Höffes Kritik an den Vereinten Nationen. Eine Analyse anhand des Werks „Demokratie im Zeitalter der Globalisierung“


Hausarbeit, 2019

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Höffe: „Demokratie im Zeitalter der Globalisierung“

3 Die Vereinten Nationen
3.1 Höffes Kritik an den Vereinten Nationen
3.2 Höffes Reformvorschläge für die Vereinten Nationen

4 Reformansätze für das 21. Jahrhundert und ihre Umsetzungsproblematik

5 Visionen für die Zukunft

6 Fazit

7 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Die Globalisierung stellt uns vor neue Herausforderungen, sie bietet neue Chancen und Ri­siken. Sie bewirkt einen Wandel in bestehenden Strukturen und benötigt unsere vollste Auf­merksamkeit. Mit dem Thema der Demokratiegestaltung in dieser facettenreichen Epoche beschäftigt sich unter anderem der deutsche Philosoph Otfried Höffe, der in seinem Werk „Demokratie im Zeitalter der Globalisierung“1 die Ansprüche an die politische und ethische Gestaltung der Welt erläutert und das Konzept einer subsidiären und föderalen Weltrepublik entwirft. Um diese Idee verwirklichen zu können, bedarf es einer Reform der internationalen Organisationen, insbesondere der der Vereinten Nationen.

Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Kritik, sowie den Reformvorschlägen an den Vereinten Nationen und erläutert die Problematik ihrer Umsetzung. Des Weiteren setzt sie sich mit der Fragestellung auseinander, ob die derzeitigen und zukünftigen Schwierigkeiten bei der Ge­staltung internationaler Organisationen die Entwicklung zu einer Weltrepublik nicht gänz­lich verlangsamen beziehungsweise blockieren könnten.

Anhand der Vorstellung von Höffes Werk wird die Kritik an den Vereinten Nationen (im Folgenden zitiert als UN) herausgearbeitet und analysiert, inwiefern sie reformiert werden müssten, um als kontinentale Zwischenstufe einer Weltrepublik ihre Gültigkeit zu erlangen. Zusätzlich werden weitere Reformvorschläge, insbesondere nach der Veröffentlichung von Höffes Werk vorgestellt und ein Blick in die Zukunft der UN geworfen. Aufgrund der Tat­sache, dass das Buch ,Demokratie im Zeitalter der Globalisierung4 mit seiner Veröffentli­chung im Jahr 1999 nicht mehr den aktuellsten Forschungstand widerspiegelt, ist es als rat­sam anzusehen, den Fokus auf die Zeit nach dem Jahr 2000 zu legen. Die Grundlage dieser Arbeit stellt das Werk „Die Vereinten Nationen. Aufgaben, Instrumente und Reformen“2 von Sven Bernhard Gareis und Johannes Varwick dar, welches einen umfangreichen Über­blick über die Tätigkeiten, sowie die Reformdebatte der UN bietet, sowie der Aufsatz von Karl Theodor Paschke, „UN-Reform - die unendliche Geschichte“,3 der einen informativen Einblick in die Meinungsdifferenzen der Mitglieder der UN ermöglicht.

2 Höffe: „Demokratie im Zeitalter der Globalisierung“

Otfried Höffe entwirft in seinem Werk „Demokratie im Zeitalter der Globalisierung“,4 das Konzept einer subsidiären und föderalen Weltrepublik. Die Herausforderungen der Epoche beanspruchen einen globalen Handlungsbedarf außerhalb staatlicher Grenzen. Die Bereiche der Wirtschaft, Wissenschaft, Medizin, Technik und der Kultur, wie auch die Umweltprob­leme, die organisierte Kriminalität, der Terrorismus und die Völkerwanderungen, sind glo­bal vernetzt und lassen sich nicht regional lösen. Es bedarf einer „neuen Gestalt des Politi­schen, die den Einzelstaat freilich nicht ersetzt, aber ergänzt.“5

