Gender Mainstreaming und Schule. Der Ablauf von Gender-Mainstreaming-Prozessen


Hausarbeit, 2017

20 Seiten, Note: 2,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleit

2. Die Konstruktion von Geschlecht - Gender und Doing Gender

3. Gleichstellung von Jungen und Mädchen in der Schule - ein geschichtlicher Rückblic

4. Gender Mainstreami
4.1. Method
4.2. Grenzen und Kri

5. Fa

6. Literaturverzeich

1. Einleitung

Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist auch im Jahr 2017 noch nicht erreicht. Aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts zur sogenannten „Gender Pay Gap“1 zeigen, dass Frauen durchschnittlich rund 21 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen verdienen, selbst bei ähnlicher Qualifikation und ähnlichem Arbeitsplatz.2 Der geschlechtsspezifische Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern hat sich in den letzten zehn Jahren in Deutschland zwar etwas verringert3, ist aber neben Estland immer noch einer der größten Europas. Das Statistische Bundesamt sucht die Gründe für die große Differenz vor allem in der unterschiedlichen Branchen- und Berufswahl von Frauen und Männern. Frauen arbeiten statistisch gesehen auch seltener in Führungspositionen und arbeiten stattdessen häufiger in Teilzeitberufen.

Doch wo liegt der wahre Ursprung für diese andauernde Geschlechterungleichheit, welche Strategien zur Lösung des Problems gibt es und wo sollten diese eingesetzt werden? Eine zentrale Strategie zur Sicherung der Gleichstellung ist das sogenannte Gender Mainstreaming, das wir im Rahmen des Seminars „Heterogenität. Über Konjunktur und Kritik eines Begriffs“ bereits angesprochen haben. Da Geschlechterrollenzuschreibungen in der Regel schon im Kindergarten oder in der Schule stattfmden, soll hier mit Gender Mainstreaming-Prozessen entgegengewirkt werden. Die hier vorliegende Hausarbeit soll daher einen Einblick in das Thema „Gender Maintreaming in der Schule“ und den Ablauf von Gender Mainstreaming-Prozessen geben.

Die Hausarbeit ist in sechs weitere Abschnitte aufgeteilt. Auf diese Einleitung schließt eine Definition der Begriffe „Gender“ und „Doing Gender“ an. Im nächsten Abschnitt erfolgt ein geschichtlicher Rückblick zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Schule. Der dritte inhaltliche Teil behandelt das Thema Gender Mainstreaming im Allgemeinen, während im vierten Abschnitt Methoden des Gender Mainstreaming dargestellt werden. Der darauffolgende Abschnitt setzt sich abschließend mit der Kritik und den Grenzen des Gender Mainstreaming auseinander. Die Arbeit wird von einem zusammenfassenden Fazit abgeschlossen.

2. Die Konstruktion von Geschlecht - „Gender“ und „Doing Gender“

Um Gender Mainstreaming verstehen zu können, müssen zunächst allgemeine Begrifflichkeiten geklärt und definiert werden. Der Begriff Gender Mainstreaming stammt aus dem englischsprachigen Raum und setzt sich aus den zwei Wörtern „Gender“ und „Mainstreaming“ zusammen4. In der deutschen Sprache gibt es nur das eine Wort für „Geschlecht“, was allerdings unzureichend ist, da es verschiedene Arten von Geschlecht gibt. Im Englischen gibt es diese notwendige Differenzierung, es wird zwischen „sex“ und „gender“ unterschieden: sex ist das biologische, gender das soziale Geschlecht.5 Mit gender sind die „sozial und kulturell geprägten Rollen von Frau und Mann gemeint, mit denen geschlechtsspezifische Chancen und Benachteiligungen verbunden sind.“6

Doch wo hört sex auf und wo fängt gender an? In ihrem Aufsatz „Doing Gender“ unterscheiden die Sozialwissenschaftlerinnen Candace West und Don Zimmermann auch zwischen sex und gender, sie fügen allerdings noch eine dritte Kategorie hinzu, die sogenannte „sex-category“. Diese soll den Raum zwischen sex und gender füllen und präzisieren:7 Sex ist die Geburtsklassifikation des körperlichen Geschlechts, die aufgrund sozial vereinbarter biologischer Kriterien festgelegt wird. Sex-category meint die soziale Zuordnung zu einem Geschlecht im Alltag aufgrund sozial vereinbarter Kriterien und gender ist das soziale Geschlecht, das in Interaktionsprozessen intersubjektiv bestätigt und validiert wird.8

