Nonverbale Kommunikation im Unterricht


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

16 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretische Grundlagen
2.1 Kommunikationsmodelle
2.2 Ausdruck und Emotion

3 Aspekte nonverbaler Kommunikation
3.1 Gestik
3.2 Blickverhalten

4 Anwendung im Unterricht
4.1 Allgemeine Anwendungsmöglichkeiten
4.2 Fachspezifische Anwendungsmöglichkeiten

5 Schluss

6 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Das fragile Gebilde, das im Idealfall am Ende als guter Unterricht wahrgenommen wird, bes- teht aus einer fast unüberschaubaren Anzahl einzelner Faktoren, die alle zum Gelingen oder Scheitern beitragen können. Im Vordergrund stehen hier meist didaktische Überlegungen, doch auch weitere Bereiche müssen in die Planung mit einbezogen werden. Wichtig ist hierbei auch die Kommunikation, worunter wir normalerweise im ersten Moment verbale Äußerungen verstehen. Hierzu gibt es unüberschaubar viele wissenschaftliche Unter- suchungen, ebenso wie populärwissenschaftliche Handbücher und Ratgeber, die Lehrenden helfen sollen, ihre Äußerungen im Unterricht korrekt wählen und evaluieren zu können. In Sachen nonverbale Kommunikation ist das Feld der Literatur bereits überschaubarer, gerade in Bezug auf Pädagogik und Unterrichtsgestaltung. Dennoch sollte man die Bedeutung der nonverbalen Kommunikation auf den Unterricht nicht unterschätzen - ein Lehrer, der nur mit verschränkten Armen vor der Klasse steht, wird beispielsweise sehr wahrscheinlich keinen Erfolg haben, seien seine Pläne für die Stunde noch so gut und ausgefeilt. Abgesehen davon ist die kommunikative Aufgabe des Lehrers sehr vielfältig; schließlich muss er gleichzeitig Inhalte, Prozesse und Beziehungsbotschaften vermitteln - dabei kann die nonverbale Kompo- nente sowohl unterstützend als auch destruktiv auf die Botschaft wirken. Daher sollen in dieser Arbeit einige Aspekte der Körpersprache analysiert und ihre Anwen- dungsmöglichkeiten für den Unterricht erläutert werden. Aufgrund des begrenzten Umfangs der Arbeit werde ich mich gerade bei der Analyse nonverbaler Kommunikationsformen vor allem auf die Gestik und das Blickverhalten eingehen - im Teil zur Anwendung werde ich hingegen auch kurz andere Aspekte der nonverbalen Kommunikation betrachten. Der Haupt- blickpunkt wird dabei während aller Abschnitte auf die besonderen Gegebenheiten des Unter- richts liegen sowie auf die Möglichkeiten, die eine bessere nonverbale Kommunikation für den Unterricht liefern.

2 Theoretische Grundlagen

2.1 Kommunikationsmodelle

Um Einzelheiten der nonverbalen Kommunikation zu analysieren, muss zunächst einmal Klarheit über die Grundlegenden Gesetzmäßigkeiten der Kommunikation im Allgemeinen ge- schaffen werden. Hierzu gibt es viele, teilweise widersprüchliche Modelle. Relative Klarheit besteht jedoch über die Faktoren der Kommunikation. Dabei lassen sich sieben Komponenten ausmachen (Lasswell, 1948; zitiert nach Ellgring, 2004): Der Sender (1) kommuniziert eine Nachricht (2) an einen Empfänger (3) und benutzt dazu ein Signal (4), das durch ein Medium (5) übermittelt wird. Hierbei verfolgt er eine Absicht (6) und erzielt eine Wirkung (7). Gerade in den Punkten der Nachricht, der Aussageabsicht, des Signals sowie der erzielten Wirkung ist die Analyse in der nonverbalen Kommunikation schwierig, da sie hier nicht immer eindeu- tig ist (Ellgring 2004). Diese Tatsache sollte man auch im Unterricht beachten, da ein nonver- bales Signal wie eine Geste oder eine Form des Blickkontakts selten so ausdrucksstark ist wie eine verbale Äußerung. Ein besonderes Problem stellen in diesem Fall auch nonverbale Sig- nale dar, die aus einer Gefühlsäußerung ergeben. So beabsichtigt man mit einer verschlosse- nen Körperhaltung nicht immer eine Aussageabsicht, das Modell stößt hier an seine Grenzen. Eine sinnvolle Erweiterung bietet hierbei die Theorie von Ausdruck und Eindruck. Hier wird Verstehen im Gegensatz zum vorherigen Modell nicht vorausgesetzt, sondern kommt auf die Kodierung an. Der Sender kodiert hierbei ein Signal, das aus allen Äußerungsarten bestehen kann - der Empfänger muss dieses Signal im Folgenden dekodieren, sprich interpretieren. Hierbei muss man vor allem zwischen verschiedenen Kodierungsarten unterscheiden, die sich durch unterschiedliche Distanz zwischen Gesagtem und Ausgedrücktem auszeichnen - vom intrinsichen Code über den ironischen Code bis zum willkürlichen Code, bei dem die Distanz am größten ist (Knapp & Hall, 2006). Während die Art der Kodierung vom momentanen Zus- tand des Senders sowie dessen Persönlichkeitszügen abhängt, wird die Fähigkeit des Deko- dierens neben den kognitiven Fähigkeiten und des Vorwissens des Empfängers vor allem durch die Vertrautheit zwischen Sender und Empfänger bestimmt (Ellgring 2004). Wenn man eine Person in verschiedenen Kontexten erlebt hat, ist es also leichter, sie einzuschätzen, als wenn man sie nur aus einem bestimmten Umfeld kennt. Im schulischen Kontext muss man also bei nonverbaler Kommunikation auch beachten, wie vertraut man mit der Klasse ist.