Als Grundlage der Konzeption einer Weltrepublik dient das Ideal der „qualifizierten Demo­kratie“,6 das sich durch bestimmte Gerechtigkeitsprinzipien auszeichnet. Darunter fallen ins­besondere die Menschenrechte, deren Legitimationsbegründung ausführlich erläutert wird, unter anderem durch den legitimatorischen Individualismus und den transzendentalen Tausch innerhalb eines metaphorischen Vertrages, der die freiwillige Selbstverpflichtung in einen Vertrag beschreibt, in dem es auf Dauer zu einer wechselseitigen Übertragung von Rechten und Pflichten kommt. Des Weiteren gilt das Prinzip der Gewaltenteilung, d.h. die öffentlichen Gewalten, Legislative, Judikative und Exekutive, werden geteilt, sowie das Uni­versale Demokratiegebot: „Jede Herrschaft ist im Namen des Volkes und zum Wohle des Volkes auszuüben“7 und das Prinzip der Differenz: „Die Gemeinwesen haben ein Recht auf Differenz.“8 Außerdem gelten die Prinzipien der Subsidiarität und des Föderalismus, welche die Eigenständigkeit der einzelnen Gliedstaaten sichert und unterstützende Maßnahmen ein­leitet. Durch die politische Dezentralisierung und den unterstützenden Charakter kommt es zu einer Verhinderung einer Machkonzentration und der Gefahr eines „globalen Levia- thans“.9

Um das Ziel eines Weltbundestaats zu erreichen, bedarf es einer langen zeitlichen Entwick­lung, die das Sammeln vieler Erfahrungen voraussetzt. Laut Höffe befinden wir uns in einer Übergangsphase beziehungsweise in einer „Zivilisation im Übergang; die eine und in jeder Hinsicht global vernetzte Weltgesellschaft gibt es - noch - nicht.“10

Die erste Phase zeichnet sich durch Einzelstaaten aus, die sich mithilfe von friedensichern­den Verträgen und Menschenrechtserklärungen in Richtung einer kontinentalen Zwischen­stufe, die der internationalen Organisationen entwickelt. Damit die Menschheit der Gerech­tigkeit folgt, muss sie die Gewalt und den Krieg als Konfliktlösungsoption den Rücken keh­ren und einem unparteiischen Dritten, den global wirksamen öffentlichen Gewalten, die Rechtsstreitigkeiten überantworten.11 Beginnend mit einem Weltstaatenbund inklusive ge­nerellem Kriegsverbot, lässt sich ein Weltbundesstaat mit globaler Gewaltenteilung, die auf Menschenrechte und Volkssouveränität verpflichtet sind, einrichten, sodass die Herrschaft von Recht und Gerechtigkeit nicht nur einen Frieden im Sinne eines gewaltfreien Zusam­menlebens, sondern auch das Aufblühen von Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur bewirkt und somit ein umfassendes Wohlergehen der Menschheit eröffnet.12

Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der kontinentalen Zwischenstufe, der internationalen Or­ganisationen, die insbesondere für die Sicherung des Friedens und die Durchsetzung von Menschenrechten zuständig sind. Anhand des Beispiels der Vereinten Nationen wird ge­prüft, durch welche Reformen sich diese als legitime und durchsetzungsfähige Organisation erweist beziehungsweise erweisen könnte. Dazu ist es notwendig, die UN in ihren Grundzü­gen vorzustellen, bevor es zu einer Erläuterung der von Höffe geäußerten Kritik kommt.

