Neue Erlösquellen privater Fernsehanbieter in Deutschland


Masterarbeit, 2007

95 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Rahmenbedingungen der Fernsehveranstaltung
2.1 Begriffsumfeld
2.2 Charakteristika privater Fernsehangebote
2.3 Erlösmodell privater Fernsehanbieter
2.4 Rechtlicher Rahmen und Regulierung
2.4.1 Europäisches Recht
2.4.2 Verfassungsrechtliche Ebene
2.4.3 Rundfunkstaatsvertrag und Landesmediengesetze
2.4.4 Werberichtlinien
2.5 Distribution und technologische Rahmenbedingungen
2.6 Entwicklungstrends mit Auswirkung auf die Erlösstruktur
2.6.1 Deregulierung und Kommerzialisierung
2.6.2 Individualisierung der Zuschauerpräferenzen
2.6.3 Digitalisierung und Konvergenz

3 Der privatwirtschaftlich organisierte Fernsehmarkt
3.1 Geschichte und Entwicklung des Privatfernsehens in Deutschland
3.2 Angebot und Nachfrage
3.2.1 TV-Anbieter
3.2.2 Der Zuschauermarkt
3.2.3 Der Werbemarkt
3.3 Wettbewerb
3.4 Konzentration
3.5 Markteintrittsbarrieren
3.6 Werbung als derzeitige Haupterlösquelle privater Fernsehanbieter
3.6.1 Bedrohungen für die Fernsehwerbung
3.6.2 Strategien zur Kostenoptimierung
3.6.3 Strategien zur Programmoptimierung
3.6.4 Strategien zur Ertragsoptimierung

4 Neue Erlösquellen privater Fernsehanbieter
4.1 Erlöse durch Wirtschaftskommunikation
4.1.1 Sonderwerbeformen
4.1.2 Product Placement
4.1.3 Bartering
4.2 Rezipientenorientierte Erlösquellen
4.2.1 Call Media
4.2.2 Teleshopping
4.2.3 Pay-TV
4.3 Rechtebezogene Erlösquellen
4.3.1 Licensing und Merchandising
4.3.2 Mehrfachnutzung des Programmvermögens

5 Schlussbetrachtung

Literatur- und Quellenverzeichnis

Anhang

Abstract

- Deutsch -

Der deutsche Fernsehmarkt befindet sich im Umbruch - und mit ihm die Werbefinanzierung privater Fernsehanbieter. Während Deregulierung, Digitalisierung und innovative Technologien den Marktakteuren neue Erlöspotentiale eröffnen, haben sich die wirtschaftlichen Ausgangs- bedingungen der Fernsehveranstaltung kontinuierlich verschlechtert. Angesichts der Werbe- marktkrise und dem zunehmenden Werbevermeidungsverhalten der Rezipienten haben sich in den vergangenen Jahren neue, attraktivere Werbeformen herausgebildet und erfolgreich etab- liert. Aufgrund der anhaltenden Erosion der Werbeumsätze wurde die Werbefinanzierung als Haupterlösquelle privater Fernsehanbieter darüber hinaus kontinuierlich um werbeunabhängi- ge Erlösquellen ergänzt. Vor diesem Hintergrund untersucht die vorliegende Masterarbeit die Diversifikationsbestrebungen privater Fernsehanbieter in Deutschland und lotet Potentiale und Grenzen neuer Erlösquellen aus. Im Rahmen der Analyse werden politische und technologische Restriktionen sowie wesentliche Entwicklungstrends für private Fernsehanbieter diskutiert. Ferner werden die derzeitigen ökonomischen Ausgangsbedingungen deutscher Privatsender umrissen. Als wesentliche Entwicklungsdimensionen wurden Erlöse aus Wirtschaftkommunika- tion, rezipientengerichtete und rechtebezogene Erlösquellen identifiziert.

Abstract

- English -

The German television market and the business model of independent broadcasters experience drastic changes. Deregulation, digitalization und innovative technologies reveal new income opportunities, whereas economic circumstances have changed for the worse over the past years. New, more appealing advertising formats have been developed and successfully imple- mented in order to counteract pan-European media crisis and increasing advertising avoidance. However, the erosion of TV advertising revenues turned out to be irreversible. Therefore inde- pendent broadcasters aim to reduce their dependence on commercial expenditures by adding non-advertising-dependant sources of income to their business model. The intention of this master thesis is to examine the diversification strategies of independent broadcasters in Ger- many. In order to outline potentials and boundaries of new revenue sources political and tech- nological restrictions as well as most recent development trends are discussed. In addition, the current economic conditions of German independent television are analysed. This led to the derivation of three essential revenue sources. Revenues from business communication contain new ways of classic TV advertising and generate income from the advertising industry, while audience-oriented revenues focus direct transactions with the viewer. Licensing-related reve- nues obtain all forms of exploiting property rights.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Systematik der Erlösformen

Abbildung 2: Übersicht der Sendergenerationen

Abbildung 3: TV-Marktanteile 2006

Abbildung 4: Entwicklung von TKP und Brutto- und Nettowerbeumsätzen

Abbildung 5: Marktsanteile ausgewählter Sender im Zeitverlauf

Abbildung 6: Sponsoringhinweis im Splitscreen

Abbildung 7: Werbecountdown

Abbildung 8: Werbespot im Splitscreen

Abbildung 9: Spotpremiere

Abbildung 10: Promostory Germanys Next Topmodel

Abbildung 11: Crawl

Abbildung 12: Teleshoppingsendung bei HSE24

Abbildung 13: Call-In-Show

Abbildung 14: Sat.1 Frühstücksfernsehen mit IKEA Ausstattung

Abbildung 15: Screenshot Maxdome

Abbildung 16: WE LOVE SUMMER COLLECTION

Abbildung 17: Accessoirekollektion B-Style

Abbildung 18: Lizenzportfolio ‚The Simpsons’

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Die Erlössituation privater Fernsehanbieter in Deutschland ist in Bewegung geraten. Fast täglich vermelden einschlägige Nachrichtendienste Neugründungen von Fernsehanbietern - Marktaus- tritte sind jedoch ebenso an der Tagesordnung. Zugleich behaupten Branchenblätter und Fachpublikationen die Werbefinanzierung privaten Fernsehens sei ein gestriges Geschäftsmo- dell. Grund dieser Annahme sind tiefgreifende Veränderungen des Marktumfelds. Vor dem Hintergrund der Werbemarktkrise und zunehmender Reaktanz auf Zuschauerseite wurden in den vergangenen Jahren neue, attraktivere Werbeformen entwickelt und erfolgreich etabliert. Da dieser Ausweitung jedoch rechtliche Grenzen gesetzt sind, wurde die Werbefinanzierung als Haupterlösquelle privater Fernsehanbieter darüber hinaus kontinuierlich um werbeunab- hängige Erlösquellen ergänzt. Einzelne dieser neuen Erlösformen werden durch die anstehende Änderung der EU-Fernsehrichtlinie und neu abgefasste Werberichtlinien begünstigt und legali- siert. Andere Entscheidungen aus Brüssel beenden einen Status der Duldung und schaffen somit konkrete Verbote. Auch technisch bewegt sich einiges: Die Digitalisierung zog eine An- bieterexplosion nach sich, die im Zuge der Reichweitenfragmentierung sinkende Werbeerlöse verursacht. Unterdessen eröffnet die unwiderrufliche Umstellung analoger auf digitale Stan- dards neue Erlöspotentiale.

Die vorliegende Masterarbeit untersucht die Diversifikationsbestrebungen privater Fernsehan- bieter in Deutschland und stellt neue Erlösquellen vor. Im Verlauf der Recherche zeigte sich, dass das Thema bisher kaum ganzheitlich betrachtet wurde. Viele der existenten Fachpublika- tionen fokussieren einzelne Erlösformen und konzentrieren sich zudem häufig auf technologi- sche Aspekte des Themas. Unter der Maßgabe, dass das Erlöskonzept einen wesentlichen Er- folgsfaktor kommerzieller Fernsehsender darstellt und somit ausschlaggebend für ihren Bestand ist, werden künftige Möglichkeiten und Grenzen verschiedener Erlösformen diskutiert. Als Ergebnis wird eine Bestandsaufnahme der derzeitigen Erlössituation privater Fernsehanbie- ter angestrebt, die Potentiale und Grenzen der einzelnen Erlösformen auslotet. Leitfragen sind hierbei, welche neuen Erlösformen sich in den letzten Jahren herausgebildet haben und in welchem Verhältnis sie zu klassischer Fernsehwerbung stehen. Welchen Stellenwert nimmt Werbung im Finanzierungskonzept privater Fernsehanbieter derzeit ein und inwieweit sind künftig Finanzierungskonzepte ohne Fernsehwerbung denkbar? Zur Beantwortung dieser Fra- gen werden neue Erlösformen untersucht und vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen, rechtlichen und technologischen Rahmenbedingungen bewertet. Dabei steht die Verlagerung von Ertragsmodellen innerhalb deutlich werbefinanzierter Programme im Fokus.