West und Zimmermann veranschaulichen ihre Differenzierung der drei Kategorien am Beispiel von Harold Garfmkels „Agnes - Studie“.9 Der Soziologe begleitete 1967 die Transexuelle Agnes beim Prozess ihrer Geschlechtsumwandlung und untersuchte dabei die Praktiken der alltäglichen und interaktiven Produktion des Geschlechts. Agnes wuchs zunächst als Junge auf und entschied sich mit 17 Jahren, eine weibliche Identität auszubilden. Die folgende Ausführung soll veranschaulichen, wie Agnes in die Dreiteilung des Doing Gender eingeordnet werden kann: Aufgrund ihres biologischen Geschlechts besitzt Agnes nicht die sozial vereinbarten Kriterien, um in die Kategorie des biologisch weiblichen Geschlechts eingeordnet zu werden (sex). Agnes ordnet sich aber der weiblichen sex-category zu. Durch ihre Kleidung ihr Aussehen stellt sie sicher, von anderen als „normale“ Frau wahrgenommen zu werden (sex-category). Gender zu zeigen, bedeutet sich so zu verhalten wie es für da jeweilige Geschlecht in derjeweiligen Situation als sozial und normativ angemessen gilt. Für einen Mann bedeutet Doing Gender, dass er beispielsweise der Frau ein schweres Paket abnimmt. In Agnes Fall, dass sie zulässt, dass der Mann ihr das Paket abnimmt (gender).10 West und Zimmermann betonen, dass Agnes gender nicht durch ihr sex vorgegeben ist, denn dann wäre sie dem männlichen Geschlecht (gender) zuzuordnen. Stattdessen hat sich ihr gender durch ihre soziale Interaktion entwickelt, da sie sich wie eine Frau kleidet und verhält.11 Das soziale Geschlecht ist demnach nicht einfach gegeben, sondern wird durch soziale Interaktionen konstruiert und strukturiert zugleich die Interaktionen.

„Geschlecht ist nicht etwas, was wir haben, schon gar nicht etwas, was wir sind. Geschlecht ist etwas, was wir tun“, so Carol Hagemann-White.12 In der Genderforschung wird dieser soeben beschriebene Prozess mit dem Begriff „Doing Gender“ bezeichnet. Die Bezeichnung wurde 1987 von West und Zimmermann geprägt und kann frei übersetzt werden als „Machen bzw. Herstellen von Geschlecht“. Doing Gender bedeutet also nach West und Zimmermann die „Herstellung einer geschlechtsspezifischen Rolle mit ihren Funktionen und Verhaltensweisen“.13 Das Konzept des Doing Gender verweist darauf, dass Geschlechter verschieden sind, weil sie unterschieden werden, bzw. weil sie als verschieden betrachtet werden. West und Zimmermann verstehen das Geschlecht nicht als „natürliches oder erworbenes Personenmerkmal“, das sich lediglich in „Denken, Fühlen und Handeln einer geschlechtsspezifischen Identität niederschlägt“, sondern sie betonen die „aktive Herstellung und Darstellung des Geschlechts im Alltag“. Sie begreifen das Geschlecht als „soziale Konstruktion“ und ein „Merkmal sozialer Situationen, anstatt von Personen“.14

Wir sind also selber dafür verantwortlich, wer wir sind und wie wir von anderen Menschen wahrgenommen werden. Unser Leben ist nachhaltig vom Unterschied zwischen Frauen und Männern gezeichnet. Namen, Anredeformen, Sprechstile, Stimmen, Frisuren, Körperpflege oder Körperpräsentationen symbolisieren die Geschlechtsidentitäten.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Geschlecht eine soziale Konstruktion ist. Es ist kein natürliches oder erworbenes Personenmerkmal. Ein Geschlecht hat man nicht einfach, man muss es „tun", um es zu haben. Nach West und Zimmermann sind wir also ständig aktiv daran beteiligt, unser Geschlecht zu inszenieren: „virtually any activity can be assessed as to its womanly or manly nature [...], to ’do’ gender [...] is to engage in behavior at the risk of gender assessment”.15

3. Gleichstellung von Jungen und Mädchen in der Schule - geschichtlicher Rückblick

Es folgt ein kurzer historischer Streifzug durch die Geschichte der Gleichstellung in der Bildung von Jungen und Mädchen.

Im antiken Griechenland gab es nur private Schulen, die den Jungen vorbehalten waren.16 Auch in der Römerzeit war die Schule nur für die Oberschicht geöffnet und natürlich ausschließlich für die männlichen Personen der Oberschicht. Im Mittelalter war die Schule für den kirchlichen Nachwuchs bestimmt und auch dieser war ausnahmslos männlich.17 Frauen und Mädchen waren in der Regel überwiegend für reproduktive Aufgaben zuständig. Zu diesen Aufgaben zählten in einer Gesellschaft insbesondere die Erziehung und Betreuung von Kindern, aber auch die Pflege kranker und alter Menschen, sowie das Bereitstellen von Nahrung oder Kleidung. Die Vermittlung von Kulturtechniken wie Lesen und Schreiben war also lange Zeit nur den Jungen und Männern vorbehalten.