3 Die Vereinten Nationen

Die internationale Organisation der Vereinten Nationen ist ein zwischenstaatlicher Zusam­menschluss von 193 Staaten, die es sich zum Ziel gemacht hat,

1. Den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren [...];
2. Freundschaftliche, auf der Achtung vor dem Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbe­stimmung der Völker beruhende Beziehungen zwischen den Nationen zu entwickeln [...];
3. Eine internationale Zusammenarbeit herbeizuführen [...] und die Achtung vor den Menschen­rechten und Grundfreiheiten für alle [.] zu fördern und zu festigen;
4. Ein Mittelpunkt zu sein, in dem die Bemühungen der Nationen zur Verwirklichung dieser gemeinsamen Ziele aufeinander abgestimmt werden.13

Die Charta der UN wurde auf der Konferenz von Jalta im Juni 1945 von 50 Staaten unter­zeichnet und trat am 24. Oktober 1945 in Kraft. Den Siegermächten des zweiten Weltkrieges kam dabei eine Sonderstellung zu und sie wurden als die fünf ständigen Mitglieder mit einem Veto-Recht versehen, das bis heute besteht.14

Die UN setzt sich aus sechs Hauptorganen zusammen, die für die Entscheidungsprozesse maßgeblich sind: Die UN-Generalversammlung, der Versammlung aller UN-Mitgliedsstaa­ten, in der alle nach dem Prinzip ,Ein Staat - eine Stimme‘ gleichberechtigt vertreten sind, das UN-Sekretariat mit dem Vorsitzenden UN-Generalsekretär, der Internationale Gerichts­hof, der zu Rechtsstreitigkeiten zwischen Staaten, die seine Gerichtsbarkeit anerkennen, Rechtsgutachten erstattet, der UN-Wirtschafts- und Sozialrat, sowie das mächtigste Organ, der UN-Sicherheitsrat, der für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicher­heit zuständig ist und auf den in den nächsten Abschnitten ausführlicher eingegangen wird.15 Zusätzlich gibt es zahlreiche, einflussreiche Nebenorgane und Sonderorganisationen wie zum Beispiel das entwicklungspolitische Kinderhilfswerk UNICEF, die Katastrophenhilfe, die UNESCO oder die Weltgesundheitsorganisation WHO.

Die UN finanziert sich durch die Beiträge ihrer Mitgliedsstaaten, wobei die USA den höchs­ten Prozentsatz stellt, gefolgt von Japan, China und Deutschland.

3.1 Höffes Kritik an den Vereinten Nationen

Auf dem Weg zu einer Weltrepublik spielt die Organisation der Vereinten Nationen deshalb so eine wichtige Rolle, weil sie dem Ideal einer globalen Ordnung am nächsten kommt. Ihr Ziel, eine weltweite Rechts- und Friedensordnung zu schaffen, stimmt mit der Konzeption Höffes überein. Außerdem „beläuft sich die Charta der Vereinten Nationen auf nichts weni­ger als die Verfassung einer politischen Weltordnung, auf eine Weltverfassung“16, die alle staatenrechtlichen Prinzipien erfüllt: Die Achtung der Menschenrechte, die Gleichberechti­gung der Geschlechter und Staaten,17 das Gewaltverbot, die Ächtung des Krieges und die gleichberechtigte Mitwirkung aller Staaten in der Generalversammlung.18

Des Weiteren überträgt er sein Modell auf die UN und plädiert darauf, dass bei gestufter Souveränität der größte Teil der Souveränität bei den Staaten liegt, wodurch sich der Vor­wurf, die UN besäßen ein „Gewaltmonopol“,19 zurückweisen ließe.

Dennoch kritisiert Höffe, dass sich die UN zwar dem Prinzip der Gewaltenteilung annähert, diese jedoch kein gleiches Gewicht haben. Die Generalversammlung spiegelt die Legislative wider, dessen Entschließungen nicht rechtlich bindend sind, dem Generalsekretär kommt eine geringe exekutive Macht zu, „eine größere dem Sicherheitsrat, der zudem als einziges Organ über den vollen Charakter einer (öffentlichen) Gewalt verfügt“20 und an der Gesetz­gebungsgewalt teilnimmt.

Derart weitgehende Kompetenzen des Sicherheitsrates stehen in offensichtlichen Widerspruch zum Prinzip Gewaltenteilung. Und noch stärker widersprechen dem Grundgedanken einer Welt­demokratie die Sonderrechte der fünf ständigen Mitglieder,21 denen Höffe einen stark oligarchischen Charakter zuschreibt.