Die Diskussion des zusammengetragenen Materials erfolgt in Auseinandersetzung mit aktuel- len Forschungsbeiträgen, Studien und empirischen Daten. Der Zugang zu letzteren erwies sich im Rahmen der Bearbeitung als wesentliche Herausforderung. Während die Entwicklung des Werbemarktes umfangreich und offen dokumentiert wird, agieren die Anbieter bei der Veröf- fentlichung konkreter Finanzkennzahlen zu neuen Erlösquellen äußerst zurückhaltend. Die Arbeit greift daher umfangreich auf Presseveröffentlichungen zurück. Zudem erfolgt die Literaturauswahl neben inhaltlichen Kriterien auch unter Aktualitätsaspekten, um so der herrschenden Marktdynamik gerecht zu werden. Einzelne Anwendungsbeispiele werden bewusst mehrfach herangezogen, um den Umfang der Diversifikationsbestrebungen zu verdeutlichen und Querverbindungen aufzuzeigen.

Die vorliegende Arbeit besteht aus fünf Kapiteln. Der in der Einleitung geschilderten Intention und dem Gang der Darstellung folgen im zweiten Kapitel theoretische Grundlagen der Fern- sehveranstaltung in Deutschland. Neben terminologischen Ausführungen werden Spezifika der Fernsehveranstaltung, das Erlösmodell privater Fernsehangebote sowie politische und techno- logische Rahmenbedingungen und deren Konsequenzen für die Erlösstruktur privater Fernseh- anbieter behandelt. Das Kapitel schließt mit der Diskussion wesentlicher Entwicklungstrends. Daran anschließend befasst sich das dritte Kapitel mit dem privatwirtschaftlich organisierten Fernsehmarkt, zeichnet die Entstehung privater Fernsehanbieter nach und analysiert das heuti- ge Marktgefüge. Darüber hinaus werden Wettbewerbs- und Konzentrationsverhältnisse disku- tiert und die derzeitigen ökonomischen Ausgangsbedingungen deutscher Privatsender umris- sen. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen erfolgt in Kapitel vier die Erörterung neuer Erlösquellen. Diese werden zunächst gegeneinander abgegrenzt, bezüglich Akzeptanz und Verbreitung bewertet und schließlich ins Verhältnis zu TV-Werbung gesetzt. Zudem werden die einzelnen Erlösquellen hinsichtlich ihres Erlöspotentials und ihrer Tauglichkeit als Grundlage oder Bestandteil neuer Finanzierungsmodelle beurteilt. Das fünfte Kapitel fasst die Untersu- chungsergebnisse zusammen und gibt einen Ausblick auf Grundlage der gewonnenen Er- kenntnisse. Das Bildmaterial im Anhang illustriert die vorgestellten Erlösformen und rundet damit die Arbeit ab.

2 Rahmenbedingungen der Fernsehveranstaltung

Das Thema der vorliegenden Masterarbeit ist der vergleichsweise jungen Disziplin Medienökonomie zuzuordnen, deren Erkenntnisobjekt wirtschaftliche Zusammenhänge in Unternehmen und Märkten der Medienbranche sind. Ansatzpunkt der Forschung ist die fortschreitende Kommerzialisierung einzelner Mediengattungen. Allerdings vollzieht sich die wissenschaftliche Systematisierung des Fachs nur langsam und wird zudem häufig von der Branchendynamik überholt, so dass theoretische Diskurse obsolet werden.

Darüber hinaus wird die Entwicklung eines eigenständigen Theorierepertoires bisher durch Kontroversen um den Führungsanspruch zwischen Ökonomie und Kommunikationswissenschaften gebremst und hat zur Folge, dass die Forschung mit dichotomen Begriffen und Theorien operiert. Fachliteratur, Lehrbücher und Einführungswerke zur Medienökonomie sind größtenteils Erstauflagen. Aktualisierungen der Standardwerke sind vornehmlich technologischen Schüben und veränderten Marktverhältnissen geschuldet, weniger neuen theoretischen Erkenntnissen.1 Somit stellen Forschungsarbeiten meist Momentaufnahmen der ökonomischen Verhältnisse dar und kommen vor dem Hintergrund der jeweiligen Rechtslage und des gesellschaftlichen Umfelds zu Einschätzungen von begrenzter Gültigkeit.

Vertreter des Fachs bemängeln eine pragmatische und unkritische Forschung, die sich auf die Revision ihres Untersuchungsgegenstandes beschränkt und demzufolge dokumentarisch und affirmativ, jedoch kaum normativ agiert. Problematisch ist zudem die Separation von Theorie und Empirie. Letztere obliegt häufig privaten Instituten und Unternehmensberatungen und ist somit nicht oder nur anteilig von wissenschaftlichem Erkenntnisgewinn intendiert. Vielmehr dient sie zur argumentativen Unterstützung der jeweiligen Marktaktivitäten. Selbst wenn Themen wie Konzentration, Wettbewerb und Internationalisierung der Medien gesellschaftliche Debatten entzünden, bleibt die Wissenschaft im Hintergrund - Diskurse werden in erster Linie mit politischen und juristischen Argumenten geführt.

2.1 Begriffsumfeld

Fernsehen ist eine Mediengattung, die stärker als andere reguliert und kontrolliert wird, so dass fast ausnahmslos gesetzgebende Instanzen die Begriffshoheit innehaben. Durch diesen Umstand erübrigt sich die wissenschaftliche Erörterung eigenständiger Definitionsansätze und Begriffsabgrenzungen weitgehend. Lediglich juristisch unzureichend definierte Begriffe - bei- spielsweise Product Placement - rufen Kontroversen um Deutungsspielräume hervor. Exempla- risch seien dennoch zwei Definitionen angeführt, die belegen, dass die gesetzlichen Vorgaben einen engen Korridor für andere Zugänge bilden. So nehmen Sjurts und Kiefer für ihre

Begriffsbestimmungen jeweils institutionelle bzw. funktionelle Betrachtungsdimensionen ein: „‚Fernsehen’ als institutionelles Übertragungsmedium bezeichnet jene Art der Informationsübermittlung, die gleichzeitig in Wort, Bild und Ton erfolgt und sich an ein disperses Publikum richtet. Weiter umschreibt es den Rezeptionsakt.“2 In funktioneller Hinsicht dient es als Informations-, Meinungsbildungs- und Integrationsmedium.3

Die folgenden Ausführungen orientieren sich an den rechtsverbindlichen Definitionen des Rundfunksstaatsvertrags (RStV). Dieser definiert Rundfunk als „für die Allgemeinheit bestimm- te Veranstaltung und Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, in Ton und in Bild unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mit- tels eines Leiters. Der Begriff schließt Darbietungen ein, die verschlüsselt verbreitet werden oder gegen besonderes Entgelt empfangbar sind“.4 Darüber hinaus trifft der RStV eine Unter- scheidung zwischen Rundfunk und Telemedien. Der Begriff Telemedien beschreibt Tele- und Mediendienste und damit alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, die nicht als Telekommunikation oder Rundfunk gelten. Zu den Telemedien zählen unter anderem Fernseh- und Videotext sowie Teleshoppingkanäle.5

Die Annäherung an den Begriff der privaten Fernsehanbieter ist hingegen komplexer. Seine Definition fällt in die Domäne der Landesmediengesetze, die in jedem Bundesland individuelle Begriffsbestimmungen vornehmen. Dabei lassen sich neben Ausführungsunterschieden auch grundsätzliche Übereinstimmungen feststellen. So finden die Begriffe Anbieter und Veranstal- ter von TV-Programmen synonym Anwendung für natürliche oder juristische Personen sowie Personenvereinigungen, die private Rundfunkprogramme unter eigener inhaltlicher Verantwor- tung verbreiten. Häufig wird diese Definition durch die Benennung von Ausschlusskriterien präzisiert. Entsprechend vielfältig ist die Ausprägung privater Fernsehangebote. Es handelt sich hierbei um frei empfangbare private Voll- und Spartenprogramme, digitale Kanäle, entgelt- pflichtige Pay-TV-Angebote sowie Drittfensterprogramme und fernsehähnliche Mediendienste. Die Zahl dieser Angebote ist in den vergangenen Jahren durch ausschließlich digital verbreitete Fernsehkanäle und neue Pay-TV-Channel sprunghaft gestiegen.6 In Abgrenzung zu Pay-TV werden kostenfrei empfangbare Privatsender als Free-TV bezeichnet.