2.2 Ausdruck und Emotion

Es wurden bereits solche Äußerungen angesprochen, die sich nicht aus einer gezielten Aus- sageabsicht ergeben, aus einer Gefühlssituation heraus. Diese sind hinsichtlich der Kodierung problematisch, da sie hier unterbewusst geschieht. Im positiven Fall kann so eine offene Kör- perhaltung entstehen, die die Kommunikationsbereitschaft der Schüler anregen kann - im ge- genteiligen Fall einer sehr verschlossenen Haltung wäre wohl ein Abnehmen der Schülerbe- teiligung zu erwarten. Obwohl der Lehrer im Unterricht professionell wirken sollte, lassen sich solche unbewusst gesendeten Signale nicht vermeiden und sollten auch nicht vermieden werden; eine völlig emotionslose Lehrperson würde zu steril wirken. Um diese Umstände ge- nauer reflektieren zu können, ist es lohnend, hierzu einige Grundmodelle zu betrachten.

Eine große Rolle spielen hierbei Darstellungsregeln (Ellgring 2004), sprich eine bestimmte Kontrolle über Art und Weise des Ausdrucks, die wir uns durch Sozialisation aneignen. Diese Regeln ergänzen und kontrollieren die uns angeborene Mimik. Hierbei gilt es also sowohl die Entwicklung einer Person zu Betrachten - Kinder haben diese Entwicklung noch nicht ganz durchlaufen - als auch den kulturellen Hintergrund, denn nicht alle Kulturen haben beispiels- weise das gleiche Begrüßungsritual oder ein konventionalisiertes Streitverhalten.

Interessante Ansätze, die ebenfalls in der Praxis Anwendung finden können, kommen aus dem Bereich der Psychologie. So vertritt beispielsweise James‘ Feedbackmodell der Emoti- onsgenese die Position, „dass die Körperliche Emotionsreaktion dem subjektiven Erleben vor- ausgeht und dieses determiniert“ (Döring-Seipel 1996). Diese Theorie stammt bereits aus dem Jahre 1890 und wurde dementsprechend oft überarbeitet und relativiert; dennoch gibt es im- mer noch viele Verfechter des mittlerweile sehr viel differenzierteren Feedbackmodells. Alle diese Theorien, die man als Derivate von James‘ Theorie auffassen kann, vertreten die Positi- on, dass die Rückmeldung expressiv-motorischer Muster als emotionsdifferenzierende Instanz wirkt (Döring-Seipel 1996).

Obwohl man diesen kausalen Zusammenhang intuitiv wohl andersherum sehen würde, dass die Emotion also den körperlichen Ausdruck auslöst, haben Studien gezeigt, dass die Thesen der Feedbackmodelle zutreffen. So fanden Versuchspersonen beispielsweise Comics lustiger, wenn sie dabei einen Stift quer zwischen den Zähnen hielten, was ähnliche Muskeln wie beim Lächeln anspricht (Ellgring 2004). Auch in weiteren Studien wurde gezeigt, dass eins Mani- pulation der Körperhaltung Emotionen verändern kann (Döring-Seipel 1996). Eine bewusst positive Körperhaltung könnte demnach auch positiv auf die Psyche wirken.

3 Aspekte nonverbaler Kommunikation

Nach diesen Vorüberlegungen soll im folgenden Abschnitt genauer Auf das Wesen und die Effekte verschiedener Aspekte nonverbaler Kommunikation eingegangen werden. Aufgrund des begrenzten Umfangs dieser Arbeit wird der Fokus nur auf zwei Arten nonverbaler Kommunikation liegen, nämlich der Gestik und dem Blickverhalten.

3.1 Gestik

Gesten sind, auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner definiert, Bewegungen des Körpers oder eines Teils des Körpers, die eine kommunikative Funktion erfüllen. Im Normalfall verstehen wir darunter Arm- und Handbewegungen, doch per Definition ist auch ein Kopfnicken zu den Gesten zu zählen. Die Gestik kann viele Funktionen erfüllen - sie kann gesagtes unterstrei- chen oder ganz für sich selbst stehen. Gestik kann auch verräterisch wirken, man denke nur an einen Gesprächspartner, der während eines Dialogs seinen Mund mit der Hand bedeckt; dieser Dialogpartner wird sehr wahrscheinlich lügen (Heidemann 2003). Doch auch konven- tionalisierte Gesten können Probleme bereiten, da sie eben für etwas stehen, das von einer Kultur definiert wurde und in einer anderen Kultur keine oder aber eine völlig andere Bedeu- tung haben kann. Ein Beispiel hierfür ist die Handgeste, bei der wir mit Daumen und Zeige- finger einen Kreis Bilden und die restlichen Finger ausstrecken. In unserem Kulturkreis be- deutet dies so viel wie „OK“ oder „gut“, in asiatischen Kulturen steht es hingegen für „wertlos“.

