Gegenwartslyriker Ulf Stolterfoht-Fachsprachen

Darlegung der Arbeitsweise und Gedichtanalyse


Zwischenprüfungsarbeit, 2006

23 Seiten, Note: 2,2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Gedichtanalyse

3. Definition Fachsprache

4. Stolterfohts Arbeitsweise
4.1. Dekonstruktivismus
4.2. Reflexionslyrik

5. Reduktion der sprachlichen Mittel

6. Abwendung von der Bedeutung der Worte

7. Verbindungen zu Pastior

8. Resümee

9. Quellen

10. Skandierung: (8)

11. Skandierung: pantum kadewe pulmon

1. Einleitung

Im Zuge des Seminars „das Gedicht gibt es nicht.“ – Lyrik des 21. Jahrhun-derts“ wurde Gegenwartslyrik thematisiert und analysiert. Einer der Autoren dieser Thematik war der Lyriker Ulf Stolterfoht. Diese Arbeit wird versuchen sich wissenschaftlich mit der Arbeitsweise des Autoren[1] und ihren möglichen Ursprüngen auseinanderzusetzen und verdeutlichen in welchen Feldern der Lyrik sich Stolterfohts Gedichte bewegen. Der Forschungsstand hierzu ist schlecht. Es finden sich keine wissenschaftlichen Arbeiten die verwendet werden könnten, einzig das „world wide web“ bietet eine Auswahl von Zeitungsartikeln und abgetippten Gesprächen mit Stolterfoht. In anbetracht des Mediums, sind diese Artikel mit Vorbehalten zu verwenden, auch wenn die ihnen zugrunde liegende Internetseite die Publikation eines Verlagshauses ist. Ulf Stolterfoht ist ein Lyriker über den, bis auf ein paar Eckdaten, nicht viel Persönliches zu erfahren ist. Er zählt zu den Autoren der Gegenwartslyrik, die einem das Lesen und verstehen ihrer Werke nicht gerade dadurch erleichtern, dass sie Worte im traditionellen Sinne nutzen, was allerdings die einhergehende Meinung, das Lyrik eine anspruchsvolle Gattung ist nur unterstreicht. Interessant ist, dass der Lyriker Stolterfoht seine Gedichtbände Fachsprachen genannt hat. Dies zeugt von dem Witz und der Ironie des Autoren, da er in seinen Gedichten Worte frei von Sinn verwendet und sie in der reduzierten Struktur des Satzes aufgehen lässt. Man bedenke dabei, dass Begriffe innerhalb einer Fachsprache mit Bedeutung geradezu beladen sind. Ein Wort kann teilweise gleich in mehreren Fachsprachen vorkommen und dabei verschiedene Bedeutungen. Um so makaberer ist es da, dass die Titel der Bände den Begriff Fachsprachen trägt. Eine ähnliche Abweichung von Lyrik im traditionellen Sinne findet sich in den lesefeindlichen Texten Michaels Lenz´ die sich dem Leser entziehen und vielmehr ein akustisches Erlebnis in sich bergen, bzw. in den Werken von Thomas Kling.

Stolterfoht zerstört regelrecht die Erwartungen des Lesers, die sich beim Lesen des Buchtitels aufbauen. Durchaus jedoch haben seine Gedichte etwas mit Fach-

sprachen im Sinn, auch wenn dies nicht der titelinduzierten Ahnung des Lesers

entsprechend erfolgt. So weiß man z. B. das Celan Wörterbücher durchforstete

und die gefundenen Wendungen oft Kern eines Gedichts wurden[2].

Diese Ausdrücke der Fachsprachen in Stolterfohts Gedichten werden abseits ihrer Anwendungsbereiche meist nicht ohne weiteres verstanden, und sind somit zu Lautgebilden geworden, die einen hohen Informationsgehalt besitzen, der dem allerdings unbekannt ist.

Dieser Arbeit wird Ulf Stolterfohts Gedicht (8) im Band „fachsprachen X-XVIII“ zugrunde gelegt. Es ist der Zweite von Drei Gedichtbänden des Autoren.

2. Gedichtanalyse

- Paratext

Das Gedicht besitzt keinen Paratext, lediglich eine eingeklammerte Ziffer gibt an um welches Gedicht des Bandes es sich handelt. Man bedenke dabei Stolterfohts Intention die Worte von ihrem Sinn zu befreien, d.h. sie als Worte ohne Sinn anzusehen und auch zu verwenden, ohne das sie schon per se mit Bedeutung angereichert sind. Vor diesem Hintergrund ist nun ebenfalls zu bedenken, dass ein Paratext immer schon eine Bedeutung für den Text vorlegt, und somit wichtig für eine Interpretation ist, durch welche es gilt den Sinn des Textes zu erfassen. Die Abwesenheit eines Paratextes ist demnach ganz im Sinne des Autors, da nicht nur die Sinnfreiheit der Worte im Text gegeben ist, sondern ebenfalls keine Belastung des Gesamttextes durch einen Paratext erfolgt. Die Durchnummerierung der Gedichte innerhalb des Bandes macht es dem Leser also möglich sich völlig auf die Sätze und ihre Rhythmen zu konzen-trieren, ohne von Bedeutungstragenden Elementen abgelenkt zu werden.

- Strophenbau

Das Gedicht besteht aus sechs Strophen, jede Strophe wiederum besteht aus vier Versen. Die einzelnen Strophen bilden somit Quartette, d.h. dass das Gedicht aus sechs Quartetten besteht. Hierbei handelt es sich nicht um eine bestimmte Gedichtform, deren Aufbau oder Strophenform formalen Regeln folgt. Die Strophen sind von heterometrischer Art, sehen auf den ersten Blick jedoch recht

identisch aus. Im Vergleich der Strophen untereinander fallen keine Besonderheiten auf.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

- Versbau

Betrachtet man die Verse, so fällt auf, dass sie aus dem binären Versfuß Trochäus und dem ternären Versfuß Daktylus bestehen. Sie bilden jedoch kein durchgängiges Metrum und bilden somit freie Verse (es folgen Zeile 1-4):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Es findet sich ebenfalls keine Regelmäßigkeit in der Anzahl der Silben, der Betonungen oder einer Verbindung beider, was ebenfalls für das Phänomen des freien Verses spricht.[3] Allerdings bewegt sich die Anzahl der Silben und der Betonungen in einem bestimmten Rahmen der nur gelegentlich durchbrochen wird[4]. Zum Versende der Zeile 1 sei noch zu erwähnen, dass dort eine Zäsur zum tragen kommt, die sich im Sprachrhythmus und in der Gesamtheit der Skandierung (wie auf S. 5 bez. Zeile. 19 dargestellt) begründet.

Bezüglich des Reimschemas ist zu sagen, dass keine Endreime vorliegen. Dies führt dazu, dass in Stolterfohts Gedicht keine Paarreime, Kreuzreime oder andere derartige Formationen vorkommen. Jedoch kommen verschiedene andere Reime vor:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

So liegen in der Zeile 10 „wem – bequem“ und in der Zeile 14 „mein - sein“

Binnenreime[5] vor.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Zeile 19 findet sich mit „hinlänglich - abkömmlich“ scheinbar ein Augenreim[6], denn auf den ersten Blicke scheinen sich die beiden Wörter zu reimen, was sie jedoch nicht tun. Ebenso denkbar erscheint auch die Bezeich-nung „männlicher Reim“ [7], jedoch zeigt die Skandierung, dass die letzten Silben der Beiden Wörter unbetont sind. Die Bezeichnung „männlicher Reim“ setzt jedoch voraus, dass die letzte Silbe betont ist[8]. Die Zäsur, die die beiden aufein-ander folgenden betonten Silben in Zeile 19 trennt ist mit dem Rhythmus, auf den Stolterfoht wert legt, zu begründen, der sich in der Trias „hinlänglich abkömmlich! Klon!“ niederlegt. In verschiedenen Zeilen des Gedichts kommt der identische Reim zur Anwendung, der sich durch die Wiederholung desselben Wortes äußert:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hinzuzufügen ist bei Zeile sechs, das die Abkürzung „bzw.“ wie „beziehungs-

weise“ also mit „x / x / x“ skandiert wurde. Die Gründe dafür sind zum einen, das nach der letzten unbetonten Silbe des „beziehungsweise“, die betonte Silbe des „über“ folgt. Das würde bedeuten, dass beim Skandieren als „bzw.“ (/ x /)

zwei aufeinander folgende betonte Silben vorliegen würden, was nicht zum Gesamtbild der Skandierung passt. Zum anderen wird die Abkürzung beim Lesen ebenfalls als Wort ausgesprochen, und da es Stolterfoht um den Wort-

rhythmus geht, liegt die vorgelegte Skandierung nahe.

Abschließend zu Versbau sind einige der auftretenden katalektischen Verse zu betrachten. Im Gedicht treten katalektische Verse in über 50% der Zeilen auf

(2, 4, 5, 6, 9, 11, 13, 15, 16, 17, 18, 21, 22 und 23), ebenso verhält es sich mit Enjambements (1, 3, 4, 5, 7, 8, 9, 11, 13, 14, 15, 17, 18, 19, 20, 21, 22 und 23).

Dies Häufung dieser beiden Phänomene, derer sich der Autor ganz bewusst bedient, spielen dem Rhythmus des Gedichts zu, und arbeiten mit der Intention die sich in Stolterfohts Gedicht darlegt, und im Verlauf der arbeit noch weiter erörtert wird.

- Sprache

Was die Sprache betrifft die in dem Gedicht (8) verwendet wird so handelt es sich um Fachsprachen aus verschiedenen Bereichen, ebenso aber aus dem normalen Sprachgebrauch. Der Autor verwendet unter anderem auch Zitate anderer Autoren, diese jedoch nur in Teilen.

- Inhalt

Das große Thema des Gedichts ist die Sprache selbst[9], Fachsprachen[10] aber auch das Problem mit dem Gebrauch der Sprache[11] und was sie bedeutet. Aber es geht ebenfalls um Lyrik, wie man sie schreibt und liest.

Auf den Gebrach von Sprache innerhalb von Stolterfohts Gedichten, und auf den Inhalt wird im Verlauf der Arbeit noch ausführlicher eingegangen werden.

3. Definition Fachsprache

Eine Fachsprache ist eine Sprache, die in einem bestimmten Fachgebiet zur Anwendung kommt. Sie besteht sowohl aus Fachbegriffen als auch aus Fremdwörtern; kommen sie außerhalb des Fachgebiets vor, so kann die dortige Bedeutung von der ursprünglichen abweichen. In Lexika ist zum Teil auch von Gruppensprache die Rede, diese Bezeichnung lässt sich zur Soziolinguistik zurückführen. Es bedeutet, dass die Sprache einer bestimmten Gruppe (z.B. bei Einwanderern zu beobachten) von der „Standardsprache“ abweicht und somit eine linguistische Varietät bildet. Betrachtet man die Eigenschaften von Fach-sprachen unter soziolinguistischen Gesichtspunkten, so kann man sie als Gruppensprache bezeichnen, da sie die genannten Merkmale der Gruppen-sprache beinhaltet, d.h. sie ist Sprache der jeweiligen Gruppe von Fachleuten.

[...]


[1] Grundlage wird Stolterfohts Gedichtband „Fachsprachen X-XVIII“, und darin ins besondere Gedicht (8) sein

[2] Martin Zingg, Neue Zürcher Zeitung, 13. August 2003

[3] Vgl. Christoph Bode, „Einführung in die Lyrikanalyse“, Band 3, S. 31, Hrsg. Ansgar Nünning, Wissenschaftlicher Verlag Trier, 2001;

[4] Auch wenn hier die Abweichungen eher gering sind und auf eine Regelmäßigkeit hindeuten, so sind diese im Verlauf der folgenden Strophen doch wesentlicher als es in der ersten Strophe der Fall ist.

[5] Christoph Bode, „Einführung in die Lyrikanalyse“, Band 3, S. 58, Anm. 53, Hrsg. Ansgar Nünning, Wissenschaftlicher Verlag Trier, 2001;

[6] Vgl. Christoph Bode, „Einführung in die Lyrikanalyse“, Band 3, S. 57, Hrsg. Ansgar Nünning, Wissenschaftlicher Verlag Trier, 2001;

[7] Vgl. Christoph Bode, „Einführung in die Lyrikanalyse“, Band 3, S. 53, Hrsg. Ansgar Nünning, Wissenschaftlicher Verlag Trier, 2001;

[8] Vgl. Christoph Bode, „Einführung in die Lyrikanalyse“, Band 3, S. 53, Hrsg. Ansgar Nünning, Wissenschaftlicher Verlag Trier, 2001;

[9] Vgl. Ulf Stolterfoht, „fachsprachen X-XVIII“, (8), Zeile 1; 6; Hrsg. Urs Engeler, Editor, Basel/ Weil am Rhein und Wien, 2002;

[10] Vgl. Ulf Stolterfoht, „fachsprachen X-XVIII“, (8), Zeile 3; 14; Hrsg. Urs Engeler, Editor, Basel/ Weil am Rhein und Wien, 2002;

[11] Vgl. Ulf Stolterfoht, „fachsprachen X-XVIII“, (8), Zeile 16; 21/22; Hrsg. Urs Engeler, Editor,

Basel/ Weil am Rhein und Wien, 2002;

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Gegenwartslyriker Ulf Stolterfoht-Fachsprachen
Untertitel
Darlegung der Arbeitsweise und Gedichtanalyse
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Institut für Neuere Deutsche Literatur)
Veranstaltung
Gegenartslyrik
Note
2,2
Autor
Jahr
2006
Seiten
23
Katalognummer
V93896
ISBN (eBook)
9783640102594
Dateigröße
449 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gegenwartslyriker, Stolterfoht-Fachsprachen, Gegenartslyrik
Arbeit zitieren
Rene Ben Amor (Autor:in), 2006, Gegenwartslyriker Ulf Stolterfoht-Fachsprachen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93896

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