Im Hinblick auf die Vielzahl unterschiedlicher privater Fernsehanbieter ist es sinnvoll, eine Ar- beitsdefinition zu formulieren, die die Untersuchungsbasis limitiert und Vergleichbarkeit schafft. Bezüglich Ausstrahlungsgebiet und -reichweite werden daher nur bundesweit emp- fangbare Free-TV-Angebote einbezogen, um Finanzierungseigenheiten lokaler und regionaler Fernsehsender auszuklammern. Ferner werden ausschließlich Vollprogramme untersucht, die sich laut RStV durch inhaltliche Vielfalt in den Programmschwerpunkten Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung auszeichnen.7 Zielgruppe dieser Programmkategorie ist die breite Rezipientenmasse - segmentierte Interessen werden hingegen vernachlässigt. Auf diese Weise werden auch Spartensender von der Untersuchung ausgeschlossen, weil ihr jeweiliger Themen- fokus spezifische Geschäfts- und Erlösmodelle zur Folge hat, die nur einen Bruchteil der priva- ten Fernsehanbieter repräsentieren und kaum Rückschlüsse auf den Gesamtmarkt zulassen.

Diesen Abgrenzungen entsprechend werden im Folgenden unter dem Begriff Privatfernsehen privatwirtschaftlich organisierte, bundesweit verbreitete und im Free-TV empfangbare Vollpro- gramme subsumiert. Ausgangspunkt der Erlösbetrachtungen ist eine überwiegende Werbefi- nanzierung, die beispielsweise bei den Sendern der RTL Group und der ProSieben Sat.1 Media AG vorliegt. Marktaktivitäten der oben ausgeschlossenen Anbieterformen werden lediglich zur Herstellung eines Vergleichsmaßstabes thematisiert. Im Fokus stehen zudem ausschließlich Diversifikationserlöse, die durch die Programmausstrahlung selbst generiert werden. Neue stra- tegische Geschäftsfelder, wie z. B. eigenständige Internetangebote, finden keine Erwähnung.

2.2 Charakteristika privater Fernsehangebote

Die komplex verzahnten Besonderheiten des Mediums Fernsehen determinieren den Gestal- tungsrahmen der Erlöskonzeption werbefinanzierter TV-Sender maßgeblich. Abgesehen von treffen sie aber mehrheitlich auch auf öffentlich-rechtliche oder entgeltliche TV-Angebote zu.

Als Verbundprodukt zwischen publizistischem Inhalt und Werbung adressiert privates Fernse- hen Rezipienten mit Programmen und zugleich die Werbewirtschaft mit der programmgene- rierten Zuschaueraufmerksamkeit. Kritiker sehen in dieser Konstellation zweier unabhängiger und dennoch interdependenter Märkte einen immanenten Zielkonflikt zwischen publizisti- schem Anspruch und Formalzielen wie Umsatzsteigerung und Gewinnmaximierung.8 Das Selbstverständnis privater Fernsehanbieter, die Inhalte lediglich als Mittel zur Erzielung von Werbekontakten ansehen, führt wiederholt zu dem Vorwurf, Qualitätsprogramme und Ge- winnmaximierung seien unvereinbar.

TV-Angebote sind abgesehen vom Transportmedium immaterielle, komplexe Erfahrungs- und Vertrauensgüter, deren Leistung für den Zuschauer schwer fassbar ist. Nutzen und Qualität einer Sendung können erst nach dem Konsum beurteilt werden, wohingegen Wahrhaftigkeit und Richtigkeit der Darstellungen ohne Quelleneinsicht nicht nachprüfbar sind.9 Weiteres Kennzeichen der Programmveranstaltung ist das Uno-Actu-Prinzip, wonach die Produktion einer Dienstleistung und ihre Konsumtion zeitgleich stattfinden. Daraus resultiert die ‚Verderb- lichkeit’ von Programmflächen und unverkauften Werbezeiten, die nicht lagerfähig sind, wenngleich einzelne Genres eine gewisse Konsumelastizität aufweisen.10 Können fiktionale Formate durch ihre Repertoirefähigkeit mehrfach ausgestrahlt werden, so sind Nachrichten oder Beiträge mit aktuellem Bezug schwerlich wiederverwertbar.

Aus ökonomischer Perspektive ist privates Fernsehen in Ermangelung einer monetären Austauschbeziehung zwischen Zuschauern und TV-Anbietern nicht marktfähig, weil die Werbewirtschaft als Nachfrager des zweiten Marktes für die Finanzierung der Programmnachfrage im ersten Markt aufkommt.11 Gleichwohl herrscht Wettbewerb, auch wenn die Tauschparameter nicht Ware und Preis, sondern Programm und Aufmerksamkeit sind. Die Kostenfreiheit privater Fernsehprogramme ist zudem relativ: Neben Opportunitätskosten der Mediennutzung werden die Werbeausgaben durch Preisaufschläge an die Verbraucher weitergegeben, die letzten Endes indirekt für die Finanzierung ihres Medienkonsums aufkommen.12

Privates Free-TV ist ferner ein öffentliches Gut, dessen mangelnde Konsumrivalität und fehlende Ausschlussmechanismen Marktversagen bewirken, während das kommerzielle Produkt Werberaum als Privatgut zu Marktkonditionen gehandelt wird.13 Die Nichtrivalität des Fernsehkonsums verhindert Nutzenbeeinträchtigungen: Der parallele Fernsehkonsum mehrerer Individuen führt weder zu qualitativer noch quantitativer Abnutzung des Gutes und ermöglicht demgemäß seine Mehrfachnutzung. Die Nichtausschließbarkeit hat zur Folge, dass niemand an der Fernsehnutzung gehindert werden kann. Abgesehen davon verweigern rational handelnde Individuen die Zahlung für frei verfügbare Güter, wodurch Entgelte kaum durchsetzbar sind.14 Ursachen des prohibitiven Konsumausschlusses waren bislang unwirtschaftliche Separationsverfahren, die sich durch technologische Innovationen sukzessive erübrigen und infolgedessen die Konzeption entgeltfinanzierter Erlösquellen begünstigen.

Fernsehen hat als Informations- und Leitmedium meritorischen Charakter und ist durch das Auftreten externer Effekte gekennzeichnet. Diese Effekte stellen unintendierte Wirkungen der Fernsehveranstaltung dar, z. B. die Beeinflussung der öffentlichen Meinung.15 Gemessen am gesellschaftlich wünschenswerten Versorgungsgrad werden informierende Medienleistungen dennoch nicht ausreichend nachgefragt - ein Umstand, der durch Konsumzwang oder Sub- ventionen korrigiert wird.16 Demgegenüber steht der demeritorische Charakter pornographi- scher oder gewaltverherrlichender Programminhalte. In beiden Fällen liegt Marktversagen im Sinne suboptimaler Allokation vor, weil zu viel oder zu wenig Öffentlichkeit für einzelne The- men und Interessen herstellt wird.17

Ein weiterer Grund für das Marktversagen liegt in der Kostenstruktur der Fernsehproduktion. Ein hoher Kapitalbedarf und der beträchtliche Anteil irreversibler Kosten bei der Herstellung der First Copy verursachen sinkende Durchschnittskosten und gegen Null tendierende Grenz- kosten für zusätzlich erreichte Rezipienten.18 Dieser Mechanismus wird indessen durch den zunehmenden Angebotsumfang und die daraus resultierende Reichweitenfragmentierung ausgehebelt, so dass die heutigen Erlösmodelle vor dem Hintergrund neuer Marktverhältnisse langfristig nicht bestehen können.