Außerdem kritisiert er die geringe Durchsetzungsmacht des Internationalen Gerichtshofs, sowie den Mangel an Eigenständigkeit und Unabhängigkeit des Wirtschafts- und Sozialrates und macht darauf aufmerksam, dass es den UN an der komplementären Bürgerkammer fehlt, die für den doppelten Weltrechtsvertrag vonnöten sind.22 Dabei relativiert er, dass bei der Gründung ein Fehlen der weltbürgerlichen Dimension gute Gründe hatte, dass der Fokus damals auf völkerrechtlichen Aufgaben lag und demokratische Wahlen vielerorts gescheitert wären. Dennoch hätte man „im Verlauf der Zeit [...] diese Bürgerkammer einrichten kön­nen“.23

Weiterhin wirft Höffe den UN vor, zahllose Kriege und Rechtsbrüche zugelassen zu haben und Kriege selektiv/parteilich wahrzunehmen. Den Grundsatz der Unparteilichkeit aufgrund nationaler, großregionaler Interessen und finanziellen Erwägungen aufzugeben, wider­spricht laut Höffe der elementaren Rechtsstaatlichkeit.24

[...]


1 Höffe, Otfried: Demokratie im Zeitalter der Globalisierung. München: C.H. Beck, 1999.

2 Gareis, Sven Bernhard/Varwick, Johannes: „Die Vereinten Nationen. Aufgaben, Instrumente und Refor­men.“ Opladen u.a.: Budrich: 520 1 4.

3 Paschke, Karl Theodor: UN-Reform - die unendliche Geschichte. In: Vereinte Nationen (5), 2005.

4 Höffe, Otfried: Demokratie im Zeitalter der Globalisierung. München: C.H. Beck, 1999.

5 Höffe, S. 14.

6 Höffe, S. 39.

7 Höffe, S. 141.

8 Ebd.

9 Höffe, S. 315.

10 Höffe, S. 25.

11 Vgl. Höffe, S. 295.

12 Vgl. Höffe, S. 375.

13 Die Charta der Vereinten Nationen. In: „Die Vereinten Nationen. Aufgaben, Instrumente und Reformen. Hrsg.v. Sven Bernhard Gareis und Johannes Varwick. Opladen u.a.: Budrich: 52014.

14 Bei den fünf ständigen Mitgliedern handelt es sich um China, Russland, Frankreich, das Vereinigte König­reich und die USA.

15 Vgl. Gareis, Sven Bernhard/Varwick, Johannes: „Die Vereinten Nationen. Aufgaben, Instrumente und Re­formen.“ Opladen u.a.: Budrich: 520 1 4. S. 44ff.

16 Höffe, S. 326.

17 Wobei man, solang das Veto-Recht existiert, nur im Entferntesten von Gleichberechtigung der Staaten sprechen kann.

18 Vgl. ebd.

19 Höffe, S. 327.

20 Ebd.

21 Ebd.

22 Höffe, S. 328f.

23 Höffe, S. 329.

24 Vgl. Höffe, S. 330.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Höffes Kritik an den Vereinten Nationen. Eine Analyse anhand des Werks „Demokratie im Zeitalter der Globalisierung“
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen  (Philosophisches Institut)
Veranstaltung
Seminar Philosophie: Höffe: Demokratie im Zeitalter der Globalisierung
Note
1,0
Autor
Jahr
2019
Seiten
17
Katalognummer
V939323
ISBN (eBook)
9783346273369
ISBN (Buch)
9783346273376
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vereinte Nationen, Otfried Höffe, Reform, Politische Philosophie
Arbeit zitieren
Jana Foerst (Autor:in), 2019, Höffes Kritik an den Vereinten Nationen. Eine Analyse anhand des Werks „Demokratie im Zeitalter der Globalisierung“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/939323

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Höffes Kritik an den Vereinten Nationen. Eine Analyse anhand des Werks „Demokratie im Zeitalter der Globalisierung“



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden