Eines der wesentlichen Ziele von Finanzminister Lafontaine war es bei seinem Amtsantritt, das bestehende Steuerrecht der Bundesrepublik Deutschland dahingehend zu reformieren, dass es sogenannten „Abschreibungskünstlern“ nicht mehr möglich ist, trotz hoher Einkünfte Ihre Steuerlast durch Steuersparmodelle zu minimieren.1 Hierfür war ursprünglich geplant, aktive (=gute) und passive (=schlechte) Einkunftsarten in das Deutsche Steuerrecht einzuführen, zwischen denen die Verrechnung von Einkünften nicht mehr möglich sein sollte. Nach der anschließenden Expertendiskussion über die Vor- und Nachteile dieser Regelungen und den entsprechenden Problemen bei der Durchführung der Vorschriften wurde der Plan jedoch verworfen und durch eine generelle Beschränkung der Verrechnung von Verlusten zwischen verschiedenen Einkunftsarten ersetzt.
Auch in den USA wurde im Vorfeld des Tax Reform Act of 1986 eine ausführliche Diskussion geführt, welche Gruppen von Steuerpflichtigen welchen Anteil am Steueraufkommen zu tragen haben. Auch hier war es Beziehern hoher Einkommen durch geschickte Investition in Steuersparmodelle (Tax Shelters) möglich, mit Hilfe der entstehenden Verluste ihre persönliche Steuerlast zu minimieren. In den USA entstand in der Öffentlichkeit insbesondere die Eindruck, dass großen Firmen nicht Ihren „fairen“ Anteil an der Steuerlast tragen. So kam es zu Demonstrationen, auf den Parolen umliefen wie „Ich zahle mehr Steuern als General Electrics“. 2
Insofern waren die Problemstellungen und Ziele der Steuergesetzgeber vor den Steuerreformen 1986 bzw. 1999 durchaus miteinander zu vergleichen.
Ziel der Arbeit ist, einen Überblick über die Vorschriften zur Mindestbesteuerung zu geben, wie sie die Gesetzgeber in Deutschland und den USA in die Steuergesetzgebung eingeführt haben. Des weiteren sollen die Gründe dargestellt werden, die zur Einführung der Normen geführt haben und die verfolgten Ziele verdeutlicht werden.
Abschließend wird gewertet, inwieweit die eingeführten Normen den gesetzten Zielen gerecht werden, inwieweit Konflikte mit dem bestehenden Steuerrecht entstehen oder andere Regelungen die Ziele auch hätten erreichen können.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1. Gegenstand der Arbeit
- 1.2. Ziele der Arbeit
- 1.3. Gang der Untersuchung
- 2. Verlustverrechnung im Deutschen Steuerrecht
- 2.1. Steuersystematische Einordnung der Verlustverrechnung
- 2.2. Verlustverrechnung ab dem Veranlagungszeitraum 1999
- 2.2.1. Ziele der §§ 2 III, 10d, 15a EStG
- 2.2.2. Systematik der Verlustverrechnungsvorschriften
- 2.2.3. Verlustzuweisungsgesellschaften (§ 2b EStG)
- 2.3. Wirtschaftliche Folgen der Änderung der §§ 2 III / 10d EStG
- 2.3.1. Einzelwirtschaftliche Auswirkungen
- 2.3.2. Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen
- 2.3.3. Folgen für Gesellschafter von Verlustzuweisungsgesellschaften
- 2.4. Steuersystematische Würdigung
- 2.4.1. Horizontaler Verlustausgleich
- 2.4.2. Vertikaler Verlustausgleich
- 2.4.3. Verlustzuweisungsgesellschaften
- 2.5. Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung
- 3. Verlustverrechnung in den USA
- 3.1. Entwicklung der Alternative minimum tax
- 3.1.1. Minimum Tax vor 1986
- 3.1.2. Tax reform act of 1986
- 3.1.3. Omnibus budget reconciliation act von 1990/1993
- 3.1.4. Taxpayer Relief Act of 1997
- 3.2. Individiual Alternative Minimum Tax
- 3.2.1. Geltungsbereich
- 3.2.2. Methodik
- 3.2.3. Modifikationen des taxable income
- 3.2.4. Berichtigungen
- 3.2.5. Korrektur von Steuervergünstigungen / -befreiungen
- 3.2.6. AMT Verlustübertrag
- 3.2.7. Steuersatz
- 3.2.8. Freibetrag
- 3.2.9. Steueranrechnungsguthaben
- 3.2.10. AMT Anrechnungsguthaben
- 3.2.11. Veranlagung
- 3.2.12. Wirtschaftliche Auswirkungen
- 3.3. Corporate Alternative Minimum Tax
- 3.3.1. Geltungsbereich
- 3.3.2. Methodik
- 3.3.3. Modifikationen des Taxable Income
- 3.3.4. Berichtigungen
- 3.3.5. Korrektur von Steuerbegünstigungen und -befreiungen
- 3.3.6. Book Income Adjustments / Adjusted Net Book Income