2.3 Erlösmodell privater Fernsehanbieter

Erlöse werden durch den Absatz von Waren und Dienstleistungen generiert und bilden in der Medienökonomie den Gegenwert für den Verkauf medialer Leistungen. Klassische Absatzmärkte von Medienunternehmen sind Rezipienten-, Werbe- und Rechtemärkte, die in Kombination mit einer Ertragskonzeption Erlösmodelle ergeben.19

Die gängigste Erlös-Klassifikation orientiert sich an Rechtsform und Haupterlösquelle der Fern- sehanbieter und ergibt drei Gruppen. Private Free-TV-Anbieter finanzieren sich fast ausschließ- lich über Werbung. Pay-TV bezeichnet kostenpflichtige Fernsehangebote mit unterschiedlichen Entgeltregelungen, die der Rezipient aus dem eigenen Medienbudget finanziert. Die Haupt- erlösquellen der öffentlich-rechtlichen Sender bilden das Gebührenaufkommen zur Erfüllung ihres gesetzlichen Programmauftrags sowie marginale Einnahmen aus der Werbezeitenveräu- ßerung. Wirtz ergänzt als vierte Säule Teleshopping und Call-in-TV, deren Erlösmodell auf Kon- sum- und Telekommunikationsausgaben der Zuschauer basiert.20 Mit zunehmender Diversifika- tion ihrer Erlöse tendieren die Sender indes zu multiplen Erlösarchitekturen, weshalb eine Kategorisierung nach Haupterlösquellen nicht länger zweckmäßig ist.

In der Literatur finden sich daher weitere Erlössystematiken, die die Begriffe Erlösquelle, -form und -konzept synonym verwenden und unterschiedliche Einteilungen vornehmen.21 Zerdick trifft eine Unterscheidung zwischen direkten und indirekten Erlösformen. Dabei sind direkte Erlöse durch das Zustandekommen einer unmittelbaren Transaktionsbeziehung zwischen An- bieter und Rezipient gekennzeichnet. Indirekte Erlöse entstehen dagegen unter Zuhilfenahme eines Mittlers, z. B. des privaten Fernsehanbieters. Diese Abgrenzung ist zwar durchaus sinn- voll, führt jedoch nicht weit genug. Hass zufolge umfassen Erlösquellen von Medienunterneh- men den Verkauf von Kundenkontakten (Werbefinanzierung), den unmittelbaren Produktab- satz an Endkunden (Entgeltfinanzierung) und die Vermarktung generierter Kundendaten.22 Diese Erlössystematik ist durch die Ausrichtung auf Medienunternehmen recht allgemein gehalten und blendet dadurch wesentliche Aspekte der Fernsehökonomie aus. Sjurts identifi- ziert hingegen in Anlehnung an die Internetökonomie vier Modelle: Das Erlösmodell ‚Commer- ce’ beinhaltet den Verkauf marktgängiger Produkte und Dienstleistungen und generiert Erlöse aus Werbung, Merchandising und Licensing. Das Modell ‚Content’ bezeichnet den entgeltba- sierten Absatz von Medieninhalten an Rezipienten und den Handel mit Programmrechten zwi- schen den Sendern. Das Erlösmodell ‚Connection’ steht für die Erlöserwirtschaftung durch Interaktionsangebote, davon abgeleitete Provisionen und Nutzungsentgelte. Das vierte Modell ‚Context’ umfasst eine Orientierungsfunktion im Medienangebot, die durch Electronic Program Guides (EPG) und Informationsportale Umsätze generiert.23 Insbesondere die letzte Dimension hat bisher kaum Relevanz, weil die technischen Applikationen zu diesen Angeboten noch keine Marktreife erlangt haben bzw. sich noch nicht in breiten Konsumentenschichten durchsetzen konnten. Am weitesten verbreitet ist deshalb Wirtz’ Systematik, die aufgrund ihrer Universalität als Ausgangspunkt der anschließenden Ausführungen gewählt wurde. Der untenstehenden Abbildung (Abb.) schließt sich eine eingehende Erläuterung an.

Abbildung 1: Systematik der Erlösformen24

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wirtz unterteilt das Erlöspotential von Medienunternehmen in vier Dimensionen. Die Erlöserzie- lung im Rezipientenmarkt erfolgt hauptsächlich durch die Vermarktung von Medienzugang und -nutzung. Medienzugangserlöse sind typischerweise Einmalzahlungen für die Schaffung technischer und administrativer Nutzungsvoraussetzungen. Hierzu zählen Anmeldegebühren oder spezielle Decodier- und Empfangsgeräte. Entgelte für Mediennutzung werden sowohl transaktionsabhängig als auch transaktionsunabhängig berechnet, wobei sich variable Mediennutzungsentgelte nach Leistungsmenge oder -dauer der Inanspruchnahme richten. Fixe Entgelte werden für die grundsätzliche Nutzungsmöglichkeit und unabhängig vom Umfang der tatsächlichen Inanspruchnahme erhoben, beispielsweise durch Abonnements. Unter sons- tigen rezipientengerichteten Erlösen rangieren Merchandising sowie Service- und Dienstleis- tungen. Im Werbemarkt wird die Erlöserwirtschaftung durch den Absatz von Werberaum an Werbetreibende dominiert. Darüber hinaus gewinnen der Verkauf erhobener Nutzerdaten und Vermittlungsprovisionen an Bedeutung. Die Rechtemärkte wurden hingegen lange auf den Beschaffungsaspekt reduziert. Durch die überproportional gestiegenen Kosten für Ausstrah- lungsrechte erweist sich die Zweitverwertung eigener Produktionen bzw. die Weiterverwertung zuvor erworbener Rechte und Lizenzen jedoch zunehmend als unumgänglich. Die vierte Erlös- dimension betrifft den Staat. Diese Ertragsquelle ist unternehmensseitig nicht steuerbar und insofern nicht als Erlöspotential im betriebswirtschaftlichen Sinn anzusehen. Dennoch bilden Subventionen und Steuerermäßigungen stabile und somit planbare Parameter.25

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Erlöspotential privater Fernsehsender derzeit auf zwei Faktoren beruht: Zum einen auf den Aufwendungen der Werbewirtschaft gemäß der Zuschauernachfrage und zum anderen auf denjenigen Ausgaben privater Haushalte, die über Fernseh- und Kabelgebühren hinausgehen. Die Vermarktung generierter Kundendaten spielt augenblicklich noch eine untergeordnete Rolle. Allerdings rückt die personenbezogene Datenerhebung mit zunehmender Rückkanalfähigkeit der Distributionswege in greifbare Nähe und wird entsprechende Verwertungsformen mit sich bringen. Derzeit beruht der durchschnittliche Erlösmix privater Fernsehanbieter zu rund 90 % auf Werbeerlösen, den Rest bilden alternative Erlösquellen wie Transaktionen, Mehrwertdienste und Merchandising.26

Die Erlöscharakteristik der Fernsehveranstaltung begünstigt die Entstehung natürlicher Mono- pole27 und wirkt konzentrationsfördernd. Sie steht damit den demokratischen Grundsätzen der Rundfunkveranstaltung diametral entgegen und infolgedessen hält der Staat ein regulierendes Eingreifen für unerlässlich. Entsprechend wird die zukünftige Entwicklung der Fernsehfinanzie- rung insbesondere durch die Entwicklung der rechtlichen Gegebenheiten determiniert.

