Herzog, nachdem Tasso ihm, wenn auch zögerlich (V. 291), das Stück übergeben hat, nachdem er zuvor schon bekannt hatte „Ich nehme meinen Teil des Ruhms davon“ (V. 291) erfreut aus:
So halt ich’s endlich denn in meinen Händen,
Und nenn es in gewissem Sinne mein! (V. 393f)[15]
Das Überreichen des Gedichts, der Abtritt der äußeren Besitz- und Verfügungsrechte an den Herzog, geschieht ganz in der Rollenerwartung eines Hofdichters mit der Dankesbekundung an den Mäzen.
Du warst allein, der aus dem engen Leben
Zu einer schönen Freiheit mich erhob;
Der jede Sorge mir vom Haupte nahm,
Mir Freiheit gab, daß meine Seele sich
Zu mutigem Gesang entfalten konnte; (V. 417-421)
Dieser hat Tasso, der aus einem verarmten Adelsgeschlecht stammt, die finanzielle Existenz („Freiheit“) gesichert. In seiner Dankbarkeit geht Tasso soweit, dass er, in diesem emotionalen Moment einer Selbsttäuschung unterliegend, dem Herzog auch den „inneren Wert“ und die „Würde“ (V. 403) der Dichtung zuspricht: „Der tatenlose Jüngling – nahm er wohl / die Dichtung aus sich selbst?“ (V. 428f). Tasso verbleibt somit in seiner Rolle als Hofpoet und betont, dass Alfons das Werk auch seinem geistigen Sinn nach als sein Eigentum betrachten darf (V. 397f, V. 422f).
Inhalt der Dichtung Das befreite Jerusalem ist der ritterlich-heroische Geist der mittelalterlichen Kreuzritter, einer Zeit, die Tasso am Hof von Ferrara noch lebendig glaubt. Im Gespräch mit der Prinzessin zu Beginn des zweiten Aufzugs wird deutlich, welchen Eindruck die ritterlichen Turniere, die er als „unerfahrner Knab“ (V. 813) in Ferrara miterlebt hat, auf ihn gemacht haben. Da ist von „stampfenden Pferden“, „glänzenden Helmen“, „Schilden“, „Trompetenschal“l und krachend splitternden „Lanzen“ (V. 833ff) die Rede, einer Welt, von der zwar Tassos poetische Imagination zehrt, die aber im Ferrara der Gegenwart keine Rolle mehr spielt.[16] An diese Turniere wird Tasso wohl gedacht haben, als er, der „tatenlose Jüngling“ (V. 428), Alfons gegenüber behauptet, ihm den Inhalt der Dichtung zu verdanken:
Die Kunst der Waffe, die ein jeder Held
An dem beschiednen Tage kräftig zeigt,
Des Feldherrn Klugheit und der Ritter Mut,
(...)
Hast du mit nicht, o kluger, tapfrer Fürst,
Das alles eingeflößt (...) (V. 431-326)
Tasso verdankt also „dem Mäzen seine materielle Existenz, dem Souverän den gesellschaftlichen Gehalt seiner Dichtung.“[17]
Wie es sich in dieser Szene zeigt, ist der Hof der scheinbar selbstverständliche Adressat für Tassos Dichtung, die Beweggründe für sie führt er auf den kleinen Freundeskreis des Hofes zurück:
An euch nur dacht ich wenn ich sann und schrieb,
Euch zu gefallen war mein höchster Wunsch,
Euch zu ergötzen war mein letzter Zweck.
Wer nicht die Welt in seinen Freunden sieht,
Verdient nicht, dass die Welt von ihm erfahre. (V. 444-448)
Diesem Zitat nach dichtet Tasso, also ganz Hofpoet, um der Genusserwartungen der Hofgesellschaft und nicht um seiner Dichtung selbst willen.
Mit Horaz (Ars poetica, V. 333f): „aut prodesse volunt aut delectare poetae / aut simul et iucunda et idonea dicere vitae.“
Doch dürfen die hier zitierten Äußerungen Tasso nur aus dem Kontext des Augenblicks, der emotional aufgeladenen Situation der Werkübergabe heraus gelesen werden. Denn Tasso sieht seine Dichtung, wie aus nahezu allen seinen späteren Äußerungen deutlich wird, vielmehr doch als nur ihm eigen an, als sein ganz persönliches Werk, an das er alle Forderungen der höfischen Gesellschaft ablehnt, wie sie aus seiner Position als Hofdichter entstehen können.
[...]
[1] Beide Zitate in: Verlag Beck, C.H. München (Hrsg.): Johann Wolfgang von Goethe. Werke, Kommentare und Register. Hamburger Ausgabe in 14 Bänden Bd. V. München 1981, S. 496.
[2] In: HA V, S. 501
[3] Zum historischen Tasso: Vgl.: HA V, S. 506
[4] Wilpert, G. v.: Sachwörterbuch der Literatur. Stuttgart 1969, Stichwort „Künstlerdrama“.
[5] Japp, U.: Das deutsche Künstlerdrama. Von der Aufklärung bis zur Gegenwart. Berlin 2004, S. 2.
[6] Nach: Sachwörterbuch (1969), Stichwörter „Genie“.
[7] Pörnbacher, V. K. (Hrsg.): Dichter über ihre Dichtungen. Franz Grillparzer. München 1970, S. 103 (Grillparzer an Adolf Müller, Ende Februar/ Anfang März 1818).
[8] Nach: Goldschmidt, Helene: Das deutsche Künstlerdrama von Goehte bis R. Wagner. Weimar 1925, S. 10.
[9] Gespräch mit Eckermann, 06. Mai 1827 in HA V; S. 504
[10] Gespräch mit Eckermann, 03. Mai 1827 in HA V; S. 504
[11] Im Folgenden nach: Jeßing, B.: Johann Wolfgang von Goethe. Stuttgart 1995 und Rasch, W.: Goethes Torquato Tasso. Die Tragödie der Dichters. Stuttgart 1954, S.11-16.
[12] Brief Goethes an den Herzog Karl August vom 19. Februar 1789 in HA V; S. 500
[13] Vgl.: V. 243ff, 259ff, V. 310ff
[14] Borchmeyer (1977) Höfische Gesellschaft, S. 75.
[15] Vgl.: Äußerung des Herzogs V. 3010
[16] Die stattgefundenen ritterliche Feste sind schon damals nur Reminiszenz an vergangene Zeiten und nicht Realität.
[17] Vaget, H.R.: Um einen Tasso von außen bittend: Kunst und Dilettantismus am Musenhof von Ferrara. In: DVjs 54 (1980), S. 223-258, hier S. 258.
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.