- 3.3.7. Verlustübertrag
- 3.3.8. Steuersätze
- 3.3.9. Freibetrag
- 3.3.10. Steuerbefreiung für kleine Unternehmen
- 3.3.11. AMT Anrechnungsguthaben
- 3.3.12. Veranlagung
- 3.3.13. Wirtschaftliche Auswirkungen
- 3.4. Passive Loss Limitation
- 3.4.1. Methodik
- 3.4.2. Geltungsbereich
- 3.4.3. Steuerliche Auswirkungen
- 3.4.4. Wirtschaftliche Auswirkungen
- 3.5. Limitation on Interest Deductions
- 3.6. At risk limitation of losses
- 4. Kritischer Vergleich der Mindestbesteuerung in den USA und in Deutschland
- 4.1. Ziele der Verlustverrechnung / -beschränkung in den USA und in Deutschland
- 4.2. Einschränkung der Steuergestaltungsmöglichkeiten in den USA und in Deutschland
- 4.2.1. Steuergestaltungsmöglichkeiten in den USA
- 4.2.2. Steuergestaltungsmöglichkeiten in Deutschland
- 4.2.3. Vergleich der Steuergestaltungsmöglichkeiten
- 4.3. Würdigung der Steuergerechtigkeit
- 4.3.1. Würdigung der Steuergerechtigkeit USA
- 4.3.2. Würdigung der Steuergerechtigkeit Deutschland
- 4.3.3. Vergleich der Steuergerechtigkeit
- 4.4. Vergleich der wirtschaftlichen Auswirkungen
- 4.5. Anwendbarkeit des US-Systems auf das deutsche Steuerrecht
- 5. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit analysiert die unterschiedlichen Ansätze zur Mindestbesteuerung in Deutschland und den USA. Dabei werden die jeweils geltenden Regelungen zur Verlustverrechnung und -beschränkung sowie deren Auswirkungen auf die Steuergerechtigkeit und die Wirtschaft untersucht. Im Fokus stehen die Ziele der jeweiligen Systeme und die Möglichkeiten zur Steuergestaltung, die sich daraus ergeben.
- Vergleich der Mindestbesteuerungsansätze in Deutschland und den USA
- Analyse der steuerlichen Ziele und Auswirkungen der Verlustverrechnung und -beschränkung
- Bewertung der Steuergerechtigkeit der jeweiligen Systeme
- Untersuchung der Möglichkeiten zur Steuergestaltung
- Relevanz des US-Systems für das deutsche Steuerrecht
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung: Der Einleitungskapitel stellt den Gegenstand und die Ziele der Arbeit sowie den Gang der Untersuchung dar.
- Kapitel 2: Verlustverrechnung im Deutschen Steuerrecht: Dieses Kapitel beleuchtet die steuersystematische Einordnung der Verlustverrechnung im deutschen Recht und analysiert die Entwicklung der Regelungen seit dem Veranlagungszeitraum 1999. Es werden die Ziele der Verlustverrechnungsvorschriften, die Systematik der Vorschriften und die wirtschaftlichen Folgen der Änderungen der §§ 2 III / 10d EStG untersucht.
- Kapitel 3: Verlustverrechnung in den USA: In diesem Kapitel werden die verschiedenen Ansätze der Mindestbesteuerung in den USA, insbesondere die Alternative Minimum Tax (AMT) für Privatpersonen und Unternehmen, vorgestellt. Die Entwicklung der AMT, die Methodik, der Geltungsbereich und die wirtschaftlichen Auswirkungen werden detailliert behandelt. Außerdem werden die Regelungen zur Passive Loss Limitation, zur Limitation on Interest Deductions und zur At risk limitation of losses erläutert.
- Kapitel 4: Kritischer Vergleich der Mindestbesteuerung in den USA und in Deutschland: Das vierte Kapitel vergleicht die Mindestbesteuerungsansätze in den USA und Deutschland und analysiert die Unterschiede in den Zielen, der Einschränkung der Steuergestaltungsmöglichkeiten und der Bewertung der Steuergerechtigkeit. Außerdem werden die wirtschaftlichen Auswirkungen der beiden Systeme einander gegenübergestellt und die Anwendbarkeit des US-Systems auf das deutsche Steuerrecht diskutiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Mindestbesteuerung, Verlustverrechnung, Steuergestaltungsmöglichkeiten, Steuergerechtigkeit, Alternative Minimum Tax (AMT), Individual AMT, Corporate AMT, Passive Loss Limitation, Limitation on Interest Deductions, At risk limitation of losses, Deutsches Steuerrecht, US-amerikanisches Steuerrecht.
- Arbeit zitieren
- Sebastian Findeisen (Autor:in), 2000, Mindestbesteuerung in Deutschland und den USA, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9384