2.4 Rechtlicher Rahmen und Regulierung

Die Medien und das gesellschaftliche Leitmedium Fernsehen gelten aufgrund ihres Einflusses als ‚Vierte Gewalt’ im Staat und werden zuweilen als quartärer Sektor bezeichnet. Allerdings resultiert diese Bedeutung „weniger aus ihrer unmittelbaren Wirtschaftskraft […] als vielmehr aus ihrer Funktion innerhalb des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Geschehens“.28

Trotz umfassender Liberalisierungen zählt der TV-Sektor aufgrund der angeführten Markt- versagensproblematik zu den am stärksten regulierten Wirtschaftsbereichen Deutschlands. Erklärtes Ziel aller Regulationsmaßnahmen ist die Verhinderung einseitiger Markt- und Mei- nungsmacht. Sekundärziel ist jedoch stets die Sicherung des eigenen politischen Einflusses.29 Vowe beschreibt Regulierung daher als Balanceakt zwischen Gemeinwohl und Eigennutz, der „sowohl die Autonomie als auch die Heteronomie der Medien verhindert. Die Regulierung lässt den politischen Einfluss um ein akzeptables Maß oszillieren“.30 Akteure der Rundfunkpolitik sind Landesregierungen, Parteien, Kirchen, Gewerkschaften und Verbände, deren eingespieltes Verfahren der Konfliktaustragung und Konsensfindung als ‚kooperativer Föderalismus’ be- zeichnet wird.31 Die folgenden Abschnitte beleuchten die zugrunde liegenden Gesetze in ab- steigender Geltungsrangfolge.

2.4.1 Europäisches Recht

Rundfunkpolitik ist ursprünglich Ländersache, gleichwohl gewinnt die europäische Rechts- ebene gegenüber nationaler und regionaler Medienpolitik zunehmend an Einfluss. Die 1989 verabschiedete ‚Richtlinie des Europäischen Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Ausübung der Fernsehtätigkeit’ stellt ein supranationales Koordinierungsinstrument zur Angleichung nationaler Rechtsvorschriften und zur Vereinfa- chung grenzüberschreitenden Fernsehens innerhalb der Europäischen Union (EU) dar. Die Fern- sehrichtlinie ist für die innerstaatliche Gesetzgebung der EU-Mitglieder verbindlich, allerdings dürfen auf Bundesebene über die Richtlinienkonformität hinaus striktere Regelungen erlassen werden.32 Die Richtlinie wird gegenwärtig einer umfassenden Revision unterzogen, die im Er- gebnis zur Integration neuer technologischer Gegebenheiten und zur Klarstellung strittiger Aspekte führen soll. Aufgrund der zunehmenden Entkopplung von Medieninhalt und Medien- träger wird die Umwandlung in eine Content-Richtlinie erwägt, wobei fraglich ist, ob sich die- ser Ansatz in sinnvolle, allgemeine Rechtsvorschriften umsetzen lässt. Die Richtlinie ist dahin- gehend kritisch zu bewerten, dass sie Entwicklungen aufgrund der Innovations- und Marktdynamik meist nachträglich legitimiert anstatt sie federführend zu gestalten. Zudem ist die Novellierung durch lange Abstimmungsverfahren geprägt, so dass die Fernsehrichtlinie zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens in Teilen schon wieder veraltet sein wird.33 Kritiker bemängeln ferner, dass die Richtlinie als Koordinierungs- und nicht als Harmonisierungsinstrument konzi- piert wurde und kompromissbedingt lediglich den kleinsten gemeinsamen Nenner der EU- Mitglieder abbildet.34

Regulierungsschwerpunkte der Richtlinie sind die Sachgebiete Jugendschutz, Werbung und Sponsoring sowie die Förderung der europäischen Programmproduktion. Aufgrund der euro- paweiten Zunahme entgeltbasierter Fernsehangebote beinhaltet sie zudem Protektionsmaß- nahmen für das Free-TV. Die Mitgliedsstaaten dürfen Ereignisse allgemeinen Interesses benen- nen, die grundsätzlich entgeltfrei zu übertragen sind, so dass alle Zuschauer freien Zugang zu Sportereignissen wie Olympischen Spielen und den wesentlichen Spielen ihrer Nationalmann- schaften erhalten.35 Diese Regelung bedeutet im Umkehrschluss die Nichtvermarktbarkeit sol- cher Programminhalte für Pay-TV-Anbieter.36 Die ausführlichen Rechtsvorschriften bezüglich werblicher Kommunikation werden durch die Revision flexibilisiert und voraussichtlich die Frei- gabe von Product Placement in TV-Filmen, Sport- und Unterhaltungssendungen beinhalten.37

2.4.2 Verfassungsrechtliche Ebene

Das Verfassungsrecht ist in zweierlei Hinsicht konstituierend für die deutsche Medienpolitik. Zum einen bilden die staatsrechtlich garantierten Kommunikationsfreiheiten Meinungs-, Infor- mations- und Medienfreiheit ihren Ordnungsrahmen.38 Zum anderen prägten die Präzedenz- entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) das Fernsehgefüge. Im Streit um die Zulassung des Privatfernsehens sind drei der acht Rundfunkurteile ausschlaggebend:

Das erste Rundfunkurteil 1961 gilt als ‚Magna Charta des Rundfunks’, weil es die bestimmen- den Eigenschaften des Rundfunks de jure niederlegt. Neben der Bekräftigung der Rundfunk- kompetenz der Länder erfolgt die Abgrenzung der Domänen: Der Bund ist für die Übertragungstechnik zuständig, während die Entscheidungshoheit über Programm, Organisation und Finanzierung bei den Ländern liegt. Rundfunk ist staatsfern zu organisieren und soll zudem alle gesellschaftlich relevanten Kräfte ausgewogen repräsentieren. Darüber hinaus formuliert das Urteil den öffentlich-rechtlichen Grundversorgungsauftrag, der eine Be- standsgarantie und den Gebührenfinanzierungsanspruch von höchster legislativer Stelle beinhaltet.39

1981 markiert das dritte Rundfunkurteil die gesetzliche Zulassung privater Fernsehveranstalter, indem es ein Verbot derselben im Saarländischen Rundfunkgesetz für verfassungswidrig erklärt und ein Junktim zwischen der Existenz privater Fernsehanbieter und einem funktionierenden öffentlich-rechtlichen Rundfunk herstellt.40 Im Streit um das Landesmediengesetz Nieder- sachsens ist die Existenz privater Fernsehanbieter erneut strittig: Das BVerfG bestätigt 1986 im vierten Rundfunkurteil wiederholt deren Zulässigkeit, erkennt damit die duale Rundfunkord- nung endgültig an und formuliert ferner einen Anspruchsunterschied. Die Bewertungsmaß- stäbe für private Anbieter seien unter der Bedingung der abgesicherten Grundversorgung zu lockern. Ausreichend sei ein verfassungskonformer Grundstandard, der die Entstehung einseitiger Meinungsmacht verhindert.41

2.4.3 Rundfunkstaatsvertrag und Landesmediengesetze

Der mehrfach überarbeitete und erweiterte Rundfunkstaatsvertrag ist ein Staatsvertrag zwischen den deutschen Bundesländern und dient der Vereinheitlichung des föderalen Rundfunkrechts und der Landesmediengesetze.42 Er bündelt den aktuellen Stand der über- und untergeordneten Rechtsprechung und bildet somit die wesentliche nationale Regulierungsgrundlage. Der RStV regelt insbesondere das Verhältnis zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehanbietern. Hinsichtlich der privaten Anbieter reguliert er Zulassung und Marktzutritt durch Lizenzerteilung. Darüber hinaus trifft der RStV Vorkehrungen zur Sicherung der Meinungsvielfalt, schreibt Werbung, Teleshopping und Sponsoring als Finanzierungsquellen fest und organisiert die Programmdistribution sowie die Verbreitung von Telemedien.

Die Umsetzung des Rundfunkstaatsvertrags und der Landesmediengesetze obliegt den Landesmedienanstalten. Sie erteilen in Abhängigkeit von publizistischem Profil und freien Übertragungskapazitäten Fernsehlizenzen und steuern die Kanalbelegung durch Frequenzvergabe. Ihnen obliegt weiterhin die Kontrolle über die Einhaltung von Rechtsvorschriften und Selbstverpflichtungen.43 Nachfolgend werden die Richtlinien des RStV beleuchtet, die das Erlöspotential privater Fernsehveranstalter betreffen.