Zur besseren Übersicht kann man Gesten nach vielen Kategorien einteilen. In diesem Ab- schnitt werde ich die Unterscheidung nach sprachunabhängigen und sprachabhängigen Gesten benutzen (nach Knapp & Hall 2006). Zu den sprachunabhängigen Gesten wären auch Gebär- densprachen zu rechnen, auf die hier aber nicht näher eingegangen werden soll. Sie demon- striert aber Unterschiede zu den Gesten, die wir täglich benutzen. Während in Gebärdenspra- chen meist eine Geste ein Wort repräsentiert, können andere sprachunabhängige Gesten so konventionalisiert sein, dass sie ganze Sätze ausdrücken können (Knapp & Hall 2006). Ein Beispiel hierfür ist das Hochziehen der Schultern bei halb ausgestreckten Armen und nach oben gekehrten Handflächen, was den Satz „Ich habe keine Ahnung“ ersetzt. Da solche Ges- ten als allgemein bekannt gesehen werden können, bringen sie im Alltag keine Probleme, we- nigstens wenn man mit Menschen aus dem eigenen Kulturkreis kommuniziert.

Sprachbezogene Gesten können ebenfalls eine kulturgebunden festgelegte Bedeutung haben;man spricht hier von Emblemen. Andere Gesten, wie deiktische Signale oder Taktgeber bezeichnet man hingegen als Illustratoren (Ellgring 2004), sie unterstreichen sprachliche Äußerungen. Generell kann man sagen, dass Gesten mit festgelegter Bedeutung am unproblematischsten sind, selbst wenn es auch hier zu Missverständnissen kommen kann. Illustratoren hingegen sind auf ihre Funktion hin betrachtet problematischer; oft werden hierbei gar keine oder nur spärliche Informationen ausgetauscht, die Gestik dient in diesem Fall nur dazu, die Aufmerksamkeit aufrecht zu erhalten. Der Rezipient kann durch sie erkennen, welche Aussagen dem Sprecher wichtig erscheinen (Ellgring 2004).

Auch die sprechabhängigen Gesten kann man wiederum weiter unterteilen, ebenfalls nach funktionalen Kategorien: Man unterscheidet zwischen Gesten, die in Zusammenhang mit dem besprochenen Objekt stehen, solchen, die die Beziehung zwischen dem Sprecher und dem be- sprochenen Objekt ausdrücken, solchen, die als visuelle Anhaltspunkte für den Gedanken- gang des Sprechers dienen, und schließlich den Gesten, die einen Dialog steuern und mode- rieren (Knapp & Hall 2006). Letztere werden auch interaktive Gesten genannt, da sie den Dialogpartner miteinbeziehen. Da solche Gesten im Unterricht wohl die größte Bedeutung spielen, man denke nur an den fragend-entwickelnden Unterricht, sollen noch kurz die Funk- tionen dieser bestimmten Form der Gestik erläutert werden (nach Knapp & Hall 2006):

Die erste Art dieser Gesten ist die Übergabegeste. Die typische Variante hiervon ist eine Handbewegung, mit der der Sprecher dem Rezipienten eine Information förmlich zu überrei- chen scheint. Eine weitere Kategorie sind die zitierenden Gesten, die sich auf etwas beziehen, was bereits vorher im Gespräch gesagt wurde. Ebenfalls interessant, wenn auch im Unterricht wohl nicht sehr häufig anzutreffen, sind Hilfe suchende Gesten, wenn einem beispielsweise ein Wort nicht direkt einfällt - hierbei wird eine spezifische Antwort vom Adressaten erwar- tet. Die im Unterricht wohl häufigste Form dieser Gesten im Unterricht ist die „Turn Ge- sture“. Sie wird an so genannten Turn Relevant Points angewendet, also solchen Situationen, bei denen der Sprecher wechselt. Typischerweise sind dies in der Unterrichtssituation Gele- genheiten, bei denen der Lehrende eine Frage an einen Schüler richtet, begleitet von einer of- fenen oder halb offenen Hand, die in die Richtung des Schülers deutet.

Gesten begegnen uns sowohl im Alltag als auch im Unterricht sehr häufig und es ist wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, welche kommunikativen Funktionen sie erfüllen können. Konkrete Anwendungsformen hiervon werden das Thema von Abschnitt 4 bilden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Nonverbale Kommunikation im Unterricht
Hochschule
Universität des Saarlandes  (Erziehungswissenschaften)
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
16
Katalognummer
V93975
ISBN (eBook)
9783638072243
Dateigröße
536 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Nonverbale, Kommunikation, Unterricht
Arbeit zitieren
Thomas Müller (Autor:in), 2006, Nonverbale Kommunikation im Unterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93975

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