Dem geistigen Umbruch in der Zeit der Aufklärung (18. Jahrhundert) ist zu verdanken, dass die Schulbildung von der kirchlichen Verantwortung in die staatliche Verantwortung überging. Da Gleichheit ein wichtiges Postulat der Aufklärung war, konnten nun auch Mädchen die Schule besuchen.18 Der englische Philosoph John Locke (1632 - 1704) erklärte die Gleichheit zu einem der höchsten Rechtsgüter. Seiner Auffassung nach sind alle Menschen von Natur aus gleich und frei, auch Frauen und Männer.19

Diese Gleichheit wurde durch das im späten 18. Jahrhundert eingeführte Gesetz zur Schulpflicht manifestiert, es galt jedoch nur für die Elementarbildung. Weiterführende Schulen waren nach wie vor den männlichen Bürgern vergönnt.

Zur Zeit der Industrialisierung wurde die Bildung der Mädchen auf die spätere Rolle als Mutter ausgerichtet. Die damaligen „Höhere Töchterschulen“ gestatteten von da an auch Mädchen einen Zugang zur Bildung, die über den Elementarunterricht hinausging, jedoch zielten die Inhalte auch nur auf das spätere Dasein als Hausfrau und Mutter ab.20

Mädchen und junge Frauen waren sowohl von höherer, als auch von beruflicher Bildung ausgeschlossen. Erst 1894 kam es zu einer „Neuordnung des höheren Mädchenschulwesens“, durch die Mädchen in Preußen die Berechtigung zum Studium erhielten und erstmals im Wintersemester 1908/09 an Universitäten zugelassen wurden.21 Die Lerninhalte unterschieden sich jedoch weiterhin von denen der Jungen und ein gemeinsamer, koedukativer Unterricht war unvorstellbar. Die Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Hedwig Dohm erkannte aber schon im Jahr 1908, dass die Einführung von Koedukation unabdinglich sei:

„Wir aber fordern für das weibliche Kind dieselben Bildungsmöglichkeiten, die dem männlichen gewährleistet sind. Und wir wollen die gemeinsame Erziehung der Geschlechter. Durch die Trennung der Knaben und Mädchen in der Schule wird von vornherein die Geschlechtsunterschiedlichkeit scharf betont, wird darauf hingewiesen, dass dem Knaben anderes - d.h. mehr gebühre als dem Mädchen. Und damit ist der Grund gelegt zu der Geringschätzung des Knaben dem Mädchen gegenüber.“22

Im Jahr 1920 wurde ein Antrag angenommen, der eine Regelung des Mädchenschulwesens analog des Jungenschulwesens forderte. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde diese Forderung dann allerdings gänzlich in den Hintergrund gestellt. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg verlangte als erstes die katholische Kirche die Gleichheit in der Schulbildung von Mädchen und Jungen.23

[...]


1 der geschlechtsspezifische Lohnunterschied

2 https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/VerdiensteArbeitskosten/Arbeitnehmerverdienste/ ArbeitnehmerverdiensteVi.html [Zugriff:14.03.2017]

3 Ebd.: 2006 waren es noch 23 %

4 Näheres dazu wird in Abschnitt 4 erläutert

5 Vgl. Glagow-Schicha, Lisa, S.17

6 Ebd.

7 Vgl. West und Zimmermann

8 Ebd.

9 Ebd.

10 Vgl. WestundZimmermann

11 Ebd.

12 Vgl. Schneider, Claudia. In: Seemann, Malwine; Kuhnhenne, Michaela: GenderMainstreaming und Schule. S. 89

13 Vgl. West und Zimmermann

14 Ebd.

15 Vgl. WestundZimmermann, S. 136

16 Vgl. Rhyner, Zumwald, S. 12

17 Ebd. S. 12

18 Ebd. S. 14

19 http://www.fluter.de/aufklaerung-0 [Zugriff: 08.03.2017]

20 Vgl. Rhyner, Zumwald S.15

21 Vgl. Faulstich-Wieland, Weber, Willems S. 9 ff.

22 Vgl.Dohml908 S.256,In: Faulstich-Wieland, Weber, Willems S.10

23 Vgl. Rhyner, ZumwaldS.17

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Gender Mainstreaming und Schule. Der Ablauf von Gender-Mainstreaming-Prozessen
Hochschule
Technische Universität Dortmund
Note
2,0
Jahr
2017
Seiten
20
Katalognummer
V941169
ISBN (eBook)
9783346273222
ISBN (Buch)
9783346273239
Sprache
Deutsch
Schlagworte
gender, mainstreaming, schule, ablauf, gender-mainstreaming-prozessen
Arbeit zitieren
Anonym, 2017, Gender Mainstreaming und Schule. Der Ablauf von Gender-Mainstreaming-Prozessen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/941169

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