2.4.4 Werberichtlinien

Der RStV versteht unter Werbung jede Äußerung, die der Absatzförderung von Waren und Dienstleistungen dient und gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erbracht wird. Sponsoring bezeichnet Beiträge zur direkten oder indirekten Programmfinanzierung mit dem Ziel, den Sponsornamen, seine Marke, sein Erscheinungsbild, seine Tätigkeit oder seine Leis- tungen darzustellen. Teleshopping wird definiert als Unterbreitung kommerzieller Angebote an die Zuschauer, um einen direkten Waren- oder Dienstleistungsabsatz zu erzielen.44

Zu den erlaubten Inhalten von Werbung, Teleshopping und Sponsoring sowie ihrer Kennzeich- nung trifft der RStV in § 7 und § 8 folgende Aussagen: Werbung darf nicht irreführen und hat die Verbraucherinteressen zu wahren; insbesondere an Kinder und Jugendliche gerichtete Werbung darf deren Unerfahrenheit nicht ausnutzen. Die inhaltliche oder redaktionelle Beein- flussung des Programms durch Werbung ist untersagt - sie muss daher klar erkennbar und optisch von anderen Programmteilen getrennt sein. Schleichwerbung und sublime Beeinflus- sungstechniken sind gänzlich untersagt.45 Virtuelle Werbung darf dagegen in Sendungen ein- gefügt werden, sofern sie ohnehin vorhandene Werbung ersetzt und analog zum Sponsoring entsprechend kenntlich gemacht wird. Im Gegensatz zu früheren Versionen erlaubt der RStV neben der Nennung mittlerweile auch die optische Sponsorpräsentation durch Kurzspots. Auch hier greift das Gebot der Programmunabhängigkeit: Nachrichten und Sendungen zum politi- schen Zeitgeschehen sind nicht sponsorfähig. Tabakhersteller dürfen keinesfalls und Pharma- unternehmen nur unter Auflagen als Absender von Werbung oder Sponsoring auftreten.46

Die formalen Vorgaben zu Häufigkeit und Struktur der Unterbrechungen sowie Gesamtdauer von Werbung, Teleshopping und Sponsoring sind in § 44 und § 45 niedergelegt.47 Zunächst gilt ein absolutes Unterbrechungsverbot für Kinderprogramme und Gottesdienste. Unterbre- cherwerbung ist zudem in Nachrichtensendungen und Sendungen politischen oder religiösen Inhalts untersagt. In Fernsehsendungen, die eigenständige Teile (z. B. Nachrichten und Wetter) oder Pausen (z. B. Fußballhalbzeiten) enthalten, darf nur Scharnierwerbung zwischen den ab- geschlossenen Teilen ausgestrahlt werden. Weiterhin muss unterbrechende Werbung einen Mindestabstand von 20 Minuten zwischen zwei Werbeblöcken einhalten. Das explizite Beste- hen auf Blockwerbung wird indessen sukzessive aufgegeben, obschon einzeln gesendete Spots weiterhin eine Ausnahme bilden sollen. Fiktionale Sendungen dürfen einmal je 45 Minuten Dauer unterbrochen werden, ab 110 Minuten Nettospieldauer sind Unterbrechungen im Zwanzigminutentakt erlaubt.48

Maximal 20 % der täglichen Sendedauer dürfen mit Werbung belegt werden, wovon 15 % auf Spots und 5 % auf Sonderwerbeformen entfallen. Auch innerhalb einer Programmstunde darf der Werbeanteil 12 Minuten nicht überschreiten. Sponsoring, Programmtrailer und Hinweise auf Begleitmaterialien zu Sendungen werden hingegen nicht auf die Werbezeit angerechnet. Teleshoppingfenster, die nicht über ausschließliche Teleshoppingsender ausgestrahlt werden, dürfen eine Mindestdauer von 15 Minuten ohne Unterbrechung nicht unterschreiten und sind auf acht Fenster und maximal 180 Minuten täglich beschränkt.49

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die sukzessive Lockerung der Werberichtlinien privaten Fernsehanbietern zusätzliche Einnahmepotentiale erschlossen hat. Die vor einem Jahr- zehnt getroffene Aussage, sie seien „hinsichtlich ihrer Finanzierung gemäß Rundfunkrecht auf eine einzige Einnahmequelle angewiesen: die Werbung und auch dies keineswegs uneinge- schränkt“,50 muss relativiert werden. Die Rundfunk-Rechtsprechung orientiert sich deutlich an ökonomischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten. Heute können private Veranstalter „ihre Rundfunkprogramme durch Einnahmen aus Werbung und Teleshopping, durch sonstige Ein- nahmen, insbesondere durch Entgelte der Teilnehmer (Abonnements oder Einzelentgelte), sowie aus eigenen Mitteln finanzieren“.51 Zudem haben die Sender mit einer ‚Strategie der moderaten Regelverletzung’ ihrerseits für eine schrittweise Grenzverschiebung der Auflagen gesorgt.52 Die Lockerung des Blockwerbegebots und die Zulassung von Sonderwerbeformen versetzt Fernsehanbieter in die Lage, neue Impulse im stagnierenden Werbemarkt zu setzen und Werbevermeidungstendenzen der Zuschauer langfristig zu begegnen. Darüber hinaus zeigen sich die Kontrollinstanzen hinsichtlich der Regelverstöße der Sender, wie z. B. Schleich- werbung, äußerst kulant: Übertretungen werden moralisch und finanziell geahndet, haben jedoch selten juristische Folgen.

2.5 Distribution und technologische Rahmenbedingungen

Die Programmdistribution ist ein weiterer Bereich der Fernsehveranstaltung, der maßgeblich von politischen und rechtlichen Eingriffen geprägt ist. Die Kapazität der Übertragungskanäle limitiert die Anbieterzahl und deren technische Reichweite, während innovative Technologien und Distributionsverfahren vielfach Ursprung oder Voraussetzung neuer Erlöskonzepte sind.

Die Übertragung von Fernsehprogrammen und Abrufdiensten erfolgt derzeit mittels Terrestrik, Kabel oder Satellit. Es ist davon auszugehen, dass sich neben den drei benannten langfristig auch der Distributionskanal DSL etablieren wird.53 Die terrestrische Verbreitung bezeichnet die drahtlose Abstrahlung von Programmen durch erdgebundene Antennenmasten und war lange Zeit vorherrschende Übertragungsart. Üblicherweise erlauben die technischen und geographischen Gegebenheiten den Antennenempfang von drei bis vier analogen Sendern, in Ballungsräumen sind bis zu zehn Programme empfangbar.54 Diese begrenzten Übertragungskapazitäten sind fast ausnahmslos belegt und weisen im Vergleich zu anderen Distributionsverfahren die höchsten Distributionskosten auf. Außerdem erweist sich der fehlende Rückkanal angesichts interaktiver Angebote zunehmend als problematisch.

Der Kabelempfang erfolgt durch die Übermittlung von Bild- und Tonsignalen über Breitband- kabel, deren maximale Kapazität 72 TV-Programme umfasst. Empfangsvoraussetzung ist ein Anschluss an das Kabelnetz, welches aufgrund hoher Infrastrukturkosten nur in Ballungsräu- men und dicht besiedelten Gegenden existiert. Aus Anbietersicht sind die derzeitige Ausschöp- fung der analogen Breitbandkapazitäten und deren kostenintensive Digitalisierung zu bemän- geln. Rezipienten kritisieren die indirekte Beteiligung an den Kosten des Fernsehempfangs in Form monatlicher Nutzungsgebühren.55 Die breitbandbedingte Realisation eines vollwertigen Rückkanals wird dagegen als Vorteil der Kabeldistribution gewertet, weil sie bei interaktiven Anwendungen den medienbruchlosen Austausch zwischen Sendern und Rezipienten erlaubt. Zudem gestattet die Regionaldistribution eine räumlich differenzierte Werberaumvermarktung und erschließt den Sendern somit lokale Werbepotentiale mittelständischer Unternehmen, welche wegen Streuverlusten und aus Kostengründen nicht national schalten. Dieses Erlöspo- tential haben auch die Kabelnetzbetreiber identifiziert: sie erwägen eigene Werbeinseln einzu- speisen und die privaten Sender stattdessen für die Programmzulieferung zu kompensieren. Ihre Strategie folgt dem Vorbild amerikanischer Cable Networks, die Fernsehsender lediglich als Lieferanten verstehen, deren Programmpakete sie bündeln und entgeltpflichtig weitervermark- ten.56 Als weiterer Vorstoß in diese Richtung wird der Erwerb von Bundesligarechten durch den Kabelbetreiber Unity Media gewertet, der damit den Schritt vom Signaldurchleiter zum Inhalte- vermarkter vollziehen will.57 Im Zuge dieser Annäherung an amerikanische Erlösmodelle fordern die Programmveranstalter ihrerseits eine Entbindung von Einspeisungsgebühren und schlagen stattdessen eine Überwälzung von Distributionskosten auf die Zuschauer vor.

Satellitenfernsehen bezeichnet den geostationären Empfang von Bild- und Tondaten aus dem Weltall. Die Übertragungskapazität von 1860 Programmen übersteigt die der anderen Distribu- tionskanäle um ein Vielfaches. Aus Rezipientensicht stellt Satellitenfernsehen zudem die kos- tengünstigste Empfangsvariante dar, da lediglich einmalige Anschaffungskosten für einen Re- ceiver anfallen. Nutzer sehen allerdings höhere Kosten auf sich zukommen, weil ProSiebenSat.1 Media und die RTL Group wiederholt die Grundverschlüsselung der Satelliten- signale diskutieren, um sich durch Empfangsgebühren Zusatzerlöse zu erschließen.58 Dieses Anliegen wird durch das ungerichtete Satellitensignal erschwert, welches eine gezielte Distribu- tion bislang ausschließt. Die Beseitigung dieses Hemmnisses ist jedoch genauso wie die Ent- wicklung eines vollwertigen Rückkanals lediglich eine Frage der Zeit.59

Die Übertragungsart bezeichnet das technische Verfahren der Distribution. Die analoge Über- tragung verwendet elektromagnetische Wellen, während die digitale Distribution durch binäre, komprimierte Impulse erfolgt, die bei der Rezeption dekomprimiert werden. Ab 2010 werden ausschließlich digitale Standards zum Einsatz kommen - die analoge Verbreitung wird einge- stellt. Grund hierfür sind die vorteilhaften Eigenschaften der digitalen Übertragung, die in allen Distributionskanälen problemlos möglich ist. Digitale Signale sind robuster und weniger störan- fällig und verbessern daher die Übertragungsqualität. Die Datenkomprimierung erhöht die Übertragungskapazität und senkt gleichzeitig Produktions- und Vertriebskosten.60 Insofern ist die Digitalisierung ein Schlüsselmoment für die Entstehung neuer Angebote. Dies betrifft ins- besondere die Nutzung freiwerdender Kapazitäten für Zusatzdienste wie EPGs als auch die grundsätzliche Möglichkeit interaktiver Angebote.

2.6 Entwicklungstrends mit Auswirkung auf die Erlösstruktur

Neben rechtlichen und technologischen Gegebenheiten dürfen bei der Frage nach der zukünf- tigen Finanzierung privater Fernsehanbieter gesellschaftliche und globale Entwicklungstenden- zen nicht unberücksichtigt bleiben. Insbesondere die Entwicklung der TIME-Märkte - das Kunstwort steht für telecommunications, informationtechnology, media, entertainment - bil- det die technologische, industrielle und ökonomische Konvergenz der Wertschöpfungsketten ab. Im Rahmen von Fusionen und Übernahmen erleiden nationale Marken durch ihre Entwur- zelung Glaubwürdigkeitsverluste. Gleichzeitig vollzieht sich der Wandel vom Verkäufer- zum zunehmend saturierten Käufermarkt, der sich dem Konsum austauschbarer Produkte verwei- gert. Diese technologischen, gesellschaftlichen und politischen Entwicklungstendenzen stellen Marken- und Produktwerbung in Frage und erfordern ein Umdenken. Nachfolgend werden maßgebliche Trends und deren Auswirkung auf die Erlösstruktur des Fernsehens diskutiert.

2.6.1 Deregulierung und Kommerzialisierung

Im Zuge der Deregulierung werden Entscheidungs-, Organisations- und Verfahrensstrukturen im Unternehmensumfeld entstaatlicht und in den privatwirtschaftlichen Sektor verlagert.61 In Deutschland wie auch international wirkten sich der Rückgang politischer Einflussnahme und protektionistischer Maßnahmen insbesondere auf die Anbieterstruktur aus. Als Marktakteure treten seitdem vermehrt transnationale Interessengruppen auf, die durch Fusionen, Übernahmen und strategische Allianzen die Anbieterkonzentration erhöhen.

Grenzüberschreitende Konzernkonglomerate bewirken außerdem eine zunehmende Verflechtung von Finanzierung, Produktion und Allokation62 und nivellieren durch internationale und globale Unternehmensaktivitäten lokale Unterschiede. Auf Unternehmensebene verdeutlicht die Beteiligung ausländischer Investoren an nationalen Medienunternehmen die „abnehmende Bedeutung der national-kulturellen Basis und nationalstaatlichen Einbettung von Medien“.63 Auf der Distributionsebene zeugt der weltweite Empfang ursprünglich regionaler Programme wie CNN oder BBC von Vereinheitlichungstendenzen, während die Marktausweitung der Produktebene durch den internationalen Formathandel voranschreitet.64

Die Orientierung der Medienwirtschaft an Kriterien wie Rentabilität, Gewinn und Markterfolg ist bis auf öffentlich-rechtlich organisierten Rundfunk kein neues Phänomen - Medien sind seit jeher privatwirtschaftlich organisiert. Dennoch erreichen die Kommerzialisierungsbestrebungen mittlerweile fragwürdige Ausmaße. Die Ökonomisierung des Mediums vollzieht sich auf der Individualebene, wo Manager zunehmend Journalisten ersetzen, auf Unternehmensebene, wo Kapitalgeber an Verlegerstelle agieren und auf Marktebene, wo Global Player nationale Me- dienunternehmen in Familienbesitz ablösen. Folglich verstehen sich private Fernsehunterneh- men heute als Broadcaster und schlanke Management-Zentralen, die die Programmerstellung beauftragen und Werberaum vermarkten.65 Die kosteneffektive und die Publikumswünsche antizipierende Inputproduktion führt im Zuge produktiver und allokativer Effizienzsteigerungen europaweit zu Differenzierungs- und Spezialisierungstendenzen.66 Rentabilität und Vermarktbarkeit der Angebote rangieren dabei vor deren Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung oder ethischen Gesichtspunkten.

2.6.2 Individualisierung der Zuschauerpräferenzen

Der allgemeine Wertewandel schlägt sich auch in veränderten Nutzenpräferenzen nieder. So führt das Streben nach Individualisierung zur Heterogenisierung der Fernsehnutzung, die sich in Zuschauersegmentierung und der Verspartung der Fernsehlandschaft widerspiegelt. Flexible- re und direktere Formen der Rezipientenansprache sorgen für Budgetverlagerungen zugunsten individualisierter Online-Kommunikation und verstärken den intermedialen Wettbewerbsdruck, der Fernsehen als zentrales Unterhaltungs- und Informationsmedium bisweilen in Frage stellt.67

Individualistische Gesellschaftsstrukturen und entsprechende Medienangebote werfen jedoch die Frage auf, welches Maß an Individualisierung der Zuschauer ertragen kann. Eine autonome Programmgestaltung entsprechend eigener Präferenzen erfordert die Abkehr vom passiven Fernsehkonsum und verursacht Entscheidungs- und Zeitaufwand. Der oft beschworene Wan- del des Fernsehens vom Lean-Back-Medium zum Lean-Forward-Medium bleibt fraglich. Den- noch fürchten Sender aufgrund der zunehmenden Verbreitung von zeitversetztem Fernsehen um ihre Intermediärsrolle. Die Ausstrahlung kostspieliger Inhalte im Free-TV wäre zunehmend unrentabel, könnte angesichts abnehmender Programmattraktivität aber die Pay-TV-Nachfrage erhöhen.

2.6.3 Digitalisierung und Konvergenz

Der fundamentale technologische Wandel und digitalisierungsbedingte Leistungs- und Kapazi- tätssteigerungen üben den umfassendsten Einfluss auf die Erlössituation aus. Steuerbare Zu- gangsmechanismen vereinfachen den Ausschluss Zahlungsunwilliger und eröffnen neue Mög- lichkeiten im Bereich teilnehmerfinanzierter Dienste. Zunehmend austauschbare Übertragungswege illustrieren hingegen die „Loslösung des Contents vom ursprünglichen Medium“68 - Fernsehen findet noch immer im Wohnzimmer statt, aber auch im Internet und am Mobiltelefon. Die Sender beantworten diese Entwicklung durch Verbreiterung ihrer Ver- triebsbasis und kompensieren die Reichweitenfragmentierung, indem sie identische Inhalte über viele Medienkanäle anbieten.

[...]


1 Vgl. Kiefer, Medienökonomik 2001, 2005; Vgl. Sjurts, Strategien in der Medienbranche, 1996, 2002, 2005; Vgl. Wirtz, Medien- und Internetmanagement, 2000, 2001, 2003, 2005, 2006.

2 Sjurts, 2005, S. 286.

3 Vgl. Kiefer, 2001, S. 16.

4 § 2 S. 1 RStV.

5 § 2 S. 2 RStV.

6 Vgl. Wirtz, 2006, S. 328.

7 § 2 Abs. 2 S. 1 RStV.

8 Vgl. Sjurts, 2005, S. 7f; vgl. Wirtz, 2006, S. 27f.

9 Vgl. Becker / Geisler, 1998, S. 50; vgl. weiterführend zu Inspektions-, Vertrauens- und Erfahrungsgütern Kiefer, 2005, S. 141f.

10 Vgl. Wirtz, 2006, S. 112; vgl. Köcher, 2002, S. 229; vgl. Sjurts, 2005, S. 11f.

11 Vgl. Heinrich, 1999, S. 24. Marktversagen liegt vor, wenn Eigentumsrechte nicht hinreichend durchgesetzt werden können.

12 Vgl. Kiefer, 2005, S. 243; vgl. Rott, 2003, S. 50 und S. 263. Opportunitätskosten bezeichnen den Zeitverbrauch der Fernsehnutzung sowie den entgangenen Nutzen durch Nichtausübung anderer Aktivitäten.

13 Vgl. Karmasin / Winter, 2002, S. 32ff. Kennzeichen privater Güter ist die Möglichkeit von Konsumausschluss und Zugangsdiskriminierung, welche eine markt- und wettbewerbsorientierte Preisgestaltung erlaubt.

14 Vgl. Wirtz, 2006, S. 28.

15 Vgl. Heinrich, 1999, S. 27.

16 Vgl. Kiefer, 2005, S. 139ff. Die Subvention erfolgt durch Steuerermäßigungen oder Preisbindungen.

17 Vgl. Karmasin / Winter, 2002, S. 34.

18 Vgl. Heinrich, 1999, S. 120ff.

19 Vgl. Köcher, 2002, S. 221; vgl. Sjurts, 2006, S. 54.

20 Vgl. Wirtz, 2006, S. 318 und S. 352ff.

21 Vgl. zusammenfassende Darstellung bei Wolf, 2006, S. 78f.

22 Vgl. Hass, 2004, S. 38f.

23 Vgl. Sjurts, 2004, S. 38ff.

24 Quelle: Wirtz, 2006, S. 71.

25 Vgl. Wirtz, 2006, S. 71ff. Verwertungsrechte sind originäre Rechte, die dem Inhaber jedwede Verwertung erlauben. Lizenzen sind abgeleitete Rechte, deren Nutzungsumfang vom Rechtebesitzer bestimmt und oft beschränkt wird.

26 Vgl. Wirtz, 2006, S. 359; vgl. Stromski / Hasemann, 2006, S. 66.

27 Vgl. Heinrich, 1999, S. 121. Ein natürliches Monopol liegt vor, wenn die Nachfrage am kostengünstigsten von einem Unternehmen befriedigt werden kann.

28 Hass, 2002, S. 15.

29 Vgl. Vowe, 2003, S. 104.

30 Vowe, 2003, S. 112.

31 Vgl. Vowe, 2003, S. 116.

32 Vgl. Hesse, 2003, S. 336ff.

33 Vgl. Oliver Passek, Fraktionsmitglied der Europäischen Grünen im Europaparlament, Gespräch am 16.02.2007.

34 Vgl. Carat Chrystal / Bird & Bird, 2002, S. 5.

35 Vgl. Richtlinie 97/36/EG, 1997.

36 Vgl. Hesse, 2003, S. 337ff; vgl. Wirtz, 2006, S. 376.

37 Vgl. Lilienthal, 2007. Die endgültige Ratifizierung durch das Europäische Parlament wird Ende 2007 erwartet.

38 GG, Art. 5, S.1; vgl. weiterführend hierzu Vowe, 2003, S. 103 und S. 116 sowie Hesse, 2003, S. 7f und S. 59.

39 Vgl. BVerfGE 12, S. 205ff; vgl. weiterführend Hesse, 2003, S. 19f und S. 49; vgl. Schütz, 1999, S. 84.

40 Vgl. BVerfGE 57, S. 220.

41 Vgl. BVerfGE 73, S. 118; vgl. Kommentierung bei Hesse, 2003, S. 31.

42 Die vorliegende Arbeit bezieht sich durchgängig auf den derzeit gültigen 9. Rundfunkänderungsstaatsvertrag in der Fassung vom 1. März 2007. Werden Inhalte früherer Fassungen angeführt und diskutiert, so sind diese entsprechend gekennzeichnet.

43 Vgl. Vowe, 2003, S. 103, vgl. Wirtz, 2006, S. 338.

44 § 2 Abs. 2 Nr. 5, Nr. 8 und Nr. 9 RStV.

45 § 7 Abs. 1 bis 4 und 6 RStV. Schleichwerbung bezeichnet die werbeintendierte Darstellung von Waren, Namen, Mar- ken oder Dienstleistungen, ohne diese kenntlich zu machen. Ein Werbezweck wird insbesondere angenommen, wenn die Darstellung gegen Entgelt erfolgt.

46 § 8 Abs. 1, 3 und 4 bis 6 RStV.

47 Der RStV unterscheidet zwischen Scharnier- und Unterbrecherwerbung. Scharnierwerbung wird zwischen unabhängi- gen Programmteilen platziert, während Unterbrecherwerbung im laufenden Programm geschaltet wird.

48 § 44 Abs. 1 bis 5 RStV.

49 § 45 Abs. 1 bis 3 RStV und § 45a Abs. 1 und 2 RStV.

50 Schöneberger, 1998, S. 8.

51 § 43 S. 1 RStV.

52 Vgl. Petersen, 2002, S. 19.

53 Vgl. Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM), 2007, S. 247.

54 Vgl. Wirtz, 2006, S. 335.

55 Vgl. Wirtz, 2006, S. 335f; vgl. Wolf, 2006, S. 53f.

56 Vgl. Bachem, 2003, o. S.

57 Vgl. Hülsen / Meier, 2006, o. S.; vgl. ALM, 2007, S. 194.

58 Vgl. ALM, 2007, S. 192.

59 Vgl. Wirtz, 2006, S. 56 und S. 335.

60 Vgl. Wirtz, 2006, S. 336f; vgl. Heinrich, 1999, S. 51f; vgl. Wolf, 2006, S. 48.

61 Vgl. Kiefer, 2005, S. 23f.

62 Vgl. Kiefer, 2005, S. 39.

63 Kiefer, 2005, S. 38.

64 Vgl. Kiefer, 2001, S. 23.

65 Vgl. Karmasin / Winter, 2002, S. 26; vgl. Schöneberger, 1998, S. 15.

66 Vgl. Heinrich, 1999, S. 44f; vgl. Sjurts, 2005, S. 22 weiterführend zu allokativer und produktiver Effizienz.

67 Vgl. Sjurts, 2004, S. 34; vgl. Wolf, 2006, S. 14.

68 Vizjak / Ringlstetter, 2001, S. 10.

Ende der Leseprobe aus 95 Seiten

Details

Titel
Neue Erlösquellen privater Fernsehanbieter in Deutschland
Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
95
Katalognummer
V94217
ISBN (eBook)
9783640102952
ISBN (Buch)
9783640892594
Dateigröße
1718 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Erlösquellen, Fernsehanbieter, Deutschland, Privatfernsehen, Product Placement, Werbefinanzierung, Sonderwerbeformen, Bartering, Call Media, Teleshopping, Pay TV, Licensing & Merchandising, Erlösformen, Fernsehmarkt
Arbeit zitieren
Katja Lebedjewa (Autor:in), 2007, Neue Erlösquellen privater Fernsehanbieter in